Aus der Werkstatt des Philosophen - Widerlegung des closs'schen Skeptizismus

Philosophisches zum Nachdenken
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Münek
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#321 Re: Aus der Werkstatt des Philosophen - Widerlegung des closs'schen Skeptizismus

Beitrag von Münek » Mi 20. Nov 2019, 15:14

lovetrail hat geschrieben:
Mi 20. Nov 2019, 11:09
Und von hier aus müsste man jetzt exegetisch nachsehen gehen in den Texten. Aber da das hier niemand zu leisten im Stande ist, weil er die Texte zu wenig kennt, müsste man die Diskussion eigentlich an diesem Punkt zu Studienzwecken aussetzen. :-)
Gemach, gemach...

Ich denke, man begeht keinen großen Fehler, wenn man unterstellt, dass der in der jüdischen Tradition stehende Jesus davon ausging, vom Volk verstanden zu werden, als er ihm das NAHE herbeigekommene REICH GOTTES verkündigte.

Lassen wir die Experten zu Wort kommen.



"Jesus sprach von der "basileia tou theou" [Reich Gottes, auch Königsherrschaft Gottes oder Gottesherrschaft], ohne den Begriff erklären zu müssen. Er konnte davon ausgehen, dass er seinen Hörerinnen und Hörern geläufig war, und zwar aus den Schriften der hebräischen Bibel, aus zeitgenössischen apokalyptischen Traditionen sowie aus Gebet und Theologie."

Quelle: "Der historische Jesus" - Ein Lehrbuch, von Theißen/Merz, 4. Auflage, S. 221 f.


"Für Jesu Eschatologie gilt Entsprechendes wie für sein Gottesverständnis: Das im zeitgenössischen Judentum vorhandene Denken ist vorausgesetzt, und deshalb braucht Jesus den Begriff des Reiches Gottes nicht zu definieren, sondern er kann, beispielsweise in seinen Gleichnissen, voraussetzen, dass seine Hörer grundsätzlich wissen, was mit dem Begriff "Reich Gottes" gemeint ist."


Quelle: "Arbeitsbuch zum Neuen Testament", Conzelmann/Lindemann, 14. Auflage, S. 474.

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Münek
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#322 Re: Aus der Werkstatt des Philosophen - Widerlegung des closs'schen Skeptizismus

Beitrag von Münek » Mi 20. Nov 2019, 16:04

closs hat geschrieben:
Mi 20. Nov 2019, 13:53
Münek hat geschrieben:
Mi 20. Nov 2019, 13:19
Es hilft Dir nicht aus der Bredouille
Es gibt hier keine Bredouille.
Doch doch - sonst würdest Du ja nicht den Gaul mit Setzungen und Unterstellungen von hinten aufzuzäumen. Nur wenn man argumentativ tief in der Patsche sitzt, greift man zu solchen Mitteln.

closs hat geschrieben:Es ist eine Frage des Verständnisses.
Nein nein - das ist eine Frage des Wunsches und der sich dann daran anschließenden Glaubenssetzung. Nach Deiner Prämisse können sich Götter und Gottessöhne NICHT irren. Ergo kann sich der Halbgott Jesus NICHT geirrt haben.

Echt irre: Ich mach ´ mir meine Welt, wie sie mir gefällt. :)

closs hat geschrieben:Und selbstverständlich kann ich Dir beipflichten, dass ich zu ähnlichen Schlussfolgerungen käme wie Du, wenn ich ein ähnliches Vorverständnis hätte.
Es entspringt keinesfalls einem Vorverständnis, wenn ich konstatiere, dass Du NICHT wissen kannst, dass Götter sich NICHT irren können.

Wie kommst Du eigentlich zu dieser naiv-märchenhaften Annahme? Hat Dir das Deine katholische Oma über Gott erzählt, als Du eingeschult wurdest?

