Wahrnehmung und Setzung

Philosophisches zum Nachdenken
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Demian
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#121 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von Demian » Mo 5. Mai 2014, 17:52

Pluto hat geschrieben:Ja natürlich. Das was real ist verschwindet auch nicht wenn wir es nicht beobachten, aber wir können es nicht beschreiben.

Die Frage ist doch: wer ist der Beobachter, worin tauchen die Wahrnehmungsinhalte als Objekte auf und verschwinden wieder. Wenn Du nach dieser Essenz deiner Selbst fragst, in Dich eingehst und sie erforscht, wohin gelangst Du dann? Was ist das „ICH BIN“?

Darum gehört mE auh die Transzendenz nicht zur Menge der Realitäten, denn, menschliche Empfindungen hin oder her, sie ist weder beschreibbar noch beobachtbar.

Bewusstsein ist selbst nicht beschreibbar und beobachtbar ... weil es das Subjekt des Seins ist, welches beschreibt und beobachtet. Es weiß um sich selbst, ist sich seiner selbst bewusst, kann aber selbst nicht als Objekt gefunden werden. Sehr wohl können der Körpergeist und die Welt gefunden werden. Deswegen können sie nicht gleichbedeutend mit Bewusstsein sein, denn sie sind ein Objekt innerhalb von Bewusstsein.

Die direkte und unmittelbare Wahrnehmung lehrt uns, dass es keine Realität jenseits von Bewusstsein gibt, denn dazu müssten wir uns dieser Realität jenseits von Bewusstsein bewusst sein, woraus wir schließen können, dass Realität identisch mit Bewusstsein ist.

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Demian
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#122 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von Demian » Mo 5. Mai 2014, 18:07

Pluto hat geschrieben:Erkläre du mir doch bitte was Agape mit Realität gemein hat.

Agape-Liebe (im christlichen Verständnis wahre Liebe) ist ein über den Ego-Verstand hinaus (Paulus sprach vom "Fleisch") erweitertes Bewusstsein. EINSSEIN. Dem spirituellen Verständnis nach ist das eine Sache der Selbsterkenntnis. Selbsterkenntnis realisiert: ich bin eins (mit mir, der Natur, dem Kosmos und mit Gott beziehungsweise dem SEIN).

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#123 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von closs » Mo 5. Mai 2014, 18:55

Pluto hat geschrieben:Deine Aussage klingt nach einem Dogma der Unfehlbarkeit von Platon.
Plato selber ist egal. - Es geht um seine Grundaussage, nämlich: Dass Realität etwas Absolutes ist, dem man sich über Wahrnehmung nur annähern kann. - Insofern könnten wir nie sagen "Ich erkenne Realität" oder "Dieses ist Realität und jenes nicht" - wir können nur sagen "Nach den Setzungen unseres (jeweiligen) Wahrnehmungs-Modells ist dieses oder jenes Realität". - Das macht nachlässiger- und praktischerweise keiner im Alltag - aber nachlässig und praktisch darf man nur mit Sprache umgehen, wenn man Sachen begriffen hat.

Pluto hat geschrieben:So was passiert doch laufend, weil auch die Sprache evolviert. Wo ist das Problem?
Dass völlig unterschiedliche Inhalte in der Hülle des gleichen Wortes unterwegs sind.

Pluto hat geschrieben:denn der Geruch einer Rose ist nur Wahrnehmung.
Alles ist Wahrnehmung, was den Menschen zugänglich ist.

Interpretiert man Shakespeare im Sinne des Universalienstreits, ergreift er mit seinem Spruch Partei für die sogenannten "Realisten". "Realisten" nannte man damals diejenigen, die (wie Plato) die Realität als absolute Entität verstanden. Heute würde man (verwirrenderweise) solche Menschen mit "Idealisten" oder "Spirituelle" übersetzen. Er sagt damit: Auch wenn Du das Wort "Rose" durch "Kartoffel", "Mehrrettich" oder sonstwas ersetzt - und auch wenn Du Schnupfen hast - all das wird nichts an der absoluten Entität der "Rose" ändern - sie hat ihre Eigenschaften - unabhängig von unseren Sprachakrobatien, Wertungen und Schnupfen.

Die Gegenposition wäre: Rosen riechen erst, wenn der Geruch nachgewiesen ist.

Pluto hat geschrieben:Das ist eine Frage die man vielleicht eher an einen Theologen richten sollte.
Könnte man. - Bis da was kommt, müssen wir damit leben, dass "Realität" im platonischen Sinne etwas ganz anderes ist als im naturalistischen Sinne.

Pluto hat geschrieben:Erkläre du mir doch bitte was Agape mit Realität gemein hat.
Mit platonischer oder naturalistischer Realität? :lol:

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#124 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von Pluto » Mo 5. Mai 2014, 21:24

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Deine Aussage klingt nach einem Dogma der Unfehlbarkeit von Platon.
Plato selber ist egal. - Es geht um seine Grundaussage, nämlich: Dass Realität etwas Absolutes ist, dem man sich über Wahrnehmung nur annähern kann.
Hat nicht Platon auch Gedanken, Ideen und Empfindungen als Realität "gesetzt"?

Insofern könnten wir nie sagen "Ich erkenne Realität" oder "Dieses ist Realität und jenes nicht" - wir können nur sagen "Nach den Setzungen unseres (jeweiligen) Wahrnehmungs-Modells ist dieses oder jenes Realität".
Die Wsissenschaft ermöglicht es uns der Realität beliebig zu nähern — es ist nur eine Frage Zeit und des Aufwands den wir betreiben wollen. Gibt es eine bessere Methode?

Dass völlig unterschiedliche Inhalte in der Hülle des gleichen Wortes unterwegs sind.
Gaube ich nicht. Dafür gibts schließlich Duden und Wikipedia.

Pluto hat geschrieben:denn der Geruch einer Rose ist nur Wahrnehmung.
Alles ist Wahrnehmung, was den Menschen zugänglich ist.

Interpretiert man Shakespeare im Sinne des Universalienstreits, ergreift er mit seinem Spruch Partei für die sogenannten "Realisten". "Realisten" nannte man damals diejenigen, die (wie Plato) die Realität als absolute Entität verstanden.
Das wäre eine Fehlinterpretation, denn der Julia geht es in Romeo und Julia lediglich um den Namen, nicht um den Duft der Rose — andere Baustelle. :P

Pluto hat geschrieben:Erkläre du mir doch bitte was Agape mit Realität gemein hat.
Mit platonischer oder naturalistischer Realität? :lol:
Vielleicht solltest du es mit Warhnehmung versuchen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Halman
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#125 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von Halman » Mo 5. Mai 2014, 21:33

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:1. Unwahrscheinlichkeit ist nicht auf den transzendenten Bereich übertragbar (Kategorienfehler)
2. Indizienlose Willkürlichkeit ist ungleich indiziengestützem Glaubensbekenntnis
Halman hat geschrieben:Eher ermüdend. :yawn:
Warum postest du solche Behauptungen, wenn du nicht willst, dass man sie hinterfragt?
Weil wir den transzendenten Bereich nur glauben können, wir können ihn nicht erfassen. Als ermüdend empfinde ich, diesen Bereich so zu behandeln wie die naturalistische Welt - dies führt zu sinnleeren Endlosdebatten.
Die meisten Christen glauben, dass es einen jenseits unserer Welt liegende Welt gibt, die sie allgemein Himmel (heaven) nennen.
So ein Konzept lässt sich schwerlich physikalisch hinterfragen, da es außerhalb der Physik liegt. Es lässt sich auch nicht naturalistisch hinterfragen, da der Naturalismus so einen Glauben von vorn herein negiert. Wir können ihn nur religiös-theologisch diskutieren und philosophisch kritisch hinterfragen.

Pluto hat geschrieben:Also...

ad 1. Von welchem "transzendenten Bereich" sprichst du? Definiere bitte mal.
Hierbei möchte ich mich auf die Theologie von Karl Barth stützen. Die Zitate stellte mir vor einiger Zeit ein guter Freund (übrigens ein liberaler Christ), den ich allerdings nur über das Internet kenne (was man da so "kennen" nennt) zur Verfügung.
Karl Barth nimmt u.a. Bezug auf die paulinische Rede in auf Areopag in Athen (Apg 17:22-25).

Zitat von Barth - Der Römerbrief 1922:
Alle Göttlichkeiten, die diesseits der durch die Auferstehung gezogenen Linie bleiben, die in Tempeln wohnen, welche von Händen gemacht sind, und die von Menschenhänden bedient werden, alle Göttlichkeiten, die "jemandes bedürfen", nämlich des Menschen, der sie zu kennen meint (Appg 17, 24 - 25), sind nicht Gott. Gott ist der unbekannte Gott. Als solcher gibt er Allen Leben und Odem und alles. Und so ist seine Kraft weder Naturkraft, noch eine Seelenkraft, noch irgendeine von den höheren oder höchsten Kräften, von denen wir wissen oder möglicherweise wissen könnten, weder ihre oberste, noch ihre Summe, noch ihr Born, sondern die Krisis aller Kräfte, das ganz andere, an dem gemessen sie etwas sind und nichts, nichts und etwas, ihr erstes Bewegendes und ihre letzte Ruhe, ihr sie alle aufhebender Ursprung und ihr sie alle begründetes Ziel. Rein und überlegen steht die Kraft Gottes nicht neben und nicht ("supranatural") über, sondern jenseits aller bedingt-bedingenden Kräfte, nicht mit ihnen zu verwechseln, nicht an sie anzureihen, nur mit äußerster Vorsicht mit ihnen zu vergleichen. Die Kraft Gottes, die Einsetzung Jesu zum Christu, ist im strengsten Sinn Voraus-Setzung, frei von allem greifbaren Inhalt.
Der transzendente Schöpfergott, den Paulus verkündigte, ist sehr verschieden von den supernaturalistischen Göttern der alten Griechen. Er liegt jenseits unserer naturalistisch-physikalisch beschreibbaren Welt. Um ein Wort dazu finden, habe ich hierfür den Begriff transnatural ersonnen.

In diesem Link kannst Du in sein Buch Barth - Der Römerbrief 1922 reinschauen.

Karl Barth verwandte den Ausdruck supranatural, der m. W. übersinnlich bedeudet und verneinte, dass dies auf den jüdisch-christlichen Gott der Bibel zuträfe. Dieser Ausdruck ist mir nur in durch obiges Zitat von Barth bekannt. Kannst Du mir den Unterschied zu supernatural erklären?

Zitat von Barth - Der Römerbrief 1922:
Die Christusgemeinde kennt keine an sich heiligen Worte, Werke und Dinge, sie kennt nur Worte, Werke und Dinge, die als Negation auf den Heiligen hinweisen. Es bezöge sich alles "christliche" Wesen nicht auf die Heilsbotschaft, es wäre menschliches Beiwerk, gefährlicher religiöser Rest, bedauerliches Missverständnis, sofern es allenfalls statt Hohlraum Inhalt, statt ... statt Ausdruck des Entbehrens und der Hoffnung Ausdruck eines Habens und Seins sein wollte. Wollte es das, würde es aus Christus-tum zum Christen-tum, zu einem Friedensschluss oder auch nur zu einem modus vivendi mit der diesseits der Auferstehung in sich selbst schwingenden Weltwirklichkeit, so hätte es mit der Kraft Gottes nichts mehr zu tun. Das sog. Evangelium stünde in diesem Gedränge zwischen den anderen Welt-Religionen und Welt-Anschauungen. Denn auf die Befriedigung religiöser Bedürfnisse, auf die Herstellung wirksamer Illusionen über unser Wissen von Gott und besonders unser Leben mit ihm versteht sich die Welt sicher besser als ein sich selbst missverstehendes Christentum. Es wäre dann Anlass da, sich des Evangeliums zu schämen. Paulus aber meint die Kraft des unbekannten Gottes: "Was kein Auge gesehen, kein Ohr gehört, was in keinem Menschen Herz gekommen ist." Darum schämt er sich des Evangeluums nicht.
Als Paulus den Griechen das Evangelium verkündete, bezog er sich dabei auf einen Altar, auf dem Stand: Einem unbekannten Gott. Auf dem Areopag befanden sich auch einige epikureische und stoische Philosophen. Vielleicht erinnerten sie sich an Xenophanes. Er urteilte, dass die Götter durch die Stehlen und Dichtungen Homers zu sehr vermenschlicht wurden. Diese Götter boten dem Naturdichter, der durch den Verlust seiner Heimat gekränkt war, keinen Halt, denn die Götter handelten ebenso unsittlich, wie die Menschen und konnten so keine Vorbilder sein.
So erdachte Xenophanes einen neuen Gott, der frei von Begierden und ewig ist und die Welt durch seine Gedanken lenkt. Dieser "Philosophengott" hatte nur Spot für die uns so bekannten vermenschlichten Götter übrig.

Das ist wirklich bemerkenswert. Denn auch die jüdischen Propheten verkündeten einen ewigen Gott, einen allherrschenden Geist, der für die Götter/Götzen nur Spott übrig hatte. Der Prophet Jesaja treibt dies auf die Spitze, indem dort beschrieben wird, wie ein Mann aus dem Holz eines Baumes Brennholz macht und sich an dem Feuer wärmt. Aus dem Rest schnitzt er sich einen Götzen und betet zu ihm: "Rette mich!"
Xenophanes' "Philosophengott" scheint mir einige Parallelen zum biblischen Schöpfergott aufzuweisen.

Zitat von Barth - Der Römerbrief 1922:
Die Welt hört nicht auf Welt zu sein, und der Mensch bleibt Mensch, indem er es vernimmt. Ihm bleibt zu tragen die ganze Last der Sünde und der ganze Fluch des Todes. Keine Selbsttäuschung über den Tatbestand unseres Da-Seins und So-Seins! Die Auferstehung, die unser Ausgang ist, ist auch unsre Schranke. Aber die Schranke ist auch der Ausgang. Das Nein, das uns entgegentritt, ist das Nein Gottes. Was uns fehlt, ist auch das, was uns hilft. Was uns begrenzt, das ist neues Land. Was alle Weltwahrheit aufhebt, das ist auch ihre Begründung. Gerade weil Gottes Nein! ganz ist, ist es auch sein Ja! So haben wir in der Kraft Gottes den Ausblick, das Tor, die Hoffnung. Und damit die Richtung des schmalen Wegs auch in dieser Welt, die Möglichkeit immer den nächsten kleinen Schrit in "getroster Verzweiflung" (Luther) zu gehen.
Diesbezüglich verweise ich auf Rö 8:18-24.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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Halman
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#126 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von Halman » Mo 5. Mai 2014, 21:35

Nachtrag:
Zitat von Barth - Der Römerbrief 1922:
Die Heilsbotschaft fordert Glauben. Nur für den Glaubenden ist sie "Kraft Gottes zur Errettung". ... "Der Glaube richtet sich auf unsichtbare Dinge. Damit also Gelegenheit für den Glauben ist, muss alles, was geglaubt wird, verborgen sein. Es wird aber am tiefsten verborgen, wenn es dem Augenschein, den Sinnen und der Erfahrung gerade entgegengesetzt ist. Wenn Gott also lebendig macht, so tut er es, indem er tötet, wenn er rechtfertigt, so tut er es, indem er uns schuldig macht, wenn er uns in den Himmel führt, so tut er es, indem er uns zur Hölle führt"(Luther). Die Heilsbotschaft ist nur glaubwürdig, sie kann überhaupt nur geglaubt werden. Darin besteht ihr Ernst, dass sie sich zur Wahl stellt: dem, der dem Widerspruch und dem Verharren im Widerspruch nicht gewachsen ist, zum Ärgernis - dem, der die Notwendigkeit des Widerspruchs nicht ausweichen kann, zum Glauben. Das ist Glaube: der Respekt vor dem göttlichen Inkognito, die Liebe zu Gott im Bewusstsein des qualitativen Unterschieds von Gott und Mensch, Gott und Welt, die Bejahung der Auferstehung als Weltenwende, also die Bejahung des göttlichen Nein! im Christus das erschütterte Haltmachen vor Gott ...
wer sich also schließlich bekennt zu diesem Widerspruch und sich unterwindet, sein Leben darauf zu gründen, der glaubt. Wer Gott vertraut, Gott selbst und Gott allein, d.h. wer die Treue Gottes darin erkennt, dass wir in den Widerspruch zum Da-Sein und So-Sein dieser Welt versetzt sind, wer diese Treue mit Gegentreue erwidert, wer mit Gott Dennoch! sagt und Trotzdem!, der glaubt.
Der christiche Glaube erscheint also paradox, der Vernunft widersinnig, aber dennoch - auch christlicher Sicht - glaubhaft. Aus dem "Nein" Gottes zum homo incurvatus in se, dem in sich gekrümmten Menschen, der durch Werke Außerstande ist, sein Heil selbst zu bewirken, erwächst die Hoffnung, da Gottes Gnade den Menschen aufrichtet (Rö 8:35-39). Es ist nicht die Hinwendung des Menschen zu Gott, sondern die Hinwendung Gottes zum Menschen, die der Mensch nur anzunehmen braucht. Diese Hinwendung erfolgt still und leise - die Liebe wirbt ohne Zwang.

Hoffentlich waren meine Beiträge nicht zu theologisch.

(Es sein angemerkt, dass ich die traditionelle Höllenlehre negiere.)

Pluto hat geschrieben:ad 2. Welche tatsächlichen Indizien hast du für die Existenz einer, wie auch immer gearteten, Transzendenz?
Diese Frage werde ich später beantworten. ;)
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#127 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von closs » Mo 5. Mai 2014, 22:25

Pluto hat geschrieben:Hat nicht Platon auch Gedanken, Ideen und Empfindungen als Realität "gesetzt"?
Da kenne ich ihn zu wenig - ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass er die Idee der absoluten Realität mit subjektiven Empfindungen ("heute geht's mir gut") in einen Topf wirft.

Grundsätzlich ist aber richtig, dass seine Ideen-Lehre Folge einer Setzung ist - nichts geht bei Wahrnehmung ohne Setzung (bis auf eine - s.u.).

Diese "Ideen" (zu denen auch der Humanismus gehört) sind aus meiner Sicht Folge des "Cogito ergo sum" - die Erkenntnis, dass die Erkenntnis des Ich die einzige ist, die setzungsfrei ist. - Am Anfang ist also das Bewusstsein des Ich. - Aus diesem Bewusstsein des Ich überlegt der Mensch nun, wie er die Welt erfassen kann.

Der eine setzt, dass die naturalistische Welt selbst das Alpha und Omega ist - der andere setzt, dass die naturalistische Welt eine Ableitung des Alpha und Omega ist. - Der naturalistische Mensch begründet dies mit seiner Methodik (vgl. Popper) - der platonische/spirituelle/christliche Mensch begründet dies mit Logik, Dialektik oder - weniger intellektuell - mit persönlicher Empfindungs-Erkenntnis.

Pluto hat geschrieben:Die Wsissenschaft ermöglicht es uns, der Realität beliebig zu nähern
Das gilt für die selbst-definierte Realität - ganz sicher nicht für die platonische/transzendente Realität.

Pluto hat geschrieben: Gibt es eine bessere Methode?
Für die naturalistische Realität ist mir keine bekannt, die annähernd so gut durch-strukturiert wäre. - Allerdings soll man auch im naturalistischen Sinne Erkenntnis-Instrumente wie Instinkte/Eingebungen/etc. nicht vergessen - die selbstverständlich weder objektivierbar nocht intersubjektiv nachweisbar sind. - Insofern: Es gibt keine bessere Methode als die Naturwissenschaft.

Pluto hat geschrieben: Dafür gibts schließlich Duden und Wikipedia.
Diese Quellen vollziehen Bedeutungsänderungen nach - sind also nur sehr bedingte Quellen für Begriffs-Geschichte. - Dazu eine kleine Geschichte, die mir gerade einfällt:

Im TV gibt es eine (recht harmlose) Sendung, die lautet "Wahrheit oder Mythos". - Worauf ich hinaus will: Wie muss eine Zeit gestrickt sein, dass sie "Mythos" als Gegenpol zur "Wahrheit" versteht? - Denn das "oder" impliziert doch, dass "Mythos" NICHT Wahrheit ist. - In einer geistig anspruchsvollen Zeit wäre ein solcher Schnitzer nicht denkbar.

Zurück zu Duden und Wikipedia: Beide beobachten (Duden tut dies sicherlich professioneller), wie Sprache sich entwickelt. - Und wenn ein Begriff eine Bedeutung im Sprachgebrauch verliert, wird sie irgendwann auch nicht mehr von Duden oder Wikipedia beachtet. - Würden also Duden und Wikipedia "Realität" ausschließlich in Deinem Sinne definieren, dann hieße dies lediglich, dass die platonische/tranzendente/christliche Bedeutung des Wortes nicht mehr präsent ist.

Das ist sprachwissenschaftlich interessant - philosophische Fragen kann man damit aber nicht aushebeln - da gilt: "A rose is a rose".

Pluto hat geschrieben:Alles ist Wahrnehmung, was den Menschen zugänglich ist.
Genau. - Somit besteht "Realität" aus den Teilmengen (A) was der Fall ist, was zugänglich ist, und (B) was der Fall ist, was NICHT zugänglich ist.

Pluto hat geschrieben:Das wäre eine Fehlinterpretation, denn der Julia geht es in Romeo und Julia lediglich um den Namen
Bei Shakespeare wie auch bei Goethe wie auch bei der Bibel wie auch bei Bach schätze ich, dass Alltags-Szenen universalen Charakter haben. - Das heisst: (A) Du hast einerseits recht, (B) Shakespeare hätte es andererseits nicht geschrieben, wenn er an dieser kleinen Stelle nicht in die geistige Tiefe hätte gehen können.

Pluto hat geschrieben:Vielleicht solltest du es mit Warhnehmung versuchen.
Das würde auf die Basics zurückführen: "Cogito ergo sum". - Damit wäre wir aus der Polarisierung von naturalistischen und transzendenten Realitäts-Begriffen raus - denn im "Cogito ergo sum" gibt es beides ständig nebeneinander.

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#128 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von Demian » Mo 5. Mai 2014, 22:47

Halman hat geschrieben:Hoffentlich waren meine Beiträge nicht zu theologisch.

Wie sie von außen wahrgenommen werden ist völlig egal. Entscheidend ist ob sie Liebe und Wahrheit hervorbringen. Das tun deine Beiträge, in meinen Augen.

(Es sein angemerkt, dass ich die traditionelle Höllenlehre negiere.)

Das ist zum Glück nicht unser Business! :lol: - Jesus hat eine Liebeslehre vertreten. Der religiöse Geist hat daraus zwar eine Höllenlehre gemacht, aber eben dieser religiös-gesetzliche Geist hat keine göttliche oder liebevolle Ausstrahlung. Darin steckt keine Gnade. Jesus ging es aber um die vollkommene Vergebung, Erneuerung und Wiederherstellung oder Neuschöpfung des Menschen durch die geistliche Gemeinschaft mit dem Vater. Die Hölle ist somit (in unsrer heutigen Sicht) ein Symbol für die Ferne des Menschen zu Gott (und den damit verbundenen geistigen Qualitäten und Gaben).

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#129 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von Pluto » Di 6. Mai 2014, 21:31

closs hat geschrieben:Diese "Ideen" (zu denen auch der Humanismus gehört) sind aus meiner Sicht Folge des "Cogito ergo sum" - die Erkenntnis, dass die Erkenntnis des Ich die einzige ist, die setzungsfrei ist. - Am Anfang ist also das Bewusstsein des Ich. - Aus diesem Bewusstsein des Ich überlegt der Mensch nun, wie er die Welt erfassen kann.
Nein. Denn es geht auch anders herum: Ich bin, also denke ich. -- Was ich damit meine, ist folgendes:
Zuerst ist der Körper mit dem Gehirn da, was dann realisiert "Aha! Ich kann denken". Das ist mE auch sehr viel plausibler, weil wir schliesslich in der Welt von so vielen Dingen umgeben sind, die keinerlei Bewusstsein haben.

Der eine setzt, dass die naturalistische Welt selbst das Alpha und Omega ist - der andere setzt, dass die naturalistische Welt eine Ableitung des Alpha und Omega ist. - Der naturalistische Mensch begründet dies mit seiner Methodik (vgl. Popper) - der platonische/spirituelle/christliche Mensch begründet dies mit Logik, Dialektik oder - weniger intellektuell - mit persönlicher Empfindungs-Erkenntnis.
Welche Methode liefert falsifizierbare Ergebnisse?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Die Wissenschaft ermöglicht es uns, der Realität beliebig zu nähern
Das gilt für die selbst-definierte Realität - ganz sicher nicht für die platonische/transzendente Realität.
Kannst du begründen, warum du dies so setzt (ausser dem Glauben natürlich)?

closs hat geschrieben:Es gibt keine bessere Methode als die Naturwissenschaft.
Mein ich doch!

Würden also Duden und Wikipedia "Realität" ausschließlich in Deinem Sinne definieren, dann hieße dies lediglich, dass die platonische/tranzendente/christliche Bedeutung des Wortes nicht mehr präsent ist.
Weder war das mein Sinn, noch interpretieren die Lexika das so. Sie spiegeln wieder was in der Welt der Sprache (als Verständigung) üblich ist, und geben meist auch einen geschichtlichen Einblick über die Entstehung eines Begriffs.

Das ist sprachwissenschaftlich interessant - philosophische Fragen kann man damit aber nicht aushebeln - da gilt: "A rose is a rose".
Shakepeares Aussage war nicht philosophisch, wie du es gerne hinstellen willst, sondern reine Semantik.

Genau. - Somit besteht "Realität" aus den Teilmengen (A) was der Fall ist, was zugänglich ist, und (B) was der Fall ist, was NICHT zugänglich ist.
Was meinst du genau damit? Beschreibe bitte mal das, was uns nicht zugänglich ist!

Das heisst: (A) Du hast einerseits recht, (B) Shakespeare hätte es andererseits nicht geschrieben, wenn er an dieser kleinen Stelle nicht in die geistige Tiefe hätte gehen können.
Die Rede Julias ist Romantik pur, mit einigen semantischen Wortspielereien, die so tyisch für Shakespeare sind. In die Tiefe gehen, wollte er hier gar nicht. Wenn etwas tief war, dann ist es seine meisterhafte Beschreibung der Liebe zwischen zwei Menschen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#130 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von Halman » Mo 2. Jun 2014, 17:51

Pluto hat geschrieben:ad 2. Welche tatsächlichen Indizien hast du für die Existenz einer, wie auch immer gearteten, Transzendenz?
Lieber spät als nie. :) Wie versprochen, antworte ich nun auf diese Frage. In diesem Beitrag möchte ich nicht ins Detail gehen, sondern stattdessen mein „Glaubensgebäude“ grob skizzieren.
Mein Glaube steht auf vier „Säulen“ oder „Standbeinen“. Im Folgenden werde ich auch versuchen, meinen „Glaubensäulen“ die passenden Gottes“beweise“, die ich aus logischen Gründen Gotteshinweise nenne, zuzuordnen (für Kritik bin ich dankbar, falls mir versehendlich logische Fehler unterlaufen sind):
• Die Betrachtung der Welt und ihre mögliche Deutung als Schöpfung: Dies lässt sich durch den kosmologischen – und telelogischen Gotteshinweis unterstützen. Biblisch lässt sich dies durch Jesaja, David und Paulus untermauern.
• Die Betrachtung des Menschen (Selbstbetrachtung, insbesondere von Bewusstsein und Gewissen: Dies lässt sich durch den telelogischen – und moralischen Gotteshinweis unterstützen. Biblisch lässt sich dies durch David, Salomo und Paulus untermauern.
• Die intuitive Suche nach einer göttlichen Offenbarung und [in meinem Fall] die Untersuchung der Bibel. Dies kann dazu führen, darin Gottes Wort in Menschen Schrift zu erkennen. Dies lässt sich durch den ontologischen Gotteshinweis unterstützen. Biblisch lässt sich dies durch Paulus untermauern.
• Das Lebens“experiment“ des Glaubens, d. h. Glauben als Lebensentwurf praktizieren (Korrelation von Schrift und [Gebets]Erfahrungen). Dies lässt sich durch den ontologischen – und moralischen Gotteshinweis unterstützen. Biblisch lässt sich dies durch die Apostel untermauern.

Bei Interesse bin ich gerne bereit, differenzierter auf Einzelne Aspekte einzugehen bzw. diese zu erläutern. Erwartet aber bitte keine „akademischen Essays“, ich bin kein Theologie oder Philosoph, sondern einfach nur ein kritisch-gläubiger Normalbürger.

Falls eine Diskussion erwünscht ist, wäre mein Vorschlag die einzelnen „Säulen“ der Reihe nach „abzuarbeiten“.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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