Die Weisheit orthodoxer Christen

Nichtchristen sind willkommen, wir bitten aber darum, in diesem Forum keine Bibel- und Glaubenskritik zu üben.
Rembremerding
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#261 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Rembremerding » Fr 24. Nov 2017, 06:52

Novalis hat geschrieben:Wir sind alle lernende Menschen unter lernenden Menschen. Recht gebe ich Dir damit, dass die orthodoxe Lehre (die richtige Einstellung und Denkweise) und Orthopraxie (die richtige Lebensweise) immer zusammengehören. Beides zusammen ist nach dem Verständnis der orthodoxen Christen der Pfad zur Erleuchtung und Erlösung.

Zum "nichts denken" in einem anderen Thread gibt es eine eigene christlich-orthodoxe Tradition, die sich Hesychasmus nennt, von gr. Hesychia, Ruhe. Es ist eine "Gedankenstille".
Hier gilt es physische Wahrnehmung völlig einzuschränken, weshalb es ursprünglich eine Übung der Wüstenväter war. Heute wird diese Gedankenstille z.B. beim "Floating" gefördert. Dabei handelt es sich um einen abgeschotteten Wassertank mit Salzwasser, auf dem Personen schweben können.

In der christlichen Tradition soll diese Entspannung und Meditation des Hesychasmus das "Taborlicht" (Mt 17:1-9) schauen. Das Licht wird im Innern tatsächlich wahrgenommen, nicht eingebildet. Diese Methode der Gedankenstille ist ebenso in Elementen in der jüdischen Merkaba-Mystik und im Platonismus anzutreffen. Bei ersterer ist eine bestimmte Körperhaltung einzunehmen, die in der Hl. Schrift in 1Kön 18:42 von Elia beschrieben wird. Die christliche Tradition hat dies übernommen, ebenso das rythmische Ein- und Ausatmen plus dem Ausrufen eines hl. Namens. Hier wird es zum sogenannten "Jesus-Gebet" samt besonderer Körperhaltung.

Die Hesychia-Praxis kennt drei Stufen:
- Reinigung (Demut, Sanftmut, Buße, Wunschüberwindung)
- Erleuchtung ("Taborlicht")
- Vergöttlichung (Hineinnahme des Individuums in die göttliche Beziehung der Dreifaltigkeit)
Nur die erste Stufe kann vom Menschen selbst angefangen werden. Hier wird das Jesusgebet gesprochen, also ein hl. Name Gottes. Das Gebet ist aber keine Visualisierung, es ist frei von Bildern, jedoch soll im Herzen seine Kraft wahrgenommen werden. Es ist eine "Verfrachtung des Denkens ins Herz".

Ähnliches gibt es im Sufismus: Dort nennt man es Dhikr und es werden die 99 Namen Allahs gesprochen, im Osten Mantras.

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Ziska_Deleted

#262 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Ziska_Deleted » Fr 24. Nov 2017, 09:01

Rembremerding hat geschrieben:In der christlichen Tradition soll diese Entspannung und Meditation des Hesychasmus das "Taborlicht" (Mt 17:1-9) schauen. Das Licht wird im Innern tatsächlich wahrgenommen, nicht eingebildet. Diese Methode der Gedankenstille ist ebenso in Elementen in der jüdischen Merkaba-Mystik und im Platonismus anzutreffen. Bei ersterer ist eine bestimmte Körperhaltung einzunehmen, die in der Hl. Schrift in 1Kön 18:42 von Elia beschrieben wird. Die christliche Tradition hat dies übernommen, ebenso das rythmische Ein- und Ausatmen plus dem Ausrufen eines hl. Namens. Hier wird es zum sogenannten "Jesus-Gebet" samt besonderer Körperhaltung.
Hallo!
Auf deine angeführten Hinweise zur Bibel möchte ich eingehen.
Was steht in Matthäus 17:1-9?
1 Sechs Tage später nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes mit und führte sie auf einen hohen Berg,1 wo sie allein waren.
2 Dort, vor ihren Augen, veränderte sich sein Aussehen. Sein Gesicht begann zu leuchten wie die Sonne, und seine Kleidung wurde blendend weiß wie das Licht.
3 Dann erschienen Mose und Elija vor ihnen und fingen an, mit Jesus zu reden.
4 "Herr, wie gut, dass wir hier sind!", rief Petrus da, "wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen: eine für dich, eine für Mose und eine für Elija." 5 Während er noch redete, fiel der Schatten einer lichten Wolke auf sie, und aus der Wolke sagte eine Stimme: "Das ist mein lieber Sohn, an dem ich meine Freude habe. Hört auf ihn!"
6 Diese Stimme versetzte die Jünger in solchen Schrecken, dass sie sich zu Boden warfen, mit dem Gesicht zur Erde.
7 Da trat Jesus zu ihnen, rührte sie an und sagte: "Steht auf! Ihr müsst keine Angst haben."
8 Als sie sich umschauten, sahen sie niemand mehr. Nur Jesus war noch bei ihnen.
9 Während sie den Berg hinabstiegen, sagte Jesus den drei Jüngern mit Nachdruck: "Sprecht mit niemand über das, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist!"
https://www.bibleserver.com/text/Ne%C3% ... %C3%A4us17