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#323 Re: Aus der Werkstatt des Philosophen - Widerlegung des closs'schen Skeptizismus

Beitrag von closs » Mi 20. Nov 2019, 20:43

Münek hat geschrieben:
Mi 20. Nov 2019, 15:14
Ich denke, man begeht keinen großen Fehler, wenn man unterstellt, dass der in der jüdischen Tradition stehende Jesus davon ausging, vom Volk verstanden zu werden, als er ihm das NAHE herbeigekommene REICH GOTTES verkündigte.
Natürlich hat das Volk verstanden im Sinne des "basileia tou theou", so wie sie es kannten. - Sie konnten also nicken, wenn Jesus sprach. - Die Frage aber ist, ob Jesus das "so" gemeint hat oder ob er einen Paradigmen-Wechsel (und zwar der Wechsel, den man rückwirkend "NT" nannte) im Sinn hatte. - Da würde die groß-kirchlichen Theologien "JA" sagen - kein Wunder, da sie auf dem NT basieren.

Also nochmal: Das Volk hat schon verstanden, aber wahrscheinlich nicht das, was Jesus im Sinn hatte. - Theißen und Conzelmann haben recht UND tragen trotzdem nichts zur Antwort auf die Frage bei, was Jesus vermitteln wollte - siehe Motiv: "Und sie verstanden ihn nicht".

Münek hat geschrieben:
Mi 20. Nov 2019, 16:04
Es entspringt keinesfalls einem Vorverständnis, wenn ich konstatiere, dass Du NICHT wissen kannst, dass Götter sich NICHT irren können.
Ich rede von Deinem allgemeinen Vorverständnis in der Sache - daraus kannst Du zu der hier vertretenen Meinung kommen.

Münek hat geschrieben:
Mi 20. Nov 2019, 16:04
Wie kommst Du eigentlich zu dieser naiv-märchenhaften Annahme? Hat Dir das Deine katholische Oma über Gott erzählt, als Du eingeschult wurdest?
Nicht wieder ins Inakzeptable abgleiten.

Tree of life
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#324 Re: Aus der Werkstatt des Philosophen - Widerlegung des closs'schen Skeptizismus

Beitrag von Tree of life » Mi 20. Nov 2019, 22:24

Münek hat geschrieben:
Mi 20. Nov 2019, 16:04
Ich mach ´ mir meine Welt, wie sie mir gefällt.
Spoiler
Zeigen
:punk:

Aber hat was-Pippis Leben war iwie "cool"
Schön war meine Zeit im Takatukaland, ich erinnere mich gerne daran

Cut

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lovetrail
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#325 Re: Aus der Werkstatt des Philosophen - Widerlegung des closs'schen Skeptizismus

Beitrag von lovetrail » Mi 20. Nov 2019, 22:42

Münek hat geschrieben:
Mi 20. Nov 2019, 15:14


Ich denke, man begeht keinen großen Fehler, wenn man unterstellt, dass der in der jüdischen Tradition stehende Jesus davon ausging, vom Volk verstanden zu werden, als er ihm das NAHE herbeigekommene REICH GOTTES verkündigte.


Es vollzog sich mit Jesus aber ein Übergang vom irdischen Verständnis zu einem geistlichen. Sein Reich sei nicht von dieser Welt, sonst hätten seine Diener mit Waffen dafür gekämpft.

Sein Tod war ebenfalls ein unerwartetes Skandalon für viele Juden, die einen mächtigen irdischen König als Messias erwartet hatten.

Als die Jünger Jesus nach seiner Auferstehung fragten, wann er das Reich für Israel aufzurichten gedenke, antwortete er:

Die nun zusammengekommen waren, fragten ihn und sprachen: Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel? Er sprach aber zu ihnen: Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat; aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde. (Apg.1,6-8. Lut.)

LG
Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, so wird Christus dich erleuchten!

