sven23 hat geschrieben:Mimi hat geschrieben:Hallo,
Im Thread „Wie aktuell ist heute George Orwells „1984“? schrieb
Pluto:
Jeder Mensch lügt doch ohnehin den ganzen Tag lang. Schätzungsweise etwa 200 Lügen pro Tag. Und wenn es nur die kleine Notlüge ist, mit der man auf die Frage antwortet, "Wie gehts dir heute?"
Da hat Pluto sicher recht und befindet sich damit weitgehend in Übereinstimmung mit Paulus und Dr. House, die beide der Meinung sind, dass jeder Mensch lügt.
200 Lügen am Tag? Überhaupt lügen?
Warum denn?
Es geht tatsächlich auch anders. Man muß es nur wollen. Und wie Ska'ara schreibt: Wenn man lügen müsste, um keinen Ärger zu kriegen, kann man auch den Mund halten. Man muß sich nicht zu einer Aussage manipulieren lassen.
Manche Situationen werden dadurch schwierig, z.B. am Arbeitsplatz oder in der Partnerschaft. Aber da muß man durch. Mit Lügen wird es auch nicht leichter. Der Mann, der die Perle fand, war dazu bereit, sein ganzes Leben umzukrempeln bzw. sogar dazu, sein altes Leben
aufzugeben, damit er den Schatz/ die Perle kaufen und behalten konnte
Mt. 13, 44-46.
Meiner Erfahrung nach schätzt ein Chef einen ehrlichen Mitarbeiter weit höher ein als die Menge, die um seine Gunst buhlt und ihn, da solche Leute nur auf den eigenen Vorteil aus sind, hintenrum verbal abmontiert und... beklaut.
Wenn der Chef ein selbstverliebter Machtmensch ist, wird er geradlinige Arbeitnehmer nicht unbedingt gerne sehen, da er die mentale Stärke anderer, die er selbst nicht hat, als Bedrohung seiner Person und seiner Position empfindet. Aber mit einem Möchte- gern-König dieser Machart wird man eh kaum glücklich geschweige denn alt werden.
Was aber auffällig bei religiösen Fundamentalisten ist, dass sie nicht differenzieren können zwischen einer kleinen Notlüge und einem "falschen Zeugnis", also einer böswilligen Lüge, um anderen zu schaden oder sich selbst einen Vorteil zu verschaffen.
Natürlich können Fundis differenzieren. Aber sie haben eine tief sitzende Abneigung gegen JEDE Form von Lüge.
Wer lügt und Lügen für legal hält, obwohl er auch anders könnte, verachtet insgeheim diejenigen, die er anlügt. Sie sind ihm nicht genug wert, sodass er Ärger oder den Verlust irgendwelcher Vorteile riskieren würde, um eine saubere Beziehung zu ihnen zu haben und.... zu behalten.
Wenn ich realisiere, dass jemand mich belügt, kann ich demjenigen nicht mehr vertrauen. Ich bin enttäuscht und verletzt. Je nachdem, wer es ist, kann es auch sein, dass ich den Kontakt abbreche oder auf Eis lege. Weil ich Lügen HASSE.
Beispiel:
Wenn eine Frau ihren Mann nach seiner Meinung über ihre Figur befragt, will sie nicht hören:
Schatz, du bist zu fett, auch wenn es der Wahrheit entspricht. Wenn er sagt: Schatz,
hast du schon wieder abgenommen, weiß er, dass er sie damit glücklich macht.
Eine kleine Notlüge, die das soziale Zusammenleben erträglich macht.
Es fragt sich nur, wie lange.
Denkst du wirklich, eine Frau bemerkt es nicht, wenn ihr Mann sie lediglich beschwichtigen will?
Sie merkt doch an der Intensität seines Begehrens und sieht in seinen Augen, was wirklich Sache ist.
In einem anderen Forum meinte eine Userin doch tatsächlich, man dürfe nicht lügen, wenn die Gestapo fragt, ob man einen Juden versteckt hat, denn damit verstoße man gegen das Gebot: du sollst nicht lügen.
Solche Situationen können wir hier allenfalls theoretisch diskutieren, denn sie sind nicht real für uns.
Ich weiß es nicht, was ich tun würde, wenn ich durch vorsätzliche Lüge ein Menschenleben retten könnte. Andererseits: Wie gut und wie lange habe ich Gott auf meiner Seite, wenn ich seine Regeln verwerfe und meine, Gott habe sich danach zu richten, was ich für "gut" befinde und
meine, tun zu müssen?
Ohne Gott wäre ich in solchen Situationen wie im Dritten Reich aber aufgeschmissen.
Wahrscheinlich würde ich Gott fragen, was ich tun soll, in der Hoffnung, eine Antwort zu erhalten und übernatürliche Hilfe zu erfahren.
LG