Meiner Meinung nach ist das Theodizeeproblem ein logisches Problem, weil sich diesem Problem nur Wesen "widmen", die logisch denken können - Tiere können das nicht in dieser Weise. In erster Linie ist es ein psychologisches Problem, eine Angstabwehr in Form der Projektion: weg vom Menschen hin zu Gott.
Die eigentlichen Grundfragen sind vielleicht folgende:
Liebe ich Vater und Mutter, obwohl sie mich- in vollem Bewusstsein menschlichen Leides - in diese Welt hinein gezeugt haben?
Und umgekehrt:
Liebe ich "meine" Kinder, wenn ich sie in eine Welt hinein zeuge, in der ich ihnen Leid nicht ersparen kann?
Falls ich "meine" Kinder (aus Liebe?) nicht zeuge, werden sie auch nicht leiden. Zukünftiges, menschliches Leid kann heutzutage jeder Mensch innerhalb seiner Möglichkeiten ohne große Probleme verhindern. Manche wollen aus diesem Grund keine Kinder. Tiere können das nicht, weil sie sich ihrer Biologie nicht bewusst sind und dieser deshalb auch nichts entgegensetzen können.
Diese Problematik werde ich nun scheinbar los, wenn ich die ganze Sache Gott "übergebe" und den Menschen per se als potentielles Opfer darstelle: Gott, du hast alles Lebendige erschaffen und alles Lebendige kann schuldig oder unschuldig leiden. Gott ist im Grundsatz an allem schuld und hat uns deshalb auch vom Leid zu erlösen. Diese Denkweise entbehrt nicht jeglicher Logik - entlässt uns Gläubige aber irgendwie zumindest "grundsätzlich" aus einer Verantwortung, die wir gar nicht tragen können.
Auf der anderen Seite ist es nicht unproblematisch einen Gott zu lieben "der an allem Schuld ist". Das wiederum erklärt, warum uns Christen der "Sündenfall" so am Herzen zu liegen scheint: wir übernehmen pro Forma im zweiten Schritt die Schuld dann doch lieber wieder selbst, allerdings projizieren wir sie nun auf zwei ganz bestimmte Menschen, Adam und Eva - und wem das dann doch wieder zu viel menschliche Schuld ist, der hilft sich in seiner Seelennot mit dem Satan als Sündenbock.
Obwohl ich das so sehe, vertraue ich auf Gott - wie ich meinen Eltern vertraute - wie ich der geheimnisvollen Logik meines liebenden Herzens vertraue.
Amen.