Parusieverzögerung III

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Münek
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#1861 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » Di 8. Sep 2015, 09:15

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:"Jesus hat mit dem Weiterbestehen der Welt nicht für so lange Zeit gerechnet."
Dies ist eine Interpretation, die weit über HKM hinausgeht.

Ich spreche Dir als theologischen Laien die Kompetenz ab, der historisch-kritischen Forschung
eine solche Kompetenzüberschreitung zu unterstellen.

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Savonlinna
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#1862 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Savonlinna » Di 8. Sep 2015, 09:16

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Wenn man der Auffassung ist, dass es historisch MÖGLICH ist, herauszufinden, was eine rein sprachlich überlieferte Figur "gedacht" hat, dann kann man nicht zu der Weltauffassung kommen, zu der ich gekommen bin.
Da sind wir uns einig - gerade dann, wenn wir nicht wissen, wer spricht: der Autor oder die Figur.
Ich wollte sagen:
zwei Menschen mit einem ganz unterschiedlichen Weltverstehen kommen zu unterschiedlichen Lebensfragen, denen sie nachforschen.
Wer meint, er könnte grundsätzlich wissen, wie etwas in einem anderen abläuft, der widmet sein Leben ganz anderen Dingen als der, der, sage ich jetzt mal etwas poetisch-kitschig, zu sehen meint, dass der Mensch ein Abgrund ist.

closs hat geschrieben:Insofern geht es mir nicht um definitives, gar nachweisbares Wissen, sondern um Verstehen dessen, was im Kontext dasteht.
Ich beziehe mich hier die ganze Zeit auf Deine Aussage, dass man letztlich wissen will, was Jesus gedacht hat.
Nur darüber rede ich. Wer solche Bedürfnisse hat, ist - in meinen Augen - von der Naturwissenschaft verhext. Er kann nicht anders als naturwissenschaftlich denken und naturwissenschaftliche Bedürfnisse haben.
Oder vielleicht richtiger: solche Bedürfnisse haben, die zur Naturwissenschaft, wenn sie Ideologie wird, führen. Damit meine ich die Verdinglichung. Der Mensch wird als verformelt erlebt, und man will die Formeln rausfinden. Das hat schon vor der Entwicklung der Naturwissenschaft begonnen, führte aber zur Naturwissenschaft. Das verdinglichte Denken ist die Voraussetzung für naturwissenschaftliches Denken.

Ich denke mal, dass ich mich erneut nicht verständlich machen kann.

closs hat geschrieben: - Allerdings: wenn 100 Aussagen Jesu so zusammenpassen, dass man ein Gesamtbild hat, UND wenn diese Aussagen nicht in Täuschungsabsicht stattgefunden haben, UND wenn diese Aussagen nicht vom Autor unterschoben sind - dann würde ich subjektiv schon sagen: "Ich merke, wie diese Person denkt". - Wärest Du damit einverstanden?
Nein! Denn die überlieferten Aussagen beziehen sich in keinem Punkt auf das Denken der Person, sondern nur auf Geäußertes der Person.
Ganz abgesehen davon, dass im Fall Jesu ja gar kein Zeuge da war, sondern dass man Texte voneinander abgeschrieben hat.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Abgesehen davon, dass ich mit dem Zitat von Witttenstein - "etwas, was der Fall ist" - wirklich rein gar nichts anfangen kann
Das verstehe ich Dich nicht - nimm das Zitat doch einfach wörtlich im Sinne von "das, was 'ist'" - binär eine "1".
Und was soll das sein, "das, was ist"?
Du kennst mich doch. Für mich ist das eine Schlange, die sich in den Schwanz beißt. Das, was Du als "ist" wahrnimmst, ist Deine eigene Projektion.
Es ist positivistisches Denken in Reinform, das ich zwar theoretisch nachvollziehen kann, dessen Irrtumhaftigkeit - oder Ideologiehaftigkeit - mir aber fast physisch wahrnehmbar ist: weil da stets der Wahrnehmende ausgeklammert wird.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:"jegliche geistige Wahrnehmung ist Versuch, etwas zu finden, was der Fall ist" -, für, wie soll ich sagen, einen Versuch, Fakten zu schaffen
Sehe ich ganz anders - ist auch nicht beabsichtigt. - Wie will man dadurch Fakten SCHAFFEN, dass man finden will? - Das hieße doch umgekehrt, dass man nur dann keine Fakten schafft, wenn man grundsätzlich nicht sucht - meinst Du das?
Du hast irgendwie dermaßen verstümmelt meine Aussage zitiert, dass sie gar keinen Sinn mehr macht.
Ich bringe das mal In Ordnung und zitere meinen ganzen Satz ;) ->

Savonlinna hat geschrieben:also selbst wenn ich damit nichts anfangen kann, halte ich eine DEFINITION von dem, was man ja erst rauskriegen will - "jegliche geistige Wahrnehmung ist Versuch, etwas zu finden, was der Fall ist" -, für, wie soll ich sagen, einen Versuch, Fakten zu schaffen, wo es ja gerade fragwürdig ist.