Jesus und die Jünger waren auf dem Berg und dort wurde Jesus umgestaltet.
Während dieser Vision sprach auch Jesu Vater vom Himmel aus und bestätigte, dass Jesus sein Sohn ist.
Diese Vision war für Petrus so real, dass er sogar drei Hütten bauen wollte.

Jesus und seine Jünger machten keine Entspannungsübung und als Ergebnis wurden sie dann erleuchtet... :shock:

Der zweite Vers 1. Könige 18:42:
Und als Ahab hinaufzog, um zu essen und zu trinken, ging Elia auf den Gipfel des Karmel und bückte sich zur Erde und hielt sein Haupt zwischen seine Knie
https://www.bibleserver.com/text/LUT/1.K%C3%B6nige18

Wie kommst du darauf, daraus jetzt eine Gebets. bzw. Entspannungshaltung mit rythmischem Ein- und Ausatmen zu machen?
Dann wird alles noch zusammengeführt, um daraus eine unbiblische Meditationsübung herzuleiten
das dann auch noch "Jesus-Gebet" genannt wird? :shock:

Mit Jesus hat das herzlich wenig zu tun!

Nicht überall wo "Jesus" drauf steht, ist auch Jesus drin!

Rembremerding
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#263 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Rembremerding » Fr 24. Nov 2017, 09:07

"Verfrachtung des Denkens ins Herz"

... und das verstehst du nicht, so wird alles unrein. Diese Unreinheit willst du anderen suggerieren. Jedoch: Christen sind erlöst vom Auferstandenen her!
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Hemul
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#264 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Hemul » Fr 24. Nov 2017, 14:29

