Selbstverwirklichung der Person in christlicher Sicht

Philosophisches zum Nachdenken
Pluto
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#41 Re: Selbstverwirklichung der Person in christlicher Sicht

Beitrag von Pluto » Do 8. Mai 2014, 18:55

Rembremerding hat geschrieben:Nein, komme nicht mit einem Kategoriefehler.
Doch. Dein Kategorienfehler tut richtig weh, weil du hier das teleologische Argument des "Designers" einzubringen versuchst.
Du machst ebenso einen Fehler, wenn Du nur einem Geschöpf mit Bewusstsein zugestehst, dass es sich selbst Sinn geben kann. Damit sprichst Du Tieren und Pflanzen ebenso ihren Sinn ab, sie sind demnach sinnlos.
Nicht nur die Tiere und Pflanzen, das ganze Universum ist sinnlos, denn es existiert einfach ohne ersichtlichen Grund. Genau so ist es bei Lebewesen auch: das Leben an sich hat keinen Sinn, es sei denn, den Sinn sich selbst zu erhalten und zu vermehren.

Es ist offenbar allein uns Menschen vorbehalten, unserem Leben einen Sinn zu geben. Dafür sollten wir dankbar sein, weil das Leben sonst vor Langeweile unerträglich würde.

Ein Gegenstand erhält Sinn, weil er aus einer Idee entstand und nach seiner Bestimmung her verwendet wird. Seine "Selbstverwirklichung" (Thema!) besteht aus "auf etwas hin geschaffen" und "durch seine Bestimmung sinnerfüllt".
Der Mensch fügt diesem Sinn sein Bewusstsein hinzu, aus dem er selbst nach seiner Bestimmung fragen kann, nach seinem Sinn suchen. Er erhält die Freiheit, den freien Willen, damit er selbst seinen Sinn erkennt, aber nicht gibt, geben kann. Und sobald der Mensch eine Sehnsucht nach Antworten spürt, gibt er dem Ziel dieser Sehnsucht Substanz, einen Sinn. Wir haben Durst, weil es Wasser gibt. Wir haben auf Erden eine unerfüllte Sehnsucht, weil sie im Himmel durch Gott erfüllt und gestillt wird.
Und wieder das teleologische Argument des "Design".

Man unterscheidet zunächst zwischen natürlichen Dingen und solchen die eindeutig von einem intelligenten Wesen (Mensch) hergestellt wurden. Es sind gerade die bestechenden Unterschiede zwischen natürlichen Dingen und Artefakten die uns schließen lassen, dass manche Dinge Artefakte sind, die einen Schöpfer benötigen. Warum schließen wir eigentlich bei Dingen wie dem Schraubenzieher auf einen Designer? Zunächst ist es meist die Einfachheit und die sichtbare Symmetrie des Artefakts: die geraden Linien und die exakten Formen die uns dazu bewegen zu sagen, dass ein Mensch den Schraubenzieher gebaut haben muss.
Andere Dinge wie das Leben wiederum sind so eindeutig "natürlich", dass nur der abergläubische Mensch sich daraus einen supranaturalistischen Schöpfer erschafft.

Die Nazis bestimmten einst, welches Leben Sinn macht, wir bestimmen heute, ob das Leben eines Demenzkranken Sinn macht, ob ein Ungeborenes einen Sinn hat, ja selbst, ob Mais einen Sinn hat, der von Ungeziefer befallen werden kann, den wir dann durch Genmanipulation "verbessern".
Nein. Ich sage nur, dass das Leben an sich keinen Sinn hat, es sei denn wir geben ihm eins. Das trifft aber auf einen Demenzkranken nicht zu, weil er sich drüber keine Gedanken macht.
Ein Leben ohne Sinn muss keineswegs in die Beliebigkeit der Nazi Ideologie einer "reinen Rasse" münden.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Rembremerding
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#42 Re: Selbstverwirklichung der Person in christlicher Sicht

Beitrag von Rembremerding » Fr 9. Mai 2014, 10:04

Hallo und einen schönen Tag an alle Foristen! :)

@Pluto
Versuche nicht ständig alles in Kategorien einteilen zu wollen. Erweitere Deinen Blick und erkenne dadurch größere Teile des Ganzen. Es ist nicht allein Dein Problem, es ist das Problem aller Naturalisten, Atheisten und Agnostiker. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Gläubige die wahren Realisten sind. ;)
Es liegt mir fern einen "Designer" einzuführen, Gott ist kein Lückenbüßer, der lediglich dort wirkt, wo der Mensch noch keine Erklärungen hat. Eine Universum ohne Sinn jedoch wird seiner Schönheit beraubt.

Das eigentliche Problem ist doch, dass ständig versucht wird den Menschen nur aus sich heraus eine Würde, einen Wert zu geben. Du, @Pluto, indem Du einem Menschenleben nur einen Sinn anerkennst, wenn jemand etwas aus sich macht, @Pflanzenfreak etwas christlicher, indem sie den Sinn des Lebens darin erkennt, dass der Mensch für andere wirkt.
All diese Selbstverwirklichungsmodelle funktionieren so lange alles nach den eigenen Plänen gut läuft. Treten aber Hindernisse auf, die den Zielen seines Lebens im Wege stehen, beginnt das große psychische Scheitern, weil der eigene Wert, der Sinn seines Lebens in Frage gestellt wird.

Wenn ein Mensch seinen Sinn nur darin sieht erfolgreich sein Ziel zu erreichen, wird er schnell sein Burnout-Syndrom bekommen, Verbitterung und seine Depression, wenn er hinter seinen eigenen Erwartungen zurückbleibt. Andere kompensieren diesen Mangel durch Gewaltbereitschaft.
Damit sind die großen psychischen Dilemmas einer gottlosen und sinnbefreiten Welt genannt. Andere, welche die durch den Atheismus allerorten aufgedrängte Sinnlosigkeit der Welt nicht akzeptieren wollen, beginnen in der westlichen Gesellschaft wenigstens nach einen höheren Sinn zu suchen. In Ermangelung um das Wissen über andere Alternativen jedoch wieder aus sich heraus mit eigener Kraft nach fernöstlichen Methoden, durch Esoterik, was erneut Erfolgsdruck hervorruft.

Im Christentum und Judentum besitzt der Mensch seine Würde und seinen Wert darin, dass er ein Geschöpf Gottes ist, sein Ebenbild, mit Gottes Odem angereichert. Der Mensch hat eine absolute Würde, weil er IST, ein Umstand, den er selbst nicht verursacht hat und auch nicht verbessern oder verschlechtern kann. Somit ist jedes Menschenleben gleich viel wert, ohne irgendwelche Graduierungen oder Voraussetzungen. Der Sinn des Lebens besteht darin, dass der Mensch aus christlicher Sicht ein Werk der Liebe Gottes ist und auf die Liebe Gottes hin geschaffen ist.

So hat ein Christ in seiner Selbstverwirklichung ein völlig anderes Ziel: Ein Werkzeug der Liebe Gottes in der Welt zu sein allein durch die Annahme des Herrn in das Herz. Da ist kein Erfolgsdruck, keine Verfehlung seines Lebenssinns, wenn etwas Angestrebtes nicht erreicht wird, ein Christ weiß sich trotzdem in seiner Würde und seinem Wert dadurch nicht beeinträchtigt, weiterhin unendlich von Gott geliebt. So ist da kein Burnout, keine Depression, keine Sinnbefreitheit, die Schönheit, der Zauber dieser Welt bleibt erhalten.
Natürlich kann ein Christ auch unter Depressionen leiden. Ursache dafür können Satan, Sünde, Hormone sein, aber das Leid hat als Christ einen anderen Stellenwert und man ist niemals Gottverlassen im Leid, im Gegenteil: Christus Jesus aufs innigste verbunden.

Das ist die christliche, teilweise jüdische Philosophie über den Sinn des Lebens und seine Verwirklichung des Selbst. Natürlich eine völlig andere, als die des Existenzialismus. Man sollte sie aber als Alternative dazu betrachten und in einem Forum, das 4religion heißt, auch Raum geben.

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#43 Re: Selbstverwirklichung der Person in christlicher Sicht

Beitrag von Pflanzenfreak » Fr 9. Mai 2014, 15:35

Rembremerding hat geschrieben:Das eigentliche Problem ist doch, dass ständig versucht wird den Menschen nur aus sich heraus eine Würde, einen Wert zu geben. @Pflanzenfreak etwas christlicher, indem sie den Sinn des Lebens darin erkennt, dass der Mensch für andere wirkt.
All diese Selbstverwirklichungsmodelle funktionieren so lange alles nach den eigenen Plänen gut läuft. Treten aber Hindernisse auf, die den Zielen seines Lebens im Wege stehen, beginnt das große psychische Scheitern, weil der eigene Wert, der Sinn seines Lebens in Frage gestellt wird.

Wenn ein Mensch seinen Sinn nur darin sieht erfolgreich sein Ziel zu erreichen, wird er schnell sein Burnout-Syndrom bekommen, Verbitterung und seine Depression, wenn er hinter seinen eigenen Erwartungen zurückbleibt.
Kopfkratz...mmm... so hast Du meinen Eintrag verstanden?
Gruss Pflanzenfreak, grad ein bischen verwirrt...

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#44 Re: Selbstverwirklichung der Person in christlicher Sicht

Beitrag von Rembremerding » Fr 9. Mai 2014, 16:35

Pflanzenfreak hat geschrieben: Kopfkratz...mmm... so hast Du meinen Eintrag verstanden?
Gruss Pflanzenfreak, grad ein bischen verwirrt...
Aus den paar von Dir geschriebenen Zeilen kann ich natürlich nicht Dein ganzes Glaubensleben und Deine Lebenseinstellung ableiten. Sie waren aber Anreiz für mich darüber nachzudenken, dass manchmal auch ein christliches "Helfersyndrom" zu Überforderungen führen kann, wenn man sich als Person ausschließlich nach den Werken seines Glaubens definiert.

Somit danke ich Dir für den Impuls, will aber keinesfalls behaupten, dass Du in irgendeiner Weise diesem Bild entsprichst. Fühle Dich also bitte nicht desavouiert, der Fehler lag wohl bei mir und den beschränkten Mitteln der gerechten Kommunikation in einem Forum.

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#45 Re: Selbstverwirklichung der Person in christlicher Sicht

Beitrag von Pflanzenfreak » Fr 9. Mai 2014, 18:16

Rembremerding hat geschrieben: Fühle Dich also bitte nicht desavouiert,
Hi Rembremerding,
ich hab zwar keine Ahnung was desavouiert bedeutet, kann mir aber nicht vorstellen dass es bei mir zutrifft. Ich frag sicherheitshalber erstmal nach wie´s gemeint war, bevor ich beleidigt bin. ;)
Grüssle, Pflanzenfreak

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#46 Re: Selbstverwirklichung der Person in christlicher Sicht

Beitrag von Demian » Fr 9. Mai 2014, 18:42

Pluto hat geschrieben:Ich war in einem streng anglikanischen Internat. Dort mussten wir jeden Tag nach dem Frühstück in diese Kapelle zum beten -- very british -- und am Sonntags gabs einen grossen Gottesdienst.

Schön das zu erfahren! ;)

Danach lebte ich ohne Glaube. Später im Leben habe ich dann nach Zeichen von Gott gesucht, aber nicht gefunden.

Wo sind keine Zeichen zu finden?

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#47 Re: Selbstverwirklichung der Person in christlicher Sicht

Beitrag von Pluto » Fr 9. Mai 2014, 21:18

Demian hat geschrieben:Schön das zu erfahren! ;)
Ja. Ich habe christliche Wurzeln.

Wo sind keine Zeichen zu finden?
Nirgendwo.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#48 Re: Selbstverwirklichung der Person in christlicher Sicht

Beitrag von Demian » Sa 10. Mai 2014, 09:49

Pluto hat geschrieben:Nirgendwo.

Alles ist ein Gleichnis, sagte Goethe. Weshalb hat er es genau anders herum gesehen?

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