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#326 Re: Aus der Werkstatt des Philosophen - Widerlegung des closs'schen Skeptizismus

Beitrag von Tree of life » Do 21. Nov 2019, 00:00

lovetrail hat geschrieben:
Mi 20. Nov 2019, 11:04
Ja Kierkegaard hab ich gelesen. zB "Die Krankheit zum Tode".
Auf der Suche nach einem andren Buch, hab ichs grade gefunden:
Hanne Baar "Kierkegaard für Volljährige" ist der Titel und 2 andre fand ich auch
C.G. Jung "Der getriebene Visionär und Dostojewsky "Aufzeichnungen aus einem Todeshaus"

Nur das Buch, das ich suchte fand ich nicht :kummer:
Schicksal

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#327 Re: Aus der Werkstatt des Philosophen - Widerlegung des closs'schen Skeptizismus

Beitrag von Münek » Do 21. Nov 2019, 07:46

lovetrail hat geschrieben:
Mi 20. Nov 2019, 22:42
Münek hat geschrieben:
Mi 20. Nov 2019, 15:14
Ich denke, man begeht keinen großen Fehler, wenn man unterstellt, dass der in der jüdischen Tradition stehende Jesus davon ausging, vom Volk verstanden zu werden, als er ihm das NAHE herbeigekommene REICH GOTTES verkündigte.
Es vollzog sich mit Jesus aber ein Übergang vom irdischen Verständnis zu einem geistlichen.
Nein - weder die alttestamentlichen Propheten noch Jesus meinten ein GEISTLICHES Reich, wenn sie von der Gottesherrschaft auf Erden sprachen. Die Parusie des richtenden Menschensohnes sollte natürlich auf der Erde stattfinden. Im letzten Buch der Bibel, der Offenbarung des Johannes, verlässt Gott am Ende der Weltzeit den Himmel und nimmt Wohnung bei den Menschen auf der neuen Erde (Offb. 21:1 ff.).

Es wäre mir ein Leichtes, weitere Beispiele anzuführen.

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#328 Re: Aus der Werkstatt des Philosophen - Widerlegung des closs'schen Skeptizismus

Beitrag von lovetrail » Do 21. Nov 2019, 07:58

Münek hat geschrieben:
Do 21. Nov 2019, 07:46
lovetrail hat geschrieben:
Mi 20. Nov 2019, 22:42
Münek hat geschrieben:
Mi 20. Nov 2019, 15:14
Ich denke, man begeht keinen großen Fehler, wenn man unterstellt, dass der in der jüdischen Tradition stehende Jesus davon ausging, vom Volk verstanden zu werden, als er ihm das NAHE herbeigekommene REICH GOTTES verkündigte.
Es vollzog sich mit Jesus aber ein Übergang vom irdischen Verständnis zu einem geistlichen.
Nein - weder die alttestamentlichen Propheten noch Jesus meinten ein GEISTLICHES Reich, wenn sie von der Gottesherrschaft auf Erden sprachen. Die Parusie des richtenden Menschensohnes sollte natürlich auf der Erde stattfinden. Im letzten Buch der Bibel, der Offenbarung des Johannes, verlässt Gott am Ende der Weltzeit den Himmel und nimmt Wohnung bei den Menschen auf der neuen Erde (Offb. 21:1 ff.).

Es wäre mir ein Leichtes, weitere Beispiele anzuführen.
Zuerst muss dieses Reich geistlich verankert werden. In der Auferstehung wird es dann auch leiblich präsent sein.

Als er aber von den Pharisäern gefragt wurde: Wann kommt das Reich Gottes?, antwortete er ihnen und sprach: Das Reich Gottes kommt nicht mit äußeren Zeichen; 21 man wird auch nicht sagen: Siehe, hier!, oder: Da! Denn sehet, das Reich Gottes ist mitten unter euch. (Lk.17,20-21)

Die Theologen die das nicht verstanden haben, sollen bitte lieber Tennis spielen gehen oder Rennrad fahren. Macht mehr Sinn ;-)
Oder noch besser: Gemütlich Schach spielen ;-)

LG
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#329 Re: Aus der Werkstatt des Philosophen - Widerlegung des closs'schen Skeptizismus

