Was versteht man unter Weisheit?

Philosophisches zum Nachdenken
Hemul
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#61 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von Hemul » Mi 19. Okt 2016, 22:02

Pluto hat geschrieben:
Hemul hat geschrieben:
erbreich hat geschrieben:Helmul, merkst du eigentlich, was du hier sagst? :(
Ich weiß immer was ich sage.
Bist du dir da auch ganz sicher?
Im Gegensatz zu dir immer. Ist aber verständlich, dass du als hiesiger Admin einem Buchautor hilfreich zur Seite stehst-gelle? ;)
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

erbreich
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#62 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von erbreich » Do 20. Okt 2016, 07:45

fin hat geschrieben:meine Schreibe (Antworten/Fragen) sind noch in der Mache, bzw. über den Tag so ausgeufert, daß mittlerweile ein mehrseitiger Brief zustandegkommen ist, der hier sicherlich den Rahmen sprengt, oh Mann :roll: , melde mich bald mit einer gekürzten Fassung zurück.
Gerne!

Rembremerding
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#63 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von Rembremerding » Do 20. Okt 2016, 11:43

erbreich hat geschrieben:Aber Buddha als tot zu definieren trifft die Sache nicht: Tot ist Siddharta Gotama, nicht der Buddha. Tot ist also das, was in der Wendung "Nibbana mit einem Daseinsrest" als "Daseinsrest" bezeichnet wird, nämlich das zeitliche Geistige und Körperliche, das den Menschen Siddharta Gotama zu seinen Lebzeiten konstituierte. Beim "Erlöschen" (eben: nibbana) bleibt nun nicht etwa nichts übrig, sondern das Leidlose, Todlose, das Unbedingte, Ungeschaffene. Und dieses war der "Buddha", nicht Siddharta Gotama.
Hier definierst du Buddha als philosophische Größe, die weiterlebt, was legitim ist in einer philosophischen Lehre. Das Leidlose, Todlose, Unbedingte, Ungeschaffene ist im Christentum eben Person, Jesus Christus, die lebt und jeden Menschen persönlich, individuell anspricht, aufruft, erhebt.
Ein "Buddha" zu sein kann hier nicht damit gleichgesetzt werden in Christus zu sein. Mag da eine geistige Größe agieren, ist es dort eine geistige und persönliche Größe, ja der Schöpfer selbst.
Bis zur Verwirklichung des Stromeintritts (den ich mir im Zusammenhang hier erlaube, mit der christlichen Geistestaufe gleichzusetzen). Mit dem Stromeintritt ist der Dhamma (die Wirklichkeitslehre, die Wahrheit) in das Wesen des Stromeingetretenen integriert. Ab diesem Moment ist die Heilsgewissheit da, weil der Dhamma selber - als die Wahrheit (christlich: Geist der Wahrheit; Heiliger Geist) - die Führung übernimmt indem er die Kraft ist, die den Menschen zur vollständigen Erlösung führt.
Auch hier verstehe ich dich. Und erneut der Gegensatz: die Wahrheit ist Person, Jesus Christus, keine philosophische, vielleicht sogar abstrakte Größe. Es gibt für einen Christen auf sich bezogen keinen Moment im Da-Sein, der absolute Heilsgewissheit verspricht. Aber - jetzt wird es etwas schwierig - in jedem Moment liegt die Heilsgewissheit, denn in jedem Augenblick schenkt uns die Liebe Gottes die Freiheit sich für sie zu entscheiden. In jedem Moment ist es Jesus Christus durch den Hl. Geist, der uns durch seine Liebe zu sich zieht, der unsere Entscheidungen seiner Liebe zuordnen will. Ich glaube, im Buddhismus gibt es da einen ähnlichen Ansatz.

Vielleicht kann man hier eine Gemeinsamkeit, aber auch einen Unterschied zwischen Buddhismus und Christentum feststellen: Christentum stellt sich mehr der Lebenspraxis, es gilt, nicht zu überwinden, sondern in Gottes Liebe anzunehmen. Darüber hinaus führt die christliche Mystik, die Kontemplation, die nun jenen Gedanken des Buddhismus aufgreift, Wünsche, Leid zu überwinden, um irgendwann allem irdischen entledigt in den Willen Gottes einzugehen.

