Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Philosophisches zum Nachdenken
Pluto
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#31 Re: Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Beitrag von Pluto » Sa 1. Jul 2017, 18:41

Novalis hat geschrieben:nachdem diese vielen abgrundtief ehrlichen Wahrheitssucher und zutiefst gläubigen Menschen mehrere Jahrhunderte meditiert, darüber reflektiert und gebetet haben, versuchten sie das Mysterium Gottes in Begriffe zu fassen, die der armselige menschliche Verstand in seiner Begrenztheit nachvollziehen kann.
So ist es aber nicht gelaufen.
Erstens galt es dem drohenden Polytheismus zu zerstören und den Monotheismus zu retten. Das wurde erreicht, indem man alle drei "Gottheiten" zu einer Trinität zusammenfasste. Als die Anti-Arianer und Befürworter der Trinitätslehre die Oberhand gewannen, wurden Arius und seine Gefolgsleute als Heretiker verfolgt und umgebracht.
Das passt irgendwie nicht zu Bild der Liebe.

Novalis hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Es gibt auch keine RATIONALEN Gründe dafür, Jesus für einen Gott zu halten. Daran kann man auschließlich nur GLAUBEN
Rein begrifflich gesehen ist der Sohn nicht der Vater.
Das sagt auch Keiner. Jesus soll göttlich sein.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#32 Re: Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Beitrag von closs » Sa 1. Jul 2017, 18:54

sven23 hat geschrieben:Auf Basis dieser irrationalen Annahme wurde die Verfolgung mit aller Konsequenz durchgezogen. Mit Vernunft hat das Ganze nichts zu tun.
Wie stehst Du zu dem Satz: "Ich plane meine Bankraube/Frauenmorde/Steuerbetruge rational durch" - ist "rational" nicht dasselbe wie "vernünftig"?

sven23 hat geschrieben:Mit Vernunft hat das Ganze nichts zu tun.
Im allgemeinen Sinne schon - worauf Du abhebst ist das, was man "Ratio recta" nennt - also die Vernunft, die das Gute will - aber es gibt eben auch eine "Ratio falsa".

Thaddäus hat geschrieben:Nein, das ist unbedingt erforderlich, um auszuschließen, dass Mathematiker ihre Modelle nicht mehr beweisen, sondern sich lediglich darauf berufen, dass Gott ihnen versichert hat, dass dieses Modell korrekt ist und Germanisten ihre Kafka-Interpretation nicht mehr mit plausiblen Argumenten stützen, sondern sich nur noch darauf berufen, dass der Erzengel Gabriel ihnen diese Interpretation im stillen Gebet offenbart hat.
OK - verstanden. - Aber so würde nicht einmal ein Theologe interpretieren. - Die Frage geht letztlich auf etwas anderes hinaus: "Ist" Geist primär aus Materie, oder "ist" Materie primär aus Geist.

Egal, wie man diese Frage beantwortet: Die Offenbarungs-Ebene von Geist ist selbstverständlich immer die Materie (kein Denken geht ohne Gehirn). - Vielleicht kommen wir mit einer Antwort auf folgende Frage weiter: Kann man Bach verstehen, wenn Geist primär (!) aus Materie "ist"? (Darum geht es mir - nicht um Cherubim und Seraphim. :D

Thaddäus hat geschrieben:Diese irrige Ansicht habe ich bereits zurückgewiesen.
Aber nicht überzeugend - es reicht nicht, etwas zurückweisen - das geht mit allem.

Also konkret:
Wenn uns ideale Quellen samt Handschriften von Jesus vorlägen, UND dort stünde auf jeder Seite zehn Mal: "Jesus ist Gott". - Könnte dann die HKM zum Ergebnis kommen, dass Jesus göttlich ist?

Thaddäus hat geschrieben:Ob Jesus göttlich ist oder nicht, ist kein Forschungsgegenstand der historisch-kritischen Methode.
Es ist auch kein Froschungsgegenstand christlicher Exegesen - aber es ist eine Interpretations-Grundlage. - Mit anderen Worten:
* Entweder man interpretiert nicht oder nur in sachlich-engen Spielräumen
* oder man legt offen, auf welcher Basis man interpretiert.

