Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Philosophisches zum Nachdenken
Novas
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#51 Re: Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Beitrag von Novas » Do 16. Nov 2017, 09:25

Rembremerding hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:„Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht schon irgendwie komisch!“ – Michael Schmidt-Salomon, Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung
Was will er damit sagen? - Wird hier ein Saulus zum Paulus?
Er postuliert ebenso, man müsse den neuen Atheismus auf eine religiöse Ebene heben, ihm eine eigene Heilsgeschichte zusprechen, damit er nicht weiter in Banalität absinkt. Atheismus riecht nach Arroganz, Ignoranz und elitärer Geisteshaltung. Fruchtbare Auseinandersetzungen scheitern an diesen Einstellungen, welche inzwischen auch die Gesellschaft durchdringen. Die Empörkultur und Empörlinge lassen sich ihre Instant-Meinung von Belieferando frei Haus liefern.
In seinem von mir schon einmal geposteten Aufsatz: "Sind AtheistInnen die besseren Menschen? Anmerkungen zur Kriminalgeschichte des Atheismus" schreibt Schmidt-Salomon:

Im Laufe der letzten Jahre traf ich aber im freigeistigen Spektrum eine beachtliche Anzahl von Menschen, auf die der Satz dummerweise doch erschreckend zutraf: Atheisten, die so religiös fanatisiert über Atheismus sprachen, dass sie auf mich den Eindruck missionierender Wanderprediger machten, freigeistige Märtyrer, die das Misslingen ihres eigenen Lebens ausschließlich auf das Wirken klerikaler Seilschaften zurückführten, Menschen, die alle Katastrophen der letzten 2000 Jahre der katholischen Kirche anlasteten und deren Kirchenhass das Einzige zu sein schien, was ihrem Leben noch Halt zu geben vermochte.

Ich hatte den Eindruck, dass diese Menschen, die in der Regel der christlichen Religion entflohen waren, zwar ihren Gottesglauben verloren, das entscheidende Problem aber nicht gelöst hatten: Sie waren religiös geblieben, überzeugt von der unumstößlichen Wahrheit ihrer Glaubenssätze. So fest sie zuvor glaubten, Gott existiere, so waren sie nun davon überzeugt, dass er (sie oder es) nie existiert habe. Ihre Propheten der Wahrheit hießen nun nicht mehr Markus, Matthäus, Lukas und Johannes, sondern Nietzsche, Marx und Feuerbach. Widerrede war verpönt wie eh und je, die Schwarz auf Weiß gedruckte Wahrheit durfte nicht in Frage gestellt werden.

Die Konfrontation mit dieser Art religiöser Atheisten rief mir immer wieder zu Bewußtsein, was mir eigentlich schon seit Beginn meines Ausstiegs aus der Religion klar war, nämlich dass das entscheidende Problem nicht der Theismus ist, sondern die Religion. Schon in dem ersten religionskritischen Aufsatz, den ich jemals veröffentlichte, war dies die Grundthese. Ich plädierte dafür, den traditionellen Begriff der Religion zu erweitern: er müßte sowohl die theistischen als auch die atheistischen Heilsgeschichten umfassen.

Servus


Michael Schmidt-Salomon finde ich im Grunde sehr sympathisch, auch wenn ich seine Sichtweise auf die Religion nicht teile. Religion ist kein Problem: sie existiert ja nur, weil sie uns hilft mit den Herausforderungen und Problemen des Menschseins umzugehen, sie vermittelt einen spirituellen Weg, Lebensweisheit, Handlungsstrategien um das Leben erfolgreich zu bewältigen. Da verwechselt er Ursache und Wirkung ;) Wenn man einen Religionswissenschaftler wie Michael von Brück fragt, was Religion ist, so könnte er das noch nicht mal beantworten, weil der Begriff so vieles beinhaltet.

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#52 Re: Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Beitrag von closs » Do 16. Nov 2017, 09:53

Janina hat geschrieben:Der Mensch nicht, aber die Physik.
Was haben geistige Plausibilitäten mit Physik zu tun?