Tatsächlich wäre mir der Buddhismus zu Anfang in der Lebenswirklichkeit zu abstrakt, er beginnt mit der Überwindung, nicht mit der Umkehr zu jemanden.
Sei mir nicht böse, aber man kann dies in den Straßen der Städte mit buddhistischer Bevölkerung erkennen: Die praktische Caritas, die Hinwendung zu den Armen und Bedürftigen, wird weniger vom Buddhismus gepflegt, mehr vom Christentum. Das heißt nicht, dass Buddhisten Unmenschen sind, aber in der Breite, im einfachen Menschen, kann der mehr philosophische Ansatz der Lehre und die Annahme von Wiedergeburt, Karma, dazu führen, dass man sich dem Nächsten gegenüber nicht konkret verantwortlich fühlt. Dass Buddha dies anders lehrte, ist uns allen klar.

Wir sind, das ist meine Überzeugung, als Christen und als Buddhisten aufgefordert, unseren Teil dazu beizutragen so gut wir können. Nicht mehr und nicht weniger.
Richtig! :thumbup:
Und da erkenne ich eben das Wirken meines christlichen Gottes, der Gott aller Menschen und der Schöpfung. Er hat in jeden Menschen eine Sehnsucht eingepflanzt, die seiner Ebenbildlichkeit entspringt, über sich hinaus zu gehen und seine Erfüllung erst im Ursprung zu finden.
Besser drückt dies die Erklärung "Nostra Aetate" der Kirche aus:
Von den ältesten Zeiten bis zu unseren Tagen findet sich bei den verschiedenen Völkern eine gewisse Wahrnehmung jener verborgenen Macht, die dem Lauf der Welt und den Ereignissen des menschlichen Lebens gegenwärtig ist, und nicht selten findet sich auch die Anerkenntnis einer höchsten Gottheit oder sogar eines Vaters. Diese Wahrnehmung und Anerkenntnis durchtränkt ihr Leben mit einem tiefen religiösen Sinn.

Im Zusammenhang mit dem Fortschreiten der Kultur suchen die Religionen mit genaueren Begriffen und in einer mehr durchgebildeten Sprache Antwort auf die gleichen Fragen. So erforschen im Hinduismus die Menschen das göttliche Geheimnis und bringen es in einem unerschöpflichen Reichtum von Mythen und in tiefdringenden philosophischen Versuchen zum Ausdruck und suchen durch aszetische Lebensformen oder tiefe Meditation oder liebend-vertrauende Zuflucht zu Gott Befreiung von der Enge und Beschränktheit unserer Lage. In den verschiedenen Formen des Buddhismus wird das radikale Ungenügen der veränderlichen Welt anerkannt und ein Weg gelehrt, auf dem die Menschen mit frommem und vertrauendem Sinn entweder den Zustand vollkommener Befreiung zu erreichen oder - sei es durch eigene Bemühung, sei es vermittels höherer Hilfe - zur höchsten Erleuchtung zu gelangen vermögen. So sind auch die übrigen in der ganzen Welt verbreiteten Religionen bemüht, der Unruhe des menschlichen Herzens auf verschiedene Weise zu begegnen, indem sie Wege weisen: Lehren und Lebensregeln sowie auch heilige Riten.

Die katholische Kirche lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist... Unablässig aber verkündet sie und muß sie verkündigen Christus, der ist "der Weg, die Wahrheit und das Leben" (Joh 14,6), in dem die Menschen die Fülle des religiösen Lebens finden, in dem Gott alles mit sich versöhnt hat.
In diesem Kontext musst du, lieber @erbreich, meine Haltung, meine Worte einreihen und beurteilen. Ich kann nicht anders, denn es ist auch meine tiefste Überzeugung. Und deshalb kann ich auch keinen Buddhisten verurteilen, verdammen etc., auch wenn viele nur-gesetzestreue Christen dazu neigen mögen, denn ich sehe in jedem Menschen Jesus Christus, der ihn in und durch Liebe geschaffen.

Ist dir die Anthroposophie (Theosophie) bekannt, eine westliche christlich-gnostische Annäherung an fernöstliche Lehren?