Thaddäus hat geschrieben:Die wird im Christentum nämlich einfach geglaubt, von der theologischen Systematik oder Dogmatik aber nicht erst rational erwiesen. Es ist ein Glaubensentscheid.
So ist es - das ist deren Interpretations-Grundlage.

Thaddäus hat geschrieben:Die Judenverfolgung verstößt nicht gegen die "ratio recta", sondern gegen elementare ethische Grundprinzipien.
Was ist der Unterschied zwischen "ratio recta" und "ethischen Grundprinzipien"? - Auch an Dich die Frage: "Ich plane meine Bankraube/Frauenmorde/Steuerbetruge rational durch" - ist "rational" nicht dasselbe wie "vernünftig"?

Thaddäus hat geschrieben: Es ist in keiner HInsicht "rational" Menschen wegen ihres Glaubens, ihrer Hautfarbe, ihres Geschlechtes etc. pauschal zu verfolgen, weil sich hierfür keine rationalen und vernünftigen Gründe finden lassen.
Wenn ich Geld brauche und nachweisen kann, wofür, ist ein Bankraub rational begründbar - und er selbst ist rational planbar.

Um es kurz zu machen:
* Ich verstehe unter "Ratio" eine wertneutrale Größe ("Es ist rational, Flüchtlinge an der Grenze zurückzuweisen, weil die Staatsräson dagegen steht")
* Du verstehst unter "Ratio" die "Ratio recta" - was wiederum aus meiner Sicht lediglich eine wertende Ableitung ist - denn es gibt auch eine "Ratio falsa".

Thaddäus hat geschrieben:Weil "historisch-göttlich" überhaupt keine sinnvolle Wortverbindung darstellt!
Stimmt - aber das sage ich ja nicht - ich sage "historisch göttlich" (ohne Bindestrich) - also Göttlichkeit als historische Größe im Sinne von "Wenn Gott in Jesus ist, ist Gott in Jesus eine historische Größe, da Jesus historisch ist".

Thaddäus hat geschrieben:Wenn er es ist, dann war er es, als er durch das staubige Galilea wanderte und er wäre es genau so, wenn er heute Abend über die Avenida Lafuente in Buenos Aires schlendern würde.
So ist es - aber da scheinst Du mich missverstanden zu haben.

Thaddäus hat geschrieben:Die historischen Umstände machen Jesus doch nicht zu einem Gott.
Da muss man erst mal drauf kommen - dass man es so interpretieren kann, hat meine Vorstellungskraft überstiegen. - Du hast mich da wirklich missverstanden.

Thaddäus hat geschrieben:Ich muss nicht erst einen Glaubensentscheid treffen, um zu wissen, dass Michael Jackson mit ziemlicher Sicherheit ein Mensch war (wenn er kein Alien war). Ich muss aber einen Glaubensentscheid treffen, wenn ich ihn darüber hinaus für göttlich halte.
Nee - das funktioniert so nicht. - Halten wir fest.

* Jesus ist Mensch - darüber sind wir uns einig.
* Jesus ist Nur-Mensch - das glaubt die HKM (?) - jedenfalls interpretiert sie so.
* Jesus ist Gott - das glaubt die Theologie.

Und in der Tat: Ich glaube, dass Du nur Mensch bist - ich halte es für extrem unwahrscheinlich, dass Du göttlich (so wie Jesus lt. Theologie göttlich war) - aber ich WEISS es doch nicht. - Wir sollten hier diszipliniert im Denken bleiben - Grundsatzdenken hat nichts mit Wahrscheinlichkeiten zu tun.

