Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Philosophisches zum Nachdenken
JackSparrow
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#221 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von JackSparrow » Di 2. Dez 2014, 06:40

Savonlinna hat geschrieben:in diesem Zusammenhang meinst und welche Dinge Deiner Meinung nach von der Wahrnehmung unabhängig sind.
Das sind ausgedachte bzw. "geistige" Dinge.


closs hat geschrieben:Doch, schon - ursprünglich war es transzendent gemeint.
Wie immer habe ich keinerlei Mühen gescheut und persönlich nachgeschaut.
http://www.heinrich-tischner.de/22-sp/2 ... /geist.htm
http://books.google.de/books?id=ceRIAAAAcAAJ&pg=PA175
Das Wort bedeutete ursprünglich "Aufbrausen", "Erregung" und ist als solches mit "Gas" sowie "Gären" verwandt. Was erstaunliche Parallelen zu griech. pneuma, lat. spiritus und hebr. ruach (Atem, Hauch, Rauch, bewegte Luft) aufzeigt.

closs
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#222 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von closs » Di 2. Dez 2014, 09:32

JackSparrow hat geschrieben:Das Wort bedeutete ursprünglich "Aufbrausen", "Erregung" und ist als solches mit "Gas" sowie "Gären" verwandt. Was erstaunliche Parallelen zu griech. pneuma, lat. spiritus und hebr. ruach (Atem, Hauch, Rauch, bewegte Luft) aufzeigt.
Stimmt - deshalb übersetzt M. Buber im AT mit "Geistbraus"/"Brausewind". Aber damit ist halt der göttliche Geist bzw. der von Gott gesandte Geist oder der gotgeschaffene Geist gemeint. - Also gerade NICHT ausgedacht.

Als "ausgedacht" versteht man dagegen in der Bibel das "Babel-Syndrom"

2. Sam. 2,3 Redet nicht immer so vermessen
<Buber: „Mehret nimmer Euer Reden: Hochhinan, hochhinan!“>

Versteht man das Wort „vermessen“ nicht nur im geläufigen Sinne von „anmaßend“,“unverschämt“ oder „frech“, sondern auch von seinem Wortstamm her, eröffnet sich hier mit "vermessen" das zielführende Motiv, dass der Mensch sich in seinen Reden eines falschen Maßstabs bedient und sich deshalb „ver-misst“. Dies erinnert an Gottes Ausspruch über Adam: „Dass er jetzt nicht die Hand ausstreckt, auch vom Baum des Lebens nimmt“ (Gen. 3,22), wie auch beim Turm von Babel, als Gott sagt: „Nichts wäre nunmehr ihnen zu steil“ (Buber: Gen. 11,6). Sprachlich deutlich wird dies bei Bubers „Hochhinan, hochhinan!“ insofern, weil hier das „Nach-oben-Wollen“ an sich als „frech“ (Buber: 2,3) verstanden wird.

Die Botschaft lautet also nicht etwa daseins-orientiert: ‚Wenn Du als Mensch nach oben kommen willst, darfst Du nicht vermessen auftreten‘, sondern seins-orientiert ‚Wenn Du als Mensch spirituell befreit über Deinen Feinden stehen willst, darfst Du Daseins-Obensein überhaupt erst gar nicht anstreben‘ (vgl. zu Gen. 11,6 und 2,1).

Beide Interpretationen setzen ontologisch vollkommen unterschiedlich an. - Und daraus entstehen genau auch unsere verschiedenen Interpretationen von Geist.

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Savonlinna
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#223 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Savonlinna » Di 2. Dez 2014, 11:24

JackSparrow hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:in diesem Zusammenhang meinst und welche Dinge Deiner Meinung nach von der Wahrnehmung unabhängig sind.
Das sind ausgedachte bzw. "geistige" Dinge.
"Ausgedacht" als Synonym zu "geistig"?
Das finde ich ja witzig. Wie will man das begründen? Oder definiert man das einfach nur?

Um sich etwas unabhängig von der Wahrnehmung "ausdenken" zu können, dazu gehört ein so überdurchschnittliches Genie - also auch überdurchschnittlich unter den Genies -, dass mir das noch nie begegnet ist.
Da wären Beispiele mal interessant.

