Alles Teufelszeug?

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Münek
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#911 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » So 21. Feb 2016, 10:45

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Manchmal heben sie den Daumen, meistens senken sie ihn.
Prinzipiell klar - nur da muss man weiterdenken, als es die HKM tun darf. . Denn die Frage ist, wie wirklichkeits-getreu solche Aussagen aus wiederholt vorgetragenen Gründen in Bezug auf Jesus sind.

Meine dringende Vermutung: Unter "authentisch" verstehen sie das, was in Bezug auf die vermutete Quelle "Q" authentisch ist - aber genau das ist hier nicht entscheidend in Bezug auf Jesus. - Man unterscheidet somit aus methodischen Gründen nicht zwischen Quelle "Q" und Jesus, weil man zurecht davon ausgeht, dass es vor "Q" nichts gibt - somit ist "Q" die letzte kritisch-historisch fassbare Instanz, an der man alles andere kalibriert. - Methodisch verständlich - wirklichkeits-getreu nicht unbedingt.

Glaube mir, die Exegeten verstehen ihr Handwerk. Nach meiner Kenntnis werden die meisten Worte Jesu NICHT für authentisch gehalten.

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Münek
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#912 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » So 21. Feb 2016, 11:04

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:natürlich auch soweit Tiere betroffen sind.
Ja - auch auf die Natur treffen die Folgen des sog. "Sündenfalls" zu. - Nur dass das Tier mangels Ausstattung nicht darüber transzendent reflektieren kann.

Den sog. "Sündenfall" hat es nie gegeben - auch nicht im übertragenen Sinn. Der ist ein Mythos, ein Märchen. Tier/Mensch sind Produkte der Evolution - und nicht eines töpfernden Schöpfers, der von seinem Produkt auch noch Gehorsam verlangt.

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sven23
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#913 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von sven23 » So 21. Feb 2016, 11:12

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:natürlich auch soweit Tiere betroffen sind.
Ja - auch auf die Natur treffen die Folgen des sog. "Sündenfalls" zu. - Nur dass das Tier mangels Ausstattung nicht darüber transzendent reflektieren kann.
Ach du lieber Gott, jetzt muß der Sündenfall auch noch für das Leid in der Tierwelt herhalten.
Schon mal daran gedacht, daß die Tierwelt schon Millionen von Jahren zu leiden hatte, bevor der Mensch die Bühne betrat? :roll:
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sven23
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#914 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von sven23 » So 21. Feb 2016, 11:45

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Natürlich kann man mit dieser Methode die Glaubenswelt der damaligen Menschen rekonstruieren.
Natürlich - und eine Frage für die Geschichts-Wissenschaften - absolut einverstanden.
Ja eben, und die Glaubenswelt des galiäischen Wanderpredigers bestand nun mal in einem zentralen Punkt in der Ankündigung des nahen Gottesreiches. Wo ist das Problem?


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Auf meine Einlassung, daß die Existenz von Göttern niemals Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung sein könne, antwortete er:
"Dann ist es unseriös. eine ähnlich wahrscheinliche Möglichkeit ("es gibt Gott/es gibt Gott nicht") zu berücksichtigen.
Der Zusammenhang wäre hier richtig - guck mal im Original, ob da nicht ein "nicht" steht. - Ich glaube der Zusammenhang war, dass Wissenschaft, die sich über geistige Themen der Bibel äußert, auch den Fifty-fifty-Fall berücksichtigen müsse, dass es Gott gibt.
Es ist der Originaltext und mit copy & paste eingefügt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ich glaube, du hast immer noch nicht den Unterschied zwischen historisch-kritischer Methode und kanonischer Exegese begriffen
Das könnte uns beide betreffen. - Nach meinem Verständnis hat es etwas mit dem eben Gesagten zu tun (Voraussetzungen der Theologie).
Das ist dein generelles Problem, weil du Definitionen nach "deinem Verständnis" umdefinierst.
So wirst du den Unterschied zwischen HKM und kanonischer Exegese nie begreifen, möglicherweise gar nicht begreifen wollen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Irgendwie fehlt es deiner Argumentation an Konsistenz.
Da hatte ich ja noch gar nichts erklärt.
Zumindest hast die einen faktischen Unterschied zwischen befriedigend beantwortbar und hinreichend beantwortbar postuliert, als wenn dazwischen Welten liegen würden.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Gibt es Gott nicht, gibt es ihn auch nicht mit AT und NT.
Vielleicht auch nicht. - Denn wenn es Gott nicht gäbe, würde sich wahrscheinlich keiner einen Kopf über Gott machen. - Da täten's dann Würste auch.
Das Problem ist wohl eher, daß man sich mit nicht falsifizierbaren Postulaten rumschlagen muß. :lol:

closs hat geschrieben: - Von Ratzi stammt der Satz, dass aus der Bibel klar hervorgeht, dass Ratzi KEINE Naherwartung hatte. - Wieso sollte er nun erkennen, dass das Gegenteil richtig sei?
Häh, Ratzi hatte keine Naherwartung? Ist Ratzi verwirrt oder closs? :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ratzingers Versuch, beide Methoden zu vereinen, war ein Spagat, der mit einem Leistenbruch enden mußte.
Das ist tatsächlich möglich. - Ich sehe darin einen Versuch, die HKM nicht nur als Disziplin in den Geschichts-Wissenschaften zu sehen, sondern ihren Rang innerhalb der Theologie zu festigen ("Ihr seid echte Theologen, wenn ihr Euch bei Eurer historischen Arbeit geistig öffnet"). - Möglicherweise ist dieser Spagat tatsächlich zu groß - meine ich ernst.
Nein, das liegt daran, daß beide Methoden nicht kompatibel sind. Zirkelreferente Aussagen werden in der Wissenschaft nicht so gerne gesehen.
"Es ist wahr, weil es in der Bibel steht; und weil es in der Bibel steht, ist es wahr. Mit
solchen Zirkelschlüssen kann man natürlich alles Mögliche beweisen.
...
Natürlich ist eine solche Vorgehensweise völlig unwissenschaftlich. Sie besteht aus einem
Zirkelschluss, sie setzt die Bedeutung dessen, was sie erweisen will, schon voraus."

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#915 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von sven23 » So 21. Feb 2016, 11:47

Münek hat geschrieben: Glaube mir, die Exegeten verstehen ihr Handwerk. Nach meiner Kenntnis werden die meisten Worte Jesu NICHT für authentisch gehalten.
Aber closs weiß es besser, weil er im Gegensatz zu den Exegeten den "geistigen" Zugang hat. Die neutestamentliche Forschung muß sich komplett neu aufstellen. :lol:
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Thaddäus
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#916 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » So 21. Feb 2016, 11:48

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Beweis: ob bei Wiki oder in einer anderen Überblicksdarstellung wirst du keine wissenschaftstheoretische Position finden, die mit deinen Ansichten einer doppelten Wahrheit usw. kompatibel wäre.
Das sagt nichts aus, weil es nichts über die Wirklichkeit aussagt, sondern über die Definition von Wissenschafts-Theorie. -
[...]
[...]
[...]
Im Grunde wird die HKM hier so dargestellt wie die Kurz-Zeit-Kreationisten: Beide fummeln in Nachbars Garten rum - der eine nimmt Einfluss auf die Naturwissenschaft ("Mensch ist 7000 Jahre alt"), der andere besteht auf geistige Aussagen, obwohl er eben diese methodisch vorher ausgeschlossen hat.
Du wiederholst (auch in dieser Antwort) gebetsmühlenartig deine Positionen, die am Ende unserer Diskusion hier sämtlich als widerlegt betrachtet werden können.

Deine zentralen Behauptungen sind:

1. Es existieren historisch real geschehene Ereignisse (das, was "wirklich" geschehen ist), die von der Wissenschaft bzw. der Historisch-kritischen Forschung nicht erfasst werden können, weil das nur Rezeptionen von Rezeptionen sind. Hieraus schließt du, dass es immer auch so sein könne, was du als real-historisches und wirklich Geschehenes annimmst (z.B. das Jesus am Ende doch keine Naherwartung hatte).

