Halman hat geschrieben:
In meinem
Eröffungsbeitrag kam ich auf Gödels ontologischen Gottesbeweis zu sprechen. Zwischenzeitlich erklärte uns Thaddäus
HIER diesen diesen Gottesbeweis:
Thaddäus hat geschrieben:Der Logiker Kurt Gödel definiert GOTT in seinem ontologischen Gottesbeweis nun so (im modallogischen Kalkül S5):
[...]
Und folgender Satz ist dann die logisch korrekte Schlussfolgerung des ganzen gödelschen ontologischen Gottesbeweises formuliert in Modalkalkül S5 (die Beweise der einzelnen Schritte erspare ich mir, da dies noch dreimal soviel Text und Formeln ergibt)!
Korrolar 3: Es ist notwendig, dass mindestens ein Individuum x existiert, das göttlich ist und wenn es mehrere sind, dann sind sie mit x identisch.
å£âˆƒx (Gx∧∀y(Gy → x=y))
Dieser
formale Beweis ist für mich ein guter Beleg, dass Gott logisch gedacht und hergeleitet werden kann. Somit ist Gott eine logische Möglichkeit. Darin sehe ich einen guten Gotteshinweis, denn ich bin davon überzeugt, dass die Realität eine Teilmenge aller formal logischen Möglichkeiten umfasst.
Stellt Euch ein riesiges Feld aller möglichen Aussagen vor, von denen die Meisten logisch ungültig sind. Ein Kreis, der nur einen kleinen Teil des Feldes markiert, umfasst alle Aussagen, die logisch gültig sind. Innerhalb dieses Feldes gibt es einen Bereich, welcher die gesamte Realtität umfasst und dessen Abgrenzungen wir nicht klar modellieren können; wir wissen nur, dass er kleiner ist als der Kreis und niemals in den logisch ungültigen Bereich hineinreicht.
Gödels "Gott" gehört in den Kreis und könnte damit in den Realtitätsbereich liegen. Dies ist für mich ein Gotteshinweis.
Das ist ein interessanter
epistemologischer Ansatz von dir! Ich denke, korrekter ist dein Gedankengang so:
Zum Zeitpunkt t1 existiert eine Menge aller möglichen
sinnvollen Aussagen (Womit ein Satz wie :
"Die Straße möchte 3y gegen Milch° transzendieren" u.ä. als nicht-sinnvoll nicht zu dieser Menge gehört).
Die Menge aller
wahren und gerechtfertigten Aussagen zum Zeitpunkt t1 ist Teilmenge der Menge aller sinnvollen Aussagen zum Zeitpunkt t1 (eine andere Teilmenge ist die Menge aller sinnvollen, aber falschen Aussagen, wie z.B.:
"Der gegenwärtige Präsident der Vereinigten Staaten ist Bill Clinton").
Der Beispielsatz macht deutlich, warum der Zeitpunkt, zu dem eine Aussage getroffen wird, wichtig dafür sein kann, ob sie wahr ist oder nicht, ob sie also
korrektes und gerechtferigtes Wissen sein kann oder nicht (Wissen wird üblicherweise def. als wahre, gerechtfertigte Meinung. Zu wissen, dass die Aussage/Meinung:
"Der gegenwärtige Präsident der Vereinigten Staaten ist Bill Clinton" falsch ist, ist wiederum eine wahre und gerechtfertigte Meinung, also Wissen).
Eine weitere Teilmenge aller möglichen zum Zeitpunkt t1
sinnvollen Aussagen ist die Menge jener Aussagen, die sich in Zukunft als wahr oder falsch erweisen werden, wie z.B:
"Im Jahre 2049 wird der erste Mensch den Mars betreten." Von dieser Aussage steht zum Zeitpunkt t1 nicht fest, ob er wahr oder falsch ist.
Jemand, der alle wahren Aussagen zum Zeitpunkt t1 kennen würde, hätte ein vollständiges wahres Wissen über Alles, was man wissen könnte zu diesem Zeitpunkt.
Die Aussage
å£âˆƒx (Gx∧∀y(Gy → x=y)) (=
"Es ist notwendig, dass mindestens ein Individuum x existiert, das göttlich ist, und wenn es mehrere sind, dann sind sie mit x identisch" ist eine
logisch wahre Aussage zu jedem Zeitpunkt und gehört damit zur Menge aller möglichen sinnvollen wahren Aussagen zum Zeitpunkt t1.
