Halman hat geschrieben:Hmm - sofern Einsteins Äquivalenzprinzip unumschränkt gilt, so würden wir den Ereignishorizont gar nicht bemerken. Insofern hast Du schon recht. Doch Strahlung aus dem Schwarzschildradius würden wir - dies ist meine fest Überzeugung - keinesfalls wahrnehmen. Die Hawking-Strahlung entsteht am Ereignishorizont und falls sich eine Feuerwand bildet, wäre sie auch dort.
Hawkings Überlegung, welche die Unschärfe der Quantenfeldtheorie auf den Ereignishorzitont anwendet, lässt die bislang klassisch beschriebene scharfe Grenze unscharf werden und so tritt der Ergeignishorizont hinter dem scheinbaren Horizont zurück. Dann könnte Strahlung aus dem Schwarzen Loch entkommen, doch um dies zu beobachten, müsste man nicht schnell unterwegst sein.
Insofern stehe ich mit zuckenden Schuldern vor dem "Berge" und bitte um Erläuterung.
Ein interessanter Beitrag! Danke Halman.
Der neue Begriff der Feuerwand birgt aber mehr Widersprüche als die Welt der Physik "erlaubt".
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Falls es Hawking-Strahlung gibt dann muss man drei Prinzipien der Physik die am Ereignsishorizont wirken, berücksichtigen:
1.) Das von dir erwähnte
Äquivalenzprinzip, wonach man nicht unterscheiden kann zwischen einem Freien Fall und einer Beschleunigung in einer geschlosssenen Kabine. Klingt, wie alles was mit den Einsteinschen Theorien zu tun hat, sehr einleuchtend.
2.) Das Prinzip der
Informationserhaltung, welches besagt, dass Information niemals verloren geht.
In den 80-erJahren entwickelte Prof. Leonard Susskind (theoretischer Pysiker an der Standford Universität) die Theorie der holografischen Speicherung von Informationen. Es stellt sich heraus, dass man jedes beliebige Objekt in unserer Welt auch als Information in einer 2-dimensionalen Ebene speichern kann. Das klingt zwar unwahrscheinlich, wurde aber von Susskind und einem Kollegen mathematisch nachgewiesen. Zudem bildet es die Grundlage der Hologramme die heute auf jeder Bank-Karte zu sehen sind.
Das Prinzip der holografischen Speicherung besagt nun, dass die Information über die Dinge die ins SL gefallen sind auf dessen Oberfläche gespeichert werden. Wenn es aber richtig ist, müsste diese Information irgendwie auf die Hawking Strahlung übertragen werden.
Wie ist das vorstellbar? Am Ereignishorizont gibt es nichts Besonderes; keine Wegweiser zum SL, oder sonst was (siehe
Äquivalenzprinzip). Es gibt nur den leeren Raum, bzw. das brodelnde Quantenvakuum. Die Quantemechanik sagt uns, dass überall virtuelle Teilchen entstehen. Eine Folge von der Entstehung virtueller Teilchen ist aber, dass sie miteinander verschränkt sind. Wie in der Physik üblich, Nennen wir die Teilchen "Alice" und "Bob". Nehmen wir an, dass diese Teilchen einen Teil der Information des SLs erhalten, denn sie sind an jenem Ort entstanden wo die Information als Hologramm gespeichert sind. Nehmen wir weiter an, dass die Gravitation des Schwarzen Lochs Alice und Bob trennt. Alice fällt in Richtung Singularität, während Bob dem Sog entkommt und ins Unendliche fliehen kann, und jeder von ihnen nimmt einen Teil der Information des SL mit.
Was geschieht nun mit dieser Information? Die Antwort ist, wir wissen es nicht. Nun kommt Polchinski mit seinem Team ins Spiel...