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#224 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Savonlinna » Di 2. Dez 2014, 14:41

- 1 -

Ich mache jetzt mal weiter an dem Versuch, Wahrnehmungsebenen zu unterscheiden und dabei - soweit möglich - vorbelastete Begriffe einfach wegzulassen. Denn wenn man ewig definiert, was Geist sein soll und so was, dann kommt man in meinen Augen keinen Schritt weiter.

Mir geht es um das empirisch Wahrnehmbare. Also zum Beispiel: "Was läuft ab, wenn man beim Hören von Beethoven und Mozart und Bach "in eine andere Welt" eintaucht?
Wenn jemand das als "Geist" bezeichnet, dann kann jeder Beliebige behaupten: Für mich ist "Geist" was Ausgedachtes, also hat der Musikhörende sich alles nur ausgedacht und es existiert nicht wirklich.
Das ist dann eine Kreisdreherei, weil ja einfach nur definiert wurde: der Musikhörende denkt sich seine Wahrnehmungen aus, er lügt also und hat in Wirklichkeit im Konzertsaal nur Geräusche gehört.

Von diesem Definieren, was im anderen passiert, und deren Abwertung - nur Lüge, nur ausgedacht - will ich wegkommen, indem ich Schritt für Schritt zeigen möchte, dass bestimmte Wahrnehmungsformen in ihrer Existenz intersubjektiv nachweisbar sind.

- 2 -

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#225 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Savonlinna » Di 2. Dez 2014, 15:05

- 2 -

Zu diesem Behuf habe ich erst mal drei Wahrnehmungsebenen benannt, die erst mal sehr grob sind und meinerseits auch einen Erstversuch darstellen.
Ich habe diese vorläufig mit Wahrnehmungsebene A, Wahrnehungsebene B, Wahrnehmungsebene C bezeichnet. =>

Savonlinna hat geschrieben:Ebene A nenne ich jetzt mal die Ebene, deren wir uns im Alltag bewusst werden, wenn wir wirklich nichts anderes machen als stumpf durch die Straßen zu laufen.

Ebene B nenne ich dann die Wahrnehmungsebene, die aus inneren Bildern besteht, wie Traumbilder - im Schlaf oder Tagtraum -, oder auch sonst am Tag. Während Musikhören, bevor ich ein Bild male oder Ähnliches.

Ebene C nenne ich die Ebene, die nicht nur einzelne Phänomene wahrnimmt, sondern Zusammenhänge zwischen ihnen zu sehen meint.
Dabei meine ich das nicht als Resultat des Verstandes, sondern wirklich als Resultat der Wahrnehmung.
Ebene A und B habe ich schon ein bisschen näher beschrieben, ich zitiere das hier auch noch mal =>

Savonlinna hat geschrieben:Ich gehe jetzt zu Ebene A: Ich laufe stumpf durch die Straßen.
Was nehme ich da alles wahr?
Ich höre Verkehrslärm, ohne groß drauf zu achten, ich sehe flüchtig Menschen, gucke etwas genauer, wenn ich die Straße überquere, jemand tritt mir auf den Fuß, ich rieche die Bratwürste vom Weihnachtsmarkt, ich schmecke meinen Hustenbonbon.
Sind die äußeren Sinne. Sie alle erzeugen eine Wahrnehmungsdimension der eigenen Art.

Gleichzeitig aber habe ich meine Kinder vor meinem inneren Auge, sehe sie fast bildhaft, weil ich Angst habe, das Kleinere fällt in die Badewanne, wenn die Größere nicht aufpasst.
Das ist bereits Ebene B.

Dann erreicht plötzlich meine Nase ein Geruch von feuchtem Brückenholz mit Teer vermischt, ein Geruch aus meiner Kindheit, und schlagartig fühle ich mich unter der Brücke meiner Heimatstadt, mit Herzklopfen.
Ist auch noch Ebene B, wahrscheinlich, auch wenn sie durch Ebene A ausgelöst wurde.
In diesem Fall habe ich aufzeigen wollen, dass bei einem simplen Gang durch die Stadt keineswegs nur die äußeren Sinnesorgane aktiv sind. Also nicht nur Wahrnehmungsebene A.

