Betrachtung des Menschen als göttliche Schöpfung

Philosophisches zum Nachdenken
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Halman
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#1 Betrachtung des Menschen als göttliche Schöpfung

Beitrag von Halman » Di 3. Jun 2014, 21:06

In meinem Thema Betrachtung der Welt und ihre mögliche Deutung als Schöpfung geht es um die Beobachtung der Umwelt. Hier soll es mehr um die Selbstbetrachtung des Menschen gehen. Dabei denke ich insbesondere an unser Bewusstsein und das Gewissen.
Hierbei denke ich an die bekannte biblische Aussage „Lasst uns Menschen machen in unserm Bild”, die wir in Gen 1:26 finden. Die deutsche Übesetzung "in unserm Bild, uns ähnlich" bedeutet so viel wie "Schattenbild" oder "Abbild" (Hebr.: bezalménu).
Wie ist dies zu verstehen? Nun, ich denke, dies sollte nicht buchstäblich aufgefasst werden, denn dann wären wir (siehe Nachbar-Thread, Stichwort "Xenophanes") bei dem Dilemma eines vermenschlichten Gottes. Die Worte der Bibel erschließen sich mMn einleuchtener, wenn man sie geistig (oder geistlich) versteht.
An dieser Stelle möchte ich die ausdrucksstarken Worte von William Shakespeare aus Hamlet zitieren, die hier mMn passen:
Zitat aus Hamlet - ZWEITE SZENE
Welch ein Meisterwerk ist der Mensch! Wie edel durch Vernunft! Wie unbegrenzt an Fähigkeiten! In Gestalt und Bewegung wie bedeutend und wunderwürdig! Im Handeln wie ähnlich einem Engel! Im Begreifen wie ähnlich einem Gott!
Da wir nur ein Schattenbild Gottes sind, mag dies etwas übertrieben erscheinen, doch treffen die Worte mMn den Kern, worum es geht.

Daher stimme ich im Kerngedanken mit dem davidischen Gotteshinweis in Ps 139:14-16 überein, in dem David zum Ausdruck brachte, dass er "auf eine erstaunliche, ausgezeichnete Weise gemacht" wurde.
Bemerkenswert finde ich den salomonischen Gotteshinweis in Pr 3:11. Obgleich wir die Ewigkeit und das Werk Gottes (auch sein Schöpfungswirken und damit die Schöpfung) nicht völlig begreifen können, wohnt uns doch der "Impuls des Forschers" inne, immer weiter Fragen zu stellen.
Albert Einstein forschte buchstäblich bis zu seinem Tod. An seinem Todenbett wurden Notizen gefunden, in denen er an eine verallgemeinerte Feldtheorie forschte, obgleich ihm bewusst gewesen sein dürfte, dass er die Früchte dieser Forschung nicht mehr ernten würde.
Ist es nicht erstaunlich, dass wir dies überhaupt können? Für Prof. Lesch ist dies das wirklich Rätselhafte.
Zitat von Prof. H. Lesch:
„Aber das Tun, das Tun an sich, dass wir überhaupt solchen Geheimnissen nachgehen können, das finde ich eigentlich das wirklich Rätselhafte. Warum gibt es ein Lebewesen, dass so viel mehr kann, als es eigentlich muss?“

Einen weiteren bemerkenswerten Aspekt des Menschen führt Paulus im Römerbrief an und zwar in Rö 2:14-15. Der paulinische Gotteshinweis bezüglich des Gewissens korrelliert mMn mit dem moralischen Gotteshinweis von Immanuel Kant.

Auch wenn Kant den teleologischen Gotteshinweis auf scharfsinnige Weise kritisierte, so scheint mit der Gedanke eines Weltenlenkers ebenfalls zu dieser Betrachtung zu passen. Was meint ihr?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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Halman
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#2 Re: Betrachtung des Menschen als göttliche Schöpfung

Beitrag von Halman » Do 5. Jun 2014, 23:14

Manchmal wird der Gotteshinweis e consensu gentium angeführt, der besagt, dass fast alle menschlichen Kulturen an irgend etwas Göttliches glauben. Es scheint uns eine Ahnung vom Göttlichen innezuwohnen. Dieser ethnologische Gotteshinweis ist kein Beweis, sondern ein Plausibilitätsargument.

Ergänzend sei noch der eudämonologische Gotteshinweis aufgeführt:
Zitat aus Gottesbeweise:
Der eudämonologische Gottesbeweise schließt von dem allgemeinen Streben der Menschen nach Glück und Erfüllung ihrer Sehnsüchte auf denjenigen, der diese Sehnsüchte stillen kann: Gott. Feuerbach meldet gegen diese Art der Argumentation allerdings zu Recht seine Kritik an (Projektion von Menschheitssehnsüchten auf ein selbstgeschaffenes Gottesbild).
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#3 Re: Betrachtung des Menschen als göttliche Schöpfung

Beitrag von Pluto » Do 5. Jun 2014, 23:28

Halman hat geschrieben:Manchmal wird der Gotteshinweis e consensu gentium angeführt, der besagt, dass fast alle menschlichen Kulturen an irgend etwas Göttliches glauben.
Cicero lebte in einer anderen Zeit, wo dies vermutlich Sinn machte.
Würde er heute leben, würde Cicero sich schön wundern, angesichts des modernen Strebens nach materiellem Besitztum.

Halman hat geschrieben:Ergänzend sei noch der eudämonologische Gotteshinweis aufgeführt:
Zitat aus Gottesbeweise:
Der eudämonologische Gottesbeweise schließt von dem allgemeinen Streben der Menschen nach Glück und Erfüllung ihrer Sehnsüchte auf denjenigen, der diese Sehnsüchte stillen kann: Gott.
Ja in der Tat kann der Gedanke an einen gütigen, liebenden Gott Trost spenden und unerfüllte Sehnsüchte stillen.

Halman hat geschrieben:Feuerbach meldet gegen diese Art der Argumentation allerdings zu Recht seine Kritik an (Projektion von Menschheitssehnsüchten auf ein selbstgeschaffenes Gottesbild).
Feuerbach war ein kluger Mann. :)
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#4 Re: Betrachtung des Menschen als göttliche Schöpfung

Beitrag von Halman » Do 25. Mai 2017, 15:54

Wie oben bereits erwähnt, führt Paulus im Römerbrief einen weiteren bemerkenswerten Aspekt des Menschen an und zwar in Rö 2:14-15 . Für Paulus ist das Gewissen ein Hinweis auf Gott und ich meine, dass dieser Hinweis mit dem moralischen Gotteshinweis von Immanuel Kant harmoniert.
Vor einger Zeit verfolgte ich mal interessiert eine Diskussion zwischen Harald Lesch and Thomas Schwartz über das Gewissen. Den ersten Teil stelle ich hier mal rein.
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#5 Re: Betrachtung des Menschen als göttliche Schöpfung

Beitrag von Pluto » Do 25. Mai 2017, 17:22

Halman hat geschrieben:Für Paulus ist das Gewissen ein Hinweis auf Gott und ich meine, dass dieser Hinweis mit dem moralischen Gotteshinweis von Immanuel Kant harmoniert.
Nee, nee... das siehst du falsch.
Die jeweiligen Begründungen von Paulus und Kant waren konträr.
Paulus ging von der Präexistenz Gottes aus, und war der Ansicht, die Moral käme von Gott. Kant meinte Moral steckt im Menschen drin, weshalb er sie als Hinweis für die Existenz Gottes hielt. Zu Kants Zeit war die Evolutionstheorie noch nicht bekannt, weshalb beide Herren falsch lagen.

Halman hat geschrieben:Vor einiger Zeit verfolgte ich mal interessiert eine Diskussion zwischen Harald Lesch and Thomas Schwartz über das Gewissen. Den ersten Teil stelle ich hier mal rein.
Ja das war eine wirklich beiendruckende Reihe.
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