Was ist "innere" Freiheit?

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Salome23
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#1 Was ist "innere" Freiheit?

Beitrag von Salome23 » Do 6. Mär 2014, 15:52

Darkside hat geschrieben: Du schaffst es ja noch nicht einmal, "innere Freiheit" zu definieren - was bis dahin alles und nichts sein kann.
Quelle


Hmmm-ich denke, innere Freiheit bedeutet von Zwängen und Drang frei zu sein
Beispiel: Verbitterung, Perfektionismus,Selbstverachtung,Unzufriedenheit usw.-irgendwelche Neurosen
Und Gedankenfreiheit zählt ja auch zu einer art "innerlichen" Freiheit= gedanklich kann ich machen, was ich will ohne einem Menschen Rechenschaft dafür ablegen zu müssen...

Mal hören, was closs zu sagen hat :mrgreen:

closs
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#2 Re: Was ist "innere" Freiheit?

Beitrag von closs » Do 6. Mär 2014, 18:22

Salome23 hat geschrieben:Mal hören,
Liebe Salome, Du hast also ausgelagert. ;)

Ja - Deine Beschreibung ist recht gut, weil sie universal ist. Denn zu allen Zeiten gabe es Verbitterung, Perfektionismus,Selbstverachtung,Unzufriedenheit usw.. - Und da wäre halt die Frage, ob sich solche Kriterien durch "Aufklärung" (das war im anderen Thread der Ausgangspunkt) verändern - ich meine NEIN.

Schenken können wir uns die Frage, ob sich in Bezug auf juristische, äußere Bürgerrechte etwas in den letzten Jahrhunderten verändert hat: Die Antwort wird hoffentlich bei jedem JA sein.

Aber es gibt noch eine Art der inneren Freiheit, die über das ganz Persönliche (Verbitterung, Perfektionismus,Selbstverachtung,Unzufriedenheit usw.) hinausgeht: Die geistige Freiheit gegenüber Zeiterscheinungen.

Sicherlich war vor 500 Jahren die innere geistige Freiheit gegenüber Daseins-Mächte wie absolutistischen Herrschern und Kirche NICHT groß (wobei auch dieses Thema bei genauerer Betrachtung differenziert betrachtet werden müsste - man denke nur an das mittelalterliche Städtewesen, das vergleichsweise liberal war). - Aber wie ist das heute?

Heute kann jeder gegen Staat und Kirche motzen, ohne deshalb eingebuchtet zu werden. - Aber wie frei ist der Mensch in seinem Verhalten gegenüber Trends der Gesellschaft? Wie reagiert er auf mediale Aktionen? Merkt er, wenn er vereinnahmt wird? - Meine Antwort unterm Strich: Hier findet auf breiter Ebene Selbstentmündigung pur statt.

In unserer Meinungs-Gesellschaft "hat" man oft keine Meinung, sondern man "vertritt" eine Meinung. - Man überprüft die Quelle einer Aussage - wenn die Quelle glaubwürdig und vor allem attraktiv erscheint, hängt man sich dran und plappert konform nach. - Die Aussage selbst erscheint sekundären Charakter zu haben.

Insofern vermute ich, dass unsere Zeit eine der obrigkeitsgläubigsten überhaupt ist (Obrigkeit = Mainstream/political correctness/wissenschaftliche Absicherung/en vogue), also unfrei ist. - Dass diesbezüglich der mittelalterliche Stadtbürger des Jahres 1400 unfreier war, ist schwer vorstellbar.

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Münek
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#3 Re: Was ist "innere" Freiheit?

Beitrag von Münek » Do 6. Mär 2014, 18:36

Salome23 hat geschrieben:
Darkside hat geschrieben: Du schaffst es ja noch nicht einmal, "innere Freiheit" zu definieren - was bis dahin alles und nichts sein kann.
Quelle


Hmmm-ich denke, innere Freiheit bedeutet von Zwängen und Drang frei zu sein
Beispiel: Verbitterung, Perfektionismus,Selbstverachtung,Unzufriedenheit usw.-irgendwelche Neurosen
Und Gedankenfreiheit zählt ja auch zu einer art "innerlichen" Freiheit= gedanklich kann ich machen, was ich will ohne einem Menschen Rechenschaft dafür ablegen zu müssen...

Mal hören, was closs zu sagen hat :mrgreen:

Hallo Salome,

ganz spontan!

Ich würde hier unbedingt die Ängste mit einbeziehen; auch diese schränken
in der Regel die "innere Freiheit" des Menschen teilweise dramatisch ein.

Zwänge und Ängste (diese "selbstempfundenen", von innen kommenden, also
nicht von äußeren Mächten auferlegten "psychischen Fesselungen") wirken auf
die davon betroffenen Individuen in unterschiedlichem Maße in ihre Lebens-
wirklichkeit ein; sie machen sie im wahrsten Sinne des Wortes zu "Gefange-
nen
" ihres Selbst!

Im ersten Moment sehe ich keine Anhaltspunkte dafür, dass es diesbezüglich den
Menschen vor 500 Jahren besser oder schlechter ging als heute. Was die "äuße-
ren Freiheiten
" betrifft, hat der "westliche Mensch" allerdings unstreitig an Frei-
heiten hinzugewonnen.

Gedankenfreiheit ist, glaube ich, es etwas anderes Thema.

Lieben Gruß

Münek

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Münek
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#4 Re: Was ist "innere" Freiheit?

Beitrag von Münek » Do 6. Mär 2014, 22:33

closs hat geschrieben:
Salome23 hat geschrieben:Mal hören,
Liebe Salome, Du hast also ausgelagert. ;)
Heute kann jeder gegen Staat und Kirche motzen, ohne deshalb eingebuchtet zu werden. - Aber wie frei ist der Mensch in seinem Verhalten gegenüber Trends der Gesellschaft? Wie reagiert er auf mediale Aktionen? Merkt er, wenn er vereinnahmt wird? - Meine Antwort unterm Strich: Hier findet auf breiter Ebene Selbstentmündigung pur statt.

Hi Kurt,

das ist ja gerade ein Teil der "inneren Freiheit", dass Menschen nicht "entmündigt"
werden, sondern "sich selbst entmündigen dürfen". :D Sie fühlen sich dabei weder`
unwohl noch unfrei. Sie entscheiden frei, welches Fernsehprogramm sie sich an-
schauen und (falls überhaupt) welche Zeitungen, Zeitschriften oder Bücher sie le-
sen etc.

Dass sie dabei eine gewisse (aus intellektueller Sicht) "Sorgfalt" außer Acht lassen,
das mag man beklagen. Diesen "innerlich Freien" geht das allerdings zurecht
am A... vorbei!

Zu Deiner Beruhigung: Die Anzahl der Abiturienten nimmt kontiunierlich zu, die der
BILD-Zeitungsleser dagegen ab (die sterben langsam aus!). Das ist doch schon mal mit-
telfristig ne brauchbare Perspektive für Leute, die die "Selbstentmündigung" der Heu-
tigen beklagen :thumbup:

Also nicht die Löffel hängen lassen, mein Lieber! (Das kannst Du Ostern machen.)

Im Übrigen: Das war vor 500 Jahren gewiss nicht anders! ;)

LG Münek

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#5 Re: Was ist "innere" Freiheit?

Beitrag von closs » Do 6. Mär 2014, 22:53

Münek hat geschrieben:das ist ja gerade ein Teil der "inneren Freiheit", dass Menschen nicht "entmündigt" werden, sondern "sich selbst entmündigen dürfen".
... und gleichzeitig darauf bestehen, nicht entmündigt zu sein. - Eine interessantes dialektisches Kunstwerk.

Münek hat geschrieben:Das ist doch schon mal mittelfristig ne brauchbare Perspektive für Leute, die die "Selbstentmündigung" der Heutigen beklagen
Nein - ist es nicht. - Sogar das kann umgekehrt sein (muss nicht).

Denn der BILD-Leser ist immerhin empfänglich für das, was man "Schwarmintelligenz" nennt - man regt sich über etwas auf, identifiziert sich aber nicht darüber, sondern lebt seinen relativ harmlosen Stiefel weiter. - Sogenannte "Gebildete" neigen dagegen dazu, sich mit gesellschaftlichen Trends zu identifizieren - man möchte ja Teil davon sein. - Das Abitur ist im übrigen heute ganz anders ausgerichtet als in der zweiten Hälfte des 20. Jh.

Münek hat geschrieben:Also nicht die Löffel hängen lassen, mein Lieber!
Keine Angst - persönlich bin ich diesbezüglich weit weg.

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#6 Re: Was ist "innere" Freiheit?

Beitrag von Pflanzenfreak » Do 6. Mär 2014, 23:33

Innere Freiheit ist meiner Meinung nach Utopie. Wir wähnen uns frei und sind es dennoch nicht. Viel zu Vieles macht uns unfrei, Vergangenes, Aktuelles.... bis wir erkennen was uns unfrei macht hat uns längst neue Unfreiheit ereilt.
Niemand durchschaut sich selbst so gut, dass er wirkliche innere Freiheit erlangt.

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#7 Re: Was ist "innere" Freiheit?

Beitrag von Münek » Fr 7. Mär 2014, 04:30

Pflanzenfreak hat geschrieben:Innere Freiheit ist meiner Meinung nach Utopie. Wir wähnen uns frei und sind es dennoch nicht. Viel zu Vieles macht uns unfrei, Vergangenes, Aktuelles.... bis wir erkennen was uns unfrei macht hat uns längst neue Unfreiheit ereilt.
Niemand durchschaut sich selbst so gut, dass er wirkliche innere Freiheit erlangt.

Hallo Pflanzenfreak,

Du hast recht, innere Freiheit in Reinkultur ist Utopie.

Ein gewisses Maß an "innerer Unfreiheit" macht aber das Leben gewiss
nicht lebensunwert! "Innere Zwänge und Ängste" sind Bestandteile des Lebens.
Entscheidend für die Lebensqualität ist, wie übermächtig diese sind!

Ein gewisses Maß an "innerer Unfreiheit" (große Bandbreite!) gehört einfach
zum Leben wie der überraschende prasselnde Landregen beim Spaziergang. Es sollte
nur keine Sintflut sein.

Liebe Grüße

Münek

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#8 Re: Was ist "innere" Freiheit?

Beitrag von Münek » Fr 7. Mär 2014, 04:54

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:das ist ja gerade ein Teil der "inneren Freiheit", dass Menschen nicht "entmündigt" werden, sondern "sich selbst entmündigen dürfen".
... und gleichzeitig darauf bestehen, nicht entmündigt zu sein. - Eine interessantes dialektisches Kunstwerk.

Kurt, ich bitte Dich,

niemand besteht darauf, nicht "entmündigt" zu sein.

Oder kennst Du jemanden?

LG Münek

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#9 Re: Was ist "innere" Freiheit?

Beitrag von Münek » Fr 7. Mär 2014, 05:33

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Das ist doch schon mal mittelfristig ne brauchbare Perspektive für Leute, die die "Selbstentmündigung" der Heutigen beklagen
Nein - ist es nicht. - Sogar das kann umgekehrt sein (muss nicht).

--------------------------------------------------------------------------------
Was kann (muss nicht) umgekehrt sein? Verstehe Dich nicht!
---------------------------------------------------------------------------------


Denn der BILD-Leser ist immerhin empfänglich für das, was man "Schwarmintelligenz" nennt - man regt sich über etwas auf, identifiziert sich aber nicht darüber, sondern lebt seinen relativ harmlosen Stiefel weiter.


Lass bitte mal den einfachen Menschen (den BILD-Zeitungsleser) denken und leben
und seinen "relativ harmlosen Stiefel weiterleben" wie er will. Die BILD gibt es im
Übrigen schon seit Jahrzehnten; unser Gemeinwesen hat meines Wissens diese "me-
diale Katastrophe" bislang ohne erkennbare Blessuren überstanden.

Trotz "Schwarmintelligenz". ;)

Dass Nicole an der Kasse von ALDI oder meine Nachbarin Käthe Schabulke zwar Die-
ter Bohlen, nicht aber Isaac Newton kennen, bringt das "Christliche Abendland" gewiss
nicht zum Einsturz.

Machs gut

Münek

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#10 Re: Was ist "innere" Freiheit?

Beitrag von Münek » Fr 7. Mär 2014, 07:58

closs hat geschrieben: Das Abitur ist im übrigen heute ganz anders ausgerichtet als in der zweiten Hälfte des 20. Jh.

Hi Kurt,

wahrscheinlich meinst Du, die Schüler werden heutzutage um mindestens
eine Note zu hoch bewertet.

Ich teile Deine Auffassung! :thumbup:

LG Münek

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