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Novas
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#64 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von Novas » Do 20. Okt 2016, 12:32

Rembremerding hat geschrieben:Die katholische Kirche lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist... Unablässig aber verkündet sie und muß sie verkündigen Christus, der ist "der Weg, die Wahrheit und das Leben" (Joh 14,6), in dem die Menschen die Fülle des religiösen Lebens finden, in dem Gott alles mit sich versöhnt hat. In diesem Kontext musst du, lieber @erbreich, meine Haltung, meine Worte einreihen und beurteilen. Ich kann nicht anders, denn es ist auch meine tiefste Überzeugung. Und deshalb kann ich auch keinen Buddhisten verurteilen, verdammen etc., auch wenn viele nur-gesetzestreue Christen dazu neigen mögen, denn ich sehe in jedem Menschen Jesus Christus, der ihn in und durch Liebe geschaffen.


Hervorragende Worte von Dir :thumbup: Thomas Merton (der ja auch viel vom Buddhismus gelernt hat) sagte das mal passend: wir Christen neigen dazu bei uns das Höchste zu erblicken, alles Wahre und Gute, und in den anderen Religionen betonen wir das Niedrigste und sind blind für die Wahrheit, die sich uns hier offenbart, wie wir heute gerade auch im Umgang mit dem Islam sehen.
Das muss sich ändern. Gerade wenn ich wirklich glaube, dass Christus der Weg, die Wahrheit und das Leben ist. Das heißt dann eben gerade nicht, dass alle anderen Wege wertlos sind, sondern dass sie ihren höchsten Ausdruck in Christus finden.
Zuletzt geändert von Novas am Do 20. Okt 2016, 12:34, insgesamt 1-mal geändert.

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#65 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von fin » Do 20. Okt 2016, 12:34

Hallo erbreich & Rembremerding,

fin hat geschrieben: lieben Dank für eure Beiträge - meine Schreibe (Antworten/Fragen) sind noch in der Mache, bzw. über den Tag so ausgeufert, daß mittlerweile ein mehrseitiger Brief zustandegkommen ist, der hier sicherlich den Rahmen sprengt, oh Mann, melde mich bald mit einer gekürzten Fassung zurück.

Ich lasse mein ursprüngliches Schreiben erstmal beiseite, da es, wie auch meine ersten Beiträge, an euch beide adressiert war, die gemeinsame Ansprache aber möglicherweise nicht sinnvoll ist, da meine Fragestellungen aus einem 'christlichen Blickwinkel' geschrieben sind, wobei die christliche Tradition nicht meinen persönlichen Glauben abbildet.

Das klingt jetzt vielleicht etwas verwirrend.

Um meinen Werdegang kurz zu erläutern. Ich bin in einem christlichen (kath.) Elternhaus aufgewachsen und habe die klassischen Stationen durchlaufen, wobei ich mich in der Institution Kirche nie wirklich beheimatet fühlte. Ich möchte es einmal so ausdrücken, mein ursprüngliches Gottvertrauen pendelte zwischen einer inneren religio und einer äußeren Religion, namentlich dem kath. geprägten Christentum. Jesus, das Zentrum der christlichen Tradition, schien mir von Anfang an eine gute Orientierung zu sein, während mich der Gesamtrahmen eher befremdete.

Es gab/gibt einen sonderbaren Riß, den ich schon seit frühen Kindheitstagen empfunden habe, wobei ich viele Dinge natürlich nicht artikulieren konnte - zT. bis heute nicht - und mich von meiner Intuition leiten ließ.

Irgendwann habe ich den Faden meiner eigenen Biographie aufgelesen und meine Konfession & Kirche aufgesucht, in die ich hineingeboren worden bin und habe dabei eine wesentliche Frage für mich entdeckt, nämlich die Frage nach wahrer 'religio'.

Wie kann es sein, daß wir uns alle in einer Art Bewegung befinden, die wir Fortschritt nennen? Ist es überhaupt sinnvoll sich in irgendeine Richtung zu begeben, ohne den eigenen Ursprung zu kennen? Wie kann es sein, daß wir das wahre Wesen unserer Herkunft und Existenz nicht 'einsehen' und uns dennoch - abgeschnitten von unserer Quelle - einem Fortschritt und Fortschreiten anheimgeben, der sich in Betriebsamkeit und Extremismus verliert (ob innerwirklich oder äußerlich, siehe zB. Raumfahrt).

Was also ist wahre 'religio',
wenn nicht wahre Rückbesinnung?

