Descartes und die menschliche Seele

Philosophisches zum Nachdenken
SilverBullet
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#651 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von SilverBullet » Do 27. Okt 2016, 18:13

closs hat geschrieben:Denn: wärest Du ein rein geistiges Wesen, bräuchtest Du keine Res extensa namens Hirn.
Das ist eine sinnlose Aussage, denn es gibt nirgendwo einen Zusammenhang, was ein „geistiges Wesen“ sein soll.

Zitat-closs. OB Du ein rein geistiges Wesen bist oder nicht, ist aber nicht falsifizierbar.
Wie auch, wenn du nicht sagen kannst, worum es da gehen soll.

closs hat geschrieben:Descartes sagt aber: Ich zweifle ALLES an - auch, dass meine Wahrnehmung "echt" ist - und komme zum ERgebnis, dass "Ich" immer noch da bin,selbst wenn meine Wahrnehmung NICHT "echt" wäre.
Wann und wo zweifelt er „das Ich“ als einer vom Körper unabhängigen Existenz an?
Richtig, gar nicht.

closs hat geschrieben:Nach meinem Verständnis von "Ich" finden in ihm Zusammenhänge statt, aber auf der Basis eigener Entität. - Das Ich ist nicht nur ein Vorgang.
Erstaunlich dass du das Wort „Verständnis“ mit „in ihm finden Zusammenhänge statt“ in einem Satz nennst.
Was ist denn ein Zusammenhang deiner Meinung nach?
Was ist das „Ich“ und wieso können Zusammenhänge „in diesem Ich“ stattfinden?

closs hat geschrieben:Richtig - deshalb wird es ja nicht "einfach behauptet", sondern logisch nachgewiesen.
Es gibt diesen Nachweis nicht und auch keine Aktivität, die man als Versuch eines Nachweises deuten kann – nenn die Details.

closs hat geschrieben:In meiner sinnlichen Wahrnehmung kenne ich auch keinen
Aha, du kannst also keine Korrektheit zu deiner Behauptung liefern.
Warum sollte man sie dann beachten?

closs hat geschrieben:Dann muss man auch Dein Regelwerk in Frage stellen
Welches Regelwerk?

closs hat geschrieben:…und stattdessen ontologisch aufbauen (= was könnte unabhängig von dem, was wir wahrnehmungs-mäßig auf die Reihe kriegen, sein).
Dann ist Ontologie eine reine So-Tun-Als-Ob-Disziplin – das überlasse ich gerne denen, die keine Korrektheit liefern wollen.

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fin
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#652 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von fin » Do 27. Okt 2016, 18:29

-- Kleines Backup --

[quote="Pluto"][quote="closs"]Das ist es ja - das ist doch der Grund, warum ich diese Sprachschlamperei kritisiere. - Warum musste die Naturwissenschaft ausgerechnet dasselbe Wort annektieren, das bereits geisteswissenschaftlich über Jahrtausende semantisch ganz anders besetzt ist? - Da hätte man sich doch ein eigenes Wort ausdenken können, wenn man schon was anderes meint.[/quote] Die Naturwissenschaft hat nichts "annektiert".
Es ist dasselbe Thema, nur wird es heute wissenschaftlich analysiert, und das scheint einigen Leuten wie Frau Zunke, nicht zu gefallen, also halten sie dagegen.

[quote="Novalis"] Die interessante Frage ist für mich: warum gibt es überhaupt denkende Wesen, die Fragen stellen und eine Weltsicht haben?[/quote]So ist es. - Die Antwort darauf, die ich bisher naturalistischerseits gehört habe, war, dass diese Fähigkeit ein Kollateral-Schaden der Evolutions-Theorie sei - sozusagen eine Entgleisung der Neugierde an der Welt.[/quote]
Die Entwicklung von Neuronen und Gehirnen entwickelten sich letztlich aus dem Verlangen nach Lebenserhaltung. Biologisch lässt sich das in Kürze wie folgt erklären...

