Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Philosophisches zum Nachdenken
Novas
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#1 Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Beitrag von Novas » Do 29. Jun 2017, 21:14

Wir leben in einer sehr materialistischen Zeit, in der manche Atheisten die Auffassung vertreten, dass Religion schädlich ist oder sie sehen in ihr gar einen geistigen Virus und Gotteswahn, von der die Welt regelrecht gereinigt werden müsse, damit die Menschen wahrhaft mündige und freie Wesen sein können (wie kommt es eigentlich, dass sie Religion unablässig kritisieren, während sie die Probleme und Ungerechtigkeiten kaum oder gar nicht erwähnen, die durch Materialismus, Militarismus und Kapitalismus verursacht werden, obwohl sie sehr viel größer und desaströser sind? In ihrer prophetischen Erscheinungsform kritisierte die Religion schon immer soziale Ungerechtigkeit, wie beispielsweise die Befreiungstheologie ;) ). In seinem gleichnamigen Buch sagt Richard Dawkins:

„Ich greife nicht eine bestimmte Version von Gott oder Göttern an. Ich wende mich gegen Gott, alle Götter, alles Übernatürliche, ganz gleich, wo und wann es erfunden wurde oder noch erfunden wird.“
Mit seinem Buch "Der Gotteswahn" (2006) sowie kritischen Beiträgen zu Religion und Kreationismus wurde er einer breiten Öffentlichkeit bekannt und zum wohl bekanntesten und umstrittensten Evolutionsbiologen der Welt. Über Religion sagt er:

"Religion ist zweifellos eine spaltende Kraft, ein Etikett für Feindseligkeiten und Blutrache zwischen verschiedenen Gruppen[...]"

Die „Philosophie“ der Neuen Atheisten, die sich in einer Art imaginären Kreuzzug gegen die Religion befinden, der im Grunde nur ein Kampf gegen ihren eigenen Schatten ist, gegen all das, was sie in ihrer eigenen Weltanschauung verdrängen und verleugnen, kann man im Grunde folgendermaßen auf den Punkt bringen: „Gott ist an allem Schuld“. Das hat der Spiegel treffend erkannt:

Bild

Es stimmt zwar, dass Religion, Spiritualität und Heilige Schriften immer wieder im Laufe der Geschichte missbraucht wurden, aber der wahre Sinn von Religion war immer die geistig-spirituelle Evolution und Entwicklung der ganzen Menschheit voran zu treiben. Die großen spirituellen Lehrer und Propheten, Weisen und Heiligen waren stets Lichtgestalten, welche die ganze Welt inspirierten. Ich kann sehr gut verstehen, dass manche Menschen aufgrund des Missbrauchs von Religion zu dem Eindruck gelangen, dass Religion oder der Glaube an Gott irgendwie gefährlich oder schuldig zu sprechen ist. Denn, so könnte argumentiert werden, wenn es keine Religion mehr gibt, dann kann sie auch nicht mehr missbraucht werden. Doch das ist kein sonderlich haltbares Argument, denn ebenso könnte argumentiert werden, dass die freie Wissenschaft verboten werden müsse, da sie zur Erfindung der Atombombe führte. Seit es Religion und Wissenschaft gibt, haben sie sehr viel Gutes gebracht, aber sie wurden beide missbraucht.

Man könnte fragen, inwiefern kann denn Wissenschaft ein ethisches Problem sein? Wir wissen doch alle, daß Wissenschaft wertfrei ist, daß sie wertneutral ist, wie man auch sagt. Zwei mal zwei ist vier, und das hat nichts mit Ethik zu tun. Der gute Mensch und der böse Mensch müssen es in gleichem Maße zugeben, wenn sie es nur verstehen. Wenn ich nun daneben in einer sehr einfachen Formel alles zusammenfassen will, was im Grunde zum Problem der Ethik der Wissenschaft gesagt werden kann, so kann ich an eine Formel erinnern, die so alt ist wie die abendländische Wissenschaft selbst. Eine der frühesten Wissenschaften, die es in Europa gegeben hat, war die griechische Medizin. Hypokrates etwa ist der große Name, und man führt auf Hypokrates und seine Schule den Eid der Mediziner zurück, in dem sie schwören müssen, die Macht, die ihr Wissen ihnen in die Hand gibt, nur zu benützen, um Leben zu retten und zu fördern, und nicht, um Leben zu vernichten und zu verletzen. Hierin ist im Grunde das ganze Problem schon gefasst.