Thaddäus hat geschrieben:Es gibt auch keine RATIONALEN Gründe dafür, Jesus für einen Gott zu halten. Daran kann man auschließlich nur GLAUBEN
Das kommt darauf an, wie man "Ratio" definiert:
1) Als anthropologische Größe: "rational" = "entspricht unserem üblichen Erfahrungsbereich
2) Als ontologische Größe: "rational" = "Grundprinzip dessen, was 'ist'" (incl. Gott, wenn es ihn gibt)

im Fall 1) hast Du Recht - im Fall 2) nicht. - Bei 1) wäre zudem zu fragen: Wäre es bei dieser Definition/Setzung möglich, von "göttlicher Vernunft" zu sprechen?

Thaddäus hat geschrieben:Wir könnten nur daran glauben, dass er der göttliche Sohn JHWH's war und von ihm diese Macht verliehen bekommen hat. Nichts hiervon ist rational oder vernünftig.
In Definition 1) stimmt das - MEINE Definition von Ratio entspricht der 2). - Wir haben also wieder einmal ein Polysem.

Zu vermerken ist, dass Deine Argumentation hier streng kritisch-rational ist ("Was nicht nachweisbar ist, kann nicht rational sein") und NICHT ontologisch ist: "Maßstab ist nicht die menschliche Nachweisbarkeit (oder wie Heidegger sagen könnte: Thematisierung durch das Seiende), sondern das Sein selbst".

Unter der Ratio-Definition 1) würde dies bedeuten: "Ratio" ist nicht geeignet, über Gott zu sprechen, selbst wenn er die mächtigste Realität ist. - Macht eine solche Ratio-Definition Sinn?

Und nebenbei: Wenn man mit einem Ratio-Begriff in eine wissenschaftliche Untersuchung geht, ist dessen Definition eine der Setzungen/Vorannahmen, von denen ich spreche. - Die Wissenschaft kommt zum selben zu anderen Ergebnissen, ob Ratio mit 1) oder mit 2) definiert ist.

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#33 Re: Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Beitrag von Novas » Sa 1. Jul 2017, 18:56

Pluto hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:nachdem diese vielen abgrundtief ehrlichen Wahrheitssucher und zutiefst gläubigen Menschen mehrere Jahrhunderte meditiert, darüber reflektiert und gebetet haben, versuchten sie das Mysterium Gottes in Begriffe zu fassen, die der armselige menschliche Verstand in seiner Begrenztheit nachvollziehen kann.
So ist es aber nicht gelaufen.
Erstens galt es dem drohenden Polytheismus zu zerstören und den Monotheismus zu retten. Das wurde erreicht, indem man alle drei "Gottheiten" zu einer Trinität zusammenfasste. Als die Anti-Arianer und Befürworter der Trinitätslehre die Oberhand gewannen, wurden Arius und seine Gefolgsleute als Heretiker verfolgt und umgebracht.
Das passt irgendwie nicht zu Bild der Liebe.

Novalis hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Es gibt auch keine RATIONALEN Gründe dafür, Jesus für einen Gott zu halten. Daran kann man auschließlich nur GLAUBEN
Rein begrifflich gesehen ist der Sohn nicht der Vater.
Das sag auch Keiner. Jesus soll göttlich sein.


Es ist theologisch schlicht und ergreifend falsch, wenn man einfach sagt "Jesus ist Gott". Die Trinität sagt etwas vollkommen anderes aus: in Jesus erkennen wir die vollkommene Einheit Gottes mit dem Menschen (wie er selbst lehrte: Johannes 10,30 Ich und der Vater sind eins). Innerhalb dieser Einheit ist Jesus ganz und gar Mensch und Gott, weil er vollkommen mit ihm vereinigt ist, aber nicht der Sohn für sich alleine.

Jesus is instead a third something—the perfect union of “very God” with “very man.” For the truly orthodox Christian, the Trinity must be “God,” and Jesus can only be understood inside that Eternal Embrace. From within this loving relationship, the Christ came forth to draw us back (through the enfleshed Jesus) to where we all originally came from (Genesis 1:26, John 14:3)

~Richard Rohr
Quelle

Das ist der Gedanke dabei. Ob Du es glaubst oder nicht, ist wieder eine andere Frage :wave:
Zuletzt geändert von Novas am Sa 1. Jul 2017, 19:49, insgesamt 4-mal geändert.