Was ich also sagen wollte: Wenn ein Mensch überhaupt erst herausfinden will, was "geistige Wahrnehmung" ist, dann kann man das glorreich abwürgen, indem man schnell DEFINIERT, was das Ergebnis zu sein hat.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Statt dass man erst untersucht, was "geistige Wahrnehnung" ist
Eine rein weltanschauliche Frage - ein Naturalist wird diese Frage anders beantworten als ein Christ oder ein x.
Aber nicht das wollte ich sagen.
Es gibt schließlich auch Menschen, die sich keiner bestimmten Weltanschauung verschreiben. Und die wollen halt keine fertigen Ergebnisse vorgesetzt bekommen, wie sie ein Christ oder Naturalist uniform gelernt haben, sondern wollen hinter diese Fertigprodukte schauen.

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Savonlinna
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#1863 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Savonlinna » Di 8. Sep 2015, 09:21

Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:"Jesus hat mit dem Weiterbestehen der Welt nicht für so lange Zeit gerechnet."
Dies ist eine Interpretation, die weit über HKM hinausgeht.

Ich spreche Dir als theologischen Laien die Kompetenz ab, der historisch-kritischen Forschung
eine solche Kompetenzüberschreitung zu unterstellen.
Münek, Du verstehst mal wieder nicht die Aussage.
Das sind hier doch gerade die Laien, die der HKM etwas unterjubeln wollen, was sie gar nicht verbrochen hat.

Du bist ja nun ein Meister im Zitatfälschen. Von kontextbedingter Aussage hast Du nie gehört.
Insofern erkennt man einfach nur DEINE Kompetenz nicht an.

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Münek
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#1864 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » Di 8. Sep 2015, 10:40

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Jesus hat nie ein zeitlich fernes apokalyptisches "Reich Gottes" verkündigt.
Da verweise ich auf die mehrfach zitierten Stellen, wonach auf die Apokalypse verwiesen wird. - Verständnisfrage: Sind wir uns einig, dass "Apokalypse" und "Eintreten des Reich Gottes" identisch sind? - Wenn nein: Was wäre dann Apokalypse?

Apokalypse (gr. "Enthüllung", wörtlich: "Entschleierung", im Christentum übersetzt mit "Offenbarung") ist eine thematisch bestimmte Gattung der religiösen Literatur, die "Gottesgericht", "Weltuntergang", "Zeitenwende" und die "Enthüllung göttlichen Wissens" in den Mittelpunkt stellt. In prophetisch-visionärischer Sprache berichtet eine Apokalypse vom katastrophalen "Ende der Geschichte" und vom Kommen und Sein des "Reiches Gottes."

(Quelle Wiki)

Johannesapokalypse 1, 1+3:

"Offenbarung Jesu Christi, die Gott ihm gegeben hat, damit er seinen
Knechten zeigt, was bald geschehen muss... denn die Zeit ist nahe."

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Münek
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#1865 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » Di 8. Sep 2015, 10:54

Münek hat geschrieben: PS

Ich glaube noch nicht einmal, dass es polemisch gemeint ist, wenn Theißen/Merz lakonisch feststellen:

"Jesus verkündigte eine nahe Gottesherrschaft, es kam aber das Christentum, das sich von der "Gottes-
herrschaft" oft weit entfernte. Jesus hat mit dem Weiterbestehen der Welt nicht für so lange Zeit ge-
rechnet
."

Letztere Feststellung habe ich nicht nur bei Theißen/Merz, sondern auch bei anderen Neutestamentlern gelesen.

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#1866 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » Di 8. Sep 2015, 16:44

Savonlinna hat geschrieben:Ich beziehe mich hier die ganze Zeit auf Deine Aussage, dass man letztlich wissen will, was Jesus gedacht hat.
Als Ideal würde ich daran festhalten - umgekehrt: Es kann nicht sein, dass man etwas oder jemanden ausschließlich als Anregung für eigene Gedanken hat. - Ich behaupte nicht, dass man das Ideal erreichen kann.

Savonlinna hat geschrieben:Das verdinglichte Denken ist die Voraussetzung für naturwissenschaftliches Denken.
Wenn Du unter "nicht-verdinglichtes Denken" "geistiges Denken" verstehst, hast Du Dich sehr wohl verständlich gemacht - aber ich frage lieber mal nach.

