Die HKM ist mitten unter euch

closs
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#101 Re: Aschera, die Gemahlin Jahwes

Beitrag von closs » So 3. Jan 2016, 20:26

Pluto hat geschrieben:Aus meiner Sicht hat die Bibel einen wahren historischen Kern, um den herum eine "Netz" von Legenden und Mythen gewoben wurde.
Ich würde es weniger hart formulieren: Ein historischer Kern, der danach ("Rezeption") unabsichtlich oder absichtlich "gestaltet" wurde. - Mir hat mal ein Theologe einiger dieser (in diesem Fall: inner-kirchlicher) Fälle aufgezeigt: Frühe "kirchliche" Eingriffe, bei denen sinnentstellend verändert wurde - ein echtes Problem auch in der kirchlichen Theologie. - Da ist übrigens die HKM sehr hilfreich, aber nicht hilfreich genug, weil diese Eingriffe schon sehr früh auftraten (weiss leider nicht mehr, welche es konkret waren).

Pluto hat geschrieben:Soweit ich es verstehe, ist Rezeption eine Annahme (Setzung) wie es sein könnte.
Das wäre dann der auto-suggestive oder manipulative Moment dabei - ja, das ist ebenfalls dabei. - Und wenn wir schon dabei sind: Allein die Übertragung hebräischen Gedankenguts ins Griechische ist bereits eine eminente Einflussnahme - ich habe das bei meiner Lektüre der Buber-Übersetzung gemerkt, die in einem hebräischen Denk-Duktus überträgt, der meiner Ansicht nach - wie man an den anderen Übersetzungen sieht - semantische Schwingungen mit sich bringt, die man sonst nicht spürt.

Insofern glaube ich, dass es bereits eine "Fälschung" ist, wenn Paulus in Griechisch schreibt: "Logos" ist etwas ganz anderes als "Memra", das der Übersetzung zugrunde liegt - von "Am Anfang war das WORT (=logos")" ganz zu schweigen. - Allein über diese Doppel-Übersetzung geht eminent viel verloren - DAS ist HKM (oder wäre es).

Pluto hat geschrieben:Erkennst du darin nicht den ursprünglichen Fehler? Es ist eine private Interpretation die ohne Begründung in den Raum gestellt wurde.
Das sind die Bibel-Texte doch auch: "Ich, Textverfasser, verstehe das, was über Jesus erzählt wird, SO". - Ob er den NT-Paradigmen-Wechsel kapiert hat oder nicht. - Jetzt will ich die Burschen nicht schlechter machen als sie sind - aber sie schreiben halt nicht ein Autograph ab, sondern verfassen etwas nach ihrem Verständnis.

Pluto hat geschrieben:Und wer bestimmt, was der Gesamtkontext ist?
Eigentlich kann das die HKM schon, wenn die deren dafür zuständigen Wissenschaftler auch literarisch, also geistig, lesen können - und solche Leute gibt es sicherlich auch (da bin ich aber nicht tief genug in der Szene drin). - Das Problem: In der Öffentlichkeit erscheinen nur die Marktschreier, zu denen sich auf der anderen Seite jetzt Berger hinzugesellt hat. - Es ist keine wissenschaftliche Auseinandersetzung, sondern ein Kulturkampf.

Pluto hat geschrieben:Das mag in der Rezeption so sein, aber in der HKM nicht.
Genau da ist es so.

Pluto hat geschrieben:In der HKM wird jede Erkenntnis mit der Realität verglichen.
Ausdrücklich nein. - Wenn es um archäologische Dinge oder aus den Geschichtswissenschaften vorliegende neutrale Quellen geht, natürlich JA. - Aber nicht in der Textarbeit. - Da wird die eigene Kalibrierung als "Realität" gesetzt - das ist doch genau das Problem. (Ich habe Dich so verstanden, dass Du mit "Realität" das meinst, was man vorfände, wenn man sich 2000 Jahre zurück-beamen ließe und das Geschehen life beobachten könnte)

Pluto hat geschrieben:Anstatt sich von den Tatsachen leiten zu lassen und ergebnisoffen zu forschen
Das macht die HKM im Fall "Bibel" doch auch nur scheinbar - deshalb mein Wort "simulieren". - Sie überträgt ein bewährtes Muster aus literarischen Bereichen, in denen es ein Autograph gibt, auf die Bibel-Texte, zu denen es KEIN Autograph (seitens Jesus) gibt.