Janina hat geschrieben:Was sind denn die "alte" und die "neue" Bedeutung?
Alt: Tranzendenz-Fähigkeit des Menschen ("Ebenbild")
Neu: "Das, was die Neurowissenschaft dazu sagt"

Janina hat geschrieben:"Geist als zwingend immaterielle Größe" - dann ist es richtig.
Einverstanden - wobei man lustigerweise mal definieren sollte, was man eigentlich unter "Geist" versteht.

Janina hat geschrieben:Solange wir nicht wissen wie Geist funktioniert, können wir das offen lassen.
Denkfehler: Wie "Geist" physikalisch/neurowissenschaftlich funktioniert sagt nicht notwendigerweise etwas darüber aus, was Geist "IST". - Zumal Physik nie entscheiden kann, ob Geist wesenhaft aus Materie oder Materie wesenhaft aus Geist ist - sie beobachtet unter beiden Annahmen/Modellen/Perspektiven dasselbe.

Janina hat geschrieben:Ich denke dagegen, dass "ES" genausogut auch ein komplexer materieller Zusammenhang sein könnte. So wie die "gefühlte homöopathische Wirkung" auf Wahrnehmungsschwäche, Selbstheilung, Entgiftung und Aufmerksamkeitfokussierung beruhen kann, ohne dafür eine immaterielle Verdünnung zu postulieren.
In der Umsetzung in der materiellen Welt ist es aus meiner Sicht in der Tat genau so: Ein komplexer materieller Zusammenhang. - Da würde ich sogar bis hinein in die Epigenetik gehen (hat mir übrigens gerade dieser Woche ein agnostischer(!) Neurologe lebhaft bestätigt). - Aber all das beantwortet nicht die Frage, was Geist "IST", sondern nur, wie Geist funktioniert.

Detlef hat geschrieben:Die Begründung zu deiner Unterstellung hast du doch versäumt.
Ich wollte es spannend machen. :lol:

Zu "Anthropozentrismus" passt eigentlich die wiki-Definition ganz gut: "Anthropozentrisch bedeutet, dass der Mensch sich selbst als den Mittelpunkt der weltlichen Realität versteht" - gipfelnd in Sätzen wie "Was der Mensch nicht messen kann, 'ist' nicht" oder "Was nicht vom Menschen falsifizierbar ist, ist irrelevant".

"Orwellisierung" verstehe ich hier besonders in Bezug auf Sprache - auch hier ein Auszug aus wiki:
"Neusprech ist die eingeführte Amtssprache in Ozeanien. ... Neusprech soll nach und nach die Alltagssprache („Altsprech“) verdrängen und dient dazu, den Wortschatz zu reduzieren, um so differenziertes bzw. nuanciertes Denken zu erschweren".

An anderer Stelle habe ich bereits den Bezug zu Begriffen wie "Geist", "Bewusstsein", "Bildung", etc. hergestellt: Die nach wie vor INHALTLICH relevante Bedeutung solcher Begriffe wird verdrängt, indem man mit dem selben Wort eine andere Bedeutung assoziiert (statt ein neues Wort für neue Inhalte zu nehmen). - Dazu gibt es weiterhin in der "offiziellen Amtssprache" begriffliche Festlegungen, die es verhindern sollen, dass Wort wie "Beleg" oder "Plausibilität" für andere als Anschauungen als den Anschauungen der eigenen Partei gelten.

Spiele mal anhand von Orwells "1984" folgendes Modell durch:
* "Ozeanien" alias "Materialismus"
* "Kritischer Rationalismus" alias "Big Brother"
* "Emmanuel Goldstein" alias "Jesus"

Im Grunde sprechen wir hier von einem uralten Motiv und dem Grundmotiv der Bibel überhaupt: Die Selbst-Maßstäblichkeit des Menschenn . -Siehe Genesis, Babel, Noah, Hiob (bei dem diese Selbst-Maßstäblichkeit im AT-Maßstab revidiert wird.

