Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

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Halman
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#1 Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Halman » Mi 18. Mai 2016, 23:01

:wave: liebe Usergemeinde. Die Sintflut ist Gegenstand heftiger Kontroversen, insbesondere im angelsächischem Raum zwischen Kurzzeit-Kreationisten und Neuen Atheisten (Brights). Daher sollten wir uns mit der Frage beschäftigen: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?
Prof. Dr. Siegfried Zimmer äußert in dem hier verlinkten Video hierzu einiges Grundsätzliches:

„Meine Meinung steht fest, verwirren Sie mich bitte nicht mit Argumenten“, das sagt so mancher Christ. Freilich, ohne sich dessen bewusst zu sein. Etwa, wenn es um die Historizität der Bibel geht. Da stellen Christen in scheinbarer Verteidigung der Heiligen Schrift Berechnungen auf, wie alle Tiere auf die Arche Noah gepasst haben könnten. Sie rechnen und rechnen, sie grübeln und grübeln – sie rechnen und grübeln am Ziel vorbei. Das macht Siegfried Zimmer auf humorige Weise deutlich. Nein, er spricht den Rechnern und Grüblern nicht ihre guten Motive ab. Doch weil man ein Gedicht über den Wald nicht nach den aktuellen Holzpreisen fragen sollte, führt auch die historische Auslegung der Geschichte mit der Arche in die Irre. Und dabei ist ihre Botschaft so viel wichtiger als ein Ereignis aus der Urgeschichte des Orients: Gott hält trotz aller Schwierigkeiten seine Beziehung mit den Menschen durch.
Was meint Ihr dazu?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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Magdalena61
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#2 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Magdalena61 » Do 19. Mai 2016, 00:44

Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?
Ja.
Natürlich ist die "große Flut" historisch, was heißen soll: Es hatte vor einigen Tausend Jahren eine gewaltige Überschwemmung gegeben. Ob weltweit oder regional begrenzt; da lege ich mich nicht fest- aus der Sicht des Autors des biblischen Berichtes war jedenfalls eine Weile lang kein Land mehr zu sehen.

Die Erinnerung an eine große Flut lebt in vielen Völkern der Erde in Erzählungen, die in Einzelheiten voneinander differieren, die aber auch einige Ähnlichkeiten aufweisen.
LG
God bless you all for what you all have done for me.

Salome23
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#3 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Salome23 » Do 19. Mai 2016, 01:39

Ob die "biblische" Sintflut so, wie sie in der Bibel geschildert wird, wirklich(historisch)statt fand, kann ich nicht beurteilen, da ich nicht dabei war...
Ich denke, für Gläubige ist es wichtiger, sich zu fragen, was will "Gott" mir(persönlich) durch diese Geschichte klarmachen?
Was kann der Gläubige für sich persönlich daraus lernen.

Für mich als "Nichtmehrgläubigen" ergibt sich aus der Geschichte folgendes Fazit:
Selbst durch die Sintflut konnte "das Böse" nicht vernichtet werden, da der Samen der Schlange einen Weg über die Arche fand, so dass das Übel nicht ausgemerzt werden konnte.Amen.

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Janina
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#4 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Janina » Do 19. Mai 2016, 06:49

Halman hat geschrieben::wave: liebe Usergemeinde. Die Sintlfut ist Gegenstand heftiger Kontroversen, insbesondere im angelsächischem Raum zwischen Kurzzeit-Kreationisten und Neuen Atheisten (Brights).
Was ist für dich eine "Kontroverse"? Auf historisch-sachlicher Ebene gibt es keine, weil die Sachlage eindeutig ist, und auf mythischer gibt es keine, weil sich da eine Kontroverse gar nicht lohnt.

Halman hat geschrieben:Doch weil man ein Gedicht über den Wald nicht nach den aktuellen Holzpreisen fragen sollte, führt auch die historische Auslegung der Geschichte mit der Arche in die Irre. Und dabei ist ihre Botschaft so viel wichtiger als ein Ereignis aus der Urgeschichte des Orients: Gott hält trotz aller Schwierigkeiten seine Beziehung mit den Menschen durch.
Das ist der zentrale Punkt. Wörtliches Schrift(un)verständnis führt nicht nur zu historischem Quatsch, sondern lenkt auch von der Botschaft des Gleichnisses ab.

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Savonlinna
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#5 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Savonlinna » Do 19. Mai 2016, 10:27

Halman hat geschrieben: Was meint Ihr dazu?
Ich habe mir das Video komplett angesehen - was ich selten bei hier reingestellten Videos tue.

Der Autor - der nach Selbstaussage an das inspirierte göttliche Wort der Bibel glaubt - geht davon aus, dass man am Text selber erkennen kann, welche "Textsorte" hier vorliegt.

Er geht Punkt für Punkt durch und zeigt auf, dass der Text - als historischer Text - eine Lachnummer wäre.
Das dort Beschriebene wäre historisch niemals möglich gewesen, schon allein, alle Tiersorten in einer nach außen mit Pech versiegelten Arche zu vereinen und dort ein Jahr lang lebendig halten zu können.

Daraus schließt der Professor, dass die "Textsorte" niemals als historischer Bericht gemeint gewesen sein kann.
Leider hört das Video - und vermutlich auch der Vortrag - da auf, wo nun erläutert werden müsste, welche Art Textsorte denn stattdessen vorliege.