Pluto hat geschrieben:legt die Rezeption a priori das Ziel fest,
Wenn ich Anton richtig verstanden haben, arbeitet sogar die Wissenschaft deduktiv, indem das gewählte Modell der Maßstab ist (bis es falsifiziert wird). - Der Unterschied ist eher, dass eine Falsifizierung des HKM-Modells einfacher wäre (aber auch noch schwer genug) als die Falsifizierung eines gesetzten Glaubens-Inhalts. - Aber darunter in der wissenschaftlichen Alltagsarbeit sind die Unterschiede nicht so groß.

Pluto hat geschrieben:An den Kernaussagen (Dogmen) hält man fest, anstatt sie zu hinterfragen.
Die wurden schon logisch und fundamental-theologisch hinterfragt, dass sie überhaupt Dogmen werden können. - Nachdem die Kirchenleute immer sehr helle Köpfe hatten, darfst Du davon ausgehen, dass das theoretische Fundament wasserdicht ist. - Wenn ich etwas hinterfragen würde, wäre es die Menge der Dogmen - davon abgesehen kann ich nur mit kräftiger Übersetzung (in mir selbst) einige Dogmen befürworten. - Hinwiederum ist die RKK die einzige Einrichtung, die ein in sich konsistente Fundamental-Theologie hat - die protestantischen Theologien haben dies nach meiner bisherigen Kenntnis nicht.

Also betrachte Dogmen in erster Linie als zusammengefasste Lehr- und Weisheits-Sätze, hinter denen manchmal Jahrhunderte an theologischen Diskussionen stehen.

Pluto hat geschrieben:Es sind die Kernaussagen, wie die jungfräuliche Geburt, die körperliche Auferstehung eines Toten, die Himmelfahrt, die Pentekost-Geschichte und v.a.m. an denen man sich festkrallt.
Das sind in der Tat für mich nachvollziehbare Topics - wobei jedes davon von Heeren von Theologen bearbeitet wurde, weil's halt dann doch nicht so einfach ist. - GAAAAANZ grob:

* Jungfräuliche Geburt = Jesus ist nicht ein besonderer Mensch, sondern hat einen unmittelbar göttlichen Elternteil.

* Körperliche Auferstehung = Geistleib, als Offenbarung dargestellt mit Leib (damit die, denen es offenbart wird, es überhaupt sehen können). - Aber dieser Leib geht nichts aufs Klo oder hat Bauchschmerzen, etc. - er steht für die geistige Ich-Identität nach dem Tod (im Gegensatz etwa zum Buddhismus)

* Himmelfahrt = Offenbarung für den geistigen Inhalt "Das Ich geht kann direkt in die göttliche Endstation kommen"

* Pfingsten = der Mensch bekommt die Gabe, Dinge geistig zu verstehen ("erfüllt mit dem HG")

* etc.

Wie gesagt: Das ist arg andeutungsweise, soll aber zeigen, dass da schon was dahintersteckt.

Pluto hat geschrieben:Glaubst du wirklich, du hättest eine diese besondere Gabe, die uns Ungläubigen fehlt?
Wenn Du mich vor 30 Jahren gefragt hättest, hätte ich gesagt "Nee - das sieht doch jeder". - Heute wird mir klar, dass es NICHT jeder sieht. - Vielleicht ist das so wie in jedem "Fach" - es gibt Mathematik-Verstehen und Mathematik-Neanderthaler - in geistiger Sicht scheint sich mir unsere Epoche in geistigen Dingen Richtung Neanderthaler zu entwickeln. - Und wenn sich die Zeiten wieder ändern, dreht es sich wieder (da muss nur mal eine echte Katastrophe ausbrechen und es kann sehr schnell gehen).

Pluto hat geschrieben:Er kann nicht anders als die Augen vor den Unstimmigkeiten verschließen.
In Bezug auf die HKM geschieht das Umgekehrte: Da will er anderen die Augen öffnen.

Pluto hat geschrieben:Das bekräftigt nur meine Behauptung, dass man es den Zweiflern (Agnostikern) überlassen sollte, die Bibel auszulegen.
Formal ja, inhaltlich nein - es sei denn, der Agnostiker ist ein dezidiert geistiger Mensch. - Wetten, dass ein Buddhist, der die Bibel noch nie gelesen hat, diese auf Anhieb besser verstehen würde als eine Ansammlung agnostischer Wissenschaftler?

