Die Entmystifizierung des Satans

Philosophisches zum Nachdenken
JackSparrow
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#41 Re: Die Entmystifizierung des Satans

Beitrag von JackSparrow » Di 6. Mär 2018, 12:23

Novalis hat geschrieben:Ein Satan ist im aufgeklärten Sinne jedes Wesen mit einem satanischen (destruktiven) Verhalten.
Jede Form von Gegner ist ein Satan, selbst wenn es nur jemand mit einer abweichenden Meinung ist. Genau das ist die Bedeutung dieses Wortes und in genau dieser Bedeutung wird das Wort auch in der Bibel verwendet.

Dem David wurde gar der HERR selbst zum Satan:
https://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/b ... r21.html#1.

Im Judentum handelt der Satan im Auftrag Gottes und ist selbst ein Engel.
Das Bild vom geflügelten Engel entstand erst im Mittelalter und ist ganz sicher kein Bestandteil der Tora.


Ruth hat geschrieben:Wir nehmen das Licht nur deshalb wahr, weil es auch Dunkelheit gibt.
Wir nehmen Licht wahr, weil manche Proteine in unserer Netzhaut ihre Konformation ändern, wenn Photonen drauf fallen.

closs
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#42 Re: Die Entmystifizierung des Satans

Beitrag von closs » Di 6. Mär 2018, 13:08

Ruth hat geschrieben:Dieser Text hat mir jetzt den Anstoß gegeben, einen Schritt weiter zu denken
Das freut mich sehr - ist eher die Ausnahme. :D

Ruth hat geschrieben:Meistens gehen wir Menschen ja davon aus, dass sich alles um das Menschsein dreht. Der Mensch ist der Ausgang und Mittelpunkt von allem, was lebt. Wenn ich das aber mal los lasse und den Ausgangspunkt in das geistige Sein verstehe, dann kann ich die Zusammenhänge in den verschiedenen "Welten" viel besser zuordnen.
Genau das - jedoch ist dies sehr schwer zu vermitteln, da das westliche Denken des 21. Jh. extrem individualistisch ist ("ICH entscheide/ICH meine/ICH kann messen/ICH ..."). - Versuche, das Anthropozentrische dieser Denkweise zur Erkenntnis zu bringen, scheitern regelmäßig ...

Novalis hat geschrieben: Eine mögliche Antwort: die Erfahrung des "Bösen" ist notwendig, damit der Mensch eine höhere Stufe der moralischen und spirituellen Evolution erreicht. Der Mensch muss die Dualität der Welt durchschreiten, um das Vollkommene Göttliche jenseits aller Dualität wirklich realisieren zu können. Das entspricht im Grunde dem Verständnis des Judentums, wie es in der Kabbalah gelehrt wird.
Das passt. - Deshalb ist der Satan im jüdischen Kulturkreis anders besetzt: Nicht als aus dem Ruder gelaufener Bedroher Gottes, sondern als notwendiger "Versucher".

Allerdings müsste bei dieser Gelegenheit geklärt werden, was eigentlich "das Böse" ist!!!!

Pluto
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#43 Re: Die Entmystifizierung des Satans

Beitrag von Pluto » Di 6. Mär 2018, 13:16

closs hat geschrieben:
Ruth hat geschrieben:Meistens gehen wir Menschen ja davon aus, dass sich alles um das Menschsein dreht. Der Mensch ist der Ausgang und Mittelpunkt von allem, was lebt. Wenn ich das aber mal los lasse und den Ausgangspunkt in das geistige Sein verstehe, dann kann ich die Zusammenhänge in den verschiedenen "Welten" viel besser zuordnen.
Genau das - jedoch ist dies sehr schwer zu vermitteln, da das westliche Denken des 21. Jh. extrem individualistisch ist ("ICH entscheide/ICH meine/ICH kann messen/ICH ..."). - Versuche, das Anthropozentrische dieser Denkweise zur Erkenntnis zu bringen, scheitern regelmäßig ...
Das ist so offensichtlich anthropozentrisch, das mich dein Kommentar doch sehr wundert. Ist es vielleicht ideologischer Eigensinn, der dich dazu veranlasst, so zu schreiben (Christentum darf nicht anthropozentrisch sein)?

