Ist die Teleologie tot?

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#31 Re: Peter Russell: Quarks, Quanten und Satori

Beitrag von closs » Sa 14. Jun 2014, 22:03

Pluto hat geschrieben:Hat der kritische Rationalismus (Albert/Popper) so definiert
Der Aristoteles unserer Zeit. :( - Ich habe übrigens überhaupt nichts gegen Popper - so lange er nur etwas über die naturalistische Welt sagt. Aber es wird der Eindruck erweckt, seine Aussagen seien für ALLES, was der Fall ist/sein könnte, verbindlich. Das geht natürlich nicht.

Pluto hat geschrieben: und keiner hat (bisher) widersprochen.
WENN das so wäre (was ich nicht glaube), dann deshalb, weil er als Methoden-Guru der Naturwissenschaften angesehen wird, der mit (im klassischen Sinne) ontologischen Fragen nichts am Hut hat. - Für Geisteswissenschaften ist Popper nicht relevant.

Pluto hat geschrieben:"Teleologie ist die Lehre, dass Handlungen oder überhaupt Entwicklungsprozesse an Zwecken orientiert sind und durchgängig zweckmäßig ablaufen" (wik)
Ich weiss nicht, was da wieder begriffsgeschichtlich gelaufen ist. - Du darfst aber davon ausgehen, dass Teleologie und Evolution vom Grundsatz her NICHT interferieren.

Pluto hat geschrieben: Dieser Glaube heißt "theistische (hab's korrigiert) Evolution" und wird von der rkK so vertrewten.
Nein - das wüsste ich. - Gerade die RKK lässt biologische Evolution als solche gelten - das interessiert überhaupt nicht, weil die materielle Welt nur als Matrix für die Daseins-Existenz gesehen wird. - Wenn Du in die Oper gehst, hat das nichts damit zu tun, ob Du mit einem Ferrari oder der Straßenbahn vorgefahren bist. Zwei Kategorien.

Pluto hat geschrieben: Wer also, käme auf die Idee, dass dieses wundervolle komplexe Uhrwerk durch Zufall entstanden sein könnte?
Keiner - darauf käme beim Menschen aber auch keiner.

Ich weiß schon: Ein Materialist kommt dann schon drauf, weil für ihn Geist Folge von Materie ist. - Somit reden wir hier von Folgeerscheinungen einer materialistischen Grundhaltung - für geistige Menschen nicht relevant.

Pluto hat geschrieben:Wegen der detaillierten Erklärung der Unterschiede.
Das alles ist nur dann zwingend, wenn man die Voraussetzungen so designt, dass nichts anderes herauskommen kann. Es ist deshalb keine allgemein-gültige Aussage.

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Demian
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#32 Re: Peter Russell: Quarks, Quanten und Satori

Beitrag von Demian » Sa 14. Jun 2014, 22:26

Für mich sind alle Lebewesen sozusagen „organische Glieder“ des einen, spirituellen Bewusstseins, das einen natürlichen Drang verspürt, sich selbst zu entdecken – und so entdeckt es sich in der Vielfalt des materiellen Universums. Auch Platon sprach von diesem Universalen Bewusstsein – erst das ist für ihn „Wirklichkeit“, während die Welt der Sinneswahrnehmung nur die Erscheinung einer teilhaften Realität ist – das beschreibe ich gerne mit dem Begriff des Feldes.

closs
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#33 Re: Peter Russell: Quarks, Quanten und Satori

Beitrag von closs » Sa 14. Jun 2014, 22:29

Demian hat geschrieben:Für mich sind alle Lebewesen sozusagen „organische Glieder“ des einen, spirituellen Bewusstseins, das einen natürlichen Drang verspürt, sich selbst zu entdecken
Prinzipiell sehe ich es genauso - allerdings mit dem Vorbehalt, dass ich "Selbst-Entdeckung" nur ich-fähiger Schöpfung zurechnen würde.