Das merke ich auch an anderen Dingen.
Gewisse Artefakte der Außenwelt - Zug, Unterführung, Lift vor allem - tauchen gern in meinen Träumen auf.
Traumbeispiele: Da stehen Züge, und in welchen ich auch einsteigen will, er fährt immer gerade weg. :shock:
Ich bin in einem Lift, der oben nicht anhält, sondern kopfüber auf der anderen Seite wieder runtersaust. Finde dann aber doch einen Ausgang.

Bei der Unterführung erinnere ich mich nur im realen Leben: Bin ich neu einzogen in einer Stadt und stehe vor einer Unterführung, deren andere Seite ich noch nicht kenne, ist - wenn auch nur minimalst - eine Beklemmung vorhanden, die ich mit dem Wort "Transit" am besten beschreiben kann.

Folgerung für mich:
Wir erleben beide Wahrnehmungsebenen gleichzeitig, parallel. Mein Wahrnehmungsfokus kann auf das gerichtet sein, was die äußeren Sinne produzieren: zum Beispiel, wenn ich eine hochbelebte Fahrbahn ohne Ampel überqueren will -, dennoch nimmt ein anderes Wahrnehmungsorgan - "Wahrnehmungsorgan bitte nicht wörtlich verstehen, es ist nur eine Analogbildung - die Ebene B wahr. Vereinfacht ausgedrückt - und später noch verfeinerbar: Ich nehme alles gleichzeitig auch "symbolisch" wahr.

Symbolisch ist nun wieder ein belasteter Begriff, ich meinte damit das vorher Beschriebene:
Ein realer Zug wird im Traum zu einer inneren Erfahrung umgepolt: jeder Zug fährt mir weg, ich finde keinen Weg zu meinem Ziel.

Mit anderen Worten: Die inneren Fragen - welchen Beruf soll ich ergreifen, welche Religion soll ich wählen, wo finde ich meine Partner und Freunde - werden von uns offenbar in innere Bilder übersetzt, die Anleihen bei der physischen Realität machen, aber nichts Physisches meinen.
So kann es dann also passieren, dass vor dem Durchgang einer realen Unterführung - also befindlich im Modus A - auch Modus B leise mitschwingt (Transit). Der Mensch muss ständig durch etwas durch, was ihm abverlangt, dass er Bekanntes verlässt - Trennung vom Ehepartner zum Beispiel, Tod eines Geliebten, Leben fast ohne Geld -. und wenn er durch eine physische Unterführung geht, kann diese Tatsache unterschwellig kurz anklingen.

- 3 -

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Savonlinna
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#226 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Savonlinna » Di 2. Dez 2014, 15:06

- 3 -

Jetzt kam die Frage auf: Gibt es auch Wahrnehmungen der Ebene B, die nicht durch Physisches - Ebene A - ausgelöst sind. =>

Salome23 hat geschrieben:@Pluto
Pluto hat geschrieben:Was mir an deinen drei Beispielen auffält, ist, dass sie alle mit einer körperlichen Wahrnehmung (sehen, hören, riechen...) angeregt wurden.
Pluto hat geschrieben:Deshalb bin ich der Meinung, dass wirklich jeder Gedanke als externer oder interner körperlicher Reiz beginnt.
Habe ich andere Erfahrungen gemacht
Salome23 hat geschrieben:Träume (im Schlaf) sind ja in gewisser Weise auch Gedanken in Form von aneinander gereihten Bildern, die das Gehirn erzeugt , während wir nicht bei Bewusstsein sind.
Aber welche Art von Reiz geht diesem Prozess vorraus, so dass es überhaupt zu so einem Traum (solchen Bildern) kommen kann.
Was war der Auslöser?
Salome23 hat geschrieben:@Pluto Nenne mir doch bitte so einen Reiz, welcher einen Traum auslösen kann.

Meine anderwertigen Erfahrungen, die ich erwähnte, bezogen sich nicht auf Träume-sondern Bilder oder Gedanken, die einem spontan ohne jegliche externe oder interne Reize erfassen/erscheinen und auch nicht Folge einer Assoziation sind- die das Gehirn erstellt haben mag
Um dazu mal ein paar Überlegungen anzustellen:

Wenn ein Bergsteiger oder sonst jemand, der im Hochgebirge rumklettert, abstürzt, aber überlebt, dann kann es passieren, dass er davon erzählt, dass er beim Absturz seinen ganzen Lebenslauf innerlich abrollen gesehen hat.
Da dies eine vielbeschriebene Erfahrung ist, ist diese in meinen Augen als intersubjektiv zu werten; weil sie von vielen Subjekten bestätigt wird.

