Der Exodus und die Durchquerung des Roten Meers

Themen des alten Testaments
Pluto
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#11 Re: Wunderwelt Wissen

Beitrag von Pluto » Mi 31. Jul 2013, 01:28

Hemul hat geschrieben:Finkelstein hin oder her. In der letzten Woche habe ich in einer Fernseh-Doku gesehen, dass man im roten Meer Streitwagen und Kriegswaffen der Ägypter gefunden hat.
Ja und?
Beeindruckt dich das?

Das beweist nur, dass die Ägypter dort waren, was ja von Niemanden bestritten wird.
Eine Sensation wäre hingegen, wenn man was finden würde, was man eindeutig den Israeliten zuordnen könnte.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

ThomasM
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#12 Re: Wunderwelt Wissen

Beitrag von ThomasM » Mi 31. Jul 2013, 09:19

Pluto hat geschrieben: Naja. Das waren immer kleinere Gruppen von Menschen. Aber bei den israelitischen "Irrläufen" haben wir es mit einer Million Menschen zu tun. Nun quantifiziere du das mal...!
Ich sag ja immer: man nimmt die Bibel wörtlich, wenn man entweder bestimmten christlichen Denkrichtungen anhängt oder etwas gegen den Glauben hat.

Die Mehrheit der gläubigen Menschen und ich auch, geht aber mit der Bibel entspannter um. Die Bücher Mose wurden während der Königszeit auf der Basis einer langen mündlichen Tradierung verschriftlich. Die Menschen zu dieser Zeit hatten ganz klare politische Interessen (so wie die Kreationisten oder dieser Pastor Meyer heute) und haben daher keinerlei Probleme damit gehabt, bestimmte Dinge zu übertreiben. Die Größe des israelischen Volkes ist so ein Beispiel, denn Größe war damals gleich Stärke.

Ich habe also keinerlei Probleme damit, die Zahl der nomadischen Israelis eher in die 10.000 zu sehen. Auch die Aufspaltung in mehrere Familienclans während der Wanderzeit halte ich für wahrscheinlich, mit Moses als geistlichem Zentrum, der die Clans zusammenhielt und dann für einen Angriff auf das gelobte Land sammelte. Nichts von dem eigentlichen, geistlichen Inhalt der Bücher Mose würde dadurch gemindert.

Insofern sehe ich den Analysen eines Finkelsteins extrem gelassen zu, wobei natürlich bei so einem Thema trotzdem die Frage gestellt werden muss, durch welche Interessen Finkelstein angetrieben wird. Denn Übertreibungen und Dehnung von Fakten gibt es nicht nur auf der christlichen (bzw. jüdischen) Seite.

Gruß
Thomas
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Lamarck
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#13 Re: Wunderwelt Wissen

Beitrag von Lamarck » Mi 31. Jul 2013, 10:48

Hi ThomasM!

ThomasM hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Naja. Das waren immer kleinere Gruppen von Menschen. Aber bei den israelitischen "Irrläufen" haben wir es mit einer Million Menschen zu tun. Nun quantifiziere du das mal...!
Ich sag ja immer: man nimmt die Bibel wörtlich, wenn man entweder bestimmten christlichen Denkrichtungen anhängt oder etwas gegen den Glauben hat.

"Denn alle Schrift ist von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit." [2 Tim 3,16; LUT]

"Man kann die Bibel wörtlich nehmen, oder man nimmt sie ernst." [Pinchas Lapide]

Die Denkrichtungen von denen Du sprichst, die christlichen sowie diejenigen, die Du bezeichnest als diejenigen, die "etwas gegen den Glauben" haben, gehen davon aus, die Bibel sei Gottes Wort. Ist sie das? Warum ist die 'Oma-im-Lehnstuhl-Exegese' nicht richtig?




ThomasM hat geschrieben: Die Mehrheit der gläubigen Menschen und ich auch, geht aber mit der Bibel entspannter um.

Wohl kaum nach Belieben. Aber wonach dann?