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#34 Re: Peter Russell: Quarks, Quanten und Satori

Beitrag von Pluto » Sa 14. Jun 2014, 22:37

closs hat geschrieben:Ich habe übrigens überhaupt nichts gegen Popper - so lange er nur etwas über die naturalistische Welt sagt. Aber es wird der Eindruck erweckt, seine Aussagen seien für ALLES, was der Fall ist/sein könnte, verbindlich. Das geht natürlich nicht.
Selbstverständlich gilt der kritische Rationlismus überall dort wo Beweisführung gefordert ist. Nenne mir einen Grund, warum das nicht so sein sollte?

closs hat geschrieben:WENN das so wäre (was ich nicht glaube), dann deshalb, weil er als Methoden-Guru der Naturwissenschaften angesehen wird, der mit (im klassischen Sinne) ontologischen Fragen nichts am Hut hat. - Für Geisteswissenschaften ist Popper nicht relevant.
Warum nicht? Ist es nicht logisch, dass der kritische Rationalismus überall dort gilt, wo Beweisführung gefordert wird?

closs hat geschrieben: Du darfst aber davon ausgehen, dass Teleologie und Evolution vom Grundsatz her NICHT interferieren.
Nun, da sind etliche angesehene Philosophen ganz anderer Meinung.

closs hat geschrieben:Wenn Du in die Oper gehst, hat das nichts damit zu tun, ob Du mit einem Ferrari oder der Straßenbahn vorgefahren bist.
So wie ich die Gepflogenheiten der "High Society" kenne, wenn man zu Fuß kommt, wirst man von den anderen Gästen ganz schön schräg angeschaut.
closs hat geschrieben:darauf käme beim Menschen aber auch keiner.
Doch. Darwin hat in seinem ersten Buch von "natürlicher Zucht" geschreiben und jeglichen Hinweis auf den Menschen wegelassen.
Seine größte Angst war, dass die Leute seine Theorie ablehnen würden, wenn er auch behaupten würde, der Mensch sei eine Folge der Evolution.
für geistige Menschen nicht relevant.
:o Meinst du die sind anders entstanden?

closs hat geschrieben:Das alles ist nur dann zwingend, wenn man die Voraussetzungen so designt, dass nichts anderes herauskommen kann. Es ist deshalb keine allgemein-gültige Aussage.
Es ist nichts designt in der Evolution. Es zählt eigentlich nur der Fortpflanzungserfolg.
Mutationen schaffen zwar Möglichkeiten, aber die Hauptaufgabe der Prägung eines Individuums übernimmt die Selektion.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Demian
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#35 Re: Peter Russell: Quarks, Quanten und Satori

Beitrag von Demian » Sa 14. Jun 2014, 22:38

closs hat geschrieben:WENN das so wäre (was ich nicht glaube), dann deshalb, weil er als Methoden-Guru der Naturwissenschaften angesehen wird, der mit (im klassischen Sinne) ontologischen Fragen nichts am Hut hat. - Für Geisteswissenschaften ist Popper nicht relevant.

Es ist jedenfalls wichtig die Philosophie aus ihrem Schattendasein heraus zu holen und ihr die einstige Würde und Gedankenfreiheit zurück zu geben. Dazu gehört auch – auch wenn es heute nicht sehr populär ist – die Einführung in das „absoluten Geheimnis“ Gottes, wie Karl Rahner es nannte. Die mystische Initiation oder Mystagogie der Glaubenswahrheit. Das Christentum ist keine tote Hypothese, sondern eine Lebensform, in welcher der schöpferische Geist der Liebe und die Vernunft die zwei Seiten einer Medaille bilden.

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#36 Re: Peter Russell: Quarks, Quanten und Satori

Beitrag von closs » Sa 14. Jun 2014, 22:42

Demian hat geschrieben:Es ist jedenfalls wichtig die Philosophie aus ihrem Schattendasein heraus zu holen und ihr die einstige Würde und Gedankenfreiheit zurück zu geben.
Da ist wohl etwas dran. Die eigentliche Philosophie ist möglicherweise seit Mitte des 20. Jh. nicht mehr präsent - und dann gibt es heute noch einige Philosophien im Schlepptau des Materialismus, die mich immer an die Ost-CDU erinnern. :devil:

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#37 Re: Peter Russell: Quarks, Quanten und Satori

Beitrag von Pluto » Sa 14. Jun 2014, 22:46

Rembremerding hat geschrieben:O.K. Das lehrt die RKK, aber als creatio continua. Es ist ein ständiges Schaffen, Weiterschaffen und Bewegen von Augenblick zu Augenblick nach Gottes Ratschluß.
Ja. So habe ich die Doktrin auch verstanden. Ich bin ein großer Fan von George Coyne, ehemaliger wissenschaftlichr Berater von Papst Johannes Paul. Pater Coyne hat das mal in einem Interview so gesagt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#38 Re: Peter Russell: Quarks, Quanten und Satori

Beitrag von Rembremerding » Sa 14. Jun 2014, 22:47

Demian hat geschrieben:Für mich sind alle Lebewesen sozusagen „organische Glieder“ des einen, spirituellen Bewusstseins, das einen natürlichen Drang verspürt, sich selbst zu entdecken – und so entdeckt es sich in der Vielfalt des materiellen Universums. Auch Platon sprach von diesem Universalen Bewusstsein – erst das ist für ihn „Wirklichkeit“, während die Welt der Sinneswahrnehmung nur die Erscheinung einer teilhaften Realität ist – das beschreibe ich gerne mit dem Begriff des Feldes.
Dazu fällt mir Giovanni Pico della Mirandola ein, der in seiner De hominis dignitate Gott eine Rede an Adam in den Mund legt:

Dir, Adam, habe ich keinen bestimmten Ort, kein eigenes Aussehen und keinen besonderen Vorzug verliehen, damit du den Ort, das Aussehen und die Vorzüge, die du dir wünschest, nach eigenem Beschluss und Ratschlag dir erwirbst. Die begrenzte Natur der anderen ist in Gesetzen enthalten, die ich vorgeschrieben habe.
Von keinen Schranken eingeengt sollst du deine eigene Natur selbst bestimmen nach deinem Willen, dessen Macht ich dir überlassen habe. Ich stellte dich in die Mitte der Welt, damit du von dort aus alles, was ringsum ist, besser überschaust. Ich erschuf dich weder himmlisch noch irdisch, weder sterblich, noch unsterblich, damit du als dein eigener, gleichsam freier, unumschränkter Baumeister dich selbst in der von dir gewählten Form aufbaust und gestaltest. Du kannst nach unten in den Tierwesen entarten; du kannst nach oben, deinem eigenen Willen folgend, im Göttlichen neu erstehen.


Ein weiterer pikanter Satz von Mirandola: Es liegt in der Natur des Menschen keine Natur zu besitzen.

... nur mal so zum weiterdenken ... :)
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#39 Re: Peter Russell: Quarks, Quanten und Satori

Beitrag von Pluto » Sa 14. Jun 2014, 22:49

Rembremerding hat geschrieben:Ein weiterer pikanter Satz von Mirandola: Es liegt in der Natur des Menschen keine Natur zu besitzen.
In der Tat interessant.
Was meint er mit "keine Natur besitzen"?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#40 Re: Peter Russell: Quarks, Quanten und Satori

Beitrag von Rembremerding » Sa 14. Jun 2014, 22:57

Pluto hat geschrieben: In der Tat interessant.
Was meint er mit "keine Natur besitzen"?

Im Grunde erklärt er es in seiner Rede, wenn er schreibt: Die begrenzte Natur der anderen ist in Gesetzen enthalten, die ich vorgeschrieben habe. Gleichzeitig sieht er den Menschen aber als einziges Wesen, dem der Schöpfer die Eigenschaft verliehen hat, nicht in (geistigen) Gesetzen festgelegt zu sein.
Damit, postuliert Pico, werde der Mensch zu seinem eigenen Gestalter mit einem freien Entscheidungswillen. Darin liegt das Wunderbare der Natur des Menschen und seine besondere Würde.
Der Mensch ist also ein Abbild Gottes. Wegen seiner vielfältigen Möglichkeit zur Veränderung seiner Existenz vergleicht Pico den Menschen schließlich sogar mit einem Chamäleon.
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