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#53 Re: Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Beitrag von Pluto » Do 16. Nov 2017, 10:03

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Du hingegen möchtest, dass alle deinen persönlichen theologischen Argumenten folgen.
Gar nicht - denn auch meine Perspektive ist nur EINE Perspektive. - Allerdings würde ich gerne erwarten, dass diese Perspektive substantiell verstanden wird.
Sagte ich doch. Du willst dass deine Perspektive anerkannt wird.

closs hat geschrieben:Natürlich ist auch "Orwellisierung" eine Sprachentwicklung - einfach weil "Entwicklung" nichts anderes sagt als "Es ist so gekommen, egal ob es zu begrüßen ist oder nicht".
Dann nenne es doch "Entwicklung". Das ist völlig unabhängig von deinem Lieblingswort.

closs hat geschrieben:Das Wort "Sprachentwicklung" sagt aber nichts Qualitatives darüber aus, WAS da eigentlich aus welchen Gründen passiert ist. - Außerdem klingt "Sprachentwicklung" so, als würde man "iPhone" gegen "Trommel" ersetzen, weil man Trommeln nicht mehr zur Kommunikation braucht.
Das ist zu kurz gedacht.
Man kann doch sagen, es gäbe heute eine Vielfalt an Kommunikationsmitteln.

closs hat geschrieben:Genau das ist aber in unserem Fall ganz anders:
Hier wurde ein bestehendes Wort (bspw. "Geist") mit seinem nach wie vor gültigen Inhalt mit einer neuen Semantik bedacht, so dass zwei ganz unterschiedliche und zwei gleichermaßen aktuelle Bedeutungen parallel im selben Wort transportiert werden. - Warum das so ist? Weil es aus weltanschaulichen Gründen angebracht erscheint, die traditionelle Bedeutung in den Köpfen der Menschen zu verdrängen - und das ist Orwellisierung.
Das mag deine persönliche Meinung sein; sie deckt sich aber keineswegs mit dem was theologisch oder wissensschaftlich darunter verstanden wird. Nochmals:

Nicht der Begriff "Geist" hat sich verändert, sondern nur auf sehr subtiler Weise, unsere Wahrnehmung. Vielleicht meinst du das?
Wo Geist theologisch als etwas undurchdringlich nebulöses erschien, sieht man es heute dank der Neurophysiologie als durchaus wissenschaftlich untersuchbar an. Das ist so wie mit Shakespeares Rose. Früher galt diese als gut riechendes Schönheitsideal. Heute wissen wir dank der Erfindung des Mikroskops, dass sie eine weitaus komplexere Struktur enthält.

closs hat geschrieben:Du klingst hier so, als ob "Geist als immaterielle Größe" DADURCH ausgedient hätte, dass man ein Modell hat, welches auch "Geist als materielle Größe" erklärt. - Für mich kommt es rüber wie "Da man die Rallye Dakar auch in ARgentinien fahren kann, gibt es kein Dakar".
Dass der Ursprung des Geistes immateriell ist, hat tatsächlich ausgedient. Deiner seltsamen Analogie kann ich nicht folgen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#54 Re: Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Beitrag von closs » Do 16. Nov 2017, 11:44

Pluto hat geschrieben:Du willst dass deine Perspektive anerkannt wird.
"Erkannt" reicht.

Pluto hat geschrieben:Dann nenne es doch "Entwicklung". Das ist völlig unabhängig von deinem Lieblingswort.
NAtürlich ist es eine "Entwicklung", weil es stattfindet. - Aber es gibt doch auch noch die Bewertungsebene: "WAS entwickelt sich da und wie ist dies zu verstehen?"

Pluto hat geschrieben:Das mag deine persönliche Meinung sein; sie deckt sich aber keineswegs mit dem was theologisch oder wissensschaftlich darunter verstanden wird.
"Theologisch" wird es schon so verstanden - es sei denn, man greift sich "Theologen" heraus, die Theologie nicht als philosophische, sondern als naturalistisch geprägte Disziplin verstehen. Und die "Philosophie" ebenfalls als naturalistisch geprägte Disziplin verstehen. - Auch hier greift das, was Du wertfrei "Entwicklung" und ich wertend "orwellisierende Entwicklung" nenne.