ThomasM hat geschrieben: Die Bücher Mose wurden während der Königszeit auf der Basis einer langen mündlichen Tradierung verschriftlich. Die Menschen zu dieser Zeit hatten ganz klare politische Interessen (so wie die Kreationisten oder dieser Pastor Meyer heute) und haben daher keinerlei Probleme damit gehabt, bestimmte Dinge zu übertreiben. Die Größe des israelischen Volkes ist so ein Beispiel, denn Größe war damals gleich Stärke.

Ergibt sich hieraus ein Unterschied beispielsweise zur König-Artus-Sage?




ThomasM hat geschrieben: Ich habe also keinerlei Probleme damit, die Zahl der nomadischen Israelis eher in die 10.000 zu sehen. Auch die Aufspaltung in mehrere Familienclans während der Wanderzeit halte ich für wahrscheinlich, mit Moses als geistlichem Zentrum, der die Clans zusammenhielt und dann für einen Angriff auf das gelobte Land sammelte. Nichts von dem eigentlichen, geistlichen Inhalt der Bücher Mose würde dadurch gemindert.

Was genau ist denn der eigentliche [sic!] geistliche Inhalt der Bücher Mose?




ThomasM hat geschrieben: Insofern sehe ich den Analysen eines Finkelsteins extrem gelassen zu, wobei natürlich bei so einem Thema trotzdem die Frage gestellt werden muss, durch welche Interessen Finkelstein angetrieben wird. Denn Übertreibungen und Dehnung von Fakten gibt es nicht nur auf der christlichen (bzw. jüdischen) Seite.

Das Motiv ist hier uninteressant - Du verwendest hier nur ein ad hominem, um einer sozialen Diskreditierung Spielraum zu geben. Wie perfide dies ist, zeigt sich vielleicht, wenn Du die Frage nach dem Motiv etwa um Einstein und die 'jüdische Seite' herum konstruierst. Der Klassiker dieser Form der Rhetorik ist "Schlagen sie noch ihre Frau?"




Cheers,

Lamarck
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#14 Re: Wunderwelt Wissen

Beitrag von Pluto » Mi 31. Jul 2013, 12:08

ThomasM hat geschrieben:Insofern sehe ich den Analysen eines Finkelsteins extrem gelassen zu, wobei natürlich bei so einem Thema trotzdem die Frage gestellt werden muss, durch welche Interessen Finkelstein angetrieben wird. Denn Übertreibungen und Dehnung von Fakten gibt es nicht nur auf der christlichen (bzw. jüdischen) Seite.
Ich habe festgestellt, dass Christen oft hinterfragen, warum Nicht-Christen sich für für den Christlichen Glauben interessieren. Ich selbst werde das ja auch oft gefragt. ;)
Im Fall von Finkelstein ist es das Judentum, aber der Fall ist ähnlich. Finkelstein ist ein Wissenschaftler der es sich zur (Lebens-)Aufgabe gemacht hat, so viel we möglich über die Geschichte des Heiligen Lands herauszufinden. Da sind unterschwelligen Motive oder Hintegedanken.

In diesem Bezug fnde ich ein brandaktuelles Inerview des ultrakonservativen christlichen TV-Senders (FOX News)mit dem Muslimen und Religionswissenschaftler Reza Aslan sehr interessant.

Aslan hat ein Buch über das Leben von Jesus geschrieben, dass in den USA zurzeit die Nr. 1 auf den Sachbuch-Bestseller Listen ist. Die Moderatorin will wissen welche Motive ein Moslem hat, ausgerechnet ein Buch über Jesus zu schreiben. Aslans Beteuerungen, er sei Professor für Religionsgeschichte, und hätte 20 Jahre lang das NT studiert, scheinen bei der Moderatorin nicht anzukommen — sie will nicht glauben, dass das sein einziges Motiv ist.

(sorry wenns englisch ist)
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#15 Re: Wunderwelt Wissen

Beitrag von ThomasM » Mi 31. Jul 2013, 12:52

Hallo Lamarck
Lamarck hat geschrieben: Die Denkrichtungen von denen Du sprichst, die christlichen sowie diejenigen, die Du bezeichnest als diejenigen, die "etwas gegen den Glauben" haben, gehen davon aus, die Bibel sei Gottes Wort. Ist sie das? Warum ist die 'Oma-im-Lehnstuhl-Exegese' nicht richtig?
Die theologische Formulierung ist "Die Bibel ist Gottes Wort in Menschen Wort". Das ist auch die Begründung, warum die Oma-im-Lehnstuhl Exegese nicht korrekt ist.
Die Schreiber der Bibel waren Menschen. Menschen mit einem eigenen Weltbild und einer eigenen Kultur. Das macht sich in ihren Texten und in der Art und Weise, wie sie etwas schreiben oder betonen bemerkbar. Von diesem menschlichen Teil der Bibel gilt es zu abstrahieren und dies in unsere Zeit zu übersetzen.