Rembremerding hat geschrieben:"Verfrachtung des Denkens ins Herz"
... und das verstehst du nicht, so wird alles unrein. Diese Unreinheit willst du anderen suggerieren. Jedoch: Christen sind erlöst vom Auferstandenen her!
Das wollte schon der größte aller Spitzbuben gem. 1.Mose 3:1-5 der Eva suggerieren nämlich, dass man nicht sterben muss, selbst wenn man sich in Gottes Augen verunreinigt:
Die erste Sünde und ihre Folgen
1 Die Schlange war listiger als all die Tiere, die Jahwe, Gott, gemacht hatte. Sie fragte die Frau: "Hat Gott wirklich gesagt, dass ihr von keinem Baum im Garten essen dürft?" 2 "Natürlich essen wir von den Früchten", entgegnete die Frau, 3 "nur von den Früchten des Baumes in der Mitte des Gartens hat Gott gesagt: 'Davon dürft ihr nicht essen – sie nicht einmal berühren – sonst müsst ihr sterben.'" 4 "Sterben?", widersprach die Schlange, "sterben werdet ihr nicht. 5 Aber Gott weiß genau, dass euch die Augen aufgehen, wenn ihr davon esst. Ihr werdet wissen, was Gut und Böse ist, und werdet sein wie Gott."
Einmal gerettet für immer gerettet, was Du uns hier unterjubeln möchtest ist ein sehr gefährliches Lügenmärchen. Was meinst Du wohl warum Jesus in Matthäus 24:11-14, der Apostel Petrus in 1.Petrus 4:17+18 und der Apostel Johannes in Offenbarung 2:10 diesbezgl. folgende unmissverständlichen Worte an wahre Christen richtete:
11 Viele falsche Propheten werden auftreten und viele in die Irre führen. 12 Und weil die Gesetzlosigkeit überhand nehmen wird, wird auch die Liebe bei den meisten erkalten. 13 Wer aber bis zum Ende standhaft bleibt, wird gerettet. 14 Und diese gute Botschaft von der Gottesherrschaft wird in der ganzen Welt gepredigt werden, damit alle Völker sie hören. Dann erst kommt das Ende.
und:
17 Denn in der jetzigen Zeit nimmt das Gericht bei der Familie Gottes seinen Anfang. Wenn aber selbst wir gerichtet werden müssen, was wird dann erst die erwarten, die der guten Botschaft Gottes nicht gehorchen wollten? 18 Denn "wenn schon die Gerechten kaum auf Rettung hoffen dürfen, wo werden sich dann die Gottlosen und Sünder wiederfinden?"
In Offenbarung 2:10 zeigt Jesus genau wie vorher zu Lebzeiten in Matthäus 24:13, (s.o.) dass Christen
unbedingt bis zum Ende im Glauben treu bleiben müssen:
10 Fürchte dich nicht vor dem, was du leiden wirst! Siehe, der Teufel wird einige von euch ins Gefängnis werfen5, damit ihr geprüft werdet, und ihr werdet Bedrängnis haben zehn Tage. Sei treu bis zum Tod! Und ich werde dir den Siegeskranz des Lebens geben.
:wave:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

Novas
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#265 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Novas » Fr 24. Nov 2017, 21:40

Rembremerding hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Wir sind alle lernende Menschen unter lernenden Menschen. Recht gebe ich Dir damit, dass die orthodoxe Lehre (die richtige Einstellung und Denkweise) und Orthopraxie (die richtige Lebensweise) immer zusammengehören. Beides zusammen ist nach dem Verständnis der orthodoxen Christen der Pfad zur Erleuchtung und Erlösung.

Zum "nichts denken" in einem anderen Thread gibt es eine eigene christlich-orthodoxe Tradition, die sich Hesychasmus nennt, von gr. Hesychia, Ruhe. Es ist eine "Gedankenstille".
Hier gilt es physische Wahrnehmung völlig einzuschränken, weshalb es ursprünglich eine Übung der Wüstenväter war. Heute wird diese Gedankenstille z.B. beim "Floating" gefördert. Dabei handelt es sich um einen abgeschotteten Wassertank mit Salzwasser, auf dem Personen schweben können.

In der christlichen Tradition soll diese Entspannung und Meditation des Hesychasmus das "Taborlicht" (Mt 17:1-9) schauen. Das Licht wird im Innern tatsächlich wahrgenommen, nicht eingebildet. Diese Methode der Gedankenstille ist ebenso in Elementen in der jüdischen Merkaba-Mystik und im Platonismus anzutreffen. Bei ersterer ist eine bestimmte Körperhaltung einzunehmen, die in der Hl. Schrift in 1Kön 18:42 von Elia beschrieben wird. Die christliche Tradition hat dies übernommen, ebenso das rythmische Ein- und Ausatmen plus dem Ausrufen eines hl. Namens. Hier wird es zum sogenannten "Jesus-Gebet" samt besonderer Körperhaltung.

Die Hesychia-Praxis kennt drei Stufen:
- Reinigung (Demut, Sanftmut, Buße, Wunschüberwindung)
- Erleuchtung ("Taborlicht")
- Vergöttlichung (Hineinnahme des Individuums in die göttliche Beziehung der Dreifaltigkeit)
Nur die erste Stufe kann vom Menschen selbst angefangen werden. Hier wird das Jesusgebet gesprochen, also ein hl. Name Gottes. Das Gebet ist aber keine Visualisierung, es ist frei von Bildern, jedoch soll im Herzen seine Kraft wahrgenommen werden. Es ist eine "Verfrachtung des Denkens ins Herz".