Pluto hat geschrieben:Wo Geist theologisch als etwas undurchdringlich nebulöses erschien, sieht man es heute dank der Neurophysiologie als durchaus wissenschaftlich untersuchbar an. Das ist so wie mit Shakespeares Rose. Früher galt diese als gut riechendes Schönheitsideal. Heute wissen wir dank der Erfindung des Mikroskops, dass sie eine weitaus komplexere Struktur enthält.
Schon richtig - aber das eine hat doch mit anderen perspektivisch nicht zu tun. - Du kannst eine Frau archetypische Ausdrucksform und ein Chopin von Nocturne als Geistesblitz in Tönen verstehen - Du kannst beide aber auch vermessen ("Fettanteil bei Frauen durchschnittlich 10% höher als bei Männern"/"Schwingungsbereich von Musik zwischen x und y Hertz"). - Beides hat kategorial miteinander nichts zu tun.

Pluto hat geschrieben:Dass der Ursprung des Geistes immateriell ist, hat tatsächlich ausgedient.
Natürlich hat es NICHT ausgedient. - Wir haben hier den Irrtum, dass die neurowissenschaftliche (alias "materielle") Untersuchbarkeit geistigen Niederschlags verwechselt wird mit Ursprung und Wesen von Geist.

Dazu kommt: Ob Geist primär aus Materie ist oder umgekehrt ist überhaupt nicht untersuchbar - denn ein Wissenschaftler wird in beiden Fällen immer dasselbe beobachten. - Es gibt also keine Beobachtungsunterschiede.

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#55 Re: Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Beitrag von Janina » Do 16. Nov 2017, 12:47

closs hat geschrieben:
Janina hat geschrieben:Der Mensch nicht, aber die Physik.
Was haben geistige Plausibilitäten mit Physik zu tun?
Nichts. Aber Empirische.

closs hat geschrieben:
Janina hat geschrieben:Was sind denn die "alte" und die "neue" Bedeutung?
Alt: Tranzendenz-Fähigkeit des Menschen ("Ebenbild")
Neu: "Das, was die Neurowissenschaft dazu sagt"
Ich weiß ja gar nicht was die Neurowissenschaft dazu sagt. Aber dass es was mit Gehirnfunktion zu tun hat, dürfte ja wohl kaum in Frage stehen. Da hat die Verbindung zum Alkohol schon eine gewisse Ironie. 8-)

closs hat geschrieben:Zumal Physik nie entscheiden kann, ob Geist wesenhaft aus Materie oder Materie wesenhaft aus Geist ist - sie beobachtet unter beiden Annahmen/Modellen/Perspektiven dasselbe.
Die Bedeutung verstehe ich auch nicht.

closs hat geschrieben:Aber all das beantwortet nicht die Frage, was Geist "IST", sondern nur, wie Geist funktioniert.
Ich denke du unterschätzt die Bedeutung von Funktionsverständnis.

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#56 Re: Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Beitrag von Pluto » Do 16. Nov 2017, 13:07

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Du willst dass deine Perspektive anerkannt wird.
"Erkannt" reicht.
Reicht dir das wirklich?
Ich erkenne deine Perspektive, aber ich halte sie für falsch.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Dann nenne es doch "Entwicklung". Das ist völlig unabhängig von deinem Lieblingswort.
NAtürlich ist es eine "Entwicklung", weil es stattfindet. - Aber es gibt doch auch noch die Bewertungsebene: "WAS entwickelt sich da und wie ist dies zu verstehen?"
Der arme Orwell... Wofür der alles hinhalten muss? :o

closs hat geschrieben:"Theologisch" wird es schon so verstanden - es sei denn, man greift sich "Theologen" heraus, die Theologie nicht als philosophische, sondern als naturalistisch geprägte Disziplin verstehen. Und die "Philosophie" ebenfalls als naturalistisch geprägte Disziplin verstehen.
Umgekehrt. DU greifst dir Theologen aus, die es so sehen wie du — und schon fühlst du dich bestätigt. Die Hinweise, dass es nicht so ist sind aber erdrückend.

closs hat geschrieben:Schon richtig
Mein' ich doch.