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#34 Re: Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Beitrag von Thaddäus » Sa 1. Jul 2017, 19:00

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Etwas anders verhält es sich bei der Frage, ob man an Gott glaubt. Das kann unter Umständen eine rationale Entscheidung sein.
Da machst Du eine interessante Unterscheidung. - Warum sollte man rational an die Existenz Gottes glauben können und NICHT an die Existenz Jesu als göttlich glauben können?
Das habe ich oben bereits beantwortet. Du lässt die Antwort an dieser Stelle nur einfach weg, so dass für andere, die meine obige Antwort nicht gelesen haben, der Eindruck entsteht, ich würde meine These nicht begründen. Genau so etwas macht einen unaufrichtigen Diskussionsstil aus!
Etwas anders verhält es sich bei der Frage, ob man an Gott glaubt. Das kann unter Umständen eine rationale Entscheidung sein. Und zwar dann, wenn man explizit WEGEN eines oder mehrerer Gottesbeweises oder der Pascalschen Wette an Gott glaubt. Das ist dann eine grundsätzlich rationale Entscheidung. Man muss sich dann aber auch intellektuell aufrichtig der Kritik an allen diesen Gottesbeweisen stellen. Das aber Jesus selbst göttlich ist und Gottessohn, ist kein Inhalt irgendeines rationalen philosophischen Beweises.
Verstehst du irgendetwas an meiner Antwort nicht?


closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Nur als menschliche Eigenschaften sind Rationalität und Vernunft auch ontologische Größen
Das ist ein perfekter Widerspruch in sich: Das Sein ist die Voraussetzung für das Seiende - und nicht umgekehrt. - Allenfalls kann uns das Sein über Thematisierung durch das Seiende offenbar werden.
Mit deiner Antwort weist du mir weder einen Widerspruch nach, noch haben deine Heidegger entliehenen Aussagen über die ontologische Differenz (von Sein zu Seiendem) etwas mit dem zu tun, was ICH aussage.
Ich stelle fest, dass Rationalität und Vernunft wesentliche Eigenschaften des Menschen sind (Mittelalterliche Theologen haben sie sogar zu DEN Wesenseigenschaften des Menschen erklärt). Nur insofern Rationalität und Vernunft mentale EIGENSCHAFTEN von INDIVIDUEN sind, können sie ontologisch als eben wesentliche Eigenschaften für das Menschsein selbst bestimmt werden.
Da ist kein Widerspruch und schon gar kein Widerspruch in sich, also in der Verwendung meiner Begriffe.

Die metaphysische These, dass Sein eine Voraussetzung für Seiendes ist, hat mit meiner Aussage herzlich wenig zu tun.
Offenbar verknüpft du willkürlich in deinen Kopf das Sein mit deiner Vorstellung eines vollkommen rationalen und vernünftigen Gottes und setzt ebenso willkürlich eine Analogie zu meiner Aussage, dass Rationalität und Vernunft menschliche Eigenschaften sind (in deinem Kopf lediglich Seiendes) und ziehst dann die absurde Schlussfolgerung, dass die menschliche Rationalität und Vernunft als bloß Seiendes ja niemals so vollkommen sein kann, wie die Rationalität und Vernunft des vollkommenen Gottes.