2. Wahrheit hängt von der Wahl des Erkenntnis-Modells ab, und die Wahl eines geistlich-kanonischen Erkenntniszugangs, dessen Ergebnisse ganz anders ausfallen können (als z.B. die der HKM), ist genau so berechtigt und wahr wie das wissenschaftliche Modell, - und zwar aufgrund ihrer geistlich-kanonischen Sicht.

3. Die HKM kann keine geistlichen Aussagen treffen, weil ihre Methoden nicht geistlich sind.

4. Die reine Möglichkeit, dass (der christliche) Gott existieren könnte bedeutet, dass Wissenschaft diesen Fall berücksichtigen muss, um nicht einseitig zu sein.

5. Es gibt eine doppelte Wahrheit (eine historisch-kritische und eine kanonisch-geistliche), die sich im Extremfall direkt widersprechen können und trotzdem beide wahr sind.

6. Die kanonisch-geistliche Exegese ist wissenschaftlich, weil es keine feste Defintion von Wissenschaft gibt bzw. eine nur einseitige Defintion, die das Geistliche nicht berücksichtigt.

Alle diese Behauptungen erweisen sich entweder als unbegründbar oder inkonsistent. Sie sind als widerlegt anzusehen.

ad 1.)
Fakt ist, dass die realen-historisch geschenenen Ereignisse insofern unbekannt sind, als man selbst nicht Zeuge des Geschehens ist. Fakt ist weiter, dass die HKM aufgrund ihrer wissenschaftlichen Methoden die einzige Möglichkeit darstellt, das, was "wirklich" geschehen ist, rekonstruieren zu können. Die bloße Möglichkeit, dass das historische Geschehen dennoch anders gewesen sein könnte, ist keine hinreichende Begründung dafür, plausibel anzunehmen, dass es anders geswesen IST. Potenzialität ist ontologisch und wissenschaftlich nicht gleichzusetzen mit Faktizität.
Conclusio: Deine Behauptung gründet sich auf einen Kategorienfehler.

ad 2.)
Fakt ist, du kannst keine wissenschaftstheoretische Position benennen, die deine Ansicht stützt. Fakt ist weiter, dass die Wahl eines geistlich-kanonischen Erkenntniszugangs auf einer petitio principii beruht, da diese Wahl sich nicht auf bestimmte vernünftige und plausible Gründe stützen kann (wie alle anderen Erkenntiszugänge), sondern allein auf einer Setzung beruht, die sich selbst zirkelhaft legitmiert. Ein geistlich-kanonischer Erkenntniszugang ist deshalb legitim, weil ein biblischer Kanon und die Tradition der kathl. Kirche vorliegen.
Conclusio: Deine Annahme beruht auf einer petitio principii.

ad 3.)
Fakt ist, dass die HKM zweifelsfrei wissenschaftlich fundierte Aussagen über theologische und Glaubensinhalte macht. Z.B. über die Naherwartung Jesu, über die Historiziät der Weihnachtsgeschichte oder ob Jesus sich selbst als Messias oder gar trinitarischen Gott gehalten hat. Die Behauptung, man könne nur dann zu substanziellen Aussagen über theologische und Glaubensinhalte (Geistliches) gelangen, wenn man über einen geistlich-kanonischen Erkenntniszugang und damit über eine geistliche Methode verfügt (wobei offen bleibt, worin diese geistliche Methode genau bestehen soll), ist eine ganz und gar unbegründete Annahme.
Conclusio: Deine Behauptung ist unbegründet und zudem offensichtlich falsch, da die HKM nachweislich sehr wohl fundierte Aussagen über theologische und Glaubensinhalte macht.