Lamarck hat geschrieben: Wohl kaum nach Belieben. Aber wonach dann?
Das ist eine Wissenschaft für sich :lol: - sorry.
Methodische Grundsätze der Exegese, Historisch-kritische Methode, Textanalyse
Die Deutungsbreite ist wesentlich größer als bei naturwissenschaftlichen Modellen, ist aber dennoch nicht beliebig.

Lamarck hat geschrieben: Ergibt sich hieraus ein Unterschied beispielsweise zur König-Artus-Sage?
Ja. Es ist immer noch Gottes Wort in Menschen Wort. Auch wenn du das nicht zu erkennen vermagst.

Lamarck hat geschrieben: Was genau ist denn der eigentliche [sic!] geistliche Inhalt der Bücher Mose?
Über so eine Frage könnte man mehrere theologische Doktorarbeiten schreiben. Meine Meinung ist zwar unmassgeblich, aber ich sehe das so:
- Gesetzesbildung
- Geschichte des Volkes Israel und darin Erschaffung, Bewahrung, Errettung
- allgemeinere Themen, wie Gott ist Gott allein (Sonne, Mond etc sind auch nur erschaffen), Gott ist Herr der Geschichte usw.

Lamarck hat geschrieben: Das Motiv ist hier uninteressant - Du verwendest hier nur ein ad hominem, um einer sozialen Diskreditierung Spielraum zu geben.
Glaubst Du wirklich, das Motiv sei uninteressant? Wo lebst du denn? Ich habe lange genug wissenschaftlich gearbeitet, um zu wissen, dass das Motiv immer eine wesentliche Rolle spielt, insbesondere wenn die Fakten interpretationswürdig sind.

Würdest DU denn Fakten anders interpretieren, als sowieso schon deine Meinung ist, wenn es auch nur die geringste Chance gäbe, dass deine Meinung bestätigt würde? So menschenliebend bist du mit Sicherheit nicht.

Ich habe Finkelstein nichts unterstellt (daher ist dein Vorwurf falsch) und ich will ihm auch nichts unterstellen. Aber eine Prüfung der Integrität ist wichtig und MUSS gerade bei solchen Themen durchgeführt werden. Der von Pluto zitierte Beitrag ist für mich nicht maßgeblich. So wichtig die Prüfung der Integrität ist, so wichtig ist die Prüfung der Prüfer.

Ein Beispiel, das ich vor gar nicht so langer Zeit gelesen habe:
Eine Untersuchung einer Grabungsstätte, datiert auf die Königszeit Israels, ergab, dass viele Haushalte mit Statuetten und Altären fremder Gottheiten versehen waren. Das waren die Fakten.
Kommentar dazu: Das beweist, dass die Bibel unrecht hat, denn die Israelis waren gar nicht so besessen von Gott.
Mein Kommentar dazu: Das beweist eher, dass die Bibel Recht hat, denn dass die Israelis alle Nase lang fremden Göttern nachgelaufen sind, ist ständiges Thema dort.

Nur so ein Beispiel, wie Meinung die Interpretation von Fakten beeinflusst.

Gruss
Thomas
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#16 Re: Wunderwelt Wissen

Beitrag von Pluto » Mi 31. Jul 2013, 16:13

ThomasM hat geschrieben:Ich habe Finkelstein nichts unterstellt (daher ist dein Vorwurf falsch) und ich will ihm auch nichts unterstellen. Aber eine Prüfung der Integrität ist wichtig und MUSS gerade bei solchen Themen durchgeführt werden.
Nicht die Intergrität eines Themas. sondern des Forschers gilt es zu prüfen. Finkelstein ist der anerkannte Experte in der Archäologie des Heiligen Landes, und seine Forschungsergebnisse werden rundum anerkannt. Dass an seinen Erkenntnissen was dran ist, beweist schon die Epörung der jüdisch fundamentalistischen Gemeinde im eigenem Land!

