Die Darstellung zeigt eigentlich nur, dass der Karikaturist nicht den geringsten Schimmer hat, was dieser Begriff bedeutet
Sohn Gottes oder Gottessohn ist einerseits ein Ehrentitel, andererseits bezeichnet er die spirituelle Beziehung Jesu zu Gott, dem zeitlosen Grund allen Seins, als dem Vater (Abba). Wenn wir in diese Beziehung eintreten, sie imitieren und leben, sind wir ebenfalls Söhne und Töchter.
Interessant finde ich diese Worte von Swami Vivekananda über Jesus:
Vivekananda (1863-1902) war der bekannteste Schüler Ramakrishnas, er brachte Ende des 19. Jhs. als erster die Lehren von Yoga und Vedanta in den Westen. In seinen Vorträgen nahm er häufig Bezug auf Jesus. Besonders eindrucksvoll ist ein Vortrag „Christus – der Bote“, den er im Jahr 1900 in Los Angeles hielt. Die ganze Rede ist von einer tiefen Inspiration getragen, und man kann sich vorstellen, wie die Zuhörer gebannt seinen Worten lauschten. In der Einleitung nennt er Jesus einen „Giganten“: „Jahrhunderte und Zeitalter gehen vorüber, aber die Energie, die er in die Welt einbrachte, ist noch nicht verbraucht. Sie entwickelt ständig neue Kräfte, indem die Zeitalter ihren Lauf nehmen. „
Vivekananda sieht Jesus als eine jener bedeutenden Energiewellen, die entscheidende Impulse in der Geschichte der Menschheit setzen. Und als Inder sieht er Jesus als Orientalen: Die ganze Szenerie der Bibel mit ihren Landschaften, der Sonne und Wüste, den Menschen und ihren Gebräuchen spreche die Sprache Asiens, und dessen Stimme sei jene der Religion. Dann erwähnt er einige wichtige Lehrsätze Jesu, „Das Himmelreich ist in euch“, oder die Äußerung „Ich und mein Vater sind eins“, was hinausgehe über die Äußerung „Ich bin Gottes Sohn“.
Schließlich hebt Vivekananda hervor, dass Jesus ein völlig selbstloser Lehrer war, dem es darum ging, seine spirituelle Mission zu erfüllen, aber nicht darum, als rechte Hand Gottes verehrt und respektiert zu werden. Um diesen Punkt, der ihm sehr wichtig ist, zu illustrieren, entwickelt er eine kleine Geschichte:
Nehmen wir einmal an, Jesus predige einer Gruppe von Menschen, und dann käme einer der Zuhörer zu ihm und sagt: „Was Sie da lehren, ist schön und gut. Ich glaube, das ist der Weg zur Vollkommenheit und ich möchte ihm gern folgen. Aber mir liegt nichts daran, Sie als den alleinigen Sohn Gottes zu verehren.“ Was – so fragt Vivekananda – hätte Jesus nun geantwortet? Er hätte gesagt: „Gut, mein Bruder, folge dem Ideal und schreite voran in deiner eigenen Weise. Mir ist es gleich, ob du mich für die Lehre anerkennst oder nicht. Ich handle nicht mit Religion. Ich lehre nur die Wahrheit, und die Wahrheit gehört niemandem. Niemand kann ein Patent darauf erheben. Die Wahrheit ist Gott selbst. „
Mit Blick auf die christliche Realität fügt Vivekananda dann hinzu: „Was aber sagen die Anhänger (Jesu) heute: “Ganz gleich ob du die Lehre praktizierst oder nicht – anerkennst du den Mann (als Heilsbringer)? Wenn du den Meister anerkennst, wirst du erlöst werden; wenn nicht, gibt es keine Erlösung für dich.“ Und so werde die ganze Lehre des Meisters entstellt und plötzlich stehe die Person als solche im Mittelpunkt und werde sogar zum Gegenstand eines KampfÂes.
Eine Frage, die viele Christen und Nicht-Christen bewegt, ist jene, warum Jesus als Gottes geliebter Sohn am Kreuz sterben musste. Hierzu äußert sich Vivekananda in einer Rede über „Werke und ihr Geheimnis“: „Das große Geheimnis wahren Erfolgs, wahren Glücks, ist dies: der Mensch, der nicht um Lohn bittet, der vollkommen selbstlose Mensch, ist der erfolgreichste. Das erscheint wie ein Paradox – denn wissen wir nicht, dass jeder selbstlose Mensch im Leben verletzt wird?
Das ist scheinbar so. Christus war selbstlos, und er wurde gekreuzigt. Und doch war seine Selbstlosigkeit die Ursache für einen großen Sieg – der Krönung vieler Millionen Leben mit dem Segen wahren Erfolgs.“
http://www.yoga-aktuell.de/yoga-spirit/religion/jesus-im-licht-grosser-yogis/
Vivekananda war ein Hindu, aber er hat in vierlei Hinsicht das Leben eines echten Nachfolger Jesu gelebt, er hat ihn sehr verehrt und geliebt. Das religiöse Bekenntnis ist nur eine Formalität, entscheidend ist die Seinsweise.