Die Weisheit orthodoxer Christen

Nichtchristen sind willkommen, wir bitten aber darum, in diesem Forum keine Bibel- und Glaubenskritik zu üben.
Rembremerding
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#51 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Rembremerding » Fr 13. Okt 2017, 10:05

Novalis hat geschrieben:
Ich habe nicht nur eine Menge zu tun, sondern einen ganzen Himalaya zu besteigen und zu überwinden, aber ich mache es mit Herz und das macht den ganzen Unterschied
Wenn das Herz dabei ist, wird der Aufstieg zu einem Aufzug. :thumbup:
Deshalb soll man auch folgendes freudig beachten: Der Weg hin zu Gott ist allein aus menschlicher Kraft unmöglich begehbar, deshalb ist Jesus der Weg, d.h. das Förder-band, der Auf-zug zu Gott. Die großen christlichen Mystiker haben dies auch berichtet, indem sie zwar erkannten, dass der Mensch sich für diesen Weg vorbereiten kann, aber allein Gott es ist, der den Menschen auf diesen Weg zu sich zieht, seinen Aufstieg ermöglicht.
Der Liebe, Gott, genügt es, wenn der Mensch wie ein kleines Kind wenigstens immer wieder den Fuß hebt, um die erste Stufe der langen Treppe zu Gott zu erklimmen. Gott reicht dem Menschen dann voll Freude seine Hand, trägt und fördert ihn zu sich, zieht ihn hoch.
Nicht Red Bull, die Liebe verleiht Flügel. Es ist die Liebe Gottes, die er dem Menschen schenkt, die diese Flügel wachsen lassen, um zu Gott zu gelangen. Dazu muss man nicht erst ein Engel im Himmel sein, man wird zu einem Engel auf Erden immer dann, wenn die Liebe Gottes weitergeschenkt wird.
So wird jedes Joch leicht, weil es von den Schwingen der Liebe mitgetragen wird.

Servus :wave:
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Novas
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#52 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Novas » Sa 14. Okt 2017, 08:23

„Der Mensch weiß das Schöne grundsätzlich wertzuschätzen. Er braucht die Schönheit und sucht nach ihr. Die gesamte menschliche Kultur ist von der Suche nach Schönheit geprägt. Auch die Bibel bezeugt, dass die Schönheit seit Anbeginn der Welt existierte und dass der Mensch ihr ursprünglich teilhaftig war. Die Vertreibung aus dem Paradies ist ein Sinnbild für den Verlust von Schönheit und Wahrheit. Nun sucht der Mensch sie wiederzuerlangen.“

~ I. Jasikowa. Theologie der Ikone


Die frühkirchliche Kunst fängt diese ersehnte Schönheit eindrucksvoll ein. Sie wird zu einem augenscheinlichen Zeugnis des Glaubens, der Liebe und der Opferbereitschaft. In dieser Kunst wird der Glaube nicht nur verkündet, sondern vollzogen. Hier manifestiert sich die Liebe und die Botschaft des Evangeliums wird mit Farben und Linien festgehalten. Es genügt nicht nur auf die visuelle Schönheit einer Ikone zu achten. Die kirchliche Kunst zeichnet sich durch ein völlig anderes ästhetisches Verständnis aus: Die Schönheit des Geistes steht über der Schönheit der Materie. Das Ziel des gelebten Christentums ist es, Gott - der Urquelle der Schönheit – nahe zu sein und ihn in der Auferstehung zu erfahren.

studioicona.de: Was man über Ikonen wissen sollte

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Die griechische orthodoxe Kirche auf der griechischen Insel Santorini

Novas
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#53 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Novas » Sa 14. Okt 2017, 12:45

Rembremerding hat geschrieben:Wenn das Herz dabei ist, wird der Aufstieg zu einem Aufzug. :thumbup:

Verleihe, o Herr, dass die Ohren, die deinen Lobpreis gehört haben,
verschlossen seien für die Stimme des Streites und Unfriedens,
dass die Augen, die deine große Liebe gesehen haben,
auch deine selige Hoffnung schauen,
dass die Zungen, die dein Lob gesungen haben, hinfort die Wahrheit bezeugen,
dass die Füße, die in deinen Vorhöfen gestanden sind,
hinfort gehen auf den Wegen des Lichts
und dass die Leiber, die an deinem lebendigen Leib Anteil gehabt haben,
hinfort in einem neuen Leben wandeln.
(Aus einem alten orthodoxen Gebet am Ende der Liturgie)


:engel:

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#54 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Novas » So 15. Okt 2017, 13:10

Versöhne dich mit dir selbst, und Himmel und Erde werden sich mit dir versöhnen. Dringe tief ein in dich selbst, fliehe gleichzeitig die Sünde, du wirst dabei den Weg der Erhebung (Erleuchtung) finden.