~ Professor Dr. Carl Friedrich Freiherr von Weizsäcker
Quelle: Physikalische Blätter, 1968/Heft 10

Zwei weitere passende Zitate von Oppenheimer und Einstein.

Ein besonders gravierendes Beispiel für die Auswirkungen physikalischer Forschung ist die Kernphysik: Die 1938 entdeckte Kernspaltung kann einerseits genutzt werden, um Energie zu erzeugen oder Schiffe anzutreiben. Andererseits ermöglichte es die Nutzung der Kernenergie, Waffen zu produzieren, mit denen sich die Menschheit selbst vernichten kann. Der „Vater der amerikanischen Atombombe“, JULIUS ROBERT OPPENHEIMER, meinte dazu nach dem Abwurf der ersten Atombomben 1945:

„In einem elementaren Sinne haben die Physiker die Sünde kennengelernt, und das ist ein Wissen, das sie niemals mehr verlieren können“.

Und ALBERT EINSTEIN (Bild 1), der mit der 1905 (also weit vor der Entdeckung der Kernspaltung) von ihm entdeckten Masse-Energie-Äquivalenz wichtige physikalische Grundlagen fand, der ein überzeugter Pazifist war und der trotzdem durch Briefe an den amerikanischen Präsidenten ROOSEVELT einen wichtigen Anstoß zum Bau von Kernwaffen gab, erklärte später:

„Ich war mir der fundamentalen Gefahr wohl bewußt, welche das Gelingen dieses Unternehmens (Bau von Kernwaffen - der Verfasser) für die Menschheit bedeutete. Aber die Wahrscheinlichkeit, daß die Deutschen an demselben Problem mit Aussicht auf Erfolg arbeiten dürften, hat mich zu diesem Schritt gezwungen. Es blieb mir nichts anderes übrig, obwohl ich stets ein überzeugter Pazifist gewesen bin.“
https://www.lernhelfer.de/schuelerlexik ... schaftlers

Allein dieses Beispiel zeigt, wie kompliziert und widersprüchlich die Frage der Verantwortung eines Wissenschaftlers ist. Die wissenschaftliche Methode hat aus sich selbst heraus keinen ethischen Maßstab, aber die Religion kann ihn geben. Welchen Beweis gibt es dafür, dass eine Welt ohne Religion wirklich eine bessere Welt ist? Da in der gesamten Menschheitsgeschichte Religion eine wichtige Rolle spielte, gibt es keinen Vergleichsmaßstab, um soetwas mit Gewissheit zu sagen. Das ist lediglich das Glaubenskonstrukt der Neuen Atheisten. Gerade in unsrer Zeit, in der aufgrund des wissenschaftlichen Fortschritts immer ausgefeiltere Waffensysteme entwickelt werden, braucht es für das Gleichgewicht der Mächte Religion, welche die Manifestation des ethischen Gewissens der Menschheit repräsentiert.

