Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

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Halman
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#1 Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

Beitrag von Halman » Mi 17. Aug 2016, 15:42

:wave:
Eben habe ich mir den hier verlinkten Vortrag von Prof. Dr. Siegfried Zimmer angehört.

Am Ende spricht Siegfried Zimmer über den Anfang. Er geht ans Eingemachte, macht sich ans Grundsätzliche, unternimmt einen sprachlichen Ausflug zu den Grundlagen der Welt. Ist die Geschichte von Adam und Eva, ist der biblische Schöpfungsmythos eine Abhandlung, die historisch-naturwissenschaftlich verstanden werden will? Oder geht es vielmehr um die Grundlage des menschlichen Lebens, um das grundsätzliche Verhältnis von Gott und Mensch und Welt? Zimmers These: Wie man diese Fragen beantwortet, ist entscheidend für das Verständnis der restlichen Bibel. Adam ist nicht Adam – Adam ist jedermann, ist jeder Mensch. Die Tür, die diese Erkenntnis öffnet, ist vielleicht erst einmal das Tor zu einer anderen Galaxie, aber letztlich das Tor zu unserer Galaxie und zu einem angemessenen Umgang mit den Texten der Bibel.
Das erste Wort der Bibel lautet BeReʼschíth (Hebr. בְּרֵאשִׁית) und wird in der Vulgata übersetzt mit „In principio“ und meint ἐν ἀρχῇ (en archÄ“), „Im Anfang“ im qualitativen Sinne einer Grundlage.
Gelegentlich wurde αρχη (archÄ“) aber auch zeitlich verwendet, wie im ersten Vers des Markusevangeliums. Dort übersetzte der Antike Kirchenvater Sophronius Eusebius Hieronymus αρχη mit „Initium“, dem zeitlichen Begriff im Lateinischen für den Anfang.

Seit ca. 200 ist die Welt der menschlichen Gesellschaft immer schneller im Wandel, so schnell, dass man diesem Wandel in seinem Leben spürt. Dies war vor über 200 Jahren noch anders. Damals war der Wandel so langsam, dass man diesem zu Lebzeiten kaum wahrnahm. Die Vergangenheit war die Grundlage, die Vorväter wurden geehrt, denn ihre Weisheit war bewährt.
Doch in unserer schnelllebigen Welt erscheint die Vergangenheit fern und veraltet. Unsere Weisheiten sind keine Aitiologien, Legenden, Mythen, Sagen und Epen, sondern Berichte, Biographien - eben Texte, die im Unterschied zu den erstgenannten, den Wandel der Zeit einfangen können.

In der aitiologischen Narration von Adam und Eva taucht 24 mal der hebriäische Begriff hā-ʾĀḏām (Hebr., הבַּת) auf. Ist damit eine historische Person names Adam gemeint, oder wird damit die Gattung Mensch bezeichnet? Und in welcher Beziehung steht die Frau חַוָּה (ḥawwāh, „Eva“) zu ihm?

Nun bin ich gespannt auf eure Meinungen. :)
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#2 Re: Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

Beitrag von 2Lena » Mi 17. Aug 2016, 23:53

Adam hat geschrieben:Ist damit eine historische Person names Adam gemeint, oder wird damit die Gattung Mensch bezeichnet?
Es gibt die mehrfache Lesart ...
Nachdem die philosophischen Texte "astrein" sind, ist auch anzunehmen, dass etwas Besonderes mit "Adam" los war.

Pluto
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#3 Re: Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

Beitrag von Pluto » Do 18. Aug 2016, 00:10

2Lena hat geschrieben:Nachdem die philosophischen Texte "astrein" sind, ist auch anzunehmen, dass etwas Besonderes mit "Adam" los war.
Also. Das einzig Besondere am biblischen Adam, was ich feststellen kann, ist, dass er niemals existiert hat.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Halman
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#4 Re: Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

Beitrag von Halman » Do 18. Aug 2016, 14:17

Pluto hat geschrieben:
2Lena hat geschrieben:Nachdem die philosophischen Texte "astrein" sind, ist auch anzunehmen, dass etwas Besonderes mit "Adam" los war.
Also. Das einzig Besondere am biblischen Adam, was ich feststellen kann, ist, dass er niemals existiert hat.
Was, hā-ʾĀḏām hat nie existiert? Und wie kommt es, dass wir hier sind?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#5 Re: Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

Beitrag von Pluto » Do 18. Aug 2016, 14:40

Halman hat geschrieben:Und wie kommt es, dass wir hier sind?
Kannst du hier nachlesen: http://www.wissen.de/die-entstehung-des-menschen
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#6 Re: Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

Beitrag von Halman » Do 18. Aug 2016, 14:43

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Und wie kommt es, dass wir hier sind?
Kannst du hier nachlesen: http://www.wissen.de/die-entstehung-des-menschen
Na, dann hat hā-ʾĀḏām ja doch existiert.

Hast Du den Vortrag von Prof. Dr. Siegfried Zimmer gehört? Demnach handelt es sich bei der urgeschichtlichen Genesis-Narration über Adam und Eva und eine Ätiologie.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#7 Re: Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

Beitrag von 2Lena » Do 18. Aug 2016, 15:06

Pluto hat geschrieben:Das einzig Besondere am biblischen Adam, was ich feststellen kann, ist, dass er niemals existiert hat.
Lieber Pluto, auch bei einer „Negativaussage“ braucht man einen Beweis …
Deine Antwort ist eine Meinung.