Hier kann man klar unterscheiden: der Auslöser war der Absturz. Das, was die Bilderwelt des eigenen vergangenen Lebens betrifft, ist jedoch in jedem Subjekt anders. Das, was also genau diesen "Film", der da abläuft, in seiner "Regie", in seiner Deutung hergestellt hat, ist vom Auslöser unterschieden.
Wer oder was ist der Regisseur dieses Films?
Wer oder was ist der Regisseur meiner Traumbilder?

Ich möchte das hier nicht beantworten. Ich möchte nur konstatieren, dass dies eine intersubjektive Erfahrung ist, dass Bilderwelten inklusive gefühlter Deutung ablaufen, deren Komposition man mit seinem äußeren Ich nicht hergestellt hat.

Etwas in einem "komponiert" also Längstvergessenes, aber offenbar Gespeichertes zu einer Ganzheit mit gefühlter Deutung.

Das alles zähle ich noch immer zur Ebene B.
Was ganz genau also die Form der inneren Prozesse auslöst, die Bilderwelten in dieser und in keiner anderen Form bedingt - da genauer hinzugucken, das muss ich mir erneut für einen anderen Tag aufheben.

- Ende -

Salome23
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#227 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Salome23 » Di 2. Dez 2014, 22:31

Was ganz genau also die Form der inneren Prozesse auslöst, die Bilderwelten in dieser und in keiner anderen Form bedingt - da genauer hinzugucken, das muss ich mir erneut für einen anderen Tag aufheben.
Ich denke, eine absolute Antwort wird man darauf (vorläufig) nicht finden...
Paar Gedanken dazu noch von mir:
Ich lieg Abends im Bett, kleines Licht brennt noch und ich starre auf die Decke ober mir, oder visiere starr einen Punkt/ ein Bild an-um zu entspannen und auf einmal erscheinen irgendwelche Bilder oder kommen irgend welche Gedanken auf -einfach so...
Manchmal schaue/höre ICH einfach nur zu, ohne darüber zu sinnen-was grade abgeht
Anderes Mal, ähnlich wie du schon beschrieben hast:
Hundemüde leg ich mich zu Bett, schliesse die Augen und bin schon "fast" eingeschlafen-da erwischt es dich voll (ein Bild, ein Gedanke, ein Traum) obwohl man ja noch gar nicht wirklich schläft-also kein Reiz ging dem voran...und man ist wieder hellwach
Was war der Auslöser?
So ähnlich ist es, wenn man schon "halb weg" ist und plötzlich hat man das Gefühl, man fällt plötzlich Stufen hinunter oder so, versucht Halt zu finden, es gelingt einem aber nicht und man fällt und fällt und wird dadurch wach und ist momentan fix und foxi...

Pluto
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#228 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Pluto » Di 2. Dez 2014, 23:16

Savonlinna hat geschrieben:Wenn ein Bergsteiger oder sonst jemand, der im Hochgebirge rumklettert, abstürzt, aber überlebt, dann kann es passieren, dass er davon erzählt, dass er beim Absturz seinen ganzen Lebenslauf innerlich abrollen gesehen hat.
Da dies eine vielbeschriebene Erfahrung ist, ist diese in meinen Augen als intersubjektiv zu werten; weil sie von vielen Subjekten bestätigt wird.

Hier kann man klar unterscheiden: der Auslöser war der Absturz. Das, was die Bilderwelt des eigenen vergangenen Lebens betrifft, ist jedoch in jedem Subjekt anders. Das, was also genau diesen "Film", der da abläuft, in seiner "Regie", in seiner Deutung hergestellt hat, ist vom Auslöser unterschieden.
Wer oder was ist der Regisseur dieses Films?
Wer oder was ist der Regisseur meiner Traumbilder?
Das ist natürlich nicht auf Bergsteiger beschränkt. :)
Das Menschen mit einem Schädeltrauma luzide Visonen haben können steht für mich außer Frage. Selbst dass diese Visionen sich ähneln ist logisch, wenn man davon ausgehen, dass wir Menschen biologisch sehr ähnlich in unserem Aufbau sind (lässt sich genetisch nachweisen).