Kein Rauch ohne Feuer, oder?

Der von Pluto zitierte Beitrag ist für mich nicht maßgeblich. So wichtig die Prüfung der Integrität ist, so wichtig ist die Prüfung der Prüfer.
Der ist deswegen relevant, weil es sich immer wieder zeigt, mit wie wenig Sachwissen, Wissenschaftler wegen ihrer Weltnanschauung angegriffen werden. Das ist nicht gegen dich Thomas, aber solches Verhalten ist in religiösen Foren wie diesem immer wieder zu beobachten.

Die Moderatorin in dem Interview hat das Buch nicht gelesen, und sie argumentiert völlig ohne Sachwissen. Mehr noch, sie hinterfragt die Kompetenz des Wissenschaftlers allein auf Grund seiner Weltanschauung und bezweifelt seine Urteilsvermögen. Am Schluss ist klar: sie hat die Lage nicht mehr im Griff, und hat ihr Gegenüber total unterschätzt.

Das ist ist im Bezug auf Weltanschauungsfragen eines der brisantesten Interviews die ich seit langem gesehen habe.

Nur so ein Beispiel, wie Meinung die Interpretation von Fakten beeinflusst.
Mir zeigt es, wie wichtig es ist immer beide Seiten eines Sachverhalts zu untersuchen bevor man sich festlegt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#17 Re: Der Exodus und die Durchquerung des Roten Meers

Beitrag von Pflanzenfreak » Mi 31. Jul 2013, 16:42

Beweise für den Durchzug durch´s rote Meer? Wie müssten die denn aussehen?
Genauso Beweise für ein Leben in der Wüste. Was sollen Flüchtlinge denn übrig haben, dass sie es zurücklassen und das man ettliche 1000 Jahre später dann auch noch finden kann?

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#18 Re: Der Exodus und die Durchquerung des Roten Meers

Beitrag von Pluto » Mi 31. Jul 2013, 17:09

Pflanzenfreak hat geschrieben:Beweise für den Durchzug durch´s rote Meer? Wie müssten die denn aussehen?
Naja, die Stelle wo die Israeliten es ngeblich überwuert haben sollen, liegt am Golf von Aqaba, unweit von der heutigen Stadt Dahab. Da ist zwar das Meer nicht besonders breit aber bis zu 2000 Meter tief. Man müsste schon ein Riff finden, was dicht unter Wasseroberfläche eine Art Unterwasserstrasse bildet. Allerdings fehlen Belege für ein solches Riff. Gäbe es das, so wäre der Ort absolut "IN" bei den vielen Tauchern die das Gebiet besuchen

Genauso Beweise für ein Leben in der Wüste. Was sollen Flüchtlinge denn übrig haben, dass sie es zurücklassen und das man ettliche 1000 Jahre später dann auch noch finden kann?
Irgendetwas bleibt immer liegen, wenn so vielen Mensche unterwegs sind. Töpfe, Trinkgefässe, Schmuck, Messer...
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#19 Re: Der Exodus und die Durchquerung des Roten Meers

Beitrag von Pflanzenfreak » Mi 31. Jul 2013, 18:06

Pluto hat geschrieben: Man müsste schon ein Riff finden, was dicht unter Wasseroberfläche eine Art Unterwasserstrasse bildet. Allerdings fehlen Belege für ein solches Riff. Gäbe es das, so wäre der Ort absolut "IN" bei den vielen Tauchern die das Gebiet besuchen
Gott hat doch das Wasser geteilt, so dass eine trockene Gasse entstand. Und danach ist es wieder zusammengeflossen. Wäre da ein ständiger Durchgang oder eine seichte Stelle hätten den die Verfolger ja wohl auch gefunden und wären nicht ertrunken. Oder das Ertrinken in seichtem Wasser war dann das eigentliche Wunder. :thumbup:

Irgendetwas bleibt immer liegen, wenn so vielen Mensche unterwegs sind. Töpfe, Trinkgefässe, Schmuck, Messer...
Also, wenn ich mir vorstelle, ich wäre auf der Flucht und besässe nicht mal das Allernötigste würde ich nix zurücklassen. Da würde ich den Platz zehnmal überqueren um mich zu überzeugen, dass da nix zurückbleibt. Schusseligkeit können sich nur Menschen leisten, die mehr haben als sie brauchen.

