Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

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sven23
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#581 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von sven23 » So 19. Jun 2016, 09:06

Savonlinna hat geschrieben: Darum tut er so, als wisse er alles ganz genau, tut auch so, als sei die wissenschaftliche Forschung ein Alt-Männer-Verein mit vergreisten Gehirnen und verunglimpft damit die Wissenschaft.
Du kannst sicher ein Zitat für diese Behauptung anführen. Oder eher mal wieder nicht?

Savonlinna hat geschrieben: Er hat keine Ahnung, was Mythos ist und auch nicht, dass literarische Erzählungen nicht "es mit der historischen Wahrheit nicht so genau nehmen".

So falsch ist die folgende Wiki-Definiton doch wohl nicht:

"Ein Mythos (maskulin, von altgriechisch μῦθος, „Laut, Wort, Rede, Erzählung, sagenhafte Geschichte, Mär“, lateinisch mythus; Plural: Mythen) ist in seiner ursprünglichen Bedeutung eine Erzählung, mit der Menschen und Kulturen ihr Welt- und Selbstverständnis zum Ausdruck bringen. Im traditionellen religiösen Mythos wird durch den Mythos das Dasein der Menschen mit der Welt der Götter verknüpft.[1]

Mythen erheben einen Anspruch auf Geltung für die von ihnen behauptete Wahrheit. Kritik an diesem Wahrheitsanspruch gibt es seit der griechischen Aufklärung bei den Vorsokratikern (z. B. Xenophanes, um 500 v. Chr.). Für die Sophisten steht Mythos im Gegensatz zum Logos, der durch verstandesgemäße Beweise versucht, die Wahrheit seiner Behauptungen zu begründen.[2]

In einem weiteren Sinn bezeichnet Mythos auch Personen, Dinge oder Ereignisse von hoher symbolischer Bedeutung[3] oder auch einfach nur eine falsche Vorstellung oder Lüge.[4] So wird etwa das Adjektiv „mythisch“ in der Umgangssprache häufig als Synonymbegriff für „märchenhaft-vage, fabulös oder legendär“ verwendet."


Man sollte auch nicht so tun, als ob die Hemuls dieser Welt die mythischen Erzählungen der Bibel nicht als historische Tatsachenberichte verstehen würden. Damit verharmlost man die Problematik.
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George Orwell

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Savonlinna
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#582 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Savonlinna » So 19. Jun 2016, 12:47

sven23 hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Darum tut er so, als wisse er alles ganz genau, tut auch so, als sei die wissenschaftliche Forschung ein Alt-Männer-Verein mit vergreisten Gehirnen und verunglimpft damit die Wissenschaft.
Du kannst sicher ein Zitat für diese Behauptung anführen. Oder eher mal wieder nicht?
Also ich bin nicht hier, um die Selbstbildnisse der User zu bestätigen.
Geschrieben und behauptet wird viel. Interessant ist es, wenn man darauf schaut, was "unterm Strich" dabei rum kommt.
Was also "de facto" gesagt wurde.

Wenn jemand sagt: Mensch X sägt den Ast ab, auf dem er sitzt, dann ist dieser Satz sicherlich nicht von Mensch X selber zitierbar. Er merkt es halt nicht, dass er den eigenen Ast absägt. Dennoch tut er es.
Wenn jemand die Wissenschaft erläutert, ohne dass er sie versteht: dann kommt unterm Strich dabei raus: er verunglimpft die Wissenschaft.

closs
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#583 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von closs » So 19. Jun 2016, 12:54

sven23 hat geschrieben:Mythen erheben einen Anspruch auf Geltung für die von ihnen behauptete Wahrheit.
Korrekt - wenn man sie richtig übersetzt. Wenn man sie nicht richtig übersetzen kann, gilt dies natürlich nicht.

Insofern gehören übrigens auch Märchen zu Mythen.

sven23 hat geschrieben: Kritik an diesem Wahrheitsanspruch gibt es seit der griechischen Aufklärung bei den Vorsokratikern (z. B. Xenophanes, um 500 v. Chr.). Für die Sophisten steht Mythos im Gegensatz zum Logos, der durch verstandesgemäße Beweise versucht, die Wahrheit seiner Behauptungen zu begründen.
Wenn man Mythen naturalistisch erklären will, sind sie natürlich "falsch" - genauso wie es "falsch" ist, wenn man das Weibliche anhand der Oberweite einer Frau und das Männliche anhand des Volumens seines Geschlechtsorgans erklären will.

Kann es sein, dass man heute unter "ratio" die Abwesenheit von Geist versteht, gar verstehen möchte?

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sven23
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#584 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von sven23 » So 19. Jun 2016, 13:04

closs hat geschrieben:Wenn man Mythen naturalistisch erklären will, sind sie natürlich "falsch"
Deshalb weise ich ja auf den Unterschied hin.
Neulich las ich von dem Mythos der Trümmerfrauen, der sich ja im Bewußtsein der Deutschen fest etabliert hat. Es hat sich aber bei wissenschaftlicher Untersuchung ergeben, dass dieser Mythos nicht der historischen Wahrheit entspricht.
Und wer biblische Mythen für historische Wahrheiten hält, der läuft halt in die Irre.

closs hat geschrieben: Kann es sein, dass man heute unter "ratio" die Abwesenheit von Geist versteht, gar verstehen möchte?
Ratio kann man immer noch mit Vernunft übersetzen, wobei man über das, was als "vernünftig" angesehen wird, immer noch streiten kann.
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Halman
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#585 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Halman » So 19. Jun 2016, 13:04

sven23 hat geschrieben:Man sollte auch nicht so tun, als ob die Hemuls dieser Welt die mythischen Erzählungen der Bibel nicht als historische Tatsachenberichte verstehen würden. Damit verharmlost man die Problematik.
Ich hörte mal, dass etwa 30% der US-Amerikaner so denken, in Europa etwa 10%. Überprüft habe ich dies nun nicht (vielleicht können wir dies hier gemeinsam schaffen ;) ), aber ich denke, dass es in etwa hinkommt. Wenn dies stimmt, dann sieht es die Majorität der Christenheit offenbar anders, zumal auch Hemul Bibeltexte symbolisch versteht (es kommt ganz darauf an, um welche Textabschnitte es geht).