Hemul
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#102 Re: Aschera, die Gemahlin Jahwes

Beitrag von Hemul » So 3. Jan 2016, 21:04

Pluto hat geschrieben:Das bekräftigt nur meine Behauptung, dass man es den Zweiflern (Agnostikern) überlassen sollte, die Bibel auszulegen.
Der ist gut-den kannte ich noch nicht. Bild
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

closs
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#103 Re: Aschera, die Gemahlin Jahwes

Beitrag von closs » So 3. Jan 2016, 22:47

Pluto hat geschrieben:So weit ich weiß wird seine Meinung in der Fachwelt der Naturwissenschaften ignoriert.
Das ist gut möglich - die Naturwissenschaftler hören das nicht gern, wenn ihre Domäne angenagt wird. - Das sollen die Wissenschafts-Theoretiker untereinander ausfechten. - An der Sache selbst ändert sich eh nichts.

Pluto
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#104 Re: Aschera, die Gemahlin Jahwes

Beitrag von Pluto » So 3. Jan 2016, 23:33

Hemul hat geschrieben:Der ist gut-den kannte ich noch nicht. Bild
Jo, gell! :lol:
Es ist nun mal so, dass man den Gläubigen genauso wenig trauen kann, wie den Atheisten.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Pluto
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#105 Re: Aschera, die Gemahlin Jahwes

Beitrag von Pluto » So 3. Jan 2016, 23:52

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Aus meiner Sicht hat die Bibel einen wahren historischen Kern, um den herum eine "Netz" von Legenden und Mythen gewoben wurde.
Ich würde es weniger hart formulieren:
Weiß ich. Deshalb rede ich auch Klartext.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Soweit ich es verstehe, ist Rezeption eine Annahme (Setzung) wie es sein könnte.
Das wäre dann der auto-suggestive oder manipulative Moment dabei - ja, das ist ebenfalls dabei.
Mein ich doch. Und das geschieht alles unter dem Deckmantel der Wissenschaft.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:In der HKM wird jede Erkenntnis mit der Realität verglichen.
Ausdrücklich nein.
Kannst du das auch nachweisen?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:legt die Rezeption a priori das Ziel fest,
Wenn ich Anton richtig verstanden haben, arbeitet sogar die Wissenschaft deduktiv, indem das gewählte Modell der Maßstab ist (bis es falsifiziert wird).
Nur... was die kanonische Exegese tut ist nicht Deduktion, sondern schlicht eine Unterdrückung von Erkenntnissen.

closs hat geschrieben:Aber darunter in der wissenschaftlichen Alltagsarbeit sind die Unterschiede nicht so groß.
Wenn es so wäre, bräuchte die kanonische Exegese nicht so einen Aufschrei veranstalten.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:An den Kernaussagen (Dogmen) hält man fest, anstatt sie zu hinterfragen.
Die wurden schon logisch und fundamental-theologisch hinterfragt, dass sie überhaupt Dogmen werden können.
Das glaube ich nicht!
Außerdem ist eine solche Hinterfragung in der Wissenschaft NIEMALS abgeschlossen. Man muss bei jeder neuen Erkenntnis die die Grundlagen betreffen erneut hinterfragen.

closs hat geschrieben:Nachdem die Kirchenleute immer sehr helle Köpfe hatten, darfst Du davon ausgehen, dass das theoretische Fundament wasserdicht ist.
Im Gegenteil: Es ist löchrig wie ein Sieb. Man stopft es von fundamentalistischer Seite mit Dogmen.

closs hat geschrieben:Wenn ich etwas hinterfragen würde, wäre es die Menge der Dogmen - davon abgesehen kann ich nur mit kräftiger Übersetzung (in mir selbst) einige Dogmen befürworten. - Hinwiederum ist die RKK die einzige Einrichtung, die ein in sich konsistente Fundamental-Theologie hat - die protestantischen Theologien haben dies nach meiner bisherigen Kenntnis nicht.
Dafür sollte man die Protestanten loben! :clap:

closs hat geschrieben:Also betrachte Dogmen in erster Linie als zusammengefasste Lehr- und Weisheits-Sätze, hinter denen manchmal Jahrhunderte an theologischen Diskussionen stehen.
Nein. Diese Lehrsätze sind Dogmen. Es ist das was Marx meinte, als er sagte, Religion sei Opium für das Volk.

closs hat geschrieben:Jesus ist nicht ein besonderer Mensch, sondern hat einen unmittelbar göttlichen Elternteil.
Wo steh das in der Bibel?