ad 4.)
Fakt ist, dass alle Wissenschaften Gott weder als exisiteriend annehmen, noch seine Existenz leugnen. Beides ist nicht nötig, um Wissenschaft betreiben zu können. Insofern besteht keine Verpflichtung von Seiten der Wissenschaften, ihre Forschungsergebnisse unter der Prämisse zu interpretieren, dass es Gott geben könnte. Im Gegenteil würde eine solche, ontologisch mächtige und voraussetzungsstarke Existenzannahme offensichtlich gegen Ockhams Ökonomieprinzip verstoßen, wonach eine Erklärung, eine Hypothese, ein Modell oder eine Theorie als um so erklärungsstärker und damit besser gilt, je weniger Annahmen sie machen muss. Zudem würden für die wissenschaftliche Methodologie die Leitprinipien einer höchstmöglichen weltanschaulichen Neutralität und Objektivität verletzt werden.
Conclusio: Deine Behauptung, Wissenschaft müsse den Fall einer Existenz Gottes berücksichtigen ist nicht nur wissenschaftlich sowie ontologisch offensichtlich unbegründet, sondern sie vertößt auch elementar gegen ein wissenschaftliches und ontologisches Grundprinzip, nämlich dem, der Sparsamkeit in der Wahl der ontologischen Annahmen innerhalb einer wissenschaftlichen Erklärung.

ad 5.)
Fakt ist, dass die historischen Erfahrungen mit dem Glaubens-Konzept der doppelten Wahrheit, zu der Erkenntnis geführt haben, dass es Wissenschaft unmöglich macht, weil das Prinzip einer doppelten Wahrheit den Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch aushebelt, damit die gesamte Logik ad absurdum führt und letztlich bedeutet, dass jede Aussage mit der gleichen Berechtigung als wahr anzusehen ist. Das Glaubens-Prinzip einer möglichen doppelten Wahrheit lässt zu, dass eine Aussage wahr und zugleich falsch sein kann, dass es also wahr ist, wenn die HKM feststellt, dass Jesus eine Naherwartung hatte und es ebenso wahr ist, wenn die kanonische Exegese feststellt, dass Jesus keine Naherwartung hatte.
Conclusio: Deine Annahme, es gäbe eine doppelte Wahrheit ist 1. nicht plausibel begründbar und 2. führt sie zu einer Verunmöglichung von Wissenschaft, denn: ex contradictione sequitur quodlibet (lat., aus einem Widerspruch folgt Beliebiges). Wissenschaft bedeutet aber gerade das Auffinden von Erklärungen, die nicht beleibig sind.

ad 6.)
Fakt ist, dass jede heute noch denkbare Definition von Wissenschaft das Verbot einer Begründung von wissenschaftlichen Aussagen durch die Bezugnahme auf subjektives Offenbarungs- und Erleuchtungswissen sowie auf Legitimation durch transzendente oder transnaturale Mächte oder Kräfte beinhalten muss. Denn ein Verzicht auf dieses Verbot bedeutet faktisch die religiöse Legitimierung beliebiger Aussagen und den Verzicht auf die Notwendigkeit, wissenschaftliche Aussagen vernünftig-logisch-plausibel nachvollziehbar und damit intersubjektiv vermittelbar zu machen, was ein Grundanspruch von Wissenschaft ist.
Die geistlich-kanonische Exegese behauptet, die Bibel müsse zusammen mit der christlichen Tradition in einem Gesamtkontext verstanden werden, damit sie verstanden werden kann. Dies widerspricht der Tatsache, dass die einzelnen biblischen Schriften in je höchst unterschiedlichen historischen, geistesgeschichtlichen und theologischen Zusammenhängen entstanden sind und höchst unterschiedliche Funktionen erfüllten. Es spiegeln sich in ihnen ganz unterschiedliche Glaubenssysteme und Glaubensinhalte, die nur dann in ihrer jeweiligen Eigenart erfasst werden können, wenn sie tunlichst auseinandergehalten werden. Zudem ist nicht erkennbar, was eine geistlichlich-kanonische Exegese von einer historisch-kritischen Exegese unterscheiden sollte, wenn nicht der Anspruch ersterer auf einen höheren Erkenntniswert. Genau der aber ist nicht rational und intersubjektiv begründbar und stellt damit keine wissenschaftliche Alternative dar.