Was Mythen betrifft, halte ich mich an meinen alten Freund, der über literaturwissenschaftliche und theologische Fachkenntnisse verfügt:
Zitat von Logan5:
Märchen sind komplett erfunden und transportieren gezielt moralische Wertbotschaften oder Lebensweisheiten. Sie werden tradiert wie Sinnsprüche.

Mythen gehen auf tatsächlich erlebte Ereignisse zurück, die subjektiv als besondere Erfahrung gedeutet und als solche weiter gegeben werden. Die religiös gedeutete Erfahrung - also die theologische Aussage - ist der einzige Wahrheitsanspruch solcher Texte, nicht die korrekte Wiedergabe historischer Ereignisse.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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sven23
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#586 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von sven23 » So 19. Jun 2016, 13:07

Savonlinna hat geschrieben: Also ich bin nicht hier, um die Selbstbildnisse der User zu bestätigen.
Nein, du erfindest sie lieber.

Savonlinna hat geschrieben: Geschrieben und behauptet wird viel. Interessant ist es, wenn man darauf schaut, was "unterm Strich" dabei rum kommt.
Unterm Strich kommt dabei heraus, dass du immer Dinge behauptest, für die du keine Belege beibringen kannst. Das ist äußerst schwach.
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#587 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von sven23 » So 19. Jun 2016, 13:15

Halman hat geschrieben: Ich hörte mal, dass etwa 30% der US-Amerikaner so denken, in Europa etwa 10%. Überprüft habe ich dies nun nicht (vielleicht können wir dies hier gemeinsam schaffen ;) ), aber ich denke, dass es in etwa hinkommt. Wenn dies stimmt, dann sieht es die Majorität der Christenheit offenbar anders, zumal auch Hemul Bibeltexte symbolisch versteht (es kommt ganz darauf an, um welche Textabschnitte es geht).
Das bestätigt ja gerade meine Befürchtung. Denke an den von dir selbst eingestellten Beitrag vom Schwabenprofessor Zimmer. Wenn man die Textgattung/Textsorte ignoriert, dann "hascht du halt keine Probleme mit der Scheiße und Pisse" der Tiere auf der Arche. :lol:
Will sagen: Die Sintflutgeschichte ist sicher kein historischer oder wissenschaftlicher Tatsachenbericht. Die Schreiber ließen sich vom Gilgameschepos inspirieren, der selber aber durchaus auf reale Flutgeschehen im Dreistromland Mesopotamiens zurückgehen kann.
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#588 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von R.F. » So 19. Jun 2016, 13:23

sven23 hat geschrieben: - - -
Die Schreiber ließen sich vom Gilgameschepos inspirieren...
- - -
Umgekehrt! Das sehen keineswegs nur an der Schrift Orientierte so...

Du solltest mal mit der Auflistung all jener Inhalte beginnen, die nichts anderes als Glaubensakte sind. Doch was rede ich da, das wirst Du nie tun. Eigenleistung ist halt mühselig...

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#589 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von closs » So 19. Jun 2016, 13:26

Halman hat geschrieben: Die religiös gedeutete Erfahrung - also die theologische Aussage - ist der einzige Wahrheitsanspruch solcher Texte, nicht die korrekte Wiedergabe historischer Ereignisse.
Genau so - und nur so kann man die Bibel lesen. - Und erst DANN kann man historisch-kritisch fragen, was davon historisch hinterlegt ist und was nicht. Dieses "erst DANN" ist substantiell für das primäre Anliegen nicht entscheidend.

sven23 hat geschrieben:Neulich las ich von dem Mythos der Trümmerfrauen, der sich ja im Bewußtsein der Deutschen fest etabliert hat. Es hat sich aber bei wissenschaftlicher Untersuchung ergeben, dass dieser Mythos nicht der historischen Wahrheit entspricht.
Meine damals 18jährige Mutter war Trümmerfrau und hat oft erzählt, dass all die Soldaten-Witwen bzw. Ehefrauen von Noch-nicht-zurückgekehrten-Ehemännern" samt ihrer Mütter monatelang in Würzburg Schutt weggeräumt haben. - Haben die wissenschaftlichen Untersuchungen etwas anderes ergeben?

sven23 hat geschrieben:Ratio kann man immer noch mit Vernunft übersetzen, wobei man über das, was als "vernünftig" angesehen wird, immer noch streiten kann.
Letzteres ist das Problem: Was ist eigentlich "Vernunft"?

Als Antwort Kant zu zitieren, ist nicht das Problem (Kant hat ja meistens recht). - Die Frage ist, ob Dinge, die wir mit unserer Vernunft NICHT verstehen, deshalb unvernünftig sind. Unseren Vernunftbegriff zu verabsolutieren (= Anthropozentrismus) wäre eine Ausflucht und somit keine Lösung.

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sven23
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#590 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von sven23 » So 19. Jun 2016, 13:44

R.F. hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: - - -
Die Schreiber ließen sich vom Gilgameschepos inspirieren...
- - -
Umgekehrt! Das sehen keineswegs nur an der Schrift Orientierte so...
Wie umgekehrt? Meinst du, die Geschichte läuft rückwärts ab? :lol:
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