Ich nehme aber an, dass er darauf hinauswollte, dass dieser Text von vornherein als mythischer Text gemeint sei.
Professor Zimmer hat zu Beginn auch erwähnt, dass diese Erzählung um eine Vereinigung oder um ein Bündnis zwischen Gott und Mensch handele.

Vielleicht müsste man mal klären, was "mythisch" meint. Manche hören da möglicherweise nur raus: erfunden.
Aber eine mythische Erzählung wird nicht erfunden.

Pluto
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#6 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Pluto » Do 19. Mai 2016, 10:58

Savonlinna hat geschrieben:Vielleicht müsste man mal klären, was "mythisch" meint. Manche hören da möglicherweise nur raus: erfunden.
Aber eine mythische Erzählung wird nicht erfunden.
Zustimmung.
Mythische Erzählungen haben oft einen wahren Kern. Auf diesen wahren Kern sponnen die Erzähler im Altertum eine spannende Geschichte die man den Menschen (die damals kein TV kannten) am Lagerfeuer erzählen konnte.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Savonlinna
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#7 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Savonlinna » Do 19. Mai 2016, 11:24

Pluto hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Vielleicht müsste man mal klären, was "mythisch" meint. Manche hören da möglicherweise nur raus: erfunden.
Aber eine mythische Erzählung wird nicht erfunden.
Zustimmung.
Mythische Erzählungen haben oft einen wahren Kern. Auf diesen wahren Kern sponnen die Erzähler im Altertum eine spannende Geschichte die man den Menschen (die damals kein TV kannten) am Lagerfeuer erzählen konnte.
Du sprichst jetzt etwas anderes an als ich.
Trotzdem stimmt das, was Du sagst: es gibt meist einen historischen Kern.
Dieser historische Kern ist der Anlass, das Sprungbrett sozusagen, um etwas zu vermitteln, dessen Wert nicht im Historischen liegt.

"Spannung" mag bei vielen Erzählungen das einzige Motiv sein, aber in mythischen Erzählungen ist Spannung nicht das Motiv.
Ich nehm mal wieder Goethes "Faust".

Die Faustffigur ist historisch, Goethes Faustfigur hingegen nicht, nicht im engen Sinn.

Wenn ich sagte, dass eine mythsiche Erzählung nicht erfunden wird, dann mente ich damit Folgendes:
Die von Goethe gestaltete Figur wird bis heute darum gelobt, weil sie das Denken und Wahrnehmen des Abendlandes - des westlichen Europa - eingefangen hat. Goethe sei der Prototyp des abendländischen Menschen - mitsamt seinen Gefahren und seinen Chancen.

Also: Goethes Faustfigur hat nie gelebt, kann gar nicht gelebt haben, da an ihm Zauberdinge passierten, und zwar richtig (zum Beispiel wurde er verjüngt).
Aber dennoch ist sie lebendig, weil sie das Wesen des westeuropäischen Menschen sichtbar macht.

Das bezeichnet man als "mythisch". Wir können uns in seinem Denken wiederfinden, und Goethe hat nicht nur die Gefahren unseres Denkens aufgezeigt, sondern Lösungsmöglichkeiten angedeutet.

Tatsächlich ist es bei der Sintflut ähnlich:
eine große Flut gab es, dem Erzähler der Sintflutgeschichte wird das zu Ohren gekommen sein.
Das hat er als Anlass, als Sprungbrett benutzt, um eine mythische Geschichte zu gestalten, die Antworten gibt auf das Verhältnis von "Geborgensein" und "Gefahr".

Sie drückt Hoffnung aus. Hoffnung in der Verzweiflung.
Der Regenbogen - der für die Augen von der Erde in den Himmel reicht - kann als Hoffnungssymbol dienen.

Bis heute bleiben die Leute auf der Straße stehen, wenn ein Regenbogen erscheint.
Die "mythische Qualität" des Regenbogens ist auch heute spürbar.

Salome23
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#8 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Salome23 » Do 19. Mai 2016, 11:34

Fragen des Tages:
Befand sich Goethe auch auf der Arche? / Ist Faust eine mythische oder eine historische Figur?
Upps, jetzt bin ich doch glatt OT geworden :oops:
Sorry, lieber Halman :Herz:

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Savonlinna
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#9 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Savonlinna » Do 19. Mai 2016, 11:40

Salome23 hat geschrieben:Ist Faust eine mythische oder eine historische Figur?
Das habe ich, hoffentlich, beantwortet.

Der Professor sagt: die Erzählung der Arche kann nicht historisch gemeint sein.
Und ich sage: Goethes Faustfigur kann nicht historisch gemeint sein.

Ihr Wert liegt gerade darin, dass sie nicht historisch sind. Verstehst Du, was ich meine, Salome?
Und was der Autor des Videos erklärt hat?

Salome23
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#10 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Salome23 » Do 19. Mai 2016, 11:49

Savonlinna hat geschrieben: Und was der Autor des Videos erklärt hat?
Ich habe mir das Video (noch) nicht angesehn, da eventuell Ansichten anderer mein freies Denken(eigene Ansicht) beeinflussen/verwirren könnten.
Was hältst du eigentlich von meinem Gedankengut bezüglich der biblischen Sintflutgeschichte?

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