Der Mensch erscheint mir eine Waise und sein religiöses Wesen eine zarte und verletzliche Gestalt, die leider eine große Angriffsfläche bietet, um den Menschen zu vereinnahmen und zu entführen: Siehe unsere Religionsgeschichte!

Was geschah also weiter: Anstatt Antworten und Zuflucht zu finden, fand ich Widersprüche, Unredlichkeit und derartige Abgründe, die mich schließlich dazu bewogen haben, aus der kath. Kirche auszutreten. Ich suchte nach Antworten und studierte nicht nur den Kanon der Bibel, sondern weitere Schriften und andere Religionszweige. Zuerst besah ich mir die abrahamitischen Traditionen, um dann weiter in die Geschichte hineinzublicken.

Auf der einen Seite sind die Zusammenhänge und Widersprüche immer komplexer geworden und auf der anderen Seite haben meine Forschungen und Überlegungen mir verdeutlicht, daß sich viele Dinge dadurch vereinfachen lassen, wenn das Wesen einer Sache befragt wird, was scheinbar viele Menschen nicht verstehen können oder wollen, wobei mir auch hier die Zusammenhänge immer deutlicher werden, woran das lag und liegt. Das sind weite Felder, aber ich möchte nicht ausufern.

Das Fragewesen ist eine wahre Gestalt, die einzige, die ich kenne, die eine Frage durch eine andere Frage zu beantworten versteht.

Worauf bezieht sich meine ursprüngliche Fragestellung?

erbreich hat geschrieben:
Ich meine jetzt nicht, daß ein Buddhist oder Christ diese Gemeinsamkeiten erkennt und ausspricht, auch nicht in der Vielzahl, sondern daß diese wesenhafte Verbindung nicht von höchster Stelle gekennzeichnet wurde.
Und was wäre deiner Ansicht oder Überzeugung nach diese höchste Stelle?

Die Fragestellung bezog sich nicht auf meinen persönlichen Glauben (Ansicht), sondern auf die christliche Sichtweise, hier ist also der biblische Gott gemeint, jener, auf den sich Jesus bezieht, sein/unser Vater, vom dem Jesus ausgegangen ist. Mich irritieren die fehlenden Bezüge, nicht nur zu Buddha, sondern zur Entwicklungsgeschichte der Religionen überhaupt, warum sich Gott zB. nicht allen Kuturen auf eine einheitliche Weise offenbarte.

Diese Fragestellungen erscheinen natürlich nur dann sinnvoll, wenn man davon ausgeht, daß die Offenbarungen Jesu Christi der Wahrheit entsprechen. Das ist der Ausgangspunkt all meiner Fragestellungen, denn es steht geschrieben, daß durch ihn der wahre Vater und der wahre Schöpfungsgedanke im Hinblick auf den Menschen sichtbar wurde.

Daß Normalsterbliche nicht voneinander wissen können, die zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten geboren wurden, das ist nicht verwunderlich, aber in diesem Fall handelte es sich um Jesus, den eingeborenen Sohn Gottes, eine absolute Ausnahmeerscheinung, wie ja auch Gott selbst, den (laut der Bibel) kein Mensch je gesehen hat, als nur der Menschensohn.

Warum sollte nicht spätestens Jesus alles kenntlich gemacht haben, was der christlichen Sichtweise (inhaltlich) je entsprochen hat? zumal Jesu selbst von sich sagt, er sei auf die Welt gekommen, um Zeugnis für die Wahrheit abzulegen, keine relative Wahrheit, sondern die absolute Wahrheit.

Scheinbar gab/gibt es widerstreitende Kräfte innerhalb der Schöpfung und Wahrheit und Liebepraxis stellen keine Selbstverständlichkeit dar, zumindest sind wir alle in Umstände verbracht, die den Menschen auf alle erdenkliche Weisen zu ent/verführen suchen, in dem Sinne, daß er seine wahre Natur verletzt, bzw. gegen das wahre Wesen, das Wahrheit und Liebe verkörpert.

Wer diese Dinge auf rechte Weise bedenkt, der wird feststellen, daß allein schon der Umstand des Fressen und Gefressenwerdens alle Lebewesen nötigt und die wahre Gestalt der Liebe unaufhörlich verletzt. Aus dieser Warte erscheint mir die buddhistische Lehre weiser als alle anderen.