In grauer Vorzeit gab es nur Lebewesen ohne Neuronen. Dennoch hatten auch diese hirnlosen Spezies, den Drang am Leben zu bleiben. Neuronen bildeten einen Schritt weiter in Richtung Lebenserhaltung, in dem sie diesen Drang noch verstärkten. Danach kamen Wesen mit sog. Protohirnen, wie z.B. Würmer. die bereits soziales Verhalten zeigen. Im Normalfall futtern Würmern allein. Wenn aber Gefahr droht versammeln sie sich in Gruppen um der Gefahr zu entfliehen. Es dauerte lange bis daraus das Entscheidungszentrum (Gehirn) vieler Tierarten, insbesondere von Säugetieren entstand. Langsam, vielleicht über Jahrmillionen, entstanden in diesem Gehirn Bilder und Gedanken die wir heute "Geist" nennen. Wir wissen heute, dass das Gehirn andauernd solche Bilder erzeugt (unsere Träume sind der Nachweis dieser Bilder). Vieles davon spielt sich im Verborgenen ab. Wenn die Bilder "explosionsartig" den gesamten Cortex überwältigen, bezeichnen wir dies als bewusste Gedanken.


ps: ich hab extra noch einen screenshot angelegt, sonst glaubt mir das keiner :angel:
Zuletzt geändert von fin am Do 27. Okt 2016, 18:36, insgesamt 1-mal geändert.

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fin
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#653 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von fin » Do 27. Okt 2016, 18:34

-- Feuerwerke, Blindgänger & echte Kracher --

Pluto hat geschrieben:Wenn die Bilder "explosionsartig" den gesamten Cortex überwältigen, bezeichnen wir dies als bewusste Gedanken.

:shock: :? :roll:

Novas
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#654 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Novas » Do 27. Okt 2016, 18:42

Counterweight hat geschrieben:Nein, denn weder bin ich tot noch befinde ich mich in einer toten Steinwüste sondern ziemlich nah an der grünen Natur.
Sinnlose Frage, die du da stellst. ;)

Woher kommt dann die Idee, dass der Kosmos ein sinnleerer, geistloser und toter Raum ist, in dem unser Leben nur eine absurde Anomalie darstellt, die schon bald wieder im Nichts verschwinden wird? Fakt ist doch: so erleben wir die Welt gar nicht. Unser Leben wäre vollkommen unerträglich, wenn wir das wirklich glauben und so erleben würden. Es gibt Menschen, welche die Welt so betrachten: die sind kurz davor von der Brücke zu springen. Bei manchen Aussagen, die hier gesagt werden, würde ich noch folgendes beifügen: „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker

Novas
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#655 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Novas » Do 27. Okt 2016, 18:56

closs hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben: Ich gehe davon aus, dass Materie - als die Substanz aus der unsre gesamte Welt besteht - nur scheinbar materiell ist („Maya“)
Ich würde es noch etwas anderes ausdrücken: Es gibt sehr wohl Materie - aber sie ist nur ein besonderer Aggregatszustand des Geistes

Dem stimme ich zu. Das ist auch mit Maya gemeint. Illusion ist nur der Irrtum, dass die Materie unabhängig vom Bewusstsein existiert, darum geht es. „ALLES IST BRAHMAN (BEWUSSTSEIN)“ ist die Lehre des Vedanta. Die Schlussfolgerung ist: der ganze Kosmos ist lebendig, selbst jene Dinge, die wir „tot“ nennen sind irgendwie lebendig, auch wenn ein Stern oder Berg nicht lebendig ist wie ein Mensch, aber deswegen ist er auch nicht tot.

Wie jeder einigermaßen sensible Mensch, die Dichter, Maler und Musiker, Mystiker und Propheten aller Zeiten gespürt haben, die vom Anblick des Sternenhimmels inspiriert wurden. Wie kann er dann tot und bedeutungslos sein, wenn es den Menschen tief berührt? Ich stimme da eher der islamischen Mystik zu: „Egal wohin ich schaue, begegne ich dem Antlitz des Einen, des Geliebten (Gott), der seine göttlichen Namen und Eigenschaften durch alle Dinge und Wesen offenbart“.