Heiligt der Zweck die Mittel? Für John von Neumann (1903-1957) gab es diesbezüglich keine Zweifel. Hinter der Fassade des Gutmenschen verbarg der aus Ungarn stammende geniale Mathematiker ein zynisches und pessimistisches Menschenbild. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs berechnete er die optimale Flugbahn, damit die Atombombe über Nagasaki möglichst großen Schaden anrichtete. Dass dabei in der japanischen Stadt über 70 000 Zivilisten starben, rief bei ihm keinerlei Reue hervor. Als Robert Oppenheimer, der Vater der Atombombe, ihm nach dem Krieg zu bedenken gab, dass „die Physiker eine Sünde begangen haben, indem sie diese Massenvernichtungswaffe schufen“, antwortete er: „Manchmal beichtet man eine Sünde, um sich des Verdiensts zu brüsten.“ Von Neumann wurde jedenfalls von keinen ethischen oder Gewissensfragen gequält. Er setzte den einmal eingeschlagenen Weg fort und arbeitete an der Entwicklung der Wasserstoffbombe mit, in der Oppenheimer eine „Waffe des Völkermords“ sah.
arte.tv: Wissenschaft und Krieg: Wo bleibt die Ethik?


Darin erkenne ich die Notwendigkeit der Einheit von Wissenschaft und Religion. Einerseits muss die Religion mit Wissenschaft und Vernunft im Einklang gebracht werden, andererseits muss aber auch die Wissenschaft mit dem durch die Religionen vermittelten Weltethos, den höheren spirituellen und moralischen Werten in Einklang gebracht werden, sodass sie dem Wohl der Menschen dient. Denn ...

... Bildung ohne Werte, so nützlich sie ist, scheint den Menschen mehr zu einem schlauen Teufel zu machen.
~ C.S. Lewis

Religion ohne Wissenschaft führt zu Aberglaube und Wissenschaft ohne Religion und Spiritualität führt in den Materialismus und Nihilismus. Beides lehne ich ab. Viele Atheisten behaupten, dass eine Welt ohne Religion erstrebenswert ist, weil sie von dem Dogma ausgehen, dass diese grundsätzlich schädlich ist, weshalb sie den Sinn, Wert und Ansehen von Religion und Spiritualität in der öffentlichen Meinung so weit verringern wollen, wie es möglich ist, doch wäre ein Welt ohne Hoffnung, Glaube, Vertrauen in Gott und irgendeine Form von göttlicher/spiritueller Führung, Inspiration, religiösen Gefühlen und einer sinngebenden Erzählung (Mythos), welche das menschliche Leben mit dem kosmischen Ganzen verbindet und uns die Dimension des Heiligen und Göttlichen erschließt, wirklich erstrebenswert? Ich denke, dass der Film "The Book of Eli" sehr gut zeigt, wie düster und grausam eine solche Welt aussehen könnte, in der nur noch im sozialdarwinistischen Sinne das „Recht des Stärkeren“ gilt.




Ich denke, dass Glaube, Hoffnung und Liebe die beste Grundlage für ein glückliches und sinnerfülltes Leben sind. Menschen sind nicht nur materielle Wesen, sie sind darüber hinaus auch spirituelle Wesen. Sie haben materielle und spirituelle Bedürfnisse. Religion kann zwar missbraucht werden, aber die Vorteile überwiegen: denn sie gibt unsrer Welt ein menschliches Antlitz, erleuchtet die Seelen und öffnet die Herzen für die Erfahrung von Transzendenz. Sie lässt uns die Welt als göttliche Schöpfung erkennen und motiviert Menschen dazu als „Hüter Seiner Schöpfung“ fürsorglich und achtsam mit ihr umzugehen.

Mimi
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#2 Re: Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Beitrag von Mimi » Do 29. Jun 2017, 22:47