closs hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben: Eine mögliche Antwort: die Erfahrung des "Bösen" ist notwendig, damit der Mensch eine höhere Stufe der moralischen und spirituellen Evolution erreicht. Der Mensch muss die Dualität der Welt durchschreiten, um das Vollkommene Göttliche jenseits aller Dualität wirklich realisieren zu können. Das entspricht im Grunde dem Verständnis des Judentums, wie es in der Kabbalah gelehrt wird.
Das passt.
Das passt gar nicht.
Man erfindet also den Satan, um ihn bei nächstbester Gelegenheit abzufackeln.
Das sind "Strohmann" Argumente.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Ruth
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#44 Re: Die Entmystifizierung des Satans

Beitrag von Ruth » Di 6. Mär 2018, 14:18

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Ruth hat geschrieben:Meistens gehen wir Menschen ja davon aus, dass sich alles um das Menschsein dreht. Der Mensch ist der Ausgang und Mittelpunkt von allem, was lebt. Wenn ich das aber mal los lasse und den Ausgangspunkt in das geistige Sein verstehe, dann kann ich die Zusammenhänge in den verschiedenen "Welten" viel besser zuordnen.
Genau das - jedoch ist dies sehr schwer zu vermitteln, da das westliche Denken des 21. Jh. extrem individualistisch ist ("ICH entscheide/ICH meine/ICH kann messen/ICH ..."). - Versuche, das Anthropozentrische dieser Denkweise zur Erkenntnis zu bringen, scheitern regelmäßig ...
Das ist so offensichtlich anthropozentrisch, das mich dein Kommentar doch sehr wundert. Ist es vielleicht ideologischer Eigensinn, der dich dazu veranlasst, so zu schreiben (Christentum darf nicht anthropozentrisch sein)?


Da der zweite Kommentar von closs ist, weiß ich gerade nicht, wen du eigentlich meinst, von uns beiden. Oder vielleicht beide...?

Ich persönlich ordne mich mit dem, was ich glaube(n darf) nicht (mehr) irgendwelchen Titeln unter, die mich in eine bestimmte Richtung festlegen würden.
Ich habe meine eigenen Erfahrungen und Erkenntnisse und lese oder höre von Erkenntnissen anderer, aus ganz unterschiedlichen Richtungen. Nach dem Motto: "Alles prüfen und das Gute (was ich dafür halte) behalten." Für mich reicht das als Fundament.

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#45 Re: Die Entmystifizierung des Satans

Beitrag von closs » Di 6. Mär 2018, 14:35

Pluto hat geschrieben:Das ist so offensichtlich anthropozentrisch, das mich dein Kommentar doch sehr wundert. Ist es vielleicht ideologischer Eigensinn, der dich dazu veranlasst, so zu schreiben (Christentum darf nicht anthropozentrisch sein)?
Nee - das hat nichts mit Ideologie zu tun, sondern mit Standpunkt ("Ideologie" wäre, wenn man nur seinen eigenen Standpunkt kännte - das ist hier nicht der Fall).

Es ist und bleibt eben ein Unterschied, ob man sagt "Das, was ich wahrnehme, messe, etc. ist das Maß der Dinge" oder ob man sagt "Nein, das ist NICHT das Maß der Dinge, aber ich habe nichts anderes. - Das tatsächliche Maß der Dinge ist das, was IST".

Letzteres ist Grundlage des Christentums - der Mensch hat nur "Con-Scientia", also wörtlich "Mit-Wissen", an dem, was IST - aber er ist nicht Maß. - Christlich ist das Maß "das Sein schlechthin", das man dann "Gott" nennt - ohne es genau zu kennen, also ohne den Maßstabsanspruch.

Das heutige Denken neigt eher dazu, das, was man methodisch erkennen kann, mit "Faktum" gleichzustellen - und "Faktum" kommt ja vom Lateinischen "facere = machen"/"factum = das Gemachte". - Insofern sind "Fakten" heute Menschen-Gemachtes, was sich als Maß versteht - das meine ich mit "anthropozentrisch".

Pluto hat geschrieben:Man erfindet also den Satan, um ihn bei nächstbester Gelegenheit abzufackeln.
Wieso "erfinden"?