~ St. Isaac der Syrer (365-460)

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#55 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Novas » So 15. Okt 2017, 17:47

Der christliche Glaube ist das Feuer des heiligen Geistes

Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.


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#56 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Novas » Mo 16. Okt 2017, 13:34

Die Schönheit rettet die Welt ~ Dostojewski

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eine orthodoxe Christin aus Russland ;)

Einer der größten Schönheits-Experten war Fjodor Dostojewski. Schönheit war in seinem Leben etwas so Zentrales, wir der Benediktinermönch und große Spirituelle, Anselm Grün, uns in seinem letzten Buch („Schönheit – Eine neue Spiritualität der Lebensfreude“, Vier- Türme Verlag, 2014) lehrt, dass sich der große russische Schriftsteller jedes Jahr nach Dresden begab, um Raphaels wunderschöne Sixtinische Madonna zu betrachten. Vor diesem großartigen Werk verweilte er lange Zeit. Dies ist erstaunlich, denn seine Romane spielen in den düstersten und perversesten Bereichen der menschlichen Seele. Was ihn aber tatsächlich antrieb, war die Suche nach Schönheit. Seinem Roman „Der Idiot“ verdanken wir den berühmten Satz: „Schönheit wird die Welt retten.“

In “Die Brüder Karamasow” vertieft Dostojewski diese Frage. Ippolit, ein Atheist, fragt Prinz Mischkin: „Wie könnte Schönheit die Welt retten?“ Der Prinz sagt nichts darauf, sondern geht zu einem 18-jährigen jungen Mann, der ein qualvolles Leben führt. Erfüllt von Mitgefühl und Liebe bleibt er bei ihm, bis der junge Mann stirbt. Damit wollte der Prinz zum Ausdruck bringen, dass Schönheit uns zur Liebe führt, wenn wir den Schmerz unserer Mitmenschen teilen; die Welt wäre jetzt und für immer gerettet, wenn diese Geste gelebt würde. Wie sehr vermissen wir sie heutzutage!

Das Betrachten von Raphaels Madonna war Dostojewskis persönliche Therapie. Hätte er dies nicht getan, so wäre er angesichts all der Probleme, die er sah, an der Menschheit und sich selbst verzweifelt. In seinen Werken beschrieb er böse und zerstörerische Menschen sowie solche, die kurz vor der Verzweiflung standen. Doch seiner Sichtweise, nach der Liebe damit einhergeht, die Schmerzen anderer zu teilen, gelang es, die Schönheit in der Seele der perversesten Personen zu sehen. Für Dostojewski bestand das Gegenteil von Schönheit nicht in Hässlichkeit, sondern im Utilitarismus, der Haltung, andere zu benutzen und sie dabei ihrer Würde zu berauben.

“Gewiss können wir nicht ohne Brot leben, aber es ist ebenso unmöglich, ohne Schönheit zu leben“, wiederholte Dostojewski immer wieder. Schönheit ist mehr als Ästhetik, sie hat eine ethische und religiöse Dimension inne. Er sah in Jesus jemanden, der Schönheit zeigte. „Er war ein Beispiel für Schönheit und Er pflanzte sie in die Seele der Menschen, sodass sie alle durch Schönheit einander Brüder würden.“ Dostojewski meint hier nicht die Nächstenliebe. Im Gegenteil: Es ist die Schönheit, die die Liebe hervorruft und uns den anderen als liebenswert erscheinen lässt.
Traductina: Schönheit wird die Welt retten

Einen Menschen lieben heißt ihn so sehen, wie Gott ihn gemeint hat. Mit den Augen Gottes: im Licht seiner himmlischen Schönheit, den „göttlichen Seelenfunken“ und „Adel der menschlichen Seele“, wie Meister Eckhart sagte. Das Licht Gottes in ihm. Nicht nur in den heiligen und guten Menschen, sondern auch in den bösen und zerstörerischen Menschen und unsren schlimmsten Feinden. Dann schauen wir wirklich mit dem Geist von Jesus Christus auf die Welt.