Novalis hat geschrieben: Es stimmt zwar, dass Religion, Spiritualität und Heilige Schriften immer wieder im Laufe der Geschichte missbraucht wurden, aber der wahre Sinn von Religion war immer die geistig-spirituelle Evolution und Entwicklung der ganzen Menschheit voran zu treiben.
….Doch das ist kein sonderlich haltbares Argument, denn …..
Es gibt wenig, was nicht schon in irgend einer Art missbraucht wurde/werden kann – im Grunde fällt mir grad‘ wenig bis gar nichts ein. Es erscheint mir manchmal, als sei dies die „irdische Identitätskarte“.
Es ist wirklich interessant, was alles nicht- oder kaum kritisiert wird.
Zu Deiner Fragestellung:
Wäre für mich das echte "Nichts". Möchte … ich mir persönlich nicht so gerne vorstellen, denn!! mir reicht das vorherrschende Chaos bereits zur Genüge.
Glaube, Hoffnung und Liebe sind meine Lebensquellen, die mich und viele andere das
überhaupt aushalten lassen und auch mitten im „Sumpf“ für eine gewisse Lebensfreude
und auch Gelassenheit sorgen.
"Jedes menschliche Wunschbild,
das in die christliche Gemeinschaft mit eingebracht wird,
hindert die echte Gemeinschaft und muss zerbrochen werden,
damit die echte Gemeinschaft leben kann."
Dietrich Bonhoeffer

Pluto
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#3 Re: Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Beitrag von Pluto » Fr 30. Jun 2017, 10:28

Novalis hat geschrieben:Die „Philosophie“ der Neuen Atheisten, die sich in einer Art imaginären Kreuzzug gegen die Religion befinden, der im Grunde nur ein Kampf gegen ihren eigenen Schatten ist, gegen all das, was sie in ihrer eigenen Weltanschauung verdrängen und verleugnen, kann man im Grunde folgendermaßen auf den Punkt bringen: „Gott ist an allem Schuld“.
Was spricht denn konkret gegen diese Schlussfolgerung?

Novalis hat geschrieben: Menschen sind nicht nur materielle Wesen, sie sind darüber hinaus auch spirituelle Wesen.
Was zu beweisen wäre.
Die Neurwissenschaft geht aufgrund vielfältiger Untersuchungen davon aus, dass Menschen materielle Wesen sind, und der Geist daraus entsteht.

Was gibt es für konkrete und haltbare Argumente, dass der Mensch mehr ist?

Novalis hat geschrieben:Sie haben materielle und spirituelle Bedürfnisse.
Natürlich. Aber könnten die spirituellen Bedürfnisse sich nicht letztlich auf materielle Ursachen zurückführen lassen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#4 Re: Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Beitrag von closs » Fr 30. Jun 2017, 12:04

Pluto hat geschrieben:. Aber könnten die spirituellen Bedürfnisse sich nicht letztlich auf materielle Ursachen zurückführen lassen?
Bei einem Credo "Gott = Materie" wäre das plausibel. - Aber es ist ebensowenig falsifizierbar wie die Aussage "Gott ist eine meta-naturalistische Entität". - Beides sind Credos.

Novas
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#5 Re: Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Beitrag von Novas » Fr 30. Jun 2017, 14:28

Pluto hat geschrieben:Die Neurwissenschaft geht aufgrund vielfältiger Untersuchungen davon aus, dass Menschen materielle Wesen sind, und der Geist daraus entsteht. Was gibt es für konkrete und haltbare Argumente, dass der Mensch mehr ist?

Unsere wahre Identität ist unsre vernunftbegabten Seele. So wie der Körper materielle Bedürfnisse besitzt, besitzt die Seele spirituelle Bedürfnisse. Wenn diese Bedürfnisse ignoriert werden, wird das menschliche Wesen krank. Das weiß ich durch Beobachtung und eigene Erfahrung. Die spirituellen Wege aller Religionen empfehlen uns darum Gebet und Meditation zu einem zentralen Bestandteil unsres Lebens zu machen.
Ich weiß gar nicht, wie Menschen ohne diese Dinge leben können, denn sie helfen uns dabei tiefer und verfeinert mit dem Weltganzen und unsrer eigenen Existenz in Kontakt zu treten. Ohne Musik ist das Leben ein Irrtum, sagte Nietzsche. Was ist Spiritualität, wenn nicht die innere Musik der menschlichen Seele?

