Lamarck hat geschrieben: Nichts gegen ad hominems
Manchmal macht es Sinn, die Aussage eines Menschen mit dessen eigener Konstitution in Verbindung zu bringen. Das sind dann ausdrücklich keine Argumente gegen das Argument, sondern der Versuch einer Antwort auf die Frage, warum jemand so denkt.
Lamarck hat geschrieben: Die Realität im SEIN von Heideggers Tafel ist wiederum beobachterabhängig.
Die Wahrnehmung des Seins ist beobachter-abhängig - nicht die Realität - es sei denn, man definiert "Realität" als Folge von Beobachtung. - Möglicherweise liegt hier das Problem - vielleicht sollten wir mal einvernehmlich klären, was eigentlich "Realität" ist.
Mir geht es im übrigen nicht darum, Heidegger zu veri- oder zu falsifizieren, sondern um sein Handwerkszeug, das im geistigen Umfeld sehr brauchbar ist (und meines Erachtens auch so vom - späten - Heidegger verstanden wurde). - Im folgenden einige Transponierungen Heideggers auf christliche Belange - damit Du vielleicht besser verstehst, warum ich den Begriff der "ontologischen Differenz" übernommen habe:
• Heidegger: „Das Sein ist die Voraussetzung für das Seiende“
= Christlich: „Gott/Realität ist Voraussetzung für den Menschen/die Wahrnehmung“
• Heidegger: „Das Sein bleibt also stets das Sein eines Seienden, weshalb eine Differenz zwischen Sein und Seiendem besteht“
= Christlich: „Gott/Realität bleibt also stets Gott/Realität über dem Menschen/der Wahrnehmung, weshalb es eine grundsätzliche Seins-Differenz zwischen realem Gott und wahrnehmendem Menschen gibt“
• Heidegger: „Das Sein kommt auf der Ebene des Seienden ohne ein Seiendes nicht vor.“
= Christlich: „Umgekehrt wird Gott im Dasein nur zur Kenntnis genommen, wenn der Mensch ihn benennt, das heißt: Realität/Wahrheit wird nur benennbar über Wahrnehmung“
• Heidegger: „Da deshalb Sein und Seiendes niemals getrennt auftreten, wird das Sein nicht als solches thematisiert.“
= Christlich: „Da Gott nur zur Kenntnis genommen wird, wenn der Mensch ihn benennt, treten beide, einerseits Gott/Realität und andererseits Mensch/Wahrnehmung, zwangsläufig immer zusammen auf. Da die Aufklärung
des 21. Jahrhunderts aber den Unterschied zwischen Sein und Seiendem, also Gott und Mensch, also Realität und Wahrnehmung nicht kennt, wird (im Normfall) Gott/Realität als Gott/Realität auch nicht thematisiert“
• Heidegger: „Daher ist das Sein zwar das Nächste, weil es im Umgang mit der Welt immer schon vorausgehend und mitgängig ist; andererseits erweist es sich als das Fernste, da es als Unthematisches nie explizit wird.“
= Christlich: „Daher ist Gott/die Realität zwar einerseits das Nächste, weil es im Dasein alles zu allen Zeiten fügt, andererseits erscheint es aus Sicht des Menschen/der Wahrnehmung als das Fernste, wenn es wahrnehmungsmäßig
unbekannterweise nicht existiert.“
• Heidegger: „Solange das Dasein als Seiendes ‚ist‘, hat es seine ‚Gänze‘ nie erreicht. Gewinnt es sie aber, dann wird der Gewinn zum Verlust des In-der-Welt-Seins schlechthin. Als Seiendes wird es dann nie mehr erfahrbar.“
= Christlich: „Solange der Mensch im Dasein ist, ist die Entwicklung zum Ganzen nicht erreichbar. – Die Entwicklung zum Ganzen ist dem Menschen nur über den Tod möglich – wenn also die ontologische Differenz zwischen „Sein und
Seiendem“, „Realität und Wahrnehmung“, „Gott und Mensch“ aufgehoben ist – die christliche Sprache verwendet dafür den Begriff „Erlösung“.
Um es kurz zu machen: Ich war sehr überrascht, dass Heideggers Handwerkszeug problemlos übertragbar ist auf meinen geistigen Ansatz - Stichwort: Ontotheologie seit Kant.
Du musst da nicht zustimmen, solltest aber zur Kenntnis nehmen, dass sich über unser Thema hier schon ganz andere Kaliber Gedanken gemacht haben.