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#20 Re: Wunderwelt Wissen

Beitrag von Lamarck » Mi 31. Jul 2013, 18:11

Hi ThomasM!

ThomasM hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben: Die Denkrichtungen von denen Du sprichst, die christlichen sowie diejenigen, die Du bezeichnest als diejenigen, die "etwas gegen den Glauben" haben, gehen davon aus, die Bibel sei Gottes Wort. Ist sie das? Warum ist die 'Oma-im-Lehnstuhl-Exegese' nicht richtig?
Die theologische Formulierung ist "Die Bibel ist Gottes Wort in Menschen Wort". Das ist auch die Begründung, warum die Oma-im-Lehnstuhl Exegese nicht korrekt ist.
Die Schreiber der Bibel waren Menschen. Menschen mit einem eigenen Weltbild und einer eigenen Kultur. Das macht sich in ihren Texten und in der Art und Weise, wie sie etwas schreiben oder betonen bemerkbar. Von diesem menschlichen Teil der Bibel gilt es zu abstrahieren und dies in unsere Zeit zu übersetzen.

Ja, das ist schon was mit den 'theologischen Formulierungen'. Wenn die Bibel "Gottes Wort in Menschen Wort" ist, dann ist "Gottes Wort in 'Oma-im-Lehnstuhl-Exegese'" ebenfalls zutreffend. Du hast also eben keine Begründung, warum Du abstrahieren sollst. Außer eben eine Selbstimmunisierung: Abstrahiere so lange, bis das Widersprüchliche nicht mehr als Widerspruch erkennbar ist. Du siehst also die Schrift als eine Sammlung von Orakelsprüchen an - die können bekanntlich nie falsch sein ... .




ThomasM hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben: Wohl kaum nach Belieben. Aber wonach dann?
Das ist eine Wissenschaft für sich :lol: - sorry.
Methodische Grundsätze der Exegese, Historisch-kritische Methode, Textanalyse
Die Deutungsbreite ist wesentlich größer als bei naturwissenschaftlichen Modellen, ist aber dennoch nicht beliebig.

Dergleichen bildet das, was ich Micky-Maus-Forschung nenne. Aber bringe mal ein Beispiel - ich zeige Dir dann, wie dabei beliebiges herauskommt.




ThomasM hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben: Ergibt sich hieraus ein Unterschied beispielsweise zur König-Artus-Sage?
Ja. Es ist immer noch Gottes Wort in Menschen Wort. Auch wenn du das nicht zu erkennen vermagst.

Ich verfüge über großes Selbstvertrauen in meine geistigen Fähigkeiten. Wenn ich etwas nicht erkenne, dann gilt dies erst recht für viele andere Menschen gleichermaßen. Wenn dieses Erkennen also nichts mit Intelligenz zu schaffen hat, mit was dann? Und wie kommst Du überhaupt darauf, dass die Bibel "Gottes Wort in Menschen Wort" und nicht "Menschen Wort in Menschen Wort" ist? (Kannst Du übrigens nicht bewerkstelligen, ohne auf die 'Oma-im-Lehnstuhl-Exegese' zu rekurrieren ...).




ThomasM hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben: Was genau ist denn der eigentliche [sic!] geistliche Inhalt der Bücher Mose?
Über so eine Frage könnte man mehrere theologische Doktorarbeiten schreiben. Meine Meinung ist zwar unmassgeblich, aber ich sehe das so:
- Gesetzesbildung
- Geschichte des Volkes Israel und darin Erschaffung, Bewahrung, Errettung
- allgemeinere Themen, wie Gott ist Gott allein (Sonne, Mond etc sind auch nur erschaffen), Gott ist Herr der Geschichte usw.

Ein 'geistlicher Inhalt' ist immer und nur der Gottesbezug über die Gottesvorstellung. Hier also beispielsweise, dass die 12 Stämme privilegiert sind. Mithin lässt sich verallgemeinern: 'Geistliche Inhalte' sind immer zirkelschlüssig!