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#46 Re: Die Entmystifizierung des Satans

Beitrag von Pluto » Di 6. Mär 2018, 15:58

closs hat geschrieben:Nee - das hat nichts mit Ideologie zu tun, sondern mit Standpunkt ("Ideologie" wäre, wenn man nur seinen eigenen Standpunkt kännte - das ist hier nicht der Fall).
Wenn man stur auf seine Position besteht, obwohl man andere Standpunkte kennt.
In diesem Fall ist der Standpunkt ideologisch, weil du des Öfteren belehrt wurdest, wann "anthropozentrisch" angesagt ist, und wann nicht, doh du bestehst darauf, dass der Begriff nicht zum Christentum passt.
Nimm mal an, Gott sei tatsächlch eine Erfindung des Menschen (es spricht übrigens Vieles dafür), dann wurde der Gott der Bibel NUR zur Glorifizierung des Menschen geschrieben. Dieser Umstand macht die Abrahamitischen zu den anthropozentrischsten aller Religionen.

closs hat geschrieben:Es ist und bleibt eben ein Unterschied, ob man sagt "Das, was ich wahrnehme, messe, etc. ist das Maß der Dinge" oder ob man sagt "Nein, das ist NICHT das Maß der Dinge, aber ich habe nichts anderes.
Lass uns bei den Tatsachen bleiben. Ich habe weder das Eine noch das andere irgendwo gesagt.
Was ich sage ist, dass die Empirie (also die Natur) das Maß aller Dinge ist. Irgend was daran auszusetzen?

closs hat geschrieben:Letzteres ist Grundlage des Christentums - der Mensch hat nur "Con-Scientia", also wörtlich "Mit-Wissen", an dem, was IST - aber er ist nicht Maß. - Christlich ist das Maß "das Sein schlechthin", das man dann "Gott" nennt - ohne es genau zu kennen, also ohne den Maßstabsanspruch.
Das ist nicht der Punkt. Anthropozentrismus ist, wenn der Mensch sich selbst zu Mittelpunkt einer Geschichte erhebt.

closs hat geschrieben:Das heutige Denken neigt eher dazu, das, was man methodisch erkennen kann, mit "Faktum" gleichzustellen - und "Faktum" kommt ja vom Lateinischen "facere = machen"/"factum = das Gemachte". - Insofern sind "Fakten" heute Menschen-Gemachtes, was sich als Maß versteht - das meine ich mit "anthropozentrisch".
Das stimmt so nicht.
Fakten sind das wir als empirische Beobachtungen in der Natur erkennen. Sie sind ganz sicher nicht so wie du es gerne hingetellt hättest, so was wie "Meinungen".

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Man erfindet also den Satan, um ihn bei nächstbester Gelegenheit abzufackeln.
Wieso "erfinden"?
Weil es den Satan, aller Wahrscheinlichkeit nach, nicht gibt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#47 Re: Die Entmystifizierung des Satans

Beitrag von closs » Di 6. Mär 2018, 16:58

Pluto hat geschrieben:In diesem Fall ist der Standpunkt ideologisch, weil du des Öfteren belehrt wurdest, wann "anthropozentrisch" angesagt ist
Das haben wir doch gegenseitig so gemacht. - Allerdings: DEINE Umsetzung des Begriffes verstehe ich ebenfalls. - Mir geht es darum, zwischen "MEINE Wahrnehmung = Mittelpunkt" und "Egal, was ich wahrnehme: Letztlich entscheidet das Sein, das ich Gott nenne" zu unterscheiden.

Pluto hat geschrieben:Nimm mal an, Gott sei tatsächlch eine Erfindung des Menschen (es spricht übrigens Vieles dafür), dann wurde der Gott der Bibel NUR zur Glorifizierung des Menschen geschrieben.
Naja - dann würde man aber das Leid und all die unangenehmen Sachen weglassen und einfach sagen: "I am the greatest".

Pluto hat geschrieben:Das ist nicht der Punkt. Anthropozentrismus ist, wenn der Mensch sich selbst zu Mittelpunkt einer Geschichte erhebt.
Wie würdest Du die menschliche Maßstabslosigkeit des Christentums bezeichnen?