closs hat geschrieben:* Körperliche Auferstehung = Geistleib, als Offenbarung dargestellt mit Leib (damit die, denen es offenbart wird, es überhaupt sehen können). - Aber dieser Leib geht nichts aufs Klo oder hat Bauchschmerzen, etc. - er steht für die geistige Ich-Identität nach dem Tod (im Gegensatz etwa zum Buddhismus)

* Himmelfahrt = Offenbarung für den geistigen Inhalt "Das Ich geht kann direkt in die göttliche Endstation kommen"
Da es keinen Körper/Geist Dualismus gibt, ist auch dies widerlegt.

closs hat geschrieben:* Pfingsten = der Mensch bekommt die Gabe, Dinge geistig zu verstehen ("erfüllt mit dem HG")
Ich muss dabei an die Worte Macbeths denken.

closs hat geschrieben:Wie gesagt: Das ist arg andeutungsweise, soll aber zeigen, dass da schon was dahintersteckt.
Ich vermag dahinter nichts zu Erkennen außer einem Haufen dogmatischer Behauptungen.

closs hat geschrieben:Wetten, dass ein Buddhist, der die Bibel noch nie gelesen hat, diese auf Anhieb besser verstehen würde als eine Ansammlung agnostischer Wissenschaftler?
Die Wette gilt! :P
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#106 Re: Aschera, die Gemahlin Jahwes

Beitrag von closs » Mo 4. Jan 2016, 00:55

Pluto hat geschrieben:Mein ich doch. Und das geschieht alles unter dem Deckmantel der Wissenschaft.
Moment: Eine weltanschauliche Setzung aufgrund eines dafür geeigneten Modells betrifft das auch - konkret:

Wenn man bei der Bibel-Exegese setzt, dass die älteste Quelle die geistig authentischste ist im Verhältnis zu dem, was Jesus selbst gemeint hat, ist darin automatisch eine weltanschauliche Komponente. - Denn dann zieht man einen Stiefel durch, der bei Fehlen einer authentischen Urquelle (Autograf) willkürlich ist. - Ich habe selten so viel Suggestion und Auto-Suggestion erlebt, wie bei Kubitza und Bilk.

Es geht ja gar nicht ohne solche Setzungen - das Entscheidende ist, dass es die kirchliche Theologie weiss und manch ein Vertreter der HKM es NICHT zu wissen scheint.

Pluto hat geschrieben:was die kanonische Exegese tut ist nicht Deduktion, sondern schlicht eine Unterdrückung von Erkenntnissen.
Das ist ganz einfach falsch. - Die kanonische Exegese untersucht (wissenschaftliche !) HKM-Ergebnisse und baut sie in ihr System ein - weltanschauliche "Ergebnisse" im Deckmantel der HKM sortiert sie aus.

Pluto hat geschrieben:Kannst du das auch nachweisen?
Das liegt auf der Hand: Die HKM schließt aus ihren Erkenntnissen auf eine Realität (damit meine ich das "So-war-es-wirklich), ohne anscheinend zu prüfen, ob die Verfasser der ersten Quellen überhaupt Jesus richtig verstanden haben. - Mit anderen Worten: Es kann genauso gut sein, dass ihn spätere Quellen besser verstanden haben, weil der zeitliche Abstand mehr Möglichkeit zum Nachdenken gegeben hat.

Mit anderen Worten: Die HKM, wie sie hier vorgestellt wurde (!), misst nicht an der Realität, sondern an ihrem Modell. - Erbringt dieses Modell Ergebnisse, nennt man es "Realität" - eine "Realität", die wenig mit dem zu tun haben kann, was wirklich gewesen ist.

Pluto hat geschrieben:Wenn es so wäre, bräuchte die kanonische Exegese nicht so einen Aufschrei veranstalten.
Die kanonische Exegese schreit auf, weil die HKM mit unzureichenden Mitteln Aussagen tätigt, die nicht in ihr Revier gehören - eine davon ist: "Jesus hatte eine Naherwartung" - als sei es ein "So-war-es-wirklich". - Was die HKM sagen dürfte in ihrem Mandat wäre: "Einzelne Textverfasser scheinen zu meinen, dass Jesus eine Naherwartung hatte". - Da würde die kirchliche Theologie erwidern: "Das wissen wir schon lange".

Pluto hat geschrieben: was die kanonische Exegese tut ist nicht Deduktion
Was denn sonst? - Sie setzt ein Modell/eine Glaubensaussage und versucht dies biblisch zu begründen.