Apropos Nächstenliebe. Wie kann es sein, daß selbige im Zentrum der christlichen Lehre steht, aber zugleich auch Aussagen in der Schrift zu finden sind, die den Menschen mit Höllenqualen und/oder Ausradierung aus dem Buch des Lebens drohen, sofern nicht das rechte Glaubensbekenntnis besteht? Ist nicht auch der Missionsauftrag und wie er bisher ausgeführt wurde, nicht völlig widersinnig, da wahrer Glauben sich weder fertigen läßt, noch erzwungen oder erpresst werden darf, um wesensgemäß keimen und sich entwickeln zu können, sondern auf Entsprechungen angewiesen ist, wie Vertrauen und Fürsorge. Wie können Androhungen oder gar der Ausblick auf ewige Verdammnis jemals einen geeigneten Nährboden für Glauben sein?

Das sind hier aber nur Fragen am Rande.

Warum hat Jesus keine Zeugnisse hinterlassen, die die wahren Zusammenhänge verdeutlichen, nicht um den Menschen philosophisch zu bilden, sondern um den Nachfolgegenerationen mehr Sicherheit/en und Orientierungspunkte zu geben. Entscheidend kann doch nicht irgendein Glaubensbekenntnis sein, wo die meisten Menschen die Zusammenhänge gar nicht begreifen und sie umstandsbedingt auch nicht verstehen können.

Warum sollte das Wesen der Wahrheit nicht dafür Sorge tragen, Klarheiten zu schaffen, um sich innerhalb der Wahrheit besser orientieren zu können, vor allem wenn das Wesen der Wahrheit zugleich eine allmächtige Instanz ist?! Warum diverse Religionen ins Leben rufen, die nicht nur ein uneinheitliches Gottesbild vorstellen, sondern sich widersprechende Heilsbotschaften? Warum sollte das Prinzip der Wahrheit so etwas ins Leben rufen?

Das klingt doch genau so verrückt, wie Liebe und Barmherzigkeit im Namen irgendeiner Bezeichnung (Namen) zu predigen und dann im Namen selbiger Kraft Dinge auszuüben, die dem eigentlichen Inhalt nicht nur widersprechen, sondern dessen Wesen verletzen und töten. Das alles aber ist bereits geschehen und wird weiterhin angedroht. Da kann doch etwas nicht stimmen.

Und ich meine, daß wir an dem Begriff "Gott" dissoziieren und geistlich erkranken, weil wir dieser Kraft einerseits die höchsten Tugenden (Maxime) zuschreiben, die zugleich im Widerspruch zu vielen Geschichten und GottesOffenbarrungen stehen.

Buddha scheint hier eine Ausnahme zu sein. Jesus erscheint uns ebenfalls als Vorbild, aber der Rahmen, in dem sich Jesus bewegt, die gesamte abrahamitische Tradition erscheint mir mehr als fragwürdig, nicht in Bezug auf Machtdemonstrationen, aber sehr wohl in Bezug auf Güte, Mitgefühl und Barmherzigkeit.

Jetzt bin ich doch ausgeufert - stelle es dennoch ein.
Ich hoffe, ihr nehmt es in guter Weise auf.

Lg
fin

PS: Ein letztes Mal an euch beide adressiert, wobei sich keiner von euch angesprochen fühlen muß. Meine Schreibe offenbart auch eine Art Frustration.

Novas
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#66 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von Novas » Do 20. Okt 2016, 12:45

fin hat geschrieben:Um meinen Werdegang kurz zu erläutern. Ich bin in einem christlichen (kath.) Elternhaus aufgewachsen und habe die klassischen Stationen durchlaufen, wobei ich mich in der Institution Kirche nie wirklich beheimatet fühlte. Ich möchte es einmal so ausdrücken, mein ursprüngliches Gottvertrauen pendelte zwischen einer inneren religio und einer äußeren Religion, namentlich dem kath. geprägten Christentum. Jesus, das Zentrum der christlichen Tradition, schien mir von Anfang an eine gute Orientierung zu sein, während mich der Gesamtrahmen eher befremdete

Das klingt doch schon mal positiv! Denn unsere Aufgabe ist es mit Christus auf dem Weg zu sein und nicht irgendwo fest zu wachsen ;) Die frühen Christen nannten sich die Gemeinschaft auf dem Weg. Da gab es also eine ganz andere (ich würde sogar sagen sozialrevolutionäre) Dynamik. Und das zeigt sich auch bis heute im Leben von Menschen wie Dorothy Day, Gründerin der Catholic-Worker Bewegung, die Papst Franziskus (zusammen mit Thomas Merton, Abraham Lincoln und Martin Luther King) nicht ganz zufällig in seiner Amerika-Rede erwähnte.