Savonlinna hat geschrieben: Denn die überlieferten Aussagen beziehen sich in keinem Punkt auf das Denken der Person, sondern nur auf Geäußertes der Person.
Das ist schon klar. - Aber MUSS man es komplett abgehoben von der Person, der es zugeordnet wird, verstehen? - Kann man nicht wenigstens das Ziel haben, dass das eigene Verständnis dem nahekommt, was die Person gedacht hat? - Ohne, dass man es selbstverständlich nie nachweisen kann. - Aber es kann doch ein innerer Antrieb sein, der nicht nach Lohn fragt - oder nicht?

Savonlinna hat geschrieben:Das, was Du als "ist" wahrnimmst, ist Deine eigene Projektion.
Das ist doch exakt, was ich seit Jahrtausenden predige. :o - Deswegen bestehe ich doch ständig drauf, dass "Sein" und "Wahrnehmung" unterschiedlichen Kategorien angehören. - Dem "Sein" kann sich der Mensch nur wahrnehmungs-mäßig annähern - und weiss oft nicht einmal, wann dies der Fall ist.

Savonlinna hat geschrieben:Wenn ein Mensch überhaupt erst herausfinden will, was "geistige Wahrnehmung" ist, dann kann man das glorreich abwürgen, indem man schnell DEFINIERT, was das Ergebnis zu sein hat.
Natürlich - diese Art von Brillanz gibt es allerorten.

Savonlinna hat geschrieben:Es gibt schließlich auch Menschen, die sich keiner bestimmten Weltanschauung verschreiben.
Ontologische Fragestellungen ("Sein"/"Wahrnehmung") sind keiner Weltanschauung verschrieben - höchstens die Antworten darauf.

closs
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#1867 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » Di 8. Sep 2015, 16:46

Münek hat geschrieben:In prophetisch-visionärischer Sprache berichtet eine Apokalypse vom katastrophalen "Ende der Geschichte" und vom Kommen und Sein des "Reiches Gottes."
So verstehe ich es auch. - Das heisst also, dass Du davon ausgehst, dass die Apokalypse kurz nach Jesu Tod hätte stattfinden sollen - richtig?

Novas
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#1868 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Novas » Di 8. Sep 2015, 18:04

Savonlinna hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:g
Entweder Menschen mit einem guten Willen schließen sich zusammen und beeinflussen andere Menschen oder der Job wird von denen übernommen, die es ganz und gar nicht gut meinen.
Sehe ich tatsächlich komplett anders.

Das liefe dann auf die Weltanschauung hinaus:
Entweder es gelingt mir, die Leute dazu zu kriegen, das von mir entwickelte Waschmittel Waschi zu nutzen, oder aber sie werden von der Gegenseite zu dem Waschmittel Wischi überredet.

Wenn man Menschen so auffasst - als Manipuliermasse -, dann ist es kein Wunder, dass sie unmündig bleiben bzw. dass man sie unmündig HÄLT

Das hat gar nichts mit der Durchsetzung einer bestimmten Weltanschauung zu tun, Menschen beeinflussen sich immer gegenseitig; und ganz sicher sehe ich Menschen nicht als "Manipulationsmasse"; es ist mir ein Rätsel, wie Du von meinem Beitrag auf so ein Wort kommst. Ich meine waches/bewusstes/heilsames/selbst verantwortliches Handeln, in dem Wissen, dass jeder Einzelne die Welt beeinflusst. Allerdings glaube ich, dass ein paar Aufgewachte, mit einer positiven Vision - "Glaube, Hoffnung und Liebe " - mehr bewegen, als tausende von Schnarchnasen. ;)

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#1869 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » Di 8. Sep 2015, 19:29

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:In prophetisch-visionärischer Sprache berichtet eine Apokalypse vom katastrophalen "Ende der Geschichte" und vom Kommen und Sein des "Reiches Gottes."
So verstehe ich es auch. - Das heisst also, dass Du davon ausgehst, dass die Apokalypse kurz nach Jesu Tod hätte stattfinden sollen - richtig?

Es kommt nicht darauf an, wovon ich ausgehe, sondern wovon Jesus ausging.

Nimm doch z.B. einfach den Text Offb. 1, 1+3 zur Kenntnis. Da steht doch alles
Wesentliche
. Ich habe ihn zitiert.

Was liest Du daraus?

Hemul
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#1870 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Hemul » Di 8. Sep 2015, 19:40

Münek hat geschrieben: Nimm doch z.B. einfach den Text Offb. 1, 1+3 zur Kenntnis. Da steht doch alles
Wesentliche
. Ich habe ihn zitiert.
Was liest Du daraus?
Was liest Du denn hier heraus? :roll:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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