Pluto hat geschrieben:Das glaube ich nicht! Außerdem ist eine solche Hinterfragung in der Wissenschaft NIEMALS abgeschlossen.
Das ist schon die Regel. - Und logisch schlüssige Aussagen ändern sich meistens nur dann, wenn man die Voraussetzungen ändert - das ist nicht zu erwarten.

Pluto hat geschrieben:Im Gegenteil: Es ist löchrig wie ein Sieb.
Das ist wahrscheinlich schwer von außen zu beurteilen.

Pluto hat geschrieben:Nein. Diese Lehrsätze sind Dogmen.
Sie erhalten axiomatischen Charakter - ja. - Eben WEIL sie Lehrsätze sind, deren Herleitung man spirituell für abgeschlossen hält.

Pluto hat geschrieben:Wo steh das in der Bibel?
"Wahrer Mensch und wahrer Gott" - Jungfrauengeburt (das ist ja der unmittelbare Indikator dafür) - "mein Sohn" als Chiffre als "Teil von Gott" - etc.

Pluto hat geschrieben:Da es keinen Körper/Geist Dualismus gibt, ist auch dies widerlegt.
Von der materialistischen Seite her - ja. - Aber nicht von geistiger Seite her. - Wenn man Materie als Folge von Geist versteht (genauso un-falsifizierbar wie andersrum), dass ist dieser "Dualismus" NICHT widerlegt. - Du sprichst nicht von einer absoluten Widerlegung, sondern von einer weltanschaulich designten Widerlegung.

Pluto hat geschrieben:Ich vermag dahinter nichts zu Erkennen außer einem Haufen dogmatischer Behauptungen.
Kann sein - andere schwimmen da durch wie ein Fisch durchs Wasser, weil es ihr Medium ist.

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#107 Re: Aschera, die Gemahlin Jahwes

Beitrag von Halman » Di 5. Jan 2016, 00:34

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Eine Vermutung, vielleicht?
Dann wären sämtliche Bibel-Texte "Vermutungen" - begrifflich ist das unüblich.
Ich kann da deinen induktiven Gedanken nicht folgen.
Aus meiner Sicht hat die Bibel einen wahren historischen Kern, um den herum eine "Netz" von Legenden und Mythen gewoben wurde.
Damit vertritts Du vermutlich die Mehrheitsmeinung.

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das ist verständlich, denn es fehlt die Begründung.
Ich habe Dir doch "Rezeption" im Sinne der Philologie definiert - das IST die Begründung.
Soweit ich es verstehe, ist Rezeption eine Annahme (Setzung) wei es sein könnte. Dies macht man dann zu einem persönlichen Weltbild.
Rezeption heißt "Empfang" und meint, wie Literatur, ob nun eine Theateraufführung, ein Kinofilm oder eben auch ein Text, vom Leser "empfangen" wird. Die Rezeption ist natürlich individuell vom Empfänger abhängig; ich begrüße ausdrücklich die Freiheit des Rezipienten, welche meiner Meinung nach auch in der Regel vom [verständigen] Verfasser gewollt ist.

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ich meine sie reißt die Aussagen aus dem Kontext und konstruiert daraus eine eigene Vermutung (Rezeption).
Gerade nicht. - Sie versucht, ihn (wieder) in den gesamt-biblischen Kontext zu bringen.
Und wer bestimmt, was der Gesamtkontext ist?
Das erscheint mir eine zirkuläre Argumentation zu sein, die in die Beliebigkeit führt.
Wenn wir das Wort Bibel sagen, meinen wir in der Regel eine Übersetzung der kanonischen Bibelschriften in einem Buch, wobei der katholische Kanon um 7 Bücher und einige Zusätze umfangreicher ist (Deuterokanonische Schriften) als der protestantische Bibelkanon.
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Der Prozess der Kanonisierung ist so Komplext, dass man ihn gesonders diskutieren müsste. In der Spätantike wurde dieser auf Basis der seit Jahrhunderten gebräuchlichen, zitierten und anerkannten Schriften von den Rabinnern und Kirchenvätern festgelegt und meiner Kenntnis nach ist einer der Bibel-Ka­no­nes gemeint, wenn vom gesamt-biblischen Kontext die Rede ist. Im Zweifel müsste man fragen, auf welchen Kanon sich der jeweilige User bezieht.

