Pluto hat geschrieben:
Darf ich fragen, auf Grund welcher Fähigkeiten, du glaubst das beurteilen zu können, was getan werden sollte?
ich bin ein Mensch. Ich kann denken. Und ich habe von den Lehrern der Aufklärung gehört: wage dich, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.
Es wundert mich allerdings schon, dass das Nutzen des eigenen Verstands gerade auch bei jenen, die sich als die grössten Hüter der Aufklärung und ihrer Werte ausgeben, oft sehr sehr weit hinten kommt, wenn überhaupt...
Sollte man diese Urteil nicht lieber den Experten überlassen, anstatt auf persönliche Gefühle zu setzen?
Du meinst jenen Experten, die uns diese Schlamassel alle eingebrockt haben? Sicher nicht! - mein Fühlen, das ich nun schon seit Jahren übe und trainiere und differenziere und mit Fakten abgleiche, ist ein deutlich sichererer Leitfaden für mein Leben als was Experten schreiben, mit all den Moden und Hypes, die es auch in dem Bereich gibt, und wo behauptet wird, dass Dinge, die man vor fünf Jahren im Namen der Wissenschaft verteidigte, heute angeblich "veraltet" seien. Auf sowas kann man doch nicht bauen!
Eben. Bei Greenpeace scheint die gleiche Mentalität zu herrschen. Die Artkis-Expedition war ebenso ein Himmelsfahrtskommando, mit Ausahme, dass die Leute statt in Allahs Himmel, in russischen Lägern enden.
Wie gesagt, jeder darf sich das Leben nach eigener Fasson versauen, das ist Teil bürgerlicher Freiheiten. Leute von Greenpeace sprengen immerhin nicht andere Leute mit Bomben in die Luft.
Nochmal die Frage, welche besonderen Fähigkeiten glaubst du zu haben, um su zu urteilen zu können?
nur ganz gewöhnliche Fähigkeiten: Lesen, Denken, Beobachten, Interessiert sein an der Welt. Die reichen völlig aus, um sich ein Bild davon zu machen.
plus eine therapeutische Ausbildung, die ist etwas "besonderer", aber auch nicht "besonderer" als ein Medizinstudium. Es steckt halt eine Menge Arbeit drin und je länger je mehr Erfahrung mit allen möglichen Beschwerden, die Leute haben.
Heute sind wir dank Wissenschaftlicher Fortschritte in der Lage sehr genauere Diagnosen zu stellen.
Genauer als wer?
Dazu kommt, dass Menschen länger leben. Früher bekamen die Menschen Schwindsucht und starben daran. Heute können wir feststellen, um welche KRebsart es sich handelt und diese ev, medikamentös behandeln.
Krebsbehandlungen heute sind teuer, extrem belastend und sehr oft nicht wirksam. Krebs ist nach wie vor eine der häufigsten Todesursachen. Ja auch bei den Menschen, die sich schulmedizinisch behandeln lassen.
Bei der Schwindsucht war's die Verbesserung der Lebensumstände, die die Lösung brachte: wer genug isst und im Winter sich warm kleiden und warm wohnen kann und sauberes Wasser hat, ist vor Tuberkulose sehr gut geschützt.
Mag sein, dass es auch bei Krebs die Verbesserung der Lebensumstände ist, die zur Lösung beiträgt: halt jetzt auf einer subtileren Ebene, wo es um kleinere Mengen von Stoffen geht.
Es wird doch laufend geforscht. Tuberkulose ist seit den 80er merh oder weniger ausgerottet. Ebenso Pocken und Masern. Malaria Epidemien sind kontrollierbar. AIDS ist nicht mehr ein automatisches Todesurteil. Blutkrebs, Brustkrebs und Prostatakrebs sind zu rund 90% heilbar, Herz- Nieren- und sogar Lugentranplantationen sind an der Tagesordnung... Hauttransplantationen mit eigener Haut sind Lebensrettend.
nun, die grossen Infektionskrankheiten der Vergangenheit sind wohl eher dank Verbesserung von Lebensumständen und Hygiene unter Kontrolle gekommen. Dank Installation von Abwasserleitungen (London, Cholera, 19. Jhd), oder auch dank dem Bemühen, Tümpel und Lachen zu vermeiden (Malaria, Afrika, 21. Jhd)
Transplantationen sind zwar an der Tagesordnung, aber nach wie vor riskant und sehr oft kaufen sie nur ein bisschen Zeit. Lou Reed, der Sänger, der vor kurzem verstorben ist, kriegte vor einem halben Jahr eine Leber transplantiert, zum Beispiel. Es könnte sein, dass er ohne Transplantation heut noch am Leben wär, wer weiss?
Aber es gibt auch Lichtblicke, vor allem in der Krebsforschung.
nein, leider nicht.
Zu Zeiten von Pasteur war's nicht selten, dass ein popeliger Landarzt in seiner Freizeit ein paar Experimente machte und damit Entdeckungen von grosser Tragweite - Entdeckungen, die Krankheiten von "Seuche" auf "praktisch ausgerottet" in kürzester Zeit zur Folge hatten.
Krebsforschung heute ist schon glücklich, wenn ein kleiner Prozentsatz einer Gruppe ein bisschen länger lebt. Lichtblick ist anders.
Ich sehe echt nicht, warum man den Ärzten, Chemikern und Biologen nicht endlich das Vertrauen schenkt was sie verdienen wenn sie sich für diese Aufgaben einsetzen.
Weil sie es eben nicht verdienen. Weil sie zu oft in der Vergangenheit zeigten, dass sie voller Optimismus was machten, was zu Vergiftungen und Leid und Schmerz und Krankheit führte. Weil Millionen Leute täglich erleben, dass ihnen ihr Arzt sagt: da können wir nichts machen, damit müssen sie halt leben. Weil viele Medikamente heftige Nebenwirkungen haben und selbst krank machen (besonders das Verdauungssystem). Weil viele Ärzte und andere Experten sich für kleine Götter halten und dementsprechend arrogant benehmen. Weil Pharma und Chemie als Industrien gewinnorientiert sind und dafür, im wörtlichen Sinn, über Leichen gehen. Weil viele Menschen Tierversuche unmenschlich finden - und die entsprechenden Unternehmen das wissen und Tierversuche schön diskret halten, sodass man das gar nicht mitkriegt.
Kurz: weil es tausend gute Gründe gibt, diesen Leuten nur bedingt zu vertrauen.
Vor allem aber verstehe ich eines nicht: Wieso manche Leute statt dankbar dafür zu sein, die Arbeit dieser Wissenchaftler so verteufeln.
Dankbar? wofür denn?
Die machen ihre Arbeit wie alle andern auch. Dass jemand seine Arbeit gut und kompetent macht, ist nicht mehr als normal. Das Minimum an Menschlichkeit, das zu Dankbarkeit führen könnte, gibt's leider oft nicht.
Wenn Dankbarkeit angebracht ist, dann eher gegenüber jenen Leuten, die unsern ganzen Dreck wegputzen jeden Tag - jenen Leuten, die Alte und Kranke pflegen und die trotz Druck und Stress häufig trotzdem noch ein bisschen Menschlichkeit haben und leben.
Warum ich prinzipiell Leuten dankbar sein soll, die ihren Traumjob haben und den ganzen Tag spielen dürfen, und die manchmal was Gutes machen aber oft auch nur Blödsinn, sehe ich nicht wirklich ein. Falls einer in einem konkreten Fall Menschlichkeit zeigt - dann bin ich berufsunabhängig dankbar. Aber nicht einfach weil einer Doktor Professor geworden ist.
gruss, barbara