[Der Maschinenbeweis von Gödels Gottesbeweis beweist übrigens exakt nur Folgendes: Die Definitionen, Axiome und Schlussfolgerungen des Gödel-Beweises sind logisch konsistent, denn es sind aus ihnen keine widersprüchlichen Sätze ableitbar.]
Halman hat also recht damit, wenn er feststellt, dass Gödels ontologischer Beweis eine wahre und gerechtfertigte Meinung, also ein korrektes Wissen über die Welt darstellt.
Die Frage ist nun natürlich, was einen dieses Wissen bringt? Auf jeden Fall schon einmal keinen Glauben, sonst würde jeder, der die Korrektheit des Beweises einzusehen in der Lage ist, anfangen müssen zu glauben, was, wenn ich das richtig beobachte, nicht der Fall ist.
So einfach, wie es sich JackSparrow macht ist es allerdings auch nicht:
JackSparrow hat geschrieben:
Besäße ich die Eigenschaft, regelmäßig meine gesamten Ersparnisse mittels eines Eimers aus dem Fenster auf die Straße zu schütten, dann wäre diese Eigenschaft positiv für alle Fußgänger, welche diese Straße entlang laufen, jedoch negativ für mich, da ich regelmäßig meine Ersparnisse verlöre.
Daraus folgt Axiom 1: Jede Eigenschaft ist gleichzeitig sowohl positiv als auch negativ.
¬PX <=> PX
Wenn es so einfach wäre, Gödels Beweis zu widerlegen, dann wäre Gödel ein Depp gewesen. Das war er aber nicht. Und weil er es nicht war und es logisch auch keine Rolle spielt, hat Gödel gar nicht erst versucht näher zu bestimmen, was positive (oder negative) Eigenschaften Gottes sind. Zudem ist Geld aus dem Fenster zu werfen nicht unbedingt eine negative Eigenschaft der Person, die dies tut, und es ist mit Sicherheit keine positive Eigenschaft
der Personen, die das Geld aufsammeln, dass sie es aufsammeln.
Der vor allem kritische Punkt des Beweises ist das sehr starke Becker-Axiom 6 in Modalsystem S5:
Axiom 6: Becker-Axiom (
Wenn es möglich ist, dass es notwendig ist, dass A, dann ist A notwendig).
â—‡å£A → å£A
Dieses Axiom ist nicht über jeden Zweifel erhaben.
Es ist am Ende immer die Frage, welcher Art von
Realität "Gott" denn haben soll, wenn wir glauben oder beweisen wollen, dass er
existiert?
Den kindlichen Glauben an Weihnachtsmann und Osterhasen legen wir irgendwann ab. Wir glauben dann nicht mehr, dass sie "wirklich" existieren. Trotzdem bleiben Weihnachtsmann und Osterhase irgendwie doch Teil unserer Lebensrealität und der Wirklichkeit, wie man jedes Jahr zu Weihnachten und Ostern feststellen kann. Da sind die überall zugegen, und wir erzählen den Kindern von ihnen. Aber so will man die Realität und Wirklichkeit Gottes gerade nicht verstanden wissen. Er soll mehr sein. Er wird definiert als eine
transzendente Entität. Aber, was ist das?
Vielleicht so etwas ähnliches wie die Naturgesetze? Die sind auch nicht materiell-dinglich da, aber sie scheinen anders zu "existieren" als Weihnachtsmann und Osterhase. Sie sind
reale Wirkursachen, denn sie bewirken, dass sich Dinge im Universum beobachtbar so und so verhalten. Aber die Naturgesetze sind letztlich Konstrukte, wenn auch plausible Konstrukte des erkennenden Menschen. Vielleicht ist Gott eher ein Prinzip, als eine transzendente Entität, ein Prinzip, das wie ein moralischer Leitfaden funktioniert. Dann könnte man vom christlichen Gott, so wie er heute zumeist verstanden wird sagen: "Heute hat mich Gott aus den Augen eines Kindes angesehen" und es wäre nicht falsch.
Wenn also gesagt wird, Gott
existiert, - wie soll er dann existieren?