Pluto hat geschrieben:Fakten sind das wir als empirische Beobachtungen in der Natur erkennen.
Zum Teil ist das so (übrigens: Ich bestreite deren Validität gar nicht) - aber es "empirisch" heißt immer "wie WIR es sehen/messen". - Davon abgesehen: Die Naturwissenschaft ist gar nicht so sehr das Problem - das Problem liegt in der Geisteswissenschaft - egal ob in Philosophie oder die Deutung geistiger Texte.

Pluto hat geschrieben: closs hat geschrieben:

Pluto hat geschrieben:
Man erfindet also den Satan, um ihn bei nächstbester Gelegenheit abzufackeln.

Wieso "erfinden"?

Weil es den Satan, aller Wahrscheinlichkeit nach, nicht gibt.
Das Wort "wahrscheinlich" wäre hier ein super Beispiel für Anthropozentrismus: "Wir urteilen nach unserer Methodik 'so', WESHALB es nicht wahrscheinlich ist". - Genau das meine ich mit ANthropozentrismus.

Pluto
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#48 Re: Die Entmystifizierung des Satans

Beitrag von Pluto » Di 6. Mär 2018, 17:08

closs hat geschrieben:Letztlich entscheidet das Sein, das ich Gott nenne" zu unterscheiden.
Welches Sein und welchen Gott?

closs hat geschrieben:Naja - dann würde man aber das Leid und all die unangenehmen Sachen weglassen und einfach sagen: "I am the greatest".
Nein.
Dann würde man das Leid ertragen, und einfach sagen: "Such is life".

closs hat geschrieben:Wie würdest Du die menschliche Maßstabslosigkeit des Christentums bezeichnen?
Ich erkenne keine Maßstabslosikeit im Christentum. Es ist eine anthropozentrische Religion.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Fakten sind das was wir als empirische Beobachtungen in der Natur erkennen.
Zum Teil ist das so (übrigens: Ich bestreite deren Validität gar nicht)
Na also! Nur... warum "zum Teil"? Warum gilt das nicht universell?

closs hat geschrieben: - aber es "empirisch" heißt immer "wie WIR es sehen/messen".
Nein. Empirie ist die Grundlage unseres Wissens. Sie ist das Maß an der die Welt gemessen wird (Knallharten Fakten, ohne Fantasie).

closs hat geschrieben:das Problem liegt in der Geisteswissenschaft - egal ob in Philosophie oder die Deutung geistiger Texte.
Sehe ich genauso.
Ich kann dir die Theoreme des Thomas Bayes wärmstens empfehlen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Weil es den Satan, aller Wahrscheinlichkeit nach, nicht gibt.
Das Wort "wahrscheinlich" wäre hier ein super Beispiel für Anthropozentrismus: "Wir urteilen nach unserer Methodik 'so', WESHALB es nicht wahrscheinlich ist".
Ganz und gar nicht! Wir folgen der Methode des Thomas Bayes, dessen Theoreme sich millionenfach bewährt haben. Warum lehnst du ihn denn ab?

Welche handfesten Hinweise für die Existenz Satans kannst du vorlegen die die bayessche Wahrscheinlichkeit merklich zu deinen Gunsten beeinflussen könnte?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#49 Re: Die Entmystifizierung des Satans

Beitrag von Agent Scullie » Di 6. Mär 2018, 17:25

closs hat geschrieben:Es ist und bleibt eben ein Unterschied, ob man sagt "Das, was ich wahrnehme, messe, etc. ist das Maß der Dinge" oder ob man sagt "Nein, das ist NICHT das Maß der Dinge, aber ich habe nichts anderes. - Das tatsächliche Maß der Dinge ist das, was IST".

Letzteres ist Grundlage des Christentums - der Mensch hat nur "Con-Scientia", also wörtlich "Mit-Wissen", an dem, was IST - aber er ist nicht Maß. - Christlich ist das Maß "das Sein schlechthin", das man dann "Gott" nennt - ohne es genau zu kennen, also ohne den Maßstabsanspruch.
Diese Behauptung ist falsch. Wäre es so, dass die christliche Lehre einfach aussagen würde, dass irgendetwas ist, ohne dieses näher zu umschreiben, und dieses etwas dann Gott nennen, dann könnte deine Behauptung stimmen. Die christliche Lehre sagt aber etwas ganz anderes aus. Ein Grundpfeiler des Christentums ist der (Mono-)Theismus, der besagt, dass es zum einen die physische Welt gibt, die irgendwann erschaffen wurde, und deren personalen Schöpfer, Gott genannt, der außerhalb der physischen Welt steht und allmächtig ist, oder zumindest mächtig genug, um die Welt erschaffen zu können. Weiterhin besagt der Theismus - anders als etwa der Deismus - dass dieser Schöpfer immer wieder in die Welt eingreift und sich darum kümmert, was intelligente Lebewesen in der Welt, wie z.B. Menschen, so treiben.