Rembremerding
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#67 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von Rembremerding » Do 20. Okt 2016, 13:23

fin hat geschrieben: die mich schließlich dazu bewogen haben, aus der kath. Kirche auszutreten.
... aber du hast Gottes Siegel der Taufe in dir. Dieses Siegel macht dich zu einem Gotteskind. Du hast damit die edelste Verwandtschaft, die man sich vorstellen kann. Ihr Familienname ist Liebe, ihr Arbeitsplatz die Welt, ihre Wohnung ist im Himmel. Deshalb kannst du zum Vater kommen, zu seinem Sohn, deinem Bruder Jesus Christus, wenn du Zweifel, Nöte hast, oder ihn auch nur danken, weil er alles um dich herum und dich selbst so wunderbar gestaltete.

Warum sollte nicht spätestens Jesus alles kenntlich gemacht haben, was der christlichen Sichtweise (inhaltlich) je entsprochen hat? zumal Jesu selbst von sich sagt, er sei auf die Welt gekommen, um Zeugnis für die Wahrheit abzulegen, keine relative Wahrheit, sondern die absolute Wahrheit.
Entscheidend ist hier, ob du daran glaubst, wirklich glaubst, nicht nur abstrakt annimmst, dass Jesus auferstanden ist.
Wenn er das für dich ist, dann lebt er doch, ist er doch hier, an jedem Ort, zu jeder Zeit. Er ist die Wahrheit, er führt dich zur Wahrheit, er ist die Kraft, die dich zur Wahrheit führt. Er tut das deshalb, weil er dich liebt, weil er für dich sein Leben hingab, weil er dich dadurch für die Ewigkeit bei ihm retten wollte, weil er eine Beziehung mit dir haben will, hier im heute und in der Ewigkeit. Dann erkennst du die Wahrheit, weil du unterscheiden kannst, was mit ihr nicht übereinstimmt. So wird sie absolut.
Scheinbar gab/gibt es widerstreitende Kräfte innerhalb der Schöpfung und Wahrheit und Liebepraxis stellen keine Selbstverständlichkeit dar,
Jeder Mensch ist ein Sünder. In uns streitet die Sünde mit unserer Gottesebenbildlichkeit. So sind in der Kirche Sünder, damit sie rein gewaschen werden können. Wie kann man also die Welt, die Kirche ändern? In dem zuerst du und ich mich ändere!
Warum hat Jesus keine Zeugnisse hinterlassen, die die wahren Zusammenhänge verdeutlichen, nicht um den Menschen philosophisch zu bilden, sondern um den Nachfolgegenerationen mehr Sicherheit/en und Orientierungspunkte zu geben.
Hier tust du Jesus unrecht. Er hat sich hinterlassen, den Hl. Geist, und wir Christen können sein Zeugnis werden. Und der Zusammenhang ist er selbst, die Liebe.
Warum diverse Religionen ins Leben rufen, die nicht nur ein uneinheitliches Gottesbild vorstellen, sondern sich widersprechende Heilsbotschaften?
Vielleicht, weil zu jeder Zeit an jedem Ort der Mensch einen anderen Weg zum Heil benötigt?
Finde heraus, was alle Menschen zu aller Zeit in sich tragen, dann erkennst du die Wahrheit.

Ich hoffe, ihr nehmt es in guter Weise auf. Meine Schreibe offenbart auch eine Art Frustration.
Wenn du einzelne Psalmen liest, wirst du sehen, dass der Psalmist oftmals dieselben Fragen wie Du Gott entgegen wirft. Der Psalmist hadert, zweifelt, klagt an. Jesus Christus weiß um unsere Schwächen im Zweifel und im mangelnden Vertrauen in ihm. Er hört uns immer an und er liebt uns immer gleich, denn du kannst nichts tun, dass er dich mehr liebt und nichts, dass er dich weniger liebt.
Du kannst dich nur gegen ihn entscheiden. Er, der das Leben und die Auferstehung ist. In diesem Sinn verdammt sich jeder selbst und fühlt sich gut dabei.