Conclusio: Deine Behauptung, die kanonische Exegese könne wissenschaftlich sein, beruht auf einer ganz und gar willkürlichen Defintion von Wissenschaft und einem Ignorieren der jeweils unterschiedlichen historischen und geistesgeschichtlichen Grundlagen bei der Entstehung der biblischen Schriften.
Zuletzt geändert von Thaddäus am So 21. Feb 2016, 12:36, insgesamt 7-mal geändert.

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Savonlinna
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#917 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » So 21. Feb 2016, 11:55

sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben: Schwer erträglich wird es, wenn die HKM in die geistige Substanz der Bibel eingreift. - Dazu hatten wir ein gutes Beispiel beim Thema "Naherwartung". - Und vor allem: Man kann die Bibel zwar per HKM historisch begleiten, aber nicht inhaltlich zu erklären versuchen - DA liegt das Problem. - Die HKM ist und bleibt eine erfreuliche, da informative Quelle rund um die Substanz der Bibel - mehr nicht.
Hätte Ratzinger ein Problem damit, wenn man feststellt, daß die Griechen an Zeus und die Römer an Jupiter glaubten? Natürlich nicht. Warum hat er ein Problem damit, wenn man die Glaubenswelt des galiläischen Wanderpredigers anhand der vorhandenen Quellen rekonstruiert? Doch nur deshalb, weil sich die Naherwartung als Irrtum erwiesen hat. Das ist der eigentliche Knackpunkt.
Sei nicht albern, sven. Lies das Jesus-Buch, plappere keinen Unsinn nach.

sven23 hat geschrieben:Ratzingers Versuch, beide Methoden zu vereinen, war ein Spagat, der mit einem Leistenbruch enden mußte.
Dann begründe das doch mal. Zeig mir auf, warum dieser Spagat nicht funktioniert.
Zitiere mir aus dem "Jesus"-Buch, was Deiner Meinung nach da nicht funktioniert.
Widerlege die Rezeptionsforschung, die ich hier ja mehrmals erklärt habe und die da überhaupt keinen Spagat sieht.
Erkläre, warum sie Deiner eigenen Erkenntnis nach in einem Leistungsbruch endet.

Einfach nur irgendwas behaupten, das kann jeder. Das bringt die Diskussion nicht voran.
Oder dürfen Neu-Atheisten nicht ihren eigenen Kopf benutzen?
Manchmal habe ich das Gefühl, das hat man ihnen verboten.

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#918 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » So 21. Feb 2016, 12:20

Münek hat geschrieben:Zitat aus Ratzingers Jesusbuch, Bd. 1, S. 77
Das ist doch eine Bestätigung MEINER Aussage - so verstehe ich Ratzi auch. - Er deutet es nur anders als Du.

Münek hat geschrieben:Nach meiner Kenntnis werden die meisten Worte Jesu NICHT für authentisch gehalten.
Mit "authentisch" meinst Du "Vermutlich vom Textverfasser komponiert" - ja, das deckt sich mit der These, dass die Verfasser sich nicht auf historische Quellen, sondern auf ihr eigenes Verständnis berufen haben. - Passt.

"Authentisch" heisst aber AUCH: "Ist das, was die Textverfasser sagen etwas, was geistig zu Jesu Intentionen passt?" - Und diese Bedeutung von "authentisch" ist historisch-kritisch nicht nachvollziehbar, weil es nicht methodisch vorgesehen ist.

Was dann von der HKM als "authentisch" verstanden wird, hat also nichts damit zu tun, sondern mit: "Authentisch = was wir einen fiktiven Urquelle "Q" zuordnen". - OK - aber das wiederum sagt nichts darüber aus, ob diese (Rezeptions- !!) Urquelle authentisch ist zu dem, was Jesus gemeint hat - denn auch diese Urquelle ist auf Verständnisebene des Textverfassers geschrieben und nicht in der Absicht einer historischen Abbildung von Jesus-Zitaten. - Man darf es sich nicht zu einfach machen.