Aufbauend auf dem Theismus macht die christliche Lehre weitere Aussagen, so z.B., dass die Juden bis vor 2000 Jahren das von Gott auserwählte Volk waren, dass Gott einen Sohn hat, der vor etwa 2000 Jahren von einer jüdischen Frau namens Maria in Menschengestalt geboren wurde, oder dass Gott will, dass alle Menschen diesem Sohn - sein Name lautet Jesus - nachfolgen.

Christlich ist das Maß also keineswegs das "Sein schlechthin", sondern die von Jesus verkündete Lehre und die heiligen Schriften des Judentums, auf die sich seine Lehre z.T. gründet.

Weiterhin ist festzustellen, dass die Gottesvorstellung des Theismus anthropomorph ist: Gott wird so umschrieben, dass ihm ausgesprochen menschliche Eigenschaften zugesprochen werden, so z.B. dass er eine Person ist und auf eine dem Menschen sehr ähnliche Weise denkt.

closs hat geschrieben:Das heutige Denken neigt eher dazu, das, was man methodisch erkennen kann, mit "Faktum" gleichzustellen - und "Faktum" kommt ja vom Lateinischen "facere = machen"/"factum = das Gemachte". - Insofern sind "Fakten" heute Menschen-Gemachtes, was sich als Maß versteht - das meine ich mit "anthropozentrisch".
Das christliche Denken neigt demgegenüber dazu, das, was aus der Lehre Jesu hervorgeht, mit Faktum gleichzustellen. Das ist noch weitaus anthropozentrischer.

Jetzt kann man natürlich den schweren logischen Fehler machen, die Lehre Jesu als Prämisse zu nehmen und zu unterstellen, Jesus sei tatsächlich der Sohn Gottes und die Lehre Jesus komme somit vom Sohn Gottes, und sei somit nicht menschengemacht. Dann kann man aber ebensogut zur Prämisse erheben, dass das, was methodisch erkannt werden kann (wie du es ausdrückst), tatsächlich die Realität sei und somit nicht menschengemacht. Offenkundig machst du zwei Fehler: du erhebst das eine zur Prämisse und leugnest dabei, dies zu tun, und ignorierst zum zweiten, dass das andere ebensogut zur Prämisse erhoben werden könnte. Du misst somit mit zweierlei Maß.
"Atheisten langweilen mich, weil sie immer nur von Gott reden"
(aus "Ansichten eines Clowns" von Heinrich Böll)

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#50 Re: Die Entmystifizierung des Satans

Beitrag von closs » Di 6. Mär 2018, 19:14

Pluto hat geschrieben:Welches Sein und welchen Gott?
Definiere "Sein" als "das, was ist" - egal, ob wir es wahrnehmen oder nicht, und nenne es synonym "Gott".

Pluto hat geschrieben:Ich erkenne keine Maßstabslosikeit im Christentum. Es ist eine anthropozentrische Religion.
Das ist das Sprachproblem: Der eine nennt es "anthropozentrisch", wenn es nicht methodisches Ergebnis ist - der andere nennt es "anthropozentrisch", wenn man die Wahrnehmung/Methodiken des Menschen zum Maßstab dafür nimmt, was "sein" kann.

Pluto hat geschrieben:Warum gilt das nicht universell?
Weil man nie weiß, ob methodische Ergebnisse universell gelten - ich sage nicht, dass es nicht universell gelten kann, sondern dass wir es nicht wissen. - Dazu kommt: Unter "universell" versteht man christlicherseits alles incl. Gott - naturalistisch versteht man damit nur unser physikalisches Universum.

Pluto hat geschrieben: Empirie ist die Grundlage unseres Wissens.
Richtig - aber nur deshalb, weil "Wissen" als methodische Größe verstanden wird.

