closs hat geschrieben:
Um auf den Kern zu kommen: Schuld ist die kolonialistische Einmischung des Westens über Generationen und auf anderer Ebene die laszive Ungleichheit der Verteilung von Reichtümern - und nein: Das hat nichts mit Leistungs-Gesellschaft zu tun, sondern mit unterschiedlichen kulturellen Entwicklungen . - Es eben auch mit Kolonialismus, der ja auf wirtschaftlicher Ebene noch heute existiert - irgendwo müssen ja die billigen Sachen her, die es bei uns gibt. - Und umgekehrt gibt es für abgenagte Hühnerknochen, die man nach Afrika exportiert, sogar noch Geld.
Gäbe es Frieden und echte Perspektiven in den Fluchtländern, gäge es keine Flüchtlinge, die im Mittelmeer ertrinken. Denn die Menschen würden sich am liebsten daheim wohl fühlen.
Dass der Kolonialismus eine Mitschuld trägt, ist offensichtlich. Aber aus meiner Sicht ist es zu einfach, dem Westen pauschal die Schuld an dem Missständen in den betreffenden Ländern zu geben.
Bei meinen zahlreichen Reisen in muslimisch geprägte Länder ist mir stets sofort aufgefallen, dass es zwar an jeder Straßenecke Moscheen gibt, jedoch Kanalisation, Sozialstrukturen, Schulen und Buchläden Mangelware sind. Meist gibt es weder ein Bildungsbürgertum noch einen Mittelstand.
So hatte ich fast immer den Eindruck, dass Gebete und Gebetshäuser den herrschenden Klassen dort wichtiger sind, als frei denkende und unabhängige Bürger ihrer Staaten. Das hat mit Kolonialismus nichts zu tun, sondern mit verkrustetem Stammesdenken und einer Religion, die ihre Gläubigen bei jeder Gelegenheit dazu animiert, ihr Schicksal als gottgegeben (Kismet) hinzunehmen. Wenn sich dann noch der Potentat auf seine angebliche Abstammung von Propheten selbst beruft, ist der Teufelskreis geschlossen.
Wir hatten bis vor kurzem etwas ähnliches, Monarchismus gegründet auf Gottesgnadentum, dazu eine Kirche, die als zweiter Stand, zusammen mit den ersten Stand über den dritten Stand herrschte. Allerdings haben wir dies überwunden, Ansätze hierzu sind in den wenigsten muslimischen Ländern zu erkennen.