closs hat geschrieben:aber das eine hat doch mit anderen perspektivisch nicht zu tun. - Du kannst eine Frau archetypische Ausdrucksform und ein Chopin von Nocturne als Geistesblitz in Tönen verstehen - Du kannst beide aber auch vermessen ("Fettanteil bei Frauen durchschnittlich 10% höher als bei Männern"/"Schwingungsbereich von Musik zwischen x und y Hertz"). - Beides hat kategorial miteinander nichts zu tun.
In deinen wahllos gegriffenen Beispielen, natürlich nicht.
Allerdings trifft das auf Geist nicht zu. Geist war und ist Geist, nur dass wir heute beginnen zu verstehen, wie es entsteht.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Dass der Ursprung des Geistes immateriell ist, hat tatsächlich ausgedient.
Natürlich hat es NICHT ausgedient. - Wir haben hier den Irrtum, dass die neurowissenschaftliche (alias "materielle") Untersuchbarkeit geistigen Niederschlags verwechselt wird mit Ursprung und Wesen von Geist.
Was ist denn deiner Meinung nach, der Ursprung von Geist?

closs hat geschrieben:Dazu kommt: Ob Geist primär aus Materie ist oder umgekehrt ist überhaupt nicht untersuchbar
Du willst diese physiologischen Tatsachen nicht anerkennen und jammerst weiterhin, dass es unmöglich sei Geist zu verstehen. Die Neurophysiologie ist schon sehr viel weiter, mit handfesten Theorien darüber, WIE Geist entsteht. Merh noch, diese Theorien machen klare Vorhersagen, die auch in der Praxis überprüfbar sind.

Geist ist ein Prozess, dass jedes "höhere" Lebewesen besitzt. Dass z.B. Regenwürmer keinen Geist haben, liegt daran, dass sie kein höher entwickeltes zentrales Nervensystem haben, wo "Landkarten" (Bilder) des Körpers und der Außenwelt angelegt werden können.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#57 Re: Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Beitrag von closs » Do 16. Nov 2017, 16:18

Janina hat geschrieben: closs hat geschrieben:

Janina hat geschrieben:
Der Mensch nicht, aber die Physik.

Was haben geistige Plausibilitäten mit Physik zu tun?

Nichts. Aber Empirische.
Da Du vermutlich unter "empirisch" "wissenschaftlich nachweisbar" verstehst, hast Du ja recht - aber was hat das mit geistigen Plausibilitäten zu tun? - Wie willst Du eine hegelsche Dialektik empirisch für plausibel halten? - Das geht doch nur geistig.

Janina hat geschrieben:Aber dass es was mit Gehirnfunktion zu tun hat, dürfte ja wohl kaum in Frage stehen.
Klar - irgendwie muss es ja rüberkommen.

Janina hat geschrieben:Die Bedeutung verstehe ich auch nicht.
Welche?

Janina hat geschrieben:Ich denke du unterschätzt die Bedeutung von Funktionsverständnis.
Meinst Du, dass das Verständnis einer Funktion etwas über das Wesen aussagt, wie es "ist"? - Oder anders: Ist es nicht vielmehr so, dass man "Geist" materialistisch definiert (setzt!) und ihn daraufhin über Funktion verstehen will? - Was nach Zirkelreferenz riecht, gell?

Pluto hat geschrieben:Ich erkenne deine Perspektive, aber ich halte sie für falsch.
Das ist ok - wobei sich da schon die Nachfrage lohnen würde: Erkennst Du sie aus Deiner naturalistischen Formatierung heraus oder erkennst Du sie als möglicherweise richtige?

Pluto hat geschrieben:DU greifst dir Theologen aus, die es so sehen wie du — und schon fühlst du dich bestätigt.
Klar - ich versuche Testimonials zu zitieren, die das sehen, was ich sehe.

Pluto hat geschrieben: Die Hinweise, dass es nicht so ist sind aber erdrückend.
Nein - sind sie nicht. - Bzw: Sie sind es nur dann, wenn man präjudizierend aus materialistischer Warte aus sieht.

Pluto hat geschrieben: Geist war und ist Geist, nur dass wir heute beginnen zu verstehen, wie es entsteht.
Nein - wir verstehen NICHT, wie er entsteht, sondern nur, wie er sich materiell äußert.