Beitrag von Claymore » Do 21. Nov 2019, 12:02

closs hat geschrieben:
Di 19. Nov 2019, 20:43
Das Pragmatischste zum jetzingen Zeitpunkt ist, dass "Wahrheit" ein "Sensu-"Begriff ist. - "Wahrheit sensu Claymore/Thaddäus/Closs". --- MEIN Wahrheitsbegriff ist eben KEIN System-Begriff, sondern eine Objekt-Größe: Wahrheit ist definiert durch das, was der Fall ist.
Für wen ist es denn ein “System-Begriff”? Was soll das überhaupt sein? Bis jetzt hat nur Anton klar gesagt, dass für ihn “wahr” das gleiche ist wie “gerechtfertigt” (“Modelle und deren Äquivalenz mit Beobachtungen”). Also wäre “wahr” für Anton ein “System-Begriff”. Sonst habe ich in diesem Forum niemanden bemerkt, für den Wahrheit ein “System-Begriff” in diesem Sinne ist.

Ich habe mehrfach erklärt, dass es z. B. gerechtfertigt ist, bei einem Rascheln im europäischen Wald an europäisches Großwild wie Wildschweine und Rehe zu denken. Aber nicht gerechtfertigt ist, einen Löwen anzunehmen. Dennoch könnte es natürlich trotzdem ein Löwe sein, der das Rascheln verursacht.

Vielleicht sollte man mal mit der einfachsten aller Überlegungen anfangen: warum benötigt man das Wort “wahr” überhaupt? Mir scheint es prima facie komplett überflüssig zu sein. Denn was bedeutet es schon, wenn jemand sagt: “‘Schnee ist weiß’ ist wahr”? Was bringt das Wort “wahr” hier für eine zusätzlichen Informationsgehalt? Es sieht so aus, als ob es keinen zusätzlichen Informationsgehalt liefert. Denn wer “‘Schnee ist weiß’ ist wahr” sagt, der kann auch einfacher sagen “Schnee ist weiß”, ohne dass irgendetwas verloren geht.

Man benötigt wohl recht komplexe und abwegige Überlegungen, die bei Behauptungen wie “Morgen wird es regnen” auftauchen, um überhaupt zu dem Schluss zu kommen, dass das Wort “wahr” mehr ist als eine nützliche Formulierungshilfe.

Denn
  1. “‘Morgen wird es regnen’ ist wahr oder falsch”
    …… erscheint eine andere Aussage zu sein als ……
  2. “Morgen wird es regnen oder morgen wird es nicht regnen”.
B ist unproblematisch zu akzeptieren, für jeden – auch für die, die glauben, dass die Zukunft nicht determiniert ist.

In A dagegen steckt sehr wohl drin, dass bereits jetzt feststeht, ob es morgen regnen wird oder nicht, und wir bloß nicht wissen, ob es morgen regnen wird oder nicht. Ganz genau so, wie wir nicht wissen, ob jede gerade Zahl, die größer als 2 ist, Summe zweier Primzahlen ist, aber bereits feststeht ob jede gerade Zahl, die größer als 2 ist, Summe zweier Primzahlen ist oder ob es eine gerade Zahl > 2 gibt, die nicht Summe zweier Primzahlen ist.

Falls man jedoch eine Lösung für derartige Randprobleme findet (d. h. Behauptungen, die keinen Wahrheitswert haben – über die Zukunft oder von der Sorte “Der König von Nordrhein-Westfalen wiegt mehr als 100 Kilo”), dann sehe ich das Wort “wahr” als streng genommen komplett überflüssig an. Natürlich ist “wahr” sehr nützlich und jeder dürfte es weiter verwenden. Besser als mit verquasten Satz-Ungetümen anzurücken, die sich durch Verwendung von “wahr” sehr viel einfacher ausdrücken lassen. Aber wir sollten uns immer daran erinnern, dass wir auch ohne “wahr” (und “falsch”) auskommen würden. D. h. dass diese Worte nichts sind, worüber wir eine komplexe philosophische Analyse starten müssen oder sollten.
* Der Planet in einer Billion Lichtjahren von uns ist wahr, wenn es ihn gibt.
* Dito der Sack Reiss in China.
Solche Formulierungen sind schon auf der einfachsten sprachlichen Verständnisebene schwer zu akzeptieren.