Die Welt ist alles andere, als sinnleer und bedeutungslos. Die Dinge sprechen zu uns, wenn wir ihnen Gehör schenken, sie sprechen uns an, wir stehen in einer lebendigen Beziehung zu ihnen. Die Welt ist nur sinnleer und bedeutungslos, wenn das eigene Sehen sinnleer und bedeutungslos ist.

Novalis hat geschrieben: Ein Wissenschaftler, der das ganz ähnlich gesehen hat, und zu den "Querdenkern" gehört, die wussten, dass Widerspruch eine wichtige Eigenschaft ist, ist Hans Peter Dürr.
Typisch, was dann hier passiert ist: Man unterstellt ihm so etwas Ähnliches wie Alters-Demenz ("Schade, dass ein Mensch mit solchen Verdiensten sich im Alter so diskrediert". :devil: )

:lol: ja, früher hätte man eher gesagt: er ist im Alter weise geworden. Für mich ist er einfach ein moderner Weiser, der außerdem - trotz seiner Verdienste - erstaunlich demütig geblieben ist und auch von der Ebene der abstrakten wissenschaftlichen Sprache hinunter auf den Erdboden der alltäglichen Sprache kommen konnte, mit einer erfrischend kindlichen Begeisterung, mir fällt dazu das Wort Einfalt ein.
Er ist ein einfältiger alter weiser Mann geworden.

Ich hoffe, dass ich das auch einmal sein werde. Ihm war das Gerede anderer Menschen egal und er hat mutig seine innere Wahrheit ausgesprochen. Da sehe ich eine lebendige menschliche Seele und weiß: es gibt noch Grund zur Hoffnung.
Zuletzt geändert von Novas am Do 27. Okt 2016, 19:22, insgesamt 1-mal geändert.

Pluto
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#656 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » Do 27. Okt 2016, 19:22

fin hat geschrieben:-- Feuerwerke, Blindgänger & echte Kracher --

Pluto hat geschrieben:Wenn die Bilder "explosionsartig" den gesamten Cortex überwältigen, bezeichnen wir dies als bewusste Gedanken.

:shock: :? :roll:
Hast du auch was dazu zu sagen?

PS: Finde ich gut, wenn du davon ein Backup gemacht hast. In 10 oder 20 Jahren wird man dazu nur noch nicken.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Novas
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#657 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Novas » Do 27. Okt 2016, 19:28

Pluto hat geschrieben:PS: Finde ich gut, wenn du davon ein Backup gemacht hast. In 10 oder 20 Jahren wird man dazu nur noch nicken.

Dein Wort in Gottes Ohr. Das wird sich zeigen :thumbup: ich denke, dass die Zukunft eher dem offenen Dialog von Wissenschaft und Religion gehören wird und die Brücke zwischen beiden ist die Erforschung des Bewusstseins (äußerlich: Gehirnforschung, innerlich: Meditation/Kontemplation). Das ist das Heilmittel, welches die Welt so dringend benötigt. Wenn wir die Wirklichkeit wirklich verstehen wollen, dann brauchen wir beides.

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#658 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Do 27. Okt 2016, 19:39

Pluto hat geschrieben:Es ist dasselbe Thema, nur wird es heute wissenschaftlich analysiert,
Formal, aj - aber die Ebenen sind ganz unterschiedlich. - Ein Beispiel, das unzulänglich ist, aber aus meiner Sicht die Sache im Kern trifft.

Wenn es nach dem naturwissenschaftlichen Ansatz gehen würde, müssten in Zukunft nicht Kultur-SChaffende, sondern Verlage oder Netz-Betreiber den Nobelpreis für Literatur bekommen - mit der Begründung, dass ohne sie keiner von Literatur erfährt. - Das ist so, als würde man Schrift-Steller mit Schrift-Setzer verwechseln.

Pluto hat geschrieben: Vieles davon spielt sich im Verborgenen ab. Wenn die Bilder "explosionsartig" den gesamten Cortex überwältigen, bezeichnen wir dies als bewusste Gedanken.
Absolut einverstanden - ich glaube Dir das wirklich. - Aber damit ist doch nicht die Frage geklärt, ob Bewusstsein Geist "macht" oder realisiert.