Münek hat geschrieben:Den sog. "Sündenfall" hat es nie gegeben
Evolutions-theoretisch natürlich nicht.

Münek hat geschrieben: Der ist ein Mythos
Ja - "Mythos" als Chiffre für geistige Wahrheit.

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#919 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Novas » So 21. Feb 2016, 12:22

Savonlinna hat geschrieben:Oder dürfen Neu-Atheisten nicht ihren eigenen Kopf benutzen?
Manchmal habe ich das Gefühl, das hat man ihnen verboten.


Als vorauseilenden Gehorsam bezeichnet man die freiwillige Vorwegnahme vermuteten erwünschten Verhaltens im Rahmen gruppendynamischer Prozesse (Gruppenzwang). Eine Gehorsamsleistung wird dann nicht als Resultat von gesellschaftlich-sozialem Druck erbracht, sondern aus Überzeugung oder, um diesem Druck von vornherein zu entgehen[...]Dieses Sozialverhalten ist beschrieben in der Satire Duodez von Hermann Löns: „Bald ist er so weit, daß er am Fernsprecher dienert, ... [er] gewöhnt sich daran, selbst zu sich selber und im Schlaf kein Wort zu sagen, was irgend Anstoß erregen könnte.

Eine in vorauseilendem Gehorsam handelnde Person kann sich die Illusion bewahren, freiwillig zu handeln bzw. gehandelt zu haben. Vorauseilender Gehorsam vermeidet die (möglicherweise demütigende) Erfahrung, zu etwas gezwungen zu werden. Das Erfahren eigener Ohnmacht belastet; deshalb suggeriert sich die handelnde Person, aus eigenem Antrieb zu handeln (siehe auch Identifikation mit dem Aggressor)[...]Der vorauseilende Gehorsam macht auch politisch totalitäre Systeme möglich. In diesem Zusammenhang ist der vorauseilende Gehorsam weniger Feigheit als mangelnde Zivilcourage (Untertänigkeit, Kriechen, Duckmäuser).

https://de.wikipedia.org/wiki/Vorauseilender_Gehorsam

closs
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#920 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » So 21. Feb 2016, 12:29

sven23 hat geschrieben: und die Glaubenswelt des galiäischen Wanderpredigers bestand nun mal in einem zentralen Punkt in der Ankündigung des nahen Gottesreiches. Wo ist das Problem?
Dass Jesus, WENN er der ist, für den er christlicher-seits gehalten wird, diese Glaubens-Welt umgewertet hat - NT.

sven23 hat geschrieben:Es ist der Originaltext und mit copy & paste eingefügt.
Dann fehlt ein "nicht": "Es wäre unseriös, wenn man ähnlich plausible Möglichkeiten NICHT berücksichtigt" - da habe ich geschlampt.

sven23 hat geschrieben:Das ist dein generelles Problem, weil du Definitionen nach "deinem Verständnis" umdefinierst.
Jedenfalls versuche ich, Dinge von der Oberfläche weg in die Substanz hinein zu definieren. - Funktioniert meistens.

sven23 hat geschrieben:Zumindest hast die einen faktischen Unterschied zwischen befriedigend beantwortbar und hinreichend beantwortbar postuliert, als wenn dazwischen Welten liegen würden.
"Befriedigend" klang so nach Befindlichkeit - deshalb habe ich es ersetzt.

sven23 hat geschrieben:Häh, Ratzi hatte keine Naherwartung?
Ratzi sieht selbstverständlich KEINE "äußere" Naherwartung Jesu - habt Ihr ihm das unterstellt? - Ratzi interpretiert es im Sinne von: "Durch Jesus und seine Auferstehung ist das Gottesreich nah" - also neutestamentarisch.

sven23 hat geschrieben:Nein, das liegt daran, daß beide Methoden nicht kompatibel sind.
So ist es - deshalb: "Suum cuique".

sven23 hat geschrieben: Zirkelreferente Aussagen werden in der Wissenschaft nicht so gerne gesehen.
Das ist auch in der Hermeneutik verpönt - das ist nicht der Grund.

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