“Existieren” ist ein vielschichtiger Begriff. Aber nehmen wir mal ohne tiefe ontologische Überlegung an, dass “existieren” irgendwie, im Rahmen des alltäglichen Diskurses, auf abstrakte Objekte zutreffen kann. D. h. also: Die Zahl 7 existiert, das Schachspiel existiert. usw. Dann ergibt sich aber mit deiner Definition des Wortes “wahr” folgendes: “Die Geschichten des Freiherr von Münchhausen sind wahr, wenn sie existieren”. Da sie nun existieren folgt: “Die Geschichten des Freiherr von Münchhausen sind wahr”. Das ist absurd.
Der Unterschied zwischen uns könnte sein, dass Du Wahrheit als systemische Größe siehst, und ich als das, worauf sich ein Wahrnehmungs-System bezieht. - Angenommen, es gäbe Gott als Entität: Wie würdest Du dann den Satz "Gott ist die Wahrheit" in Deinem Denken unterbringen?
“Gott ist die Wahrheit” ist für mich aus moderner Sicht ein poetischer Ausdruck, mehr nicht.

Man muss weit zurückgehen um “Gott ist die Wahrheit” ernsthaften philosophischen Gehalt zu geben. Zurück zu den Transzendentalien – “Dem Wahren Schoenen Guten”, wie über der Frankfurter Oper steht.

Was wird da wohl herauskommen, wenn du deine “Aufklärung” nun mit der Hochscholastik kombinierst?

Ich glaube, das wollen wir gar nicht erfahren…

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#330 Re: Aus der Werkstatt des Philosophen - Widerlegung des closs'schen Skeptizismus

Beitrag von closs » Do 21. Nov 2019, 13:02

Claymore hat geschrieben:
Do 21. Nov 2019, 12:02
Bis jetzt hat nur Anton klar gesagt, dass für ihn “wahr” das gleiche ist wie “gerechtfertigt” (“Modelle und deren Äquivalenz mit Beobachtungen”). Also wäre “wahr” für Anton ein “System-Begriff”.
Das ist ja kein Schimpfwort. - Anton scheint "Wahrheit" als das zu verstehen, was in vermutlich (natur-)wissenschaftlichem Wortsinn "gerechtfertigt" ist. - Das ist vollkommen legitim.

Claymore hat geschrieben:
Do 21. Nov 2019, 12:02
Ich habe mehrfach erklärt, dass es z. B. gerechtfertigt ist, bei einem Rascheln im europäischen Wald an europäisches Großwild wie Wildschweine und Rehe zu denken. Aber nicht gerechtfertigt ist, einen Löwen anzunehmen. Dennoch könnte es natürlich trotzdem ein Löwe sein, der das Rascheln verursacht.
Das macht pragmatisch Sinn - wäre ich im Wald, würde ich es genauso tun. -- Aber was hat das mit "Wahrheit" zu tun?

Aus meiner Sicht wäre "Wahrheit", was der Raschler wirklich war, egal ob ich es rauskriege: Es raschelt, man denkt plausiblerweise an europäisches Großwild, es war aber ein Löwe. - Wir sehen in diesem Fall BEIDES nicht: Weder europäisches Großwild noch den Löwen. - Trotzdem ist das (in meiner Definition) "wahr", was WIRKLICH der Raschler war.

Nur weil ich es gerade vor 10 Minuten in der ZEIT gelesen habe und es hier irgendwie reinpasst: Dort (Nr. 46/S. 69) wird der Philosoph John Searl zitiert mit: Descartes habe "das größte Desaster in der Geschichte der Philosophie während der letzten vier Jahrhunderte" angerichtet - und zwar in dem er die Erkenntnis ins Subjekt verlegt und von den materiellen Objekten abgekoppelt habe. ----- Welche SChlussfolgerungen Searl daraus zieht, weiß ich nicht - aber so, wie der Satz dasteht, geht es recht gut in meine Richtung.