Es ist doch ein Unterschied, ob Bachs "Matthäus-Passion" von Neuronen komponiert wird oder ob eine geistige Komposition durch sie in das MAterielle hinein-ermöglicht wird.

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#659 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » Do 27. Okt 2016, 19:45

closs hat geschrieben:Wenn es nach dem naturwissenschaftlichen Ansatz gehen würde, müssten in Zukunft nicht Kultur-SChaffende, sondern Verlage oder Netz-Betreiber den Nobelpreis für Literatur bekommen - mit der Begründung, dass ohne sie keiner von Literatur erfährt. - Das ist so, als würde man Schrift-Steller mit Schrift-Setzer verwechseln.
Der Anfang ist gemacht...
http://www.spiegel.de/kultur/literatur/ ... 18508.html

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Vieles davon spielt sich im Verborgenen ab. Wenn die Bilder "explosionsartig" den gesamten Cortex überwältigen, bezeichnen wir dies als bewusste Gedanken.
Absolut einverstanden - ich glaube Dir das wirklich. - Aber damit ist doch nicht die Frage geklärt, ob Bewusstsein Geist "macht" oder realisiert.
Nachweise wirst du lange suchen. Nicht das Bewusstsein macht den Geist, sondern die Reihenfolge laut Expertenmeinung ist anders herum:
Gehirn ==> Geist ==> Bewusstsein.

closs hat geschrieben:Es ist doch ein Unterschied, ob Bachs "Matthäus-Passion" von Neuronen komponiert wird oder ob eine geistige Komposition durch sie in das MAterielle hinein-ermöglicht wird.
So komplex ist das menschliche Gehirn, dass es selbst das hervorbringen kann.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#660 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Do 27. Okt 2016, 19:50

SilverBullet hat geschrieben:Das ist eine sinnlose Aussage, denn es gibt nirgendwo einen Zusammenhang, was ein „geistiges Wesen“ sein soll.
Es ist eine ontologisch naheliegende Aussage, deren Nicht-Überprüfbarkeit nichts über die Aussage sagt, sondern deren kritisch-rationaler Überprüfbarkeit. - Zwei Paar Stiefel, die Du immer wieder vermischt anziehst.

SilverBullet hat geschrieben:Wie auch, wenn du nicht sagen kannst, worum es da gehen soll.
In diesem Fall um das "Ich", das definiert ist durch "Cogito" - egal ob es geistiger oder materieller Natur ist.

SilverBullet hat geschrieben:Wann und wo zweifelt er „das Ich“ als einer vom Körper unabhängigen Existenz an?
Er zweifelt beides an: Es könnte beides wahr sein, aber er kann beides nicht falsifizieren. - Also entscheidet er sich per Glaube für die Version, dass die Res extensae "echt" sind - was ihn dazu befähigt, naturwissenschaftlich das Gehirn zu untersuchen (wenn auch mit mäßigem Erfolg).

SilverBullet hat geschrieben:Was ist das „Ich“ und wieso können Zusammenhänge „in diesem Ich“ stattfinden?
"Ich" ist definiert durch Denken-Können. - Die Zusammenhänge finden durch das Denken statt. - So kann das Denken bspw. Korrelationen der Natur in Kausalitäten uminterpretieren.

SilverBullet hat geschrieben:Es gibt diesen Nachweis nicht
Der Nachweis besteht in dem logischen Satz, dass das Denken ein Agens benötigt, auf Basis dessen gedacht werden kann. - Diese Basis bezeichnet man per Definition als "Ich".

SilverBullet hat geschrieben:Welches Regelwerk?
Das, welches Du hier ständig zitierst - Korrektheit, etc.

SilverBullet hat geschrieben:Dann ist Ontologie eine reine So-Tun-Als-Ob-Disziplin – das überlasse ich gerne denen, die keine Korrektheit liefern wollen.
Und schon machst Du wieder denselben anthropozentrischen Fehler, dass Du die Gültigkeit logischer Schlüsse nur dann akzeptierst, wenn sie durch Dein persönliches Wahrnehmungs-Korrektheits-System-Tor passen. - Anthropozentrisch.

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