Spannend wird es aus meiner Sicht aber erst, wenn wir versuchen der Ursache für diese Visionen auf den Grund zu gehen. Sind diese Visionen Anzeichen für eine vom Körper unabhängigen Seele oder Geist? Oder sind es nur die Folgen eines halluzinierenden, extrem gestreßten Gehirns? Und wenn, was läuft da genau ab? Wie "funzt" das Ganze?

Savonlinna hat geschrieben:Ich möchte das hier nicht beantworten. Ich möchte nur konstatieren, dass dies eine intersubjektive Erfahrung ist, dass Bilderwelten inklusive gefühlter Deutung ablaufen, deren Komposition man mit seinem äußeren Ich nicht hergestellt hat.
Eine weise Entscheidung!
Auf diese Fragen haben wir bisher weder von Philosophen/Theologien, noch von Kognitionsforschern/Neurowissenschaftler eine klare Antwort. Also sollten wir (im Sinne Edmund Husserls) innehalten, und uns nicht auf das Eine oder Andere festzulegen versuchen.

Etwas in einem "komponiert" also Längstvergessenes, aber offenbar Gespeichertes zu einer Ganzheit mit gefühlter Deutung.
Das erinnert mich an die Vorstellungen Descartes' von einer Seele, die im Gehirn an einer Art Schaltpult sitzt und die Geschicke des Körpers lenkt.
In ähnlicher Weise wirft deine Vorstellung eines "Komponisten" die Frage auf: wer lenkt den Komponisten?

Übrigens... mit dem Spruch: quis custodiet ipsos custodes — (dt. Wer bewacht diese Bewacher?) hatten die alten Römer schon die Unsinnigkeit solcher endlosen Regresse erkannt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Savonlinna
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#229 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Savonlinna » Di 2. Dez 2014, 23:50

Salome23 hat geschrieben:Ich lieg Abends im Bett, kleines Licht brennt noch und ich starre auf die Decke ober mir, oder visiere starr einen Punkt/ ein Bild an-um zu entspannen und auf einmal erscheinen irgendwelche Bilder oder kommen irgend welche Gedanken auf -einfach so...
Der Mensch hat ja jede Sekunde seines Lebens irgendwas in sich rumschwappen, irgendwas nagt an ihm, oder er ist furchtbar glücklich, oder er hat Sorgen und weiß bei manchen Sachen keine Lösung, meistens alles gleichzeitig. Jedenfalls läuft das ohne Ende in ihm ab.

Ist man in einem entspannten Zustand, das Denken also zur Ruhe gekommen, dann können Sachen hochblubbern, die von dem dominierenden ständigen Denkenmüssen bisher "unter Wasser" gehalten wurden.
Diese Bilder, die dann kommen - so wie Du es beschreibst -, hängen möglicherweise mit diesem ganzen Sorgenpaket zusammen, das man in seinem Bewusstsein hat. Im entspannten Zustand ist das Unterbewusste - ich benutze im Moment mal die Begriffe bewusst-unterbewusst - wahrnehmbarer. Da ich vermute, dass das Unterbewusste in Bildern spricht (möglicherweise aber nicht nur), tauchen dann Bilder auf, die eine Art Kommentar zu den im Bewusstsein vorhandenen Sorgen oder Fragen oder Aktivitäten sind.

Das ist ein bisschen analog zu dem, was die Physis des Menschen macht:
Ist an der Hand eine Wunde, wächst Schorf, um sie wieder zu heilen.
Habe ich Sorgen und Fragen, und ich kann mich entspannen, schickt mir das Unterbewusste Bilder hoch, die Hinweise geben.
Meine Mutter wunderte sich immer, dass, sobald sie sich zum Mittagsschläfchen hingelegt hat, kreative Antworten in ihr hochstiegen, wie sie das Mittagessen spannend gestalten konnte, obwohl ihr ein paar Zutaten missraten waren und sie vorher darüber ganz unglücklich gewesen war.