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Was genau wird simuliert?
Wir wählen unser Modell so, als wäre unsere fiktive Quelle "Q" das Autograph - damit kalibirieren wir in allen weiteren Untersuchungen, was Tatsache ist und was nicht.
Das mag in der Rezeption so sein, aber in der HKM nicht.
In der HKM wird jede Erkenntnis mit der Realität verglichen. Falsche Schlüsse werden dadurch eliminiert.
Dies halte ich für eine sehr gewagt Aussage. Die HKM basiert zum Teil auf historischer Forschung, in der falsche Schlüsse prinzipiell möglich sind. Im wesendlichen handelt es sich um eine literaturwissenschaftliche Methode, in der gerade bei schwierigen Textpassen eine Vielstimmigkeit unter den Exegeten zu vernehmen ist. Sind sie alle ganz sicher frei von falschen Schlüssen? So eine Annahme wäre eine seltsame Dogmatik.

Als Beispiel für die Vielstimmigkeit unter Exegeten verweise ich auf die Exegese einers der schwersten Texte des NT (1 Kor 11,2-16). Im Eröffungsbeitrag des Threads Welches Frauenbild vermittelt die Bibel? hatte ich einige Zitate ausgewählt.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#108 Re: Aschera, die Gemahlin Jahwes

Beitrag von Halman » Di 5. Jan 2016, 00:35

Pluto hat geschrieben:Der Schwachpunkt der kanonischen Exegese liegt meiner Meinung nach in ihrem Vorgehen. Anstatt sich von den Tatsachen leiten zu lassen und ergebnisoffen zu forschen, legt die Rezeption a priori das Ziel fest, und sucht dann nach den Fakten die zu diesem Ziel führen: Was nicht passt wird verworfen.
Wird dieses kritische Urteil der kanonischen Exegese gerecht? Vor kurzem hatte ich vier Universitäten aufgeführt die sich mit dieser Form der Exegese beschäftigen.

Der Ansatz Erich Zengers zur „Hermeneutik der kanonischen Dialogizität“ ist recht komplext:
IV.2 Die „Hermeneutik der kanonischen Dialogizität“

Ausgangspunkt aller hermeneutischen Überlegungen nach Auschwitz muss Zenger zufolge die „Anerkennung der theologischen Würde des nachbiblischen Judentums“ sein.1015 Sie bildet wie schon bei Rendtorff eine Denkvoraussetzung, von der alle weiteren Reflexionen abhängen. Die beiden Alttestamentler vollziehen damit eine analoge Bewegung, wenngleich ihre Ergebnisse in unterschiedliche Richtungen weisen: während Rendtorff eine gemeinsame christlich-jüdische Interpretation der Hebräischen Bibel ins Auge fasst, schlägt Zenger eine „Hermeneutik der kanonischen Dialogizität“ vor. Zenger versteht darunter den Versuch, die vielgestaltigen Stimmen innerhalb des Kanons aus Altem und Neuem Testament miteinander in ein theologisches Gespräch zu bringen: „Letztlich geht es hier darum, den einzelnen biblischen Texten und im Bereich der christlichen Bibel den beiden Teilen Altes Testament und Neues Testament ihren Eigenwert und ihre Eigenbedeutung zu belassen und ihre unterschiedlichen Stimmen miteinander in den kanonisierten Diskurs zu bringen. Deshalb kann man diese Hermeneutik auch Hermeneutik des kanonischen Diskurses nennen. Methodisch bzw. dialogisch findet der Diskurs dann sozusagen auf gleicher Augenhöhe statt, wobei die jeweils vorgebrachten Gotteswahrnehmungen und Gotteseinsichten abgewogen, korreliert und gewichtet werden müssen.“1016 Wie Zenger seit Mitte der 1990er Jahre betont, handelt es sich bei dieser Methode um eine leserorientierte Hermeneutik, die über die historisch-kritische Erforschung der Autorenintention hinausgeht und von der jeweiligen Gestalt des Kanons abhängt.1017 Es ist nun zu fragen, wie Zenger diese Hermeneutik entwickelt hat und welche Elemente sie prägen. Dies soll in den folgenden Schritten geschehen.
Prof. E. Zenger war auch Vertreter der HKM, wie aus dem Artikel Die Bibel des Lebens im 3. und vorletzten Abschnitt Ein Gott der Rache? im 2. Abs. entnehmbar ist:
In einer ersten Phase seiner wissenschaftlichen Forschung ging es Zenger vor allem um klassisch historisch-kritische Fragestellungen. Das vollständige methodologische Inventar einer diachron, also an der Entstehungsgeschichte der Texte, ausgerichteten Exegese wurde vor allem - aber nicht ausschließlich - am Pentateuch, an den fünf Büchern Mose, erprobt. Es war gleichsam auch eine große Nachholbewegung im Hinblick auf das, was die katholische Exegese versäumt hatte. Es ging ihm dabei vor allem um die Erarbeitung eines differenzierten historischen Bewusstseins hinsichtlich der Entstehung und der religionsgeschichtlichen Stellung alttestamentlicher Texte, um die Herausarbeitung ihrer historisch-theologischen Tiefendimension, die der biblischen Gottesrede ihr unverwechselbares und unaufgebbares Profil verleiht. In diese Phase gehört unter anderem der befreiungstheologisch inspirierte Kommentar zum Buch Exodus (1978).