Servus :wave:
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Rembremerding
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#68 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von Rembremerding » Do 20. Okt 2016, 13:32

Novalis hat geschrieben:Thomas Merton (der ja auch viel vom Buddhismus gelernt hat) sagte das mal passend: wir Christen neigen dazu bei uns das Höchste zu erblicken, alles Wahre und Gute, und in den anderen Religionen betonen wir das Niedrigste und sind blind für die Wahrheit, die sich uns hier offenbart...
Das muss sich ändern.
:thumbup:
Hallo @Novalis. Schön, mal wieder von dir zu lesen! :wave:
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Novas
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#69 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von Novas » Do 20. Okt 2016, 13:52

Rembremerding hat geschrieben:Jeder Mensch ist ein Sünder. In uns streitet die Sünde mit unserer Gottesebenbildlichkeit. So sind in der Kirche Sünder, damit sie rein gewaschen werden können. Wie kann man also die Welt, die Kirche ändern? In dem zuerst du und ich mich ändere!

So ist es. Wir sind die Engel, die Gott in die Welt entsendet. Wenn wir den Job nicht machen, wer macht es dann? ;) Das Evangelium, weiter geschrieben mit unsrem Leben, ist vielleicht das einzige Wort von Gott, der einzige Lichtstrahl der Hoffnung, den die Menschen noch zu hören bekommen. Wir unterschätzen häufig die Wirkmacht eines einzelnen wachen Individuums. Zuerst muss man also auf(er)stehen, die Schwere des Massenbewusstseins hinter sich lassen und Individuum werden.
Mit einem anderen Wort: Christ.

Mit Sicherheit kennst Du dieses wunderbare Gebet:

Christus hat keine Hände, nur unsere Hände um seine Arbeit zu tun. Er hat keine Füsse, nur unsere Füsse, um Menschen auf seinen Weg zu führen. Christus hat keine Lippen, nur unsere Lippen, um Menschen von ihm zu erzählen. Er hat keine Hilfe, nur unsere Hilfe, um Menschen an seine Seite zu bringen. Wir sind die einzige Bibel, die die Öffentlichkeit noch liest. Wir sind Gottes letzte Botschaft, in Taten und Worten geschrieben... Und wenn die Schrift gefälscht ist, nicht gelesen werden kann? Wenn unsere Hände andere Dingen tun als die seinen? Wenn unsere Füsse dahingehen, wohin die Sünde zieht? Wenn unsere Lippen sprechen, was er verwerfen würde? Erwarten wir, ihm dienen zu können, ohne ihm nachzufolgen?

erbreich
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#70 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von erbreich » Do 20. Okt 2016, 14:18

Rembremerding hat geschrieben:Hier definierst du Buddha als philosophische Größe, die weiterlebt, was legitim ist in einer philosophischen Lehre.
Das trifft es nicht ganz: Es kann nichts weiterleben, das nie im Sinne von Leben - also von Geborenwerden und Sterben - definiert worden ist. Buddha kann nicht sterben, weil das, was den Buddha (und jeden vollständig erwachten Menschen) definiert nie geboren worden ist. Das ist natürlich zuerst mal philosophische Lehre. Sie wird aber zur gelebten Wirklichkeit im ernsthaften Nachfolger und dann ist sie nicht mehr Theorie, sondern wahres Leben.

Das Leidlose, Todlose, Unbedingte, Ungeschaffene ist im Christentum eben Person, Jesus Christus, die lebt und jeden Menschen persönlich, individuell anspricht, aufruft, erhebt.
Da geraten wir nun in die Widersprüche: Eine Person kann nach dem Buddhismus niemals das Ungeschaffene sein, sowenig wie leidlos oder todlos. Selbst Brahma (der Schöpfergott im indischen Mythos) wird (geistunmittelbar) geboren, lebt viele Äonen und stirbt. Das ist eben Samsara, der Daseinskreislauf des Geborenwerdens und Sterbens, in dem die Wesen zwischen himmlischen, menschlichen und untermenschlichen Sphären auf- und ab kreisen - anfangslos, endlos - bis sie die Erlösung finden, der für Buddhisten in der Verwirklichung von Nibbana, dem Erlöschen von Gier, Hass und (Ich-)Verblendung besteht.