Claymore hat geschrieben:
Do 21. Nov 2019, 12:02
Vielleicht sollte man mal mit der einfachsten aller Überlegungen anfangen: warum benötigt man das Wort “wahr” überhaupt?
Das ist die richtige Frage - die ich beantwortet habe mit: Raus aus dem Subjekt, rein in das Objekt (deshalb "ontisch").

Claymore hat geschrieben:
Do 21. Nov 2019, 12:02
Denn was bedeutet es schon, wenn jemand sagt: “‘Schnee ist weiß’ ist wahr”? Was bringt das Wort “wahr” hier für eine zusätzlichen Informationsgehalt? Es sieht so aus, als ob es keinen zusätzlichen Informationsgehalt liefert.
Pragmatisch finde ich es dann doch wieder gut im Sinne von "Schnee ist nach unseren Vereinbarungen, wie uns verschiedene Wellenlägen erscheinen, nicht schwarz" - aber wissenschaftlich/philosophisch ist es schwierig. - Insofern stimme ich OHNE das Wort wahr der Aussage Thaddäus' zu, dass Aussagen zu etwas richtig sind im Sinne eines - tja, ich würde sagen "Systems". - Im Sinne einer historisch-kritischen Betrachtung mit ihrem Vorverständnis, ist es "richtig", dass Jesus bei der Naherwartung irrte - in einer biblisch-kritischen Betrachtung kann es aus deren Vorverständnis falsch sein. - "Wahr" ist nur das, was Jesus damals wirklich gemeint hat.

Will man das Wort "wahr" trotzdem aufrecht erhalten, muss man sagen: "Das eine ist 'wahre sensu historisch-kritisch', das andere ist 'wahr sensu biblisch-kritisch' ". - Aber da ist halt die Gefahr groß, dass dann das 'sensu' wegfällt und schon hat man unterschiedliche Wahrheiten zum Selben, was auch wieder nicht ideal ist.

Claymore hat geschrieben:
Do 21. Nov 2019, 12:02
Aber wir sollten uns immer daran erinnern, dass wir auch ohne “wahr” (und “falsch”) auskommen würden. D. h. dass diese Worte nichts sind, worüber wir eine komplexe philosophische Analyse starten müssen oder sollten.
Zustimmung - genau so ist meine Verlagerung des Wortes "wahr" ins Objekt gemeint. - Weg damit aus Wahrnehmungs-Systemen (und was wären philosophische Aussagen anderes?).

Claymore hat geschrieben:
Do 21. Nov 2019, 12:02
“Die Geschichten des Freiherr von Münchhausen sind wahr, wenn sie existieren”. Da sie nun existieren folgt: “Die Geschichten des Freiherr von Münchhausen sind wahr”. Das ist absurd.
Das wäre in der Tat absurd. - Aber hier geht es um die Aussage " Der Planet in einer Billion Lichtjahren von uns ist wahr, wenn es ihn gibt", die etwas ganz anderes aussagt - nämlich: "Wenn wir die Möglichkeit hätten, schnell mal eine Billion Lichtjahre entfernt reinzuschauen, was es da bei den Koordinaten x gibt, UND wir dort einen Planeten feststellen würden, wäre er genauso wahr wie die Existenz Deines Autos". - Weiter: "Wenn wir es NICHT tun (können) und es gibt diesen Planeten, den wir sehen würden, wenn wir schnell mal eine Billion Lichtjahre entfernt reinzuschauen würden, dann ändert das nicht an der Wahrheit seiner Existenz". ---- Komplizierter Satz - versuche ihn bitte zu verstehen, bevor Du ihn kritisierst.

Claymore hat geschrieben:
Do 21. Nov 2019, 12:02
“Gott ist die Wahrheit” ist für mich ein poetischer Ausdruck, mehr nicht.
Dann würde Gott keinen Sinn machen. - Damit wir uns recht verstehen: Ich behaupte NICHT zu wissen, dass es Gott als Entität gibt. - Aber WENN es ihn gibt, gilt für ihn dasselbe wie für den eben besprochenen Planteten.

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