Pluto hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Die „Philosophie“ der Neuen Atheisten, die sich in einer Art imaginären Kreuzzug gegen die Religion befinden, der im Grunde nur ein Kampf gegen ihren eigenen Schatten ist, gegen all das, was sie in ihrer eigenen Weltanschauung verdrängen und verleugnen, kann man im Grunde folgendermaßen auf den Punkt bringen: „Gott ist an allem Schuld“.
Was spricht denn konkret gegen diese Schlussfolgerung?

Ist Gott verantwortlich für die menschliche Ignoranz? Ein Teil dieser Ignoranz besteht darin, dass die spirituelle Dimension des Lebens missachtet wird. Das kommt mir sehr tragisch vor, wie eine große Armut, denn das ist so, als würde man dem Honig des Lebens die Süße nehmen und die Werte, welche das Leben lebenswert machen und ihm einen sinnvollen Inhalt geben.
Zuletzt geändert von Novas am Fr 30. Jun 2017, 15:06, insgesamt 2-mal geändert.

ThomasM
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#6 Re: Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Beitrag von ThomasM » Fr 30. Jun 2017, 15:01

Pluto hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Die „Philosophie“ der Neuen Atheisten, die sich in einer Art imaginären Kreuzzug gegen die Religion befinden, der im Grunde nur ein Kampf gegen ihren eigenen Schatten ist, gegen all das, was sie in ihrer eigenen Weltanschauung verdrängen und verleugnen, kann man im Grunde folgendermaßen auf den Punkt bringen: „Gott ist an allem Schuld“.
Was spricht denn konkret gegen diese Schlussfolgerung?
Was spricht für diese Schlussfolgerung?
Ich meine, diese "Schlussfolgerung" ist keine Schlussfolgerung, sondern ein Dogma.

Die neuen Atheisten möchten die christlichen Gedanken zu Sünde - Schuld gegenüber Gott - abwehren, indem sie Gott als den Schuldigen darstellen und den Menschen damit als unschuldig.
In modernem Gewand taucht das im atheistischen Denken des "der Mensch ist eine Maschine" wieder auf, indem man den Menschen von aller Schuld freispricht (indem man ihm einen freien Willen verweigert) und damit die Schuld an der ganzen Misere, die sich unsere Welt nennt, der Schöpfung selbst (so ist die Welt nun mal) zuschreibt.

Aber auch hier ist es keine Schlussfolgerung, sondern ein Dogma, das in die Frage "Was ist der Mensch" hineingesteckt wird.

Pluto hat geschrieben: Was zu beweisen wäre.
Die Neurwissenschaft geht aufgrund vielfältiger Untersuchungen davon aus, dass Menschen materielle Wesen sind, und der Geist daraus entsteht.

Was gibt es für konkrete und haltbare Argumente, dass der Mensch mehr ist?
Novalis hat geschrieben:Sie haben materielle und spirituelle Bedürfnisse.
Natürlich. Aber könnten die spirituellen Bedürfnisse sich nicht letztlich auf materielle Ursachen zurückführen lassen?
Selbst wenn sich spirituelle Bedürfnisse auf materielle zurückführen lassen (was keineswegs sicher möglich ist - eher im Gegenteil), so bleiben es doch spirituelle Bedürfnisse.

Zum Beispiel:
Wenn es sich auf Grund der Evolutionstheorie beweisen ließe (hahaha, ich weiß), dass Menschen das Bedürfnis haben, an einen Gott zu glauben, dann wäre es ein Widerspruch zur Evolutionstheorie, wenn man dem Menschen die Erfüllung dieses Wunsches verweigern und zu Atheisten machen würde. Es wäre grausam und würde den Erfolg der menschlichen Art mindern.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

ceam
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#7 Re: Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Beitrag von ceam » Fr 30. Jun 2017, 15:04

Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

PARTY!!!

Novas
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#8 Re: Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Beitrag von Novas » Fr 30. Jun 2017, 15:15

ceam hat geschrieben:
Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

PARTY!!!