Ich darf dir versichern: in dieser haarsträubenden Konstruktion steckt keine einzige gültige Schlussfolgerung und auch die Analogie ist falsch.

closs hat geschrieben: Mit anderen Worten: Wenn es Gott als Sein gibt, dann "ist" das auch dann so, wenn keine Sau Gott thematisiert ...
Dein Fehler fängt schon damit an, dass der christliche Gott im Sinne der heideggerschen Metaphysik nicht das Sein wäre, sondern ein Seiendes, wie anderes Seiende auch. Das Sein zeigt sich nach Heidegger lediglich im Seienden, kann aber niemals selbst zum Gegenstand ontologischer Untersuchungen gemacht werden. Der christliche Gott wird von christlichen Theologen freilich seit Jahrhunderten immer wieder zum Gegenstand von ontologischen wie logischen Untersuchungen gemacht. Das ginge gar nicht, wenn man ihn tatsächlich als heidggersches Sein verstünde.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Wenn du Gott die Eigenschaften Rationalität und Vernünftigkeit zusprichst, dann kann sich diese Vernünftigkeit und Rationalität nicht von der menschlichen unterscheiden
Das ist grandios FALSCH. - Umgekehrt wird ein Schuh draus: Menschliche "Ratio recta" kann eine authentische Ableitung göttlicher Vernunft auf (unsere) tieferer Dimension sein - oder umgekehrt: Menschliche "Ratio recta" ist "aufhebbar" in göttliche Vernunft - "menschliche "Ratio falsa" dagegen nicht.
Was du hier tust ist reine metaphysische und darüber hinaus inkonsistente Spekulation unter völliger Absehung dessen, was tatsächlich der Fall ist.

Tatsächlich und faktisch ist es eine unleugbare Tatsache, dass du oder andere MENSCHEN Gott die EIGENSCHAFTEN der Rationalität und Vernünftigkeit lediglich ZUSPRECHEN könnt, was nichts anderes als eine metaphysische These ist, die damit vertreten wird. Trifft man diese Aussage, BEHAUPTET man etwas: nämlich das Gott diese Eigenschaften zukommen (und dass die irgendwie höher-dimensional seien, was immer das bedeuten soll).
Egal, wie du es drehst und wendest: DU bist es (als Mensch), der Gott die Eigenschaften ZUSPRICHT, rational und vernünftig zu sein. An dieser Tatsache ändert sich auch dann nichts, falls es tatsächlich einen Gott geben sollte, dem diese Eigenschaften tatsächlich zukommen, da du diese deine Überzeugung immer nur in irgendwelchen kommunikativen Prozessen aufstellen und vertreten kannst!

Es ist klar, dass du als Mensch Gott nur solche Eigenschaften zusprechen kannst, von denen du selbst weißt, was für Eigenschaften das überhaupt sein sollen. Es macht keinen Sinn, Gott Eigenschaften zusprechen zu wollen, von denen man selbst nicht weiß, was das für Eigenschaften sein sollen. Also kannst du logischerweise Gott Rationalität und Vernunft nur in der Form, in der Defintion und mit dem Begriffsumfang zusprechen, wie du selbst Rationalität und Vernunft verstehst. Und das heißt: du sprichst Gott Eigenschaften zu, so wie du diese Eigenschaften verstehst, denn anders ist es logisch nicht denkbar.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Sa 1. Jul 2017, 20:08, insgesamt 1-mal geändert.

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#35 Re: Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Beitrag von closs » Sa 1. Jul 2017, 19:10

Pluto hat geschrieben:Damit wird die ganze Exegese zu einer Farce weil sie auf Vorannahmen basiert.
Das tut sie doch sowieso.

Pluto hat geschrieben:Götter sterben, wenn keiner mehr an sie glaubt
Nein - Götter sterben nur dann, wenn sie Produkt unserer Wahrnehmung sind. - Sind sie Entität, sterben sie nicht - sie werden von uns nur nicht thematisiert.

Davon abgesehen: Gottes-BILDER sind immer PRodukt unserer Wahrnehmung - die sterben/wandeln sich ständig. - Das ist aber etwas ganz anderes.

Pluto hat geschrieben:Es geht erst mal um Rationalität, nicht um Vernunft.
Unterschied?

Pluto hat geschrieben:können wir nicht wissen also ist dieser Punkt müssig.
Was müssig ist, entscheiden nicht unsere Wahrnehmungsfähigkeiten, sondern das, was "ist".