Was Besonderes schreiben sie in dem Link von wissen.de nicht, aber wenigstens sind sie ehrlich:
"Die Genforschung hat herausgefunden, dass die Affen genetisch gesehen - unsere nächsten Verwandten sind. Warum diese jedoch mehr oder minder so geblieben sind, wie sie in der Urzeit waren und nur einige wenige sich weiterentwickelten und zu Menschen wurden, wird vielleicht immer ein Rätsel bleiben."

Die Bibel sagt da schon mehr …
Es mag in manchen Gegenden Afrikas, auch in Südostasien und Japan (nicht unähnlich den dort jeweils lebenden Affengattungen) nicht wenige Menschen geben, deren Ausdruck ähnlich ist. Ich habe leider keine Bilder zur Hand, aber es war aufgefallen. Doch die Fähigkeiten eines Menschen unterscheiden sich maßgeblich von denen der Tiere. Wenn auch diese sehr viele übersinnliche Gaben haben und teilweise noch besser als wir Menschen mit der Natur leben.

Es stellt sich also viel mehr die Frage, wann begannen die „Kulturen der Menschheit“ ...

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Münek
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#8 Re: Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

Beitrag von Münek » Do 18. Aug 2016, 22:12

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Und wie kommt es, dass wir hier sind?
Kannst du hier nachlesen: http://www.wissen.de/die-entstehung-des-menschen
Na, dann hat hā-ʾĀḏām ja doch existiert.
Ja - aber nicht der biblische "ha-Adam" als Vater von Kain, Abel und Set und weiteren Söhnen und Töchtern - und der das biblische Alter von 930 Jahren erreichte, bevor er starb - Gen. 5, 3-5.

Hier ist mit "ha-Adam" nicht mehr die "Gattung Mensch", sondern ein konkreter Mann gemeint, wie sich im Übrigen auch eindeutig aus dem vom Evangelisten Lukas rekonstruierten Stammbaum/Geschlechtsregister ergibt. Lukas führt in 3:38 die Vorfahren Josefs, des Stiefvaters Jesu, bis auf Adam zurück.

Mit "Adam" hat Lukas weder den Neandertaler noch der Homo sapiens oder noch frühere Vorfahren gemeint.

michaelit
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#9 Re: Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

Beitrag von michaelit » Fr 19. Aug 2016, 15:36

Ich lese da Genesis ziemlich anders.

Adam und Eva stehen für mich für zwei Stämme die in einem Gebiet lebten das als Eden bekannt war. Sie durften von allen Bäumen essen und jeder Baum war eine Geschichte, ein Traum und eine Prüfung. Es gab den Baum der Weisheit, der Liebe, der Achtung, der Schönheit, der Musik, der Kunst, des Handwerks usw. Und sie konnten mit allem etwas anfangen. Doch dann kamen sie zu dem Baum des Wissens um Gut und Böse und Gott der Geist in ihnen warnte sie davon zu nehmen. Doch da das das erste Verbot war kamen die Leute nicht zurecht damit und waren dann verwundbar für Versuchung und Zweifel. Wo auch Engelssünden mit hereinspielen, wir kennen ja auch den Satan als die Schlange. Und so widerstanden die zwei Stämme nicht und wollten auch diesen Baum kosten und waren dann zum ersten Mal hilflos, denn Gut und Böse sind ein klebriger Dualismus den man auch mit Gott nicht einfach so überwinden kann. Das Gute ist nicht immer gut und das Böse kann sich in allem verstecken. Ihr Paradies war kein Paradies mehr. So kamen Adam und Eva in die Welt. Aber sie hatten Gott nicht verloren wie der ihnen nachfolgende Stamm Abel bald herausfand. Wer wie ein Schaf lebte wurde von Gut und Böse nicht so erdrückt, man blieb unschuldig und opferte von dem was man als Fett und Vorrat an sich hatte. Der Bruderstamm Kain suchte sich mit Blumenopfern zu retten und erging sich wohl in der Schönheit. Doch Schönheit versagte bei wichtigen Prüfungen während der opfernde Abel weiterkam. Darüber wurden die Kainiten zornig und erschlugen die Abels. Doch Gott blieb dabei und zeigte auch Kain die Furcht vor Mord und schützte ihn mit dem Kainsmal. Adam und Eva zeugten noch einen dritten Stamm, den Seth, und das war dann der Erwählte Stamm der erst einmal zurecht kam.

Soviel zu meiner Interpretation der Paradiesgeschichte.

2Lena
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#10 Re: Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

Beitrag von 2Lena » Fr 19. Aug 2016, 16:33

michaelit hat geschrieben:Ich lese da Genesis ziemlich anders.
Man kann nur einen Text lesen.
Bei einem Text mit Mehrfachbedeutung verdoppelt oder vervielfacht sich nur dessen Inhalt.
michaelit, du interpretierst rum. Das kann zuweilen gut gehen, als „Ahnung“, aber auch völlig daneben liegen als reine Phantasie gelten. Nachdem es Geschichtswerke aus frühester Zeit gibt, die manche Festlegungen bringen - ist deine Interpretation irgendwie eine Märchenerzählung.

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