Pluto hat geschrieben:Was ist denn deiner Meinung nach, der Ursprung von Geist?
Es gibt keine (zeitlichen) Ursprung - der universale Geist ist Sein jenseits von Zeit.

Pluto hat geschrieben:Dass z.B. Regenwürmer keinen Geist haben, liegt daran, dass sie kein höher entwickeltes zentrales Nervensystem haben, wo "Landkarten" (Bilder) des Körpers und der Außenwelt angelegt werden können.
Und deshalb können sie Geist nicht vermitteln. - Wissenschaft kann nicht unterscheiden, ob der Körper/die Materie Geist schafft oder nur vermittelt - ALLE wissenschaftlich fassbaren Dinge dazu geben darauf PRINZIPIELL keine Antwort.

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#58 Re: Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Beitrag von Pluto » Do 16. Nov 2017, 17:40

closs hat geschrieben:
Janina hat geschrieben:Nichts. Aber Empirische.
Da Du vermutlich unter "empirisch" "wissenschaftlich nachweisbar" verstehst, hast Du ja recht - aber was hat das mit geistigen Plausibilitäten zu tun? - Wie willst Du eine hegelsche Dialektik empirisch für plausibel halten? - Das geht doch nur geistig.
Ich muss dir widersprechen, denn Empirismus ist erstens viel älter als die Wissenschaft (ca. 500 vs. ca. 200 Jahre) und zweitens ist Empirismus eine Richtung der Philosophie welche auch Kant bevorzugte.

Wikipedia:
Der Ausdruck Empirismus wird bei Klassifikationen erkenntnistheoretischer Ansätze für Theorien gebraucht, welchen zufolge Wissen, verstanden als gerechtfertigte wahre Erkenntnis, zuerst oder ausschließlich auf Sinneserfahrung beruht (einschließlich der Verwendung wissenschaftlicher Instrumente).
Der Empirismus gilt universell.

closs hat geschrieben:Meinst Du, dass das Verständnis einer Funktion etwas über das Wesen aussagt, wie es "ist"?
Ganz bestimmt!

closs hat geschrieben:Das ist ok - wobei sich da schon die Nachfrage lohnen würde: Erkennst Du sie aus Deiner naturalistischen Formatierung heraus oder erkennst Du sie als möglicherweise richtige?
Es hat mit naturalistischer Formatierung nichts zu tun. Es ist so wie Ich sagte: Ich erkenne deine Perspektive, halte sie aber für falsch.

closs hat geschrieben:ich versuche Testimonials zu zitieren, die das sehen, was ich sehe.
Aslo doch nicht mehr als eine Perspektive?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Die Hinweise, dass es nicht so ist sind aber erdrückend.
Nein - sind sie nicht. - Bzw: Sie sind es nur dann, wenn man präjudizierend aus materialistischer Warte aus sieht.
Doch sie sind es, und gelten universell.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Geist war und ist Geist, nur dass wir heute beginnen zu verstehen, wie es entsteht.
Nein - wir verstehen NICHT, wie er entsteht, sondern nur, wie er sich materiell äußert.
Im Gegenteil, es geht noch weiter: Wir können sogar vorhersagen, welche Tiere Geist entwickeln und welche nicht. Dies lässt sich im Anschluss empirisch bestätigen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Was ist denn deiner Meinung nach, der Ursprung von Geist?
Es gibt keine (zeitlichen) Ursprung - der universale Geist ist Sein jenseits von Zeit.
Genau. Weshalb man meinte, es gebe keine geistigen Krankheiten, sodass der Aberglaube aufkam, der Patient sei von Dämonen befallen, und zum Exorzisten musste.