Pluto hat geschrieben: die HKM kommt nicht zum Schluss der Naherwartung qua einer Methodik, sondern dies geht allein aus den Schriften hervor.
Nein - aus denselben kann man mühelos zum gegenteiligen Ergebnis kommen, wenn man ein anderes Interpretations-Modell (mit entsprechend anderen Setzungen) verwendet. - Du irrst hier.

Pluto hat geschrieben: Vernunft ist keine absolute Größe. Sie ist vom Standpunkt des Betrachters abhängig.
Diese Frage diskutiere ich weiter oben mit Thaddäus - ist Vernunft eine anthropozentrische oder eine ontologische Größe? - Du sagst: anthropozentrisch.

Pluto hat geschrieben:Warum willst du nicht zunächst bei der Ratio bleiben?
Da stehen wir gerade an der obigen Frage, die nicht gelöst ist. - Denn Du sagst:
1) Ratio (= Vernunft?) ist eine anthropozentrische Größe.
2) ... ist eine ontologische Größe.

Novas
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#36 Re: Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Beitrag von Novas » Sa 1. Jul 2017, 19:14

Thaddäus hat geschrieben:Dein Fehler fängt schon damit an, dass der christliche Gott im Sinne der heideggerschen Metaphysik nicht das Sein wäre, sondern ein Seiendes, wie anderes Seiende auch. Das Sein zeigt sich nach Heidegger lediglich im Seienden, kann aber niemals selbst zum Gegenstand ontologischer Untersuchungen gemacht werden. Der christliche Gott wird von christlichen Theologen freilich seit Jahrhunderten immer wieder zum Gegenstand von ontologischen wie logischen Untersuchungen gemacht. Das ginge gar nicht, wenn man ihn tatsächlich als heidggersches Sein verstünde

Du hast rein philosophisch gesehen vollkommen Recht mit deiner Aussage. Denn Christen erlauben sich das, was sich ein Philosoph nicht erlaubt: sie gehen von der Idee einer göttlichen Offenbarung aus. Religion darf das. Dabei lässt sich der glaubende Mensch vom Geist Jesu Christi, dem Geist der ganzen Heiligen Schrift und dem reichhaltigen Schatz unsrer mehrtausendjährigen spirituellen Tradition begleiten, um zu einem wohl durchdachten Verständnis des Glaubens zu gelangen ;) (wenn mir jemand ein Gottesbild verkaufen will, welches vom Niveau her unterhalb von 1Joh 4,16 ist, werde ich es nicht akzeptieren)

Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat: Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. (1Joh 4,16)

Ich habe alle Religionen studiert und bin immer wieder auf diese Aussage zurück gekommen. Auf dieser Basis betreibe ich auch Religionskritik, wenn Religion dem Geist der Liebe nicht gerecht wird. Viele Muslime glauben an Gott als den großen Erbarmer, den Gerechten, Barmherzigen und Liebevollen, der alle Dinge mit seiner Liebe umfasst, ihre Existenz ermöglicht und erhält. Al-Wadud, der Liebevolle, der alles mit seiner Liebe Umfassende, ist für sie einer der 99 schönen Namen Gottes. Die islamischen Mystiker, die Sufis nennen Gott meistens einfach "der Geliebte". Das akzeptiere ich sofort, weil es im Einklang mit dem jesuanischen Gottesverständnis ist.

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closs
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#37 Re: Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Beitrag von closs » Sa 1. Jul 2017, 19:48

Thaddäus hat geschrieben:Verstehst du irgendetwas an meiner Antwort nicht?
Ich verstehe nicht, warum ein für den einen Fall zufällig existierender philosophischer "Beweis" und ein für den anderen anderen Fall zufällig NICHT existierender philosophischer "Beweis" etwas damit zu tun hat, ob die Definition von "Ratio"/"Vernunft" auf trans-naturale Phänomene anwendbar ist oder nicht.

