[youtube]watch?v=1QDERnfry5E[/youtube]Demian hat geschrieben:Egozentrisch ist es, wenn der Mensch glaubt, ER könnte sich von Gott trennen. SEINE Vorstellung von Trennung sei die Wahrheit. SEINE Religion könnte diese Trennung übrwinden. DIESE und keine andere Religion sei der Weg zum Heil. Sobald man vom Gedanken der Trennung ausgeht, hat man riesige Probleme. Dann versteht man auch die Vielfalt der spirituellen Wege nicht richtig und man wird immer versucht sein, den eigenen Weg für den Weg der Wege zu halten - ohne zu erkennen, dass andere Menschen andere Wege gehen müssen, weil das zur Mannigfaltigkeit des EINEN gehört.
Ich zitiere mich selber (gekürzt) aus "Dem Leben vertrauen - Der innere Weg" (ab Seite 83):
Im Vorwort zu "Kleine Noten, die sich mögen" schreibt Richard Wurmbrand (der Jahre in rumänischen Gefängnissen inkl. Folter verbracht hatte): "In diesem Buch habe ich die sieghaften und frohen Gedanken wiedergegeben, die mir im Gefängnis gewährt wurden, und noch einiges, das mir geschenkt wurde, als ich wieder frei war. Ich habe nicht versucht, die Ideen und Geschichten, an denen sich mein Geist im Gefängnis genährt hat, systematisch zu ordnen. Hungrig, frierend, geschlagen, erniedrigt, ohne Schlaf gehalten - in solchem Zustand vermögen Gefangene nicht systematisch zu denken. Man hat einen Gedanken, erinnert sich an eine Geschichte, dann ist man wieder von nagendem Hunger gepeinigt, von scheusslichen Vorstellungen, von den Schmerzen infolge der erhaltenen Prügel..." Dies, damit du den Hintergrund des nun Folgenden verstehen kannst. Ich zitiere weiter Richard Wurmbrand aus dem besagten Büchlein:
"Christ zu werden, bedeutet, Christus ähnlich zu werden... In welchem Sinne kann ich denn ihm ähnlich werden? Er lebte sein Leben als Mensch voll innerer Gewissheit. Es gab zu jener Zeit, genau wie heute, Hunderte von Religionen. In Galiläa allein trafen sich viele Nationen und Religionen. Er wählte keine von ihnen... Es ist der Herr, der zu Ihnen spricht: "Komm zu mir!" Sie haben zu ihm zu kommen, aber darauf zu achten, dass er nicht mehr ein "Er" für Sie ist... Die heiligen Worte lauten "Komm zu mir!" Kommen Sie nicht zu ihm, was bedeutet, auch in Zukunft sich nicht zu begnügen, ein Ihn anzubeten... Zu Gott zu kommen, ist mit anderen Worten dasselbe, wie zu sich selbst zu kommen, zu unserem wirklichen Sein, zu dem Einen, dessen Bild und Ähnlichkeit wir tragen, zu dem einen wirklichen ‚Ich’." Soweit R. Wurmbrand.
In „Die Kunst des Liebens“ erläutert Erich Fromm die Entwicklung des menschlichen Gottesbildes vom Bild des despotischen Stammeshäuptlings über das eines liebenden Vaters (wie bei Jesus) bis dahin, dass Gott sich aus einer Vaterfigur in das Symbol seiner Prinzipien verwandle, in ein Symbol für Gerechtigkeit, Wahrheit und Liebe. „Im Verlauf dieser Entwicklung“, schreibt Fromm, „hört Gott auf, eine Person zu sein; er wird zum Prinzip der Einheit hinter der Mannigfaltigkeit der Erscheinungen.“
Diesen Prozess macht das Gottesbild eines jeden Menschen durch, soweit er die unaufhörliche Verwandlung und Vertiefung seines Gottesbildes zulassen und geschehen lassen kann. Dieser namenlose Eine, diese namenlose, in sich selbst leuchtende Einheit, kann nur im eigenen Herzen empfunden und erlebt werden, nirgendwo sonst. In diesem Erleben der Einheit, des Einigseins, des geeinten Herzens, liegt die Erfahrung des äonischen, also des zeitlosen, ewigen Wesens der Liebe. Dieses Erleben ewiger, zeitloser Liebe im einigen Herzen lässt dich von allem falschen Ernst bezüglich des alltäglichen wie auch des religiösen Lebens genesen und schenkt dir Freiheit für dein Wirken in dieser Welt. Keine Angst mehr vor Versagen, keine Furcht mehr vor Verurteilung und Verdammung, weil die Liebe nicht verurteilt und nicht verdammt.
Du selber bist die Antwort, die du lange suchend erfragtest. Das ist die eigentliche Umkehr, die du erleben kannst, dass aus der Wahrnehmung der Existenz als einer grossen und nicht zu beantwortenden Frage die Antwort wird. Alle Paradoxa von Ich und Du, von Selbst und Anderem, von Mensch und Gott bleiben bestehen auf der Ebene der Sprache. Auf der Ebene des geeinten Herzens jedoch beschreiben sie alle einfach von verschiedenen Gesichtspunkten aus das Einigsein von Mensch und Mensch und von Mensch und Gott. Das Einigsein bedingt nicht einer Meinung zu sein. Meinungen sind eine Frage des Verstandes, des Intellekts. Die Einigung des Herzens wird davon nicht berührt. Verschiedener Meinung zu sein, verschiedene Ansichten zu vertreten, auch verschiedene Ideologien und religiöse Überzeugungen, das führt ein in sich geeintes, in sich einiges Herz nicht in Streit und Krieg. Vielmehr lässt es die verschiedenen Ansichten als Ansichten stehen. Es weiss, es hat es erfahren, dass die Wahrheit nicht in Ansichten zu finden ist. „Eins ist die Wahrheit, nicht gibt’s eine zweite“, sagte der Buddha, „sie kennend wird der Mensch hierbei nicht streiten“. Und Jesus sagte: „Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, daß ich der Wahrheit Zeugnis gebe“ und „Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen“.