Ähnliches gibt es im Sufismus: Dort nennt man es Dhikr und es werden die 99 Namen Allahs gesprochen, im Osten Mantras.

Servus :wave:


:thumbup: Damit sei Dir gedankt.



Unter deinem Mitgefühl suchen wir Zuflucht, Theotokos. Übersehe unsere Gebete nicht, sondern erlöse uns von der Gefahr, Du Reine und Gesegnete. ~ Ein Gebet an die Jungfrau Maria aus der orthodoxen Tradition
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Rembremerding hat geschrieben:"Verfrachtung des Denkens ins Herz" ... und das verstehst du nicht, so wird alles unrein. Diese Unreinheit willst du anderen suggerieren. Jedoch: Christen sind erlöst vom Auferstandenen her!

Nur so kann das Christentum verstanden werden. „Würde Gott in Bethlehem auch tausendfach geboren, und nicht einmal in dir selbst, du wärest immerdar verloren!“ (Angelus Silesius) Dionysius Areopagita, Meister Eckhart, Mechthild von Magdeburg, Theresa von Avila, Thérèse von Lisieux, Johannes von Kreuz und Jakob Böhme sprachen alle von der Gottesgeburt im Herzen des Menschen. Ähnlich ist es bei den jüdischen und islamischen Mystikern. Sie alle bezeugen die innere Gegenwart Gottes. „Auch ohne Mittel kann Er kommen in das Herz“ sagte Meister Eckhart.

Ich zitiere aus dem Buch „Islam und Christentum im Dialog“ (von Horst Georg Pöhlmann und Mehdi Razvi):

Pöhlmann: Gott kommt unvermittelt ins Herz. Die mystische Unmittelbarkeit ist in beiden Religionen anzutreffen.

Razvi: Mystik ist eine ganz persönliche, unmittelbare und unvermittelte Gotteserfahrung. Weil sie persönlich ist, ist sie sehr unterschiedlich. Fern von jedem äußerlichen Ritualismus geht es hier um eine individuelle Erfahrung Gottes, die in die Tiefe geht und nicht an der Oberfläche bleibt.

Pöhlmann: Der Mystiker taucht unter in die Tiefe Gottes und er lässt alle Flachheiten hinter sich, die unsere Welt beherrschen.

Razvi: Der Mystiker begibt sich auf einen mystischen Pfad. Dieser Pfad ist voller wunderbarer Erfahrungen, man erlebt Gott sehr fern und doch sehr nahe, physisch nahe. Als ich kürzlich sehr krank war und betete, war plötzlich Einer da, dem ich den Kopf in den Schoß legen konnte, und ich fühlte mich vollkommen geborgen. Mystik ist die höchste Stufe im Islam, wenn das Herz ergriffen wird von Gott. Dabei gibt es im Islam keinen Gegensatz zwischen Herz und Geist des Menschen. Das Herz ist ein geistiges Herz. Der Geist des Menschen ist nicht getrennt vom Herzen, sondern mit ihm identisch. Der Sitz des Verstandes ist nicht im Kopf, sondern im Herzen. Die mystische Gottes-Glut des Gottergriffenen lässt allen Rationalismus hinter sich. Religion ist Herzenssache.

Pöhlmann: Das gilt auch von der christlichen Mystik, etwa des Pietismus. Ich komme aus dem Pietismus und kenne diese spontane, ganz im Herzen verankerte Religiosität.

Razvi: Die Mystik verinnerlicht die Gottesbeziehung. Der mystische Weg ist der Weg nach innen.

Pöhlmann: Stemm Dich nicht gegen eine Tür, die nur nach innen aufgeht!

Razvi: So ist es.

Pöhlmann: Auch andere Wesensmerkmale der Mystik entdecken wir in beiden Religionen wie die Entwerdung. Der christliche Mystiker Heinrich Seuse redet genauso von der mystischen Entwerdung des Menschen, wie die islamischen Sufis Ansari, Ahmad Gazzali und Attar. Der Mensch gibt sich selbst auf, um in Gott unterzugehen wie der Wassertropfen im Meer, ein Vergleich, der nicht nur im Islam und Christentum, sondern in allen Religionen anzutreffen ist. Der Mensch gibt sich selbst auf, um in Gott aufzugehen, wie ein Tropfen im Meer. Es gibt eine mystische Grunderfahrung in allen Religionen.