Prof. Erich Zenger schrieb in seiner Rezension über das Jesus-Buch von Benedikt XVI. zur kanonischen Lektüre/Exegese:
Zitat von Erich Zenger:
(2) Zweite hermeneutische Option: Kanonische Lektüre. Diese Lektüre ist eine Konsequenz aus der Entstehungsgeschichte der Bibel als Bibel. Die Bezeichnung "Bibel" hält fest, dass die Bibel ein besonderes Buch ist: Zugrunde liegt der Plural des griechischen Wortes biblion "Buchrolle", Schriftstück, Brief". Als Fachterminus für die Heiligen Schriften charakterisiert das Wort biblia die Bibel als eine Büchersammlung oder als ein Buch aus Büchern. Im Blick auf die christliche Bibel ist dies die zwei-eine Bibel aus den beiden Teilen Altes Testament und Neues Testament, die eine kanonische Einheit bilden. Methodisch ist die kanonische Lektüre eine spezifische Form der intertextuellen Lektüre. Wir nennen sie kanonische Lektüre, weil sie als das hermeneutisch relevante Textkorpus nur die zum Kanon der Bibel gehörenden Texte bzw. Schriften und sogar deren Anordnung im Aufbau der Bibel berücksichtigt. Über die Relevanz und das methodische Verfahren der kanonischen Lektüre gibt es derzeit eine heftige bibelwissenschaftliche Diskussion. Ich selbst gehöre zu ihren entschiedenen Befürwortern.

Es ist im Übrigen nicht ganz richtig, wenn gesagt wird (auch vom Papst selbst; vgl. im Vorwort, S. 17), die kanonische Exegese sei vor etwa 30 Jahren in Amerika entwickelt worden. In der Sache ist es die klassische rabbinische und patristische Hermeneutik, und es ist ein Proprium der jüdischen Schriftauslegung bis heute.

Die kanonische Perspektive war auch über die Jahrhunderte hinweg eine im Christentum übliche Leseweise, deren Basisaxiom lautete: Sacra Scriptura sui ipsius interpres. Diese Methode hat gewiss die Gefährdung, dass sie in den biblischen Texten das findet, was sie finden will, also zur Eisegese mutiert. Der Siegeszug der historisch-kritischen Exegese in der Neuzeit hängt auch mit derartigen Fehlentwicklungen dieser Methode zusammen. Ihre aktuelle Wiederaufnahme durch die christliche Bibelwissenschaft wurde zum einen durch den christlich-jüdischen Dialog angestoßen, zum anderen hat sie nicht nur mit der skizzierten Bewertung des komplexen Prozesses der Kanonisierung der biblischen Schriften zu tun, sondern auch mit den neuen kulturwissenschaftlichen Einsichten über die Funktion von heiligen und kanonischen Texten überhaupt. Ich kann dies alles hier leider nicht breiter und differenzierter darstellen. Aber ich möchte festhalten, dass die Option des Papstes für die kanonische Lektüre bibel- und kulturwissenschaftlich begründbar ist.

Deshalb ist der von verschiedenen Kritikern erhobene Einwand, mit dem Projekt der kanonischen Exegese werde im Papstbuch ein doch sehr fragwürdiges Instrument als Problemlöser mobilisiert, weder überzeugend noch begründet. Die kanonische Methode gründet im spezifischen Charakter der Bibel selbst und ist so alt wie die Bibel selbst, deren Vernunftgemäßheit ließe sich m.E. gut vom Wahrheitsbegriff der Hebräischen Bibel her entwickeln. Dieser lautet bekanntlich emet, d.h. Zuverlässigkeit, Beständigkeit, Treue. Die Bibel ist als Sammlung jener Schriften entstanden, die die Treue Gottes - trotz allem - bezeugen. Die Wahrheit der Bibel ist eine Wahrheit, die sich bewährt und dadurch bewahrheitet hat, und zwar in ihrer theologischen, kanonischen Ganzheit. Wenn man dies zeigen kann, ist die Botschaft der Bibel m.E. vernunftgemäß. Ich habe den Eindruck, dass das Jesus-Buch von Benedikt XVI. eine wichtige Stimme zum Projekt "Vernunftgemäßheit der Bibel" ist.