Ein "Buddha" zu sein kann hier nicht damit gleichgesetzt werden in Christus zu sein.
Wenn du die philosophischen Unterschiede betonen willst, dann ist das so. Dann kann ich natürlich Christus auch nicht mit Buddha gleichsetzen, denn Buddha hat den Samsara überstiegen, ist ausgestiegen aus dem "Hamsterrad", soweit ist Jesus noch nicht gelangt (sorry: aber Jesus wird als lebendiges Wesen, als Person definiert, und als solches kreist er immer noch im Samsara). Ich möchte jedoch klarstellen, dass die Betonung solcher Unterschiede nicht zwingend ist und dass ich eher geneigt bin und Wege suche Buddha und Christus auf Augenhöhe zu sehen.

Mag da eine geistige Größe agieren, ist es dort eine geistige und persönliche Größe, ja der Schöpfer selbst.
Das da ein absoluter, autonomer Schöpfer irgendeiner Art sein könnte, das gilt dem Buddha als eine Illusion, als ein Wahn. Das ganze Dasein ist durch und durch kernlos gedacht und alles Leben entsteht und besteht aus und durch eine unendliche, anfangslose Vielzahl von Bedingungen. Irgendeine unabhängige unbedingte Wesenheit kann es nicht geben. Solange also ein Christ auf einem "Selbst" Gottes (und auch der Lebewesen) und ein Buddhist auf dem "Nicht-Selbst" von Nibbana und der Lebewesen beharrt, werden sie sich mit der Differenz abfinden müssen.

Es gibt allerdings auch die Möglichkeit, als Buddhist zu erkennen, dass auf das, was jenseits aller Zeitlichkeit gedacht wird, keinerlei Begriffe mehr angewandt werden können, auch nicht die Definitionen von Selbst oder Nichtselbst. Desgleichen im theistischen Verständnis: Der Christ ist nicht gezwungen, Gott in einen personalen Begriff einzuzwängen, es ist durchaus auch möglich, Gott als das Überpersonale, als das jenseits alles Personalen zu erkennen. Es sei hier z.B. an Meister Ekkehart erinnert.

in jedem Moment liegt die Heilsgewissheit,
Richtig, und das ist auch für mich so.

Die praktische Caritas, die Hinwendung zu den Armen und Bedürftigen, wird weniger vom Buddhismus gepflegt, mehr vom Christentum.
Das ist richtig. Immerhin gibt es im Buddhismus Bewegungen, die diesen Mangel auch als Mangel erkannt haben und die Caritas zu fördern trachten, siehe den engagierten Buddhismus. Und historisch sei z.B. an den Kaiser Ashoka in Indien erinnert (ca. 250 Jahre vor Christus).

Die von dir zitierte Erklärung "Nostra Aetate" ist schön und wo Christen wirklich so denken und empfinden ist wohl eine Höhe an Toleranz andersgläubigen Menschen gegenüber erreicht. Auch der Buddhismus lehnt keine andere Religion ab und anerkennt ihren Wert auf dem Weg zur Erlösung. Aber auch er kann natürlich nicht anders, als den Buddha-Dharma als den letztendlichen Weg zur vollständigen Befreiung zu sehen, zu leben und zu lehren. Das liegt in der Natur der Sache.

In diesem Kontext musst du, lieber @erbreich, meine Haltung, meine Worte einreihen und beurteilen. Ich kann nicht anders, denn es ist auch meine tiefste Überzeugung. Und deshalb kann ich auch keinen Buddhisten verurteilen, verdammen etc., auch wenn viele nur-gesetzestreue Christen dazu neigen mögen, denn ich sehe in jedem Menschen Jesus Christus, der ihn in und durch Liebe geschaffen.
Das ist schön und eine gute Herangehensweise. Sie erinnert mich an die Haltung Mutter Theresas, deren Tagebücher ich kürzlich gelesen habe.

Ist dir die Anthroposophie (Theosophie) bekannt, eine westliche christlich-gnostische Annäherung an fernöstliche Lehren?
Ja, ist mit ein wenig bekannt, aber spricht mich aber nicht an. Am ehesten zum Teil noch Krishnamurti, der sich ja aber selber von den Theosophen distanziert und verabschiedet hat.

Gruss, erbreich

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