Spiritualität ist die Feier des Lebens :) spirituelle Wege lehren den Menschen, wie er ein Meister des Lebens werden kann (beispielsweise in dem der Mensch einen klaren Geist kultiviert). Meister Eckhart wurde als „Lebe-Meister“ bezeichnet. Doch dazu wird der Mensch niemals, wenn er nur an der Oberfläche seiner Existenz verbleibt. Es gibt auch noch die Tiefendimension des inneren Lebens.

Menschen haben nicht nur ein äußeres Erscheinungsbild, d. h. ihre körperliche Erscheinung. Sie bestehen auch nicht nur aus Innerlichkeit, d. h. ihrem inneren psychischen Universum. Menschen sind auch mit Tiefe versehen, ihrer spirituellen Dimension.

Der Geist ist nicht nur ein weiterer Teil des Menschen neben anderen Teilen. Er ist das ganze menschliche Wesen, das mithilfe des Bewusstseins entdeckt, dass er/sie zu einem Ganzen gehört und integraler Bestandteil dieses Ganzen ist. Durch den Geist sind wir in der Lage, hinter das zu schauen, was wir äußerlich wahrnehmen, was wir sehen, hören, worüber wir nachdenken und was wir lieben. Wir begreifen die andere Seite der Dinge, ihre Tiefe. Dinge sind nicht nur „Dinge“. Der Geist erfasst Symbole und Metaphern einer anderen Wirklichkeit, die in ihnen gegenwärtig, aber nicht durch sie begrenzt ist, denn sie dehnt sich über sie hinaus in alle Richtungen aus. Die Dinge erinnern uns an eine andere Dimension, die wir Tiefe nennen, beschreiben diese und führen in diese hinein.

So gesehen ist ein Berg nicht einfach nur ein Berg. Durch sein Berg-Sein vermittelt er ein Gefühl von Erhabenheit. Das Meer lässt an Großartigkeit denken, der Sternenhimmel an Endlosigkeit, die tiefen Falten im Gesicht eines alten Mannes an den harten Kampf des Lebens und strahlende Kinderaugen an das Mysterium des Lebens.

Es ist dem Menschen, als dem Träger des Geistes, eigen, den Werte und die Bedeutungen wahrzunehmen und nicht nur Fakten und Handlungen aufzuzählen. Letztlich geht es uns Menschen nicht so sehr darum, was geschieht, sondern was diese Ereignisse für unser Leben bedeuten und welche Art wichtiger Erfahrung sie uns bieten.

Alles, was geschieht, trägt existentiell eine symbolische, oder wir können auch sagen, eine sakramentale Eigenschaft. Wie Goethe geschickt beobachtete: „Alles Vergängliche ist nur ein Zeichen“. Ein Merkmal des Zeichens im Sakrament ist, dass es eine weitere, transzendente Bedeutung darstellt, die in der Person erfahren wird und zum Erfahrungsgegenstand wird. In diesem Sinn erinnert uns jedes Ereignis an das, was wir erfahren haben, und nährt unsere Tiefe.
Die Tiefen-Dimension: GEIST und Spiritualität | Leonardo Boff Theologe Erd-Charta Kommission

Pluto
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#9 Re: Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Beitrag von Pluto » Fr 30. Jun 2017, 16:55

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:. Aber könnten die spirituellen Bedürfnisse sich nicht letztlich auf materielle Ursachen zurückführen lassen?
Bei einem Credo "Gott = Materie" wäre das plausibel.
Dieses "Credo" braucht es nicht.
Es gibt sogar Hirnareale, die sich so stimulieren lassen, dass die Testperson glaubt (der festen Überzeugung ist) Visionen erlebt zu haben.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#10 Re: Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Beitrag von Pluto » Fr 30. Jun 2017, 16:59

ceam hat geschrieben:
Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

PARTY!!!
In Grenzen.
Die meisten Menschen scheuen vor den Meisten Verbrechen zurück. UND... es gibt immer noch Gesetze.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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