Ich glaube, dass das Unterbewusste vor allem das ist: kreativ. Schöpferisch.
Das schließt ein, dass es - wie der Schorf - heilen will.
Da aber der Mensch sich immer entwickeln muss, sind die Bilder des Unterbewussten auch schon "Pro"-jekionen": Vorentwürfe, in welche Richtung man eigentlich gehen möchte, ohne es schon zu wissen.

Warum zu welchem Zeitpunkt welche Art Bilder kommen - das, vermute ich, hängt mit dem aktuellen Bewusstseinszustand des Bildempfängers zusammen.
So wie der Lebensfilm losgeht, wenn der Tod nahe ist.

Salome23 hat geschrieben:Anderes Mal, ähnlich wie du schon beschrieben hast:
Hundemüde leg ich mich zu Bett, schliesse die Augen und bin schon "fast" eingeschlafen-da erwischt es dich voll (ein Bild, ein Gedanke, ein Traum) obwohl man ja noch gar nicht wirklich schläft-also kein Reiz ging dem voran...und man ist wieder hellwach
Was war der Auslöser?
Möglicherweise das Aufeinanderprallen von etwas Bewusstem und einem Impuls aus dem Unbewussten, der das Bewusstsein erschreckt.
Der Auslöser steckt dann in einem selber - man hat eine Frage und bekommt einen Riesenschreck, wenn einem die Antwort klar wird: man muss seinen Partner verlassen, als Beispiel.
Das Unterbewusste arbeitet meist mit Bildern, aber es kommuniziert offenbar pausenlos mit dem Bewusstsein.

Salome23 hat geschrieben:So ähnlich ist es, wenn man schon "halb weg" ist und plötzlich hat man das Gefühl, man fällt plötzlich Stufen hinunter oder so, versucht Halt zu finden, es gelingt einem aber nicht und man fällt und fällt und wird dadurch wach und ist momentan fix und foxi...
Ja, das Fallen in die Tiefe im Traum kenne ich auch, und auch das Erschrecken dabei.
Aber ich bin kein Traumdeuter. Ich glaube nur, dass beim Einschlafen das Bewusstsein nicht mehr so stark ist und dann
wahrnehmbar ist, was in einem "unterirdisch" abläuft.

Und dass man vielleicht verstehen kann, in welcher Weise das Unterbewusste einen auffangen und helfen will in dem, was das Tagesbewusstsein zu bewältigen hat.

Das sind aber natürlich nur Beschreibungen von Funktionen der verschiedenen Bewusstseinsmodi, und das auch noch auf sehr fragmentarischer Basis. Es ist erst mal nichts anderes, als vor dem "Wunder Mensch" zu staunen, was da alles so passiert, um den Organismus Mensch "zu heilen" und dann auch noch darin zu unterstützen, sich schöpferisch weiterzuentwickeln.

JackSparrow
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#230 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von JackSparrow » Mi 3. Dez 2014, 00:03

closs hat geschrieben:Aber damit ist halt der göttliche Geist bzw. der von Gott gesandte Geist oder der gotgeschaffene Geist gemeint.
Gemeint ist der Atem, den Gott dem ersten Menschen in die Nase blies.

Dummerweise hat man irgendwann erkannt, dass es sich bei Luft um eine ziemlich materielle Sache handelt, und da viele Leute sehr traurig werden würden, wenn der Geist eine materielle Sache wäre, musste man notgedrungen noch einige höhere Dimensionen erfinden. Vorgänge, die in höheren Dimensionen stattfinden, haben ja den entscheidenden Vorteil, dass garantiert niemand je rausfinden wird, ob man sich damit vielleicht einfach nur wichtig machen wollte.

Savonlinna hat geschrieben:Wie will man das begründen?
Man kann ein ausgedachtes Ding nicht von einem geistigen Ding unterscheiden. Ergo sind sie identisch.

Um sich etwas unabhängig von der Wahrnehmung "ausdenken" zu können
Man bezeichnet diesen Vorgang auch als "Spekulation". Man stellt eine Vermutung auf, ohne vorher nachgeschaut zu haben, ob die Vermutung zutrifft. Ich kann vermuten, dass Spanien existiert, aber ich müsste schon erst nachschauen, um mir sicher sein zu können. Wobei sich das Nachschauen bei Spanien noch relativ einfach gestaltet. Wo schau ich nach, wenn ich mir wegen eines Gottes sicher sein will?

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