Die Physiker um Polchinksi haben nun postuliert, dass gleichzeitig ein weiteres verschränktes Paar entsteht (Sean Carroll nennt sie "Carrie" und "Dave"). Carrie und Dave erfahren das gleich Schicksal wie Alice und Bon, sodass fortan Bob mit Carrie veschränkt wird, während der arme Dave zusammen mit Alice ins SL fällt. Gemeinsam tragen die neu verschränkten Teilchen (Bob und Carrie) die Information vom SL fort. Dadurch bleibt die Information der ins SL gefallenen Objekte im Prinzip erhalten. Während das SL komplett verdampft (es bleibt nichts übrig), ist nun die Information auf den Teilchen der Hawking Strahlung in der Unendlichkeit des Raums verstreut, und man kann diese nun wieder
im Prinzip zusammensetzen.
Es ist schwer vorstellbar ist, dass die Information eines ins SL gefallen Raumschiffes mit der zufälligen Entstehung von Teilchen am Ereignishorizont etwas zu tun haben könnte, aber ganz unmöglich ist es nicht, — vor allem dann nicht, wenn die Teilchen am Ort der (holografischen) Speicherung dieser Information entstehen.
Problem gelöst? — Nicht ganz, denn es gibt noch...
3.) Das dritte Prinzip der
Lokalität. Teilchen bewegen sich in geordneten Bahnen von einem Ort zu anderen. Eine wichtige Folge des Lokalitätsprinzips ist, dass in der Quantenwelt die Verschänkungs-
Monogamie herrscht. Das heißt,
einmal verschränkt, immer verschränkt. Man kann (wie wir es aus der katholische Kirche kennen) nicht mit zwei Partnern verheiratet (verschränkt) sein — auch nicht nacheinander.
Alles in allem ein riesiges Rätsel der Physik...
Welches der drei Prinzipien wird nun verletzt? — die Äquivalenz, die Informationserhaltung, oder die Lokalität?
So wie ich es verstehe, sind die Physiker um Polchinski der Meinung, das Prinzip der Lokalität wird verletzt weil die Verschränkung am Ende doch nicht so "monogam" ist wie vorhergesagt. Also wird das Prinzip der Lokalität umgestoßen. Das beruht auf folgenden Überlegungen... Versucht man die Informationen von Alice und Dave mit denen von Bob und Carrie zu vergleichen, scheitert dies.
Nehmen wir an, ein wagemutiger Astronaut fliegt erst zu Bob und Carrie, stellt ihre Information sicher. Nun fliegt unser unerschrockene Astronaut ins SL weiter um bei Alice und Dave die zweite Messung durchzuführen. Dieser Versuch scheitert, weil er durch die Gesetze von Einstein vereitelt wird: Der Zeitpfeil innerhalb des Ereignishorizonts weist direkt in die Singularität. Im Ergebnis würden alle drei, Alice, Dave und der Astronaut von der Singularität verschlungen bevor es zu Messung kommen kann, sodass wir keine Möglichkeit haben (auch nicht prinzipiell) zu erfahren, welche Informationen Alice und Dave vor ihrem endgültigen Tod in der Singularität mit sich trugen.
Wenn es also auch nicht prinzipiell möglich ist, festzustellen wie es sich mit Alice und Dave verhält, ist die Physik wider gerettet, oder?
So bleibt alles ungewiss, bis auf eine Tatsache die du auch erwähnt hattest:
Wenn es wirklich die Hawking Strahlung gibt, dann besitzt diese am Anfang eine extrem hohe Energie die bedeutet, dass es so etwas wie eine Feuerwand am Ereignishorizont geben muss. Der Grund warum wir davon nichts merken
können, ist dass die entweichenden Teilchen (Bob und Carrie) abgebremst werden. Man nennt diese Abbremsung
gravitative Rotverschiebung, ein altbekanntes physikalisches Phänomen.
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Wenn es also die sog.
Feuerwand gibt, dann wäre allerdings auch das
Äquivalenzprinzip verletzt, nicht wahr?
Die Brisanz dieser Erkenntnis ist, "falls es eine Feuerwand gibt, wäre dies ein direkter Widerspruch zu Einsteins SRT/ART.
Womit alles nur noch rätselhafter erscheint.
Ich habe keine Ahnung, aber vielleicht brauchen wir am Ende doch eine neue Physik?