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#57 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Novas » Mo 16. Okt 2017, 21:36

Der Geist Gottes lehrt die Seele, alles Lebendige zu lieben, so daß sie nicht einmal einem grünen Blatt an einem Baum Schaden zufügt oder eine Blume im Feld zertritt. So lehrt der Geist Gottes Liebe zu allen Wesen, und die Seele fühlt Mitleid für jedes Wesen, liebt sogar ihre Feinde und bedauert sogar die Teufel, weil sie von Gott abgefallen sind. (Archimandrit Sophrony, St. Silouan the Athonite, Stavropegic Monastery of St. John the Baptist, Essex 1991)

Der Schmale Pfad der Rettung

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#58 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Novas » Di 17. Okt 2017, 13:42

In einer früheren Reinkarnation habe ich mal diese Worte aufgeschrieben :mrgreen:

Der Körper ist der Tempel des heiligen Geistes (1.Korinther 6, 9-14)

Es gibt nur einen Tempel in der Welt, und das ist der menschliche Körper. Nichts ist heiliger. Man berührt den Himmel, wenn man einen Menschenleib betastet.

~ Novalis: Fragmente II - Kapitel 7

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#59 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Novas » Di 17. Okt 2017, 16:23

„Die Wirklichkeit des Göttlichen ist für mich unleugbar, aber sie ist auch schwer zu definieren und zu benennen. Für mich gibt es in der Natur, im Kosmos eine göttliche, geheiligte Dimension.“

~ Ernst Jünger

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Ernst Jünger wurde gegen Ende seines Lebens katholischer Christ (im September 1996), was erst nach seinem Begräbnis bekannt wurde. Er gehört damit zur ersten Garde der großen christlichen Schriftsteller. Seine Konversion zur katholischen Kirche wurde von der katholischen Publizistik weithin mit Schweigen übergangen. Warum? Vielleicht weil die Gedanken dieses großen Dichters geistiger Sprengstoff der besten Sorte sind. Außerdem finden sich in seinem Werk einige Aussagen, die nicht rechtgläubig im katholischen Sinne sind, aber das gilt für jeden großen Dichter.

Letztlich wurde Jüngers Haltung zu Konfession und Kirche durch seine Auffassung vom Anarchen bestimmt, die auf unbedingte innere Freiheit abzielt. Der Anarch bestimmt, „was als Sakrament zu gelten hat, und das Ritual, in dem es vollzogen wird“. Der Anarch nimmt an kultischen Handlungen teil, „falls es ihm beliebt“. Für ihn kann es sinnvoll sein, daß er sich „einem der Kulte anschließt und ihn ernst nimmt – bestimmte Regeln und Riten zu befolgen, bringt inneren und äußeren Gewinn“ (so 1984 in „Autor und Autorschaft“)[...]Auch in dem noch nach der Konversion veröffentlichten letzten Tagebuch („Siebzig verweht V“, Erstausgabe 1997) können Jünger-Kenner altvertraute häretische Formulierungen finden. Man geht daher nicht fehl, wenn man annimmt, daß Jünger als Katholik mit einer reservatio mentalis gesprochen hat. Auch nach dem Übertritt zur katholischen Kirche blieb Jünger ein Anarch. Der Eindruck ist sicher nicht falsch, daß auch dieser große Autor, der als Soldat und Schriftsteller zahlreiche Kämpfe bestanden hatte und „nach dem Tod noch viele andere Abenteuer“ erwartete, „wie ein Wiking“ zur letzten irdischen Ruhestätte fuhr. Gläubige Christen dürfen hoffen, daß für den Gottsucher Ernst Jünger die Verheißung Jesu Christi gilt: „Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen“ (Joh. 14,2).
Neue-Ordnung.de



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#60 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Novas » Mi 18. Okt 2017, 18:25



Das Kreuz auf Golgotha ist die größte Tat und Tatsache der Weltgeschichte.

~ Novalis (1772 - 1801), eigentlich Georg Philipp Friedrich Leopold Freiherr von Hardenberg, deutscher Lyriker

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Der Aufstieg der Himmelsleiter ist eines der bekanntesten Symbole für den spirituellen Weg. Der „schmale Pfad“ ist - ob das Ego des Menschen das nun hören will oder nicht - der Weg und die Weisheit des Kreuzes, also die Hingabe des eigenen Selbst: Geht ein durch die enge Pforte; denn weit ist die Pforte und breit der Weg, der zum Verderben führt, und viele sind, die auf ihm hineingehen. Denn eng ist die Pforte und schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind, die ihn finden (Mt. 7:13-14). Johannes von Climacus erhielt den Beinamen „Climacus“, abgeleitet vom griechischen Wort klimax (die Leiter), aufgrund seines Hauptwerkes „Paradiesesleiter“ oder „Leiter des göttlichen Aufstiegs und geistiger Vervollkommnung“. Darin beschreibt er die verschiedenen Stufen des spirituellen Weges, die in eine immer tiefere Gemeinschaft mit Gott führen. Das beinhaltet den geistlichen Kampf, wie auf den Ikonen dargestellt ist: Dämonen versuchen die aufsteigenden Seelen von der Leiter herunter zu werfen in den Abgrund, aber wer guten Willens ist, dem werden Christus, sein heiliger Geist und die Engel des Herrn zur Seite stehen, sowie das gesamte Heerlager der Heiligen in dieser und der spirituellen Welt.

Zu beachten ist bei der Lektüre, dass die „Leiter“ des Johannes Climacus ursprünglich für die Unterrichtung von Mönchen geschrieben wurde, weshalb die Gedanken erst mal in die heutige Zeit übersetzt werden müssen. Vereinfacht können wir den mystischen Weg beschreiben mit dem Drei-Stufen-Modell des Dionysios Areopagita: als Reinigung (purgatio), Erleuchtung (illuminatio) und Einung (unio). Mehr Informationen findet ihr hier wegkreuz.de: Geistlicher Impuls
Johannes Klimakos – Stufenleiter zu Gott


Den Beinamen „Klimakos“ verdankt der Mönch der eingangs erwähnten Schrift, die er mit „Die Leiter“ (altgriechisch: klimax) überschreibt. Darin fasst er seine Erfahrungen auf dem eigenen geistlichen Weg in eine Anleitung, wie der Mensch zu Gott aufsteigen kann. Er verwendet dabei das biblische Bild der Leiter,die Jakob in seinem Traum sieht (Gen 28,11). Johannes Klimakos übernimmt die Grundaussage, dass die Leiter Erde und Himmel verbindet und somit einen Zugang zu Gott ermöglicht. Während jedoch bei Jakobs Traum die Aktivität bei den Engeln liegt, dieauf der Leiter auf‐ und niedersteigen, ermutigt Johannes Klimakos seine Leser, die Himmelsleiter selbst zu betreten. Gleich zu Beginn seiner Schrift fasst Johannes Klimakos Ziel und Weg des Aufstiegs in zwei Sätzen zusammen: „Ich sage: Tut alles Gute, was euch zu tun möglich ist. Tut ihr das, so seid ihr nicht mehr fern vom Himmelreiche“. Das Ziel ist die Begegnung mit Gott. Der Weg dahin besteht vor allem im Einüben der Tugenden und dem damit verbundenen Kampf gegen die verschiedenen Anfechtungen, die Johannes Klimakos beschreibt. Es würde den Rahmen dieser kurzen Betrachtung sprengen, wenn wir alle 30 Stufen beschreiben wollten, die Johannes Klimakos erwähnt. Deswegen beschränken wir uns auf einige Aussagen und verweisen jene, die mehr wissen möchten, auf das Buch von Wunibald Müller „Dreißig Stufen zum Paradies“, erschienen im Echter‐Verlag 2010. Am Anfang steht bei Johannes Klimakos die „Sehnsucht nach Gott“, die größer und mächtiger ist als alles, was der Mensch bisher erstrebte. Dem Wunsch, „das Angesicht Gottes“ zu erblicken, wird alles andere untergeordnet. Ihm folgt die „Widmung des Menschen an den Himmel“, die neue Prioritäten setzt und das Leben oftmals auf den Kopf stellt. In dieser Anfangsphase spürt der Gottsucher den starken Drang, sich von allem Bisherigen abzuwenden und sich zurückzuziehen.

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