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Ich glaube eher, dass er zwischen wissenschaftlicher Beobachtung und weltanschaulicher Interpretation scharf unterscheidet. - Gerade weil er selber, da gläubig, beides tut: wissenschaftlich arbeiten und weltanschaulich interpretieren.
In seinem Glauben liegt sein Problem. Er kann nicht anders als die Augen vor den Unstimmigkeiten verschließen.

Das bekräftigt nur meine Behauptung, dass man es den Zweiflern (Agnostikern) überlassen sollte, die Bibel auszulegen.
Sofern die Skeptiker mit der biblischen Symbolsprache vertraut sind und keine symbolischsprachlichen und theologischen Analphabeten sind (was ich bei Neoatheisten leider immer wieder feststellen musste), mögen sie befähigt sein, die Bibel auszulegen. Dies würde ich allerdings gläubigen Lesern nicht kathegorisch absprechen wollen.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

ThomasM
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#109 Re: Aschera, die Gemahlin Jahwes

Beitrag von ThomasM » Di 5. Jan 2016, 09:31

Pluto hat geschrieben:Der Schwachpunkt der kanonischen Exegese liegt meiner Meinung nach in ihrem Vorgehen. Anstatt sich von den Tatsachen leiten zu lassen und ergebnisoffen zu forschen, legt die Rezeption a priori das Ziel fest, und sucht dann nach den Fakten die zu diesem Ziel führen: Was nicht passt wird verworfen.
Kannst du
1.) Mal sagen, was deiner Meinung nach die "Tatsachen" sind?
2.) Inwiefern Exegese das Ziel "a priori" festlegt?

Du schreibst diese Worte in einem Tonfall, der sich vorwurfsvoll anhört, und aus der man heraushört, dass du der Meinung bist, dass du das anders machst. Damit weckst du Emotionen und argumentierst emotional. Aber kannst du deine Aussagen auch sachlich darlegen?
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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#110 Re: Aschera, die Gemahlin Jahwes

Beitrag von Pluto » Di 5. Jan 2016, 10:59

ThomasM hat geschrieben:Kannst du
1.) Mal sagen, was deiner Meinung nach die "Tatsachen" sind?
Ich meine damit die historischen, archäologischen Tatsachen.
So wie z. Bsp. dass die Stadt Jericho unmöglich von Josua eingenommen werden konnte, da sie zu jenem Zeitpunkt bereits in Schutt und Asche lag.
Ob absichtlich oder nicht - die Bibel irrt.
Jericho hat es zur Zeit der angeblichen Schlacht gar nicht gegeben. Der Ort war unbesiedelt. Bis heute gibt es keinen archäologischen Beleg für die Zerstörung der berühmten "Mauern von Jericho" durch Josua im 13. Jahrhundert v. Chr. Früher ja, später auch. Nach der Chronologie des Alten Testaments darbten die "Kinder Israels" im 13. Jahrhundert noch als Arbeitssklaven in der Ramsesstadt Pi-Ramesse im Nildelta. Pharao Ramses II. regierte zwischen 1279 und 1213 v. Chr. Der Exodus kann also nicht früher als 1279 stattgefunden haben. Um diese Zeit aber war Jericho definitiv unbesiedelt. "Es spricht alles dagegen, dass die Legende von der Schlacht um Jericho einen historischen Kern hat", resümiert Klaus Bieberstein, Lehrstuhlinhaber für Alttestamentliche Wissenschaften an der Universität Bamberg und Autor eines Standardwerks über Jericho. An den Brandspuren ausgegrabener Steine ablesbar ist indes, dass die Stadt um 1550 v. Chr. in Schutt und Asche lag - vermutlich zerstört, als Pharao Thutmoses I. in die südliche Levante vorstieß.
[Quelle: National Geographic]


2.) Inwiefern Exegese das Ziel "a priori" festlegt?
Davon gehe ich aus, da die Theologie nicht gewillt ist, die Grundlagen ihrer Dogmen zu hinterfragen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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