Thaddäus hat geschrieben:Ich stelle fest, dass Rationalität und Vernunft wesentliche Eigenschaften des Menschen sind (Mittelalterliche Theologen haben sie sogar zu DEN Wesenseigenschaften des Menschen erklärt).
Das ist ja in Ordnung - aber wie wäre es mit dem Satz:"Nur als ontologische Größe sind Rationalität und Vernunft auch menschliche Größen" ---???--- - Wäre damit der Kausalität besser Genüge getan?

Thaddäus hat geschrieben:Offenbar verknüpft du willkürlich in deinen Kopf das Sein mit deiner Vorstellung eines vollkommen rationalen und vernünftigen Gottes und setzt ebenso willkürlich eine Analogie zu meiner Aussage, dass Rationalität und Vernunft menschliche Eigenschaften sind (in deinem Kopf lediglich Seiendes) und ziehst dann die absurde Schlussfolgerung, dass die menschliche Rationalität und Vernunft als bloß Seiendes ja niemals so vollkommen sein kann, wie die Rationalität und Vernunft des vollkommenen Gottes.
Das ist von der Spur her richtig - aber warum sollte das "absurd" sein? - Ich halte Deinen Umkehrschluss für absurd.

Natürlich sind menschliche Eigenschaften wie Rationalität und Vernunft "Seiendes", die das "Sein" thematisieren. - Aber jetzt sind wir wieder beim Thema oben: Was ist Vernunft: Eine anthropozentrische oder eine ontologische Größe. - Und da scheinen wir unterschiedlicher Meinung zu sein.

Thaddäus hat geschrieben:Dein Fehler fängt schon damit an, dass der christliche Gott im Sinne der heideggerschen Metaphysik nicht das Sein wäre, sondern ein Seiendes, wie anderes Seiende auch.
Moment - mit Bitte um Abgleich:

Unter "Seiendes" verstehe ich die (menschliche) Erfahrungs-/Thematisierungs-Welt - unter Sein verstehe ich die Wesens-Entität dessen, was "ist", unabhängig davon, ob es vom Seienden thematisiert oder erkannt wird.

In diesem Sinne ist "Gott" ein "Sein" - allerdings ist unsere Wahrnehmung von Gott (Gottes-Vorstellung) ein "Seiendes". - Andersrum: "Gott" macht keinen Sinn, wenn er nicht eine von unserer Thematisierungs-Befähigung unabhängige Seins-Größe ist. - Siehst Du das anders?

Thaddäus hat geschrieben:Tatsächlich und faktisch ist es eine unleugbare Tatsache, dass du oder andere MENSCHEN Gott die EIGENSCHAFTEN der Rationalität und Vernünftigkeit lediglich ZUSPRECHEN könnt
Richtig - mehr kann der Mensch nicht. - Im Grunde geht dies auf Descartes' "Glaubensentscheid" zurück, es gäbe einen "wohlwollenden Gott". - Radikal-skeptisch kann er es nicht nachweisen, aber er hofft und glaubt es - und baut darauf die These auf, dass die Welt, wie wir sie erleben, "echt" ist, die "Res extensae" also keine "Einbildung" sind. - Damit kann er fröhlich in seine (weniger erfolgreichen) naturwissenschaftlichen Studien einsteigen.

Thaddäus hat geschrieben:Egal, wie du es drehst und wendest: DU bist es (als Mensch), der Gott die Eigenschaften ZUSPRICHT, rational und vernünftig zu sein.
Descartes würde Dich für diese Aussage knutschen und herzen.

Thaddäus hat geschrieben:Es ist klar, dass du als Mensch Gott nur solche Eigenschaften zusprechen kannst, von denen du selbst weißt, was für Eigenschaften das überhaupt sein sollen. Es macht keinen Sinn, Gott Eigenschaften zusprechen zu wollen, von denen man selbst nicht weiß, was das für Eigenschaften sein sollen.
Schon klar. - Aber man gerade mit der Vernunft zum Ergebnis kommen, dass Gott als dimensional höheres Wesen eine Vernunft hat, die wir nicht verstehen - konkret:

Die zwei-dimensionale Thaddäus kann zwar eine zