Von der Schönheit

Philosophisches zum Nachdenken
Pluto
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#1 Von der Schönheit

Beitrag von Pluto » Do 6. Feb 2014, 21:22

Die meisten Leute würden beim Anblick dieses Bildes sagen, dass der Saturn ein wunderschöner Planet ist.

Bild
[Quelle: http://www.frieber.co.at]

closs meint dazu z. Bsp.
closs hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Dazu müsste man jedoch "Schönheit" definieren. - HÄTTE es etwas mit Harmonie zu tun, könnte es etwas mit harmonischen (gleichmäßigen) Strukturen der Realität zu tun haben. - Beispiel: In diesem Sinne wäre eine Kugel harmonischer als ein unregelmäßiges 27-Eck. - Aber das wäre ein eigenes Thema.
Also machen wir das mal...

Was ist Schönheit, und woher kommen unsere Schönheitsideale?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#2 Re: Von der Schönheit

Beitrag von closs » Do 6. Feb 2014, 21:55

Pluto hat geschrieben:Was ist Schönheit, und woher kommen unsere Schönheitsideale?

Da hat wiki eine sehr brauchbare Definition:

"Schönheit als Gegensatz zu Hässlichkeit ist ein abstrakter Begriff, der stark mit allen Aspekten menschlichen Daseins verbunden ist. Mit der Bedeutung dieses Worts beschäftigt sich hauptsächlich die philosophische Disziplin der Ästhetik. Wie jede Wertung, ist dieser positiv besetzte Begriff von Wertvorstellungen (Bewertungsmaßstäben) und Bewertungszielen abhängig, die auch durch gesellschaftliche Konventionen geprägt werden".

Beispiel: Wenn Du Dir Frauen-Akte durch die Zeiten anguckst, wirst Du in der Zeit von Rubens den damals bevorzugten Typus der klein-busigen Frau mit breitem, weichen Becken finden. - Heute würde man dafür gemobbt werden: "Lass Dir Silikon einsetzen und nimm ab".

Ähnliches gilt für die Taille: In Kulturen, in denen es Hunger gibt, findet man es "schön", wenn eine Frau keine ausgeprägte ("ausgehungerte") Taille hat - auch das ist in der heutigen Modernität nicht cat-walk-fähig.

Trotzdem kann es objektive Kriterien geben - Stichwort: Goldener Schnitt. - Auch gibt es Kunstwerke, die über Jahrhunderte (wahrscheinlich Jahrtausende) von geistigen Menschen verstanden werden - Stichwort: J.S.Bach.

Es gibt da also mindestens zwei unterschiedliche Ansätze:
a) Zeitgeist-Bedingtes - das macht in der jeweiligen Zeit das Gros aus und gilt dann als Maßstab
b) Geist-Bedingtes - das hat in der Zeit seines Entstehens meistens keine Mehrheit, wird aber von den Bevollmächtigten in allen Zeiten erkannt. - C.G. Jung hat dazu (im Rahmen seiner Archetypen-Lehre) gesagt, dass der echte (!!!) Künstler immer gleichzeitig in seiner Zeit und über allen Zeiten sei.

Pluto
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#3 Re: Von der Schönheit

Beitrag von Pluto » Do 6. Feb 2014, 22:48

closs hat geschrieben:Da hat wiki eine sehr brauchbare Definition:

"Schönheit als Gegensatz zu Hässlichkeit ist ein abstrakter Begriff, der stark mit allen Aspekten menschlichen Daseins verbunden ist. Mit der Bedeutung dieses Worts beschäftigt sich hauptsächlich die philosophische Disziplin der Ästhetik. Wie jede Wertung, ist dieser positiv besetzte Begriff von Wertvorstellungen (Bewertungsmaßstäben) und Bewertungszielen abhängig, die auch durch gesellschaftliche Konventionen geprägt werden".
Sehr schön! :thumbup:

Trotzdem kann es objektive Kriterien geben - Stichwort: Goldener Schnitt.
Der Goldene Schnitt ist nicht objektiv, sondern auch subjektiv. Er "gefällt" halt.
Alle verwendeten den Goldenen Schnitt: Von den Archtikten des Parthenon, bis hin zu den Erbauern von Bildschirmen... alles war früher 4:3, heute ist es 16:9.

C.G. Jung hat dazu (im Rahmen seiner Archetypen-Lehre) gesagt, dass der echte (!!!) Künstler immer gleichzeitig in seiner Zeit und über allen Zeiten sei.
Bin zwar kein C.G. Jung Fan, aber das ist gut, ja! :thumbup:
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#4 Re: Von der Schönheit

Beitrag von Pflanzenfreak » Do 6. Feb 2014, 23:14

Pluto hat geschrieben:Was ist Schönheit, und woher kommen unsere Schönheitsideale?
Ja, warum finden Menschen kugelrunde Sterne schön aber kugelrunde Menschen nicht?

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#5 Re: Von der Schönheit

Beitrag von closs » Do 6. Feb 2014, 23:46

Pluto hat geschrieben: Er "gefällt" halt.
Aber warum gefällt er auffällig oft in völlig verschiedenen Kulturen?

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#6 Re: Von der Schönheit

Beitrag von Pluto » Do 6. Feb 2014, 23:47

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Er "gefällt" halt.
Aber warum gefällt er auffällig oft in völlig verschiedenen Kulturen?
Sagte ich's nicht schon?
Weil wir alle dieselben biologischen Vorfahren haben.

Wusstest du, dass das Parthenon an den Seiten 16 und vorne 9 Säulen hat, also ein Grundriss genau wie das Bild eines modernen TV- oder Computerbildschirms hat?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#7 Re: Von der Schönheit

Beitrag von closs » Do 6. Feb 2014, 23:58

Pluto hat geschrieben:Wusstest du, dass das Parthenon an den Seiten 16 und vorne 9 Säulen hat, also ein Grundriss genau wie das Bild eines modernen TV- oder Computerbildschirms hat?
Wusste ich konkret nicht - könnte aber etwas mit dem Goldenen Schnitt zu tun haben.

Pluto hat geschrieben:Weil wir alle dieselben biologischen Vorfahren haben.
Welche Nutzen könnte es haben (Evolution rechnet ja in Nutzen), dass man eine solche Relation Breite/Höhe vorzieht?

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#8 Re: Von der Schönheit

Beitrag von Pluto » Fr 7. Feb 2014, 00:12

closs hat geschrieben:Welche Nutzen könnte es haben (Evolution rechnet ja in Nutzen), dass man eine solche Relation Breite/Höhe vorzieht?
Evolution "rechnet" nicht.
Gene verändern sich nicht auf Befehl, um einen Nutzen zu bringen, sondern ein Gen ist "der Fall". Mutationen sind zufällig, müssen also nicht eintreffen. Es gibt Gene die eine halbe Milliarde Jahre alt sind.
Im diesem Fall spielt Schönheit aus "Sicht" der Selektion wohl keine große Rolle, so lange das Gen bleibt wie es ist, ändert sich am Empfinden für die Proportionen geometrischer Formen auch nichts.
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#9 Re: Von der Schönheit

Beitrag von sven23 » Fr 7. Feb 2014, 07:39

closs hat geschrieben: Beispiel: Wenn Du Dir Frauen-Akte durch die Zeiten anguckst, wirst Du in der Zeit von Rubens den damals bevorzugten Typus der klein-busigen Frau mit breitem, weichen Becken finden. - Heute würde man dafür gemobbt werden: "Lass Dir Silikon einsetzen und nimm ab".


Stimmt, das sind aber eher Modeerscheinungen. Darüber hinaus gibt es allgemeingültige und kulturübergreifende Kriterien, die Schönheit oder Attraktivität auszeichnen, wie der Verhaltensforscher Karl Grammer festgestellt hat. Z. B. wird ein Gesicht in allen Kulturen als schön empfunden, wenn es möglichst symmetrisch ist, ovale Form hat, große Augen (Kindchenschema) und hohe Wangenknochen hat. Attraktivität und Jugendlichkeit signalisieren Gesundheit, und die ist wichtig zur Forpflanzung. So gesehen läßt sich Schönheit auch evolutionär begründen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#10 Re: Von der Schönheit

Beitrag von closs » Fr 7. Feb 2014, 09:10

Pluto hat geschrieben:Evolution "rechnet" nicht.
Das war in " " gemeint. - Damit habe ich gemeint, dass es Grund gibt, warum sich Gene verändern - nämlich den Nutzen. Gene ändern sich nicht, weil sie etwas an sich Schönes hervorbringen wollen - das ist Nebenprodukt.

sven23 hat geschrieben: wird ein Gesicht in allen Kulturen als schön empfunden, wenn es möglichst symmetrisch ist, ovale Form hat, große Augen (Kindchenschema) und hohe Wangenknochen hat.
Das glaube ich auch - ABER:

Unsere Gesellschaft macht ja vor, dass es erheblich davon abweichende Schönheits-Ideale geben kann. Wenn man sich die Cat-Walk-Ideale sowie die Ideale für den "roten Teppich" anschaut, ist das eher das pure Gegenteil. Da werden Typen wie Donatella Versace ernsthaft als Vorbilder verkauft. - Andererseits ist die Alltagsmode in den letzten Jahrzehnten immer natürlicher geworden. - Warum es diese Gegenläufigkeit gibt, weiß ich nicht.

Berufsbedingt war ich lange Jahre Gast beim "Ball des Sports" - ich habe nie so viele schöne und so viele häßliche Menschen gesehen. - Da die wunderschön gebaute Sportlerin mit gesundem, hellem Gesicht und die 60jährige reiche, natürlich und zurückhaltend geschminkte Frau in sehr teurer und immens geschmackvoller Kleidung - dort die tot-geschminkten Totenmasken in neuester Mode. - Und so wandelt man auf engsten Raum zwischen dem blühenden Leben und verwelkten Zombies. Wobei "Verwelkung" keine Frage des Alters ist - da gab es sehr viel 40-jährige Verwelkte.

sven23 hat geschrieben: Attraktivität und Jugendlichkeit signalisieren Gesundheit, und die ist wichtig zur Forpflanzung.
Vielleicht besteht der Zusammenhang darin, dass es im Geld- und Mode-Adel heute keinen inneren Bezug zur Fortpflanzung mehr gibt. - Wenn ein durch Schwangerschaft ausgebeulter Bauch nicht als schön gelten darf, ist das auch ein Ausdruck von Dekadenz.

Vor ca. 40 Jahren hat der STERN mal Obdachlose eingeladen und sie in neuester Mode fotografiert - da kamen recht passable Bilder raus. - So ähnlich kommt einem das oft in der Mode- und Geld-Welt vor: Geistig Obdachlose, die mit teurem Stoff und sonstigen Utensilien künstlich hoch-stilisiert werden. - Und trotzdem: Innere Verwahrlosung kann man für manches Auge nicht kaschieren.

Um positiv zu enden: In den oberen Kreisen der Gesellschaft gibt es dann wieder auch diesen Typ von Menschen, der sein Niveau nicht aus Geld und Mode schöpft. - Und wenn solche Menschen ihr (vorhandenes!!) Niveau mit Kleidung und Schmuck unterstreichen, kann man manchmal nicht mehr weggucken.

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