Pluto hat geschrieben:Ich kann dir die Theoreme des Thomas Bayes wärmstens empfehlen.
Ich kenne ihn nicht gut genug, um zu wissen, WORAN er Wahrscheinlichkeit festmacht: "Wahrscheinlich" in Bezug auf was?

Pluto hat geschrieben: Wir folgen der Methode des Thomas Bayes, dessen Theoreme sich millionenfach bewährt haben. Warum lehnst du ihn denn ab?
Dazu müsste ich sie studiert haben - habe ich aber nicht. - Bis dahin nehme ich an, dass er recht hat - aber in welchem Koordinatensystem? - Die Antwort auf diese Frage ist bereits die Lösung.

Agent Scullie hat geschrieben:. Die christliche Lehre sagt aber etwas ganz anderes aus. Ein Grundpfeiler des Christentums ist der (Mono-)Theismus, der besagt, dass es zum einen die physische Welt gibt, die irgendwann erschaffen wurde, und deren personalen Schöpfer, Gott genannt, der außerhalb der physischen Welt steht und allmächtig ist, oder zumindest mächtig genug, um die Welt erschaffen zu können. Weiterhin besagt der Theismus - anders als etwa der Deismus - dass dieser Schöpfer immer wieder in die Welt eingreift und sich darum kümmert, was intelligente Lebewesen in der Welt, wie z.B. Menschen, so treiben.
Das stimmt natürlich - aber niemand würde solche Vorstellungen ("Was bedeutet es, wenn Gott so ist, wie ich es erschließe?") zum Maßstab für Gott machen - es sind Versuche zum eigenen Verständnis, aber nicht mit dem Ziel, das Nicht-Erkennbare Gottes anthropozentrisch zu übertölpeln.

Dazu kommt: "Monotheismus" kann man ziemlich gut logisch und dlalektisch begründen. - Anders gesagt: Wenn "Gott" definiert wäre als das, was "das konkurrenzlose Höchste" ist, verbinden sich mit ihm Eigenschaften, die zwingend auf Monotheismus hinweisen. - Aber gut: Auch Logik kann menschengefärbt sein.

Agent Scullie hat geschrieben:Das christliche Denken neigt demgegenüber dazu, das, was aus der Lehre Jesu hervorgeht, mit Faktum gleichzustellen. Das ist noch weitaus anthropozentrischer.
Moment: Da ist aber ein Glaubensvorbehalt davor: "WENN mein Glaube richtig ist, dann ...". - Allein dieser Vorbehalt ("Ich behaupte nicht, zu wissen") de-anthropozentriert die Sache von vorneherein - vergleiche es mit dem Naturalismus, der NICHT sagt "Falls die physikalische Welt Entität und nicht nur meine Vorstellung ist, dann gilt ...", sondern eher irritiert fragt: "Wie? Wir brauchen doch keinen Glaubensentscheid vorab - wir sind doch objektiv". - Was ist hier anthropozentrischer?

Agent Scullie hat geschrieben:Offenkundig machst du zwei Fehler: du erhebst das eine zur Prämisse und leugnest dabei, dies zu tun, und ignorierst zum zweiten, dass das andere ebensogut zur Prämisse erhoben werden könnte. Du misst somit mit zweierlei Maß.
Möglicherweise irrst Du Dich: Der entscheidende Unterschied ist die Bekenntnis zum Glaubensvorbehalt:

"Ich weiß, dass ich/meine Wissenschaft nicht das Maß ist - deshalb ist es GLaubens-Sache, MEINEN Weg als den richtigen zu setzen". - Würde JEDER sich zu seinem Glaubensentscheid bekennen, würde meinerseits diese Diskussion sofort abgeschlossen werden können - denn dann würde jeder wissen, dass er und sein Weg NICHT maßstabsgebend sind, sondern ein "Modell"/eine "Hermeneutik"/ein Versuch sind.

Man KANN natürlich den Glaubensentscheid haben, dass Gott Teil des physikalischen Universums sein muss und deshalb prinzipiell kritisch-rational belegbar sein kann - aber es ist ein Glaubensentscheid und man sollte es erkennen - allein das entkräftet den Vorwurf des Anthropozentrismus vollumfänglich.

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