ThomasM hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben: Das Motiv ist hier uninteressant - Du verwendest hier nur ein ad hominem, um einer sozialen Diskreditierung Spielraum zu geben.
Glaubst Du wirklich, das Motiv sei uninteressant? Wo lebst du denn? Ich habe lange genug wissenschaftlich gearbeitet, um zu wissen, dass das Motiv immer eine wesentliche Rolle spielt, insbesondere wenn die Fakten interpretationswürdig sind.

Wer meint, Motive spielt in Bezug zu Aussagen der deskriptiven Wissenschaften eine Rolle, unterliegt dem SEINS-SOLLEN-Fehlschluss. Naturwissenschaftliche Aussagen bewähren sich eben nicht dadurch, dass die Motive der Aussagenersteller geprüft werden.

Wissenschaftsbetrug, pecunia non olet, die Frage des Statistikers, was gewünscht ist, was aus den Daten herauskommen soll, der Publikationsbias (wenn etwa nur die medizinischen Studien veröffentlicht werden, die einen positiven (d. h. den gewünschten) Erfolg aufweisen) oder KTs Plagiate werden nicht dadurch aufgedeckt, dass das Motiv* untersucht wird ... .

* Eigentlich bildet dies nur eine vorab vorgenommene Unterstellung der Unredlichkeit)




ThomasM hat geschrieben: Würdest DU denn Fakten anders interpretieren, als sowieso schon deine Meinung ist, wenn es auch nur die geringste Chance gäbe, dass deine Meinung bestätigt würde? So menschenliebend bist du mit Sicherheit nicht.

'Fakten' gibt es nur im umgangssprachlichen Bereich, Wissenschaft baut auf Argumentationsketten auf. So etwas wie die Kopenhagener Interpretation der QM ist ein hypothetischer Aufsatz, der darauf hinweist, dass noch einiges zu tun ist. Aber Hypothesen darfst Du aufstellen, wie Du lustig bist - und seist Du noch so menschenfeindlich ... .




ThomasM hat geschrieben: Ich habe Finkelstein nichts unterstellt (daher ist dein Vorwurf falsch) und ich will ihm auch nichts unterstellen. Aber eine Prüfung der Integrität ist wichtig und MUSS gerade bei solchen Themen durchgeführt werden. Der von Pluto zitierte Beitrag ist für mich nicht maßgeblich. So wichtig die Prüfung der Integrität ist, so wichtig ist die Prüfung der Prüfer.

Da ist wohl eine Wiederholung angebracht: Selbstverständlich will ich Dir nichts unterstellen, aber eine Prüfung der Integrität ist wichtig und MUSS gerade bei solchen Themen durchgeführt werden: Schlägst Du also noch Deine Frau?




ThomasM hat geschrieben: Ein Beispiel, das ich vor gar nicht so langer Zeit gelesen habe:
Eine Untersuchung einer Grabungsstätte, datiert auf die Königszeit Israels, ergab, dass viele Haushalte mit Statuetten und Altären fremder Gottheiten versehen waren. Das waren die Fakten.
Kommentar dazu: Das beweist, dass die Bibel unrecht hat, denn die Israelis waren gar nicht so besessen von Gott.
Mein Kommentar dazu: Das beweist eher, dass die Bibel Recht hat, denn dass die Israelis alle Nase lang fremden Göttern nachgelaufen sind, ist ständiges Thema dort.

Nur so ein Beispiel, wie Meinung die Interpretation von Fakten beeinflusst.

Dann soltest Du es mit Wissenschaft versuchen ... .

Wenn der archäologische Befund ergibt, dass hier eine reichliche Anzahl von Göttern verehrt wurden, dann ist das ein Indiz dafür, dass die Darstellung der Verfasser der entsprechenden Bibel-Anteile ein wenig einseitig gewesen ist.

Und nicht zuletzt auch hier siehst Du: Das Motiv (Interessengeleitetheit der Verfasser) ergibt sich aus dem Indiz (Anzahl der verehrten Gottheiten), aber nicht das Indiz (Anzahl der verehrten Gottheiten) aus dem Motiv (Interessengeleitetheit der Verfasser) ... .




Cheers,

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