Pluto hat geschrieben:Wissenschaft kann nicht unterscheiden, ob der Körper/die Materie Geist schafft oder nur vermittelt - ALLE wissenschaftlich fassbaren Dinge dazu geben darauf PRINZIPIELL keine Antwort.
Um das beurteilen, dafür fehlen dir die Qualifikationen.
Geisteswissenschaft kann das natürlich nicht. Dazu braucht es erfahrene Neurophysiologen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#59 Re: Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Beitrag von closs » Do 16. Nov 2017, 19:34

Pluto hat geschrieben:Ich muss dir widersprechen, denn Empirismus ist erstens viel älter als die Wissenschaft (ca. 500 vs. ca. 200 Jahre) und zweitens ist Empirismus eine Richtung der Philosophie welche auch Kant bevorzugte.
Wenn das noch gilt, sit das erfreulich. - Dann wäre das Christentum eine empirische Sache. - Nur: Meinst Du wirklich, dass alles Empirische als "gerechtfertigte wahre Erkenntnis" VERSTANDEN wird?

Pluto hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Meinst Du, dass das Verständnis einer Funktion etwas über das Wesen aussagt, wie es "ist"?

Ganz bestimmt!
OK - ETWAS aussagen passt noch - aber das Wesen einer Sache wäre durch Funktions-Beobachtung erkennbar?

Pluto hat geschrieben: closs hat geschrieben:
ich versuche Testimonials zu zitieren, die das sehen, was ich sehe.

Aslo doch nicht mehr als eine Perspektive?
Natürlich nicht - JEDE Wahrnehmung ist Perspektive.

Pluto hat geschrieben: closs hat geschrieben:

Pluto hat geschrieben:
Die Hinweise, dass es nicht so ist sind aber erdrückend.

Nein - sind sie nicht. - Bzw: Sie sind es nur dann, wenn man präjudizierend aus materialistischer Warte aus sieht.

Doch sie sind es, und gelten universell.
Das wäre ein dogmatischer Satz - auch das ist erlaubt. - Aber dann muss man damit rechnen, dass andere dogmatische Sätze dagegen kommen.

Pluto hat geschrieben:Wir können sogar vorhersagen, welche Tiere Geist entwickeln und welche nicht. Dies lässt sich im Anschluss empirisch bestätigen.
Du verstehst den entscheidenden Punkt nicht: Du unterscheidest nicht zwischen "Geist" und "Funktionsweise des Geistes im Materiellen" (Neuronen & Co).

Pluto hat geschrieben:Weshalb man meinte, es gebe keine geistigen Krankheiten
Wenn man das meinte, war es ein Irrtum - denn natürlich kann die materielle Seite geistigen Funktionierens erkranken.

Pluto hat geschrieben:Um das beurteilen, dafür fehlen dir die Qualifikationen.
[/quote]Falsch. - Das ist keine naturwissenschaftliche Feststellung, sondern eine grundlegende Feststellung, BEVOR Wissenschaft auf den Plan tritt.

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#60 Re: Der neue Atheismus ist vielleicht nicht tot, aber er riecht komisch!

Beitrag von Detlef » Fr 17. Nov 2017, 09:49

closs hat geschrieben: Spiele mal anhand von Orwells "1984" folgendes Modell durch:
* "Ozeanien" alias "Materialismus"
* "Kritischer Rationalismus" alias "Big Brother"
* "Emmanuel Goldstein" alias "Jesus"
Das werde ich ganz bestimmt nicht tun, denn ich habe eigentlich noch nie solche unpassenden "aliase" gesehen, aber ich verstehe jetzt, warum ich bei einigen Passagen deiner Beiträge denken musste:"Hä? Was faselt er dennn da jetzt?" Muss ich dir das jetzt noch extra begründen, odermagst du darüber nicht doch noch mal nachdenken?
closs hat geschrieben:Im Grunde sprechen wir hier von einem uralten Motiv und dem Grundmotiv der Bibel überhaupt: Die Selbst-Maßstäblichkeit des Menschenn . -Siehe Genesis, Babel, Noah, Hiob (bei dem diese Selbst-Maßstäblichkeit im AT-Maßstab revidiert wird.
Ja, deshalb wird uns die Bibel auch nicht weiter helfen, eine sinnvolle Alternative zum Anthropozentrismus zu finden.
Die Wahrheit lässt sich pachten, mit dem Glauben an des Gottes Sohn, doch die Thesen sind vergänglich, allen Gläubigen zum Hohn! (Gert Reichelt)

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