Razvi: Wir sind in der Tat nur ein Wassertropfen, der im Meer Gottes verschwindet. Es gibt verschiedene Dimensionen im Islam, eine ist die monistische, ähnlich wie im Neuplatonismus. Der Mensch ist eins mit Gott, trennt sich von ihm und wird wieder eins mit Gott. Neben dem Tropfen-Meer-Gleichnis gibt es im Islam noch andere Gleichnisse, wie das Dattel- und Weintraubengleichnis. Solange die Dattel mit dem Baum verbunden ist, bleibt sie heil. Wenn sie herunterfällt vom Baum, stirbt sie. Solange die Weintraube am Weinstock hängt, lebt sie. Wenn sie von ihm abgetrennt wird, stirbt sie.

Pöhlmann: Ein Gleichnis, das auch die Bibel kennt. Jesus sagt: „Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht, denn ohne mich könnt ihr nichts tun“ (Joh. 15,4f.)

Razvi: Rebe und Weinstock sind zwar eins, aber doch nicht dasselbe. Selbst in der höchsten mystischen Stufe bliebt der Mensch ein Anbeter Gottes. Er wird nicht gottgleich. Entwerden heißt: Ich sterbe der Welt und vereine mich wieder mit Gott. Gott und Mensch sind „unvermischt und ungetrennt“ wie es im Konzil von Chalzedon (451) heißt.

Pöhlmann:
Der Mensch wird nicht Gott. Er ist mit Gott eins. Er ist nicht Gott gleich, aber mit Gott eins. So wie Liebende eins sind. Im Neuen Testament lesen wir: „Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm“ (1. Joh. 4,16b) in beiden Religionen treffen wir auf eine Liebesmystik bis zum Ichaustausch zwischen Gott und mir. Der Sufi Ahmad Gazzali schreibt: „Der Geliebte sprach zum Liebenden: komm, werde ich“ Paulus äußert sich im Galaterbrief ganz ähnlich: „Ich lebe, doch nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir“ (Gal 2,20) Der Sufi Rumi schreibt: „In Gottes Gegenwart passen keine zwei Ich. Du sagst Ich und Er sagt Ich“
amazon.de: Islam und Christentum im Dialog

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So schön kann ein Gespräch zwischen Christen und Muslimen hin und her gehen, wenn sie wirklich gemeinsam auf dem Weg sind und einander respektieren. Für alle die meinen, dass ein solcher Dialog nicht möglich ist: doch - und er findet schon lange statt. Wer sich dem verschließt, der verpasst sehr viel. :wave:
Zuletzt geändert von Novas am Fr 24. Nov 2017, 22:29, insgesamt 2-mal geändert.

Catholic
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#266 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Catholic » Fr 24. Nov 2017, 22:15

@ Novalis

Ich habe ein Buch der Hl. Gertrud von Helfta "Geistliche Übungen".
Mehrfach habe ich es lesen wollen,ohne Erfolg.
Vieleicht sollte ich anfangen es nicht mit dem Verstand sondern "nur" aus dem Herzen heraus zu lesen.

Novas
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#267 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Novas » Fr 24. Nov 2017, 22:46

Catholic hat geschrieben:@ Novalis

Ich habe ein Buch der Hl. Gertrud von Helfta "Geistliche Übungen".
Mehrfach habe ich es lesen wollen,ohne Erfolg.
Vieleicht sollte ich anfangen es nicht mit dem Verstand sondern "nur" aus dem Herzen heraus zu lesen.

Ein guter Anfang wäre es dann wohl, wenn Du gar nicht davon ausgehst, dass Du dabei Scheitern oder Erfolg haben kannst, weil es um reine Hingabe geht. Unser Verstand denkt in diesen Kategorien, weil er so konditioniert und erzogen wurde, aber das Herz gibt sich einfach hin :thumbup: alle Mystiker machen diese Erfahrung, dass der Sitz des wahren Verstehens nicht im Kopf, sondern im Herzen ist. Besonders wichtig und effektiv scheint mir darum das sogenannte „Herzensgebet“ der orthodoxen Christen zu sein, beschrieben in dem Buch die „Aufrichtigen Erzählungen eines russischen Pilgers“. Ich habe das Glück, dass ich in der Nähe eines Benediktiner-Klosters lebe und sie haben einen eigenen Buchladen, wo sie sehr viele solche Bücher verkaufen.

Setz dich still und einsam hin, neige den Kopf,
schließe die Augen, atme recht leicht,
blicke mit deiner Phantasie in dein Herz.
Führe den Geist, das heißt das Denken,
aus dem Kopf ins Herz. Beim Atmen sprich
– leise die Lippen bewegend oder nur im Geist:
„Herr Jesus Christus, erbarme Dich meiner.“
Gib dir Mühe, alle fremden Gedanken zu vertreiben.
Sei nur still und habe Geduld,
- und wiederhole diese Betätigung recht häufig.
(Zitat Pilger)

Im Pilgerbuch spiegeln sich tiefe Erfahrungen der östlichen Mystik. Sie reichen zurück bis in die ersten Jahrhunderte nach Christus und umfassen den weiten Raum von Ägypten über Kleinasien bis nach Russland. Der Verfasser des Textes weiß:

"Der Geist, der sich nicht unter den äußeren Dingen zerstreut,
noch - durch die Sinne abgelenkt – in der Welt umher schweift,
kehrt zu sich selbst zurück und steigt durch sich selbst hindurch zu Gott empor." (Zitat Pilger)
katholische-hörfunkarbeit: "Wenn Gott im Herzen geboren wird" Mystische Gedanken zum Weihnachtsfest

Interessant finde ich den Ausdruck „Blicke mit deiner Phantasie in dein Herz“. Das ist eine sehr ungewöhnliche Formulierung. Ich überlasse es jetzt einfach mal deiner Phantasie, was das bedeutet :D

Catholic
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#268 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Catholic » Fr 24. Nov 2017, 23:12

Novalis hat geschrieben:Ich habe das Glück, dass ich in der Nähe eines Benediktiner-Klosters lebe und sie haben einen eigenen Buchladen, wo sie sehr viele solche Bücher verkaufen.

Welches Bnediktinerkloster ist es,wenn ich fragen darf?

Rembremerding
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#269 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Rembremerding » Sa 25. Nov 2017, 08:06

Catholic hat geschrieben:
Ich habe ein Buch der Hl. Gertrud von Helfta "Geistliche Übungen".
Mehrfach habe ich es lesen wollen,ohne Erfolg.
Vieleicht sollte ich anfangen es nicht mit dem Verstand sondern "nur" aus dem Herzen heraus zu lesen.
Oh die Gertrud, ja die ist schwerer Stoff.
Und erst die beiden Mechthilds. :D
Teresa von Avila wirkt da etwas geordneter, aber, Jungs, sind wir doch ehrlich: Die Mädels hüpfen und springen zwischen ihren Gedanken hin und her, kommen oft regelrecht ins Plaudern.
Vielleicht ist die weibliche Mystik für Männerhirne da oft wenig strukturiert, aber um so er-greifender. Zudem ist das Mittelalter und frühe Neuzeit mit ganz anderen Lebensumständen. Etwas moderner und verständlicher sind da Madeleine Delbrêl oder Gertrud von le Fort. Wers schon fast wissenschaftlich will, ist bei Edith von Stein gut aufgehoben.


Für Buben scheinen mir die "Wolke des Nichtwissens" oder die Predigten von Meister Eckhart be-greifender. Auch bei Bruder Laurentius findet man sich eher zurecht.
Dann kann man sich auch an Johannes von Kreuz wagen.


Servus :wave:
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Novas
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#270 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Novas » Sa 25. Nov 2017, 15:12

Catholic hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Ich habe das Glück, dass ich in der Nähe eines Benediktiner-Klosters lebe und sie haben einen eigenen Buchladen, wo sie sehr viele solche Bücher verkaufen.

Welches Bnediktinerkloster ist es,wenn ich fragen darf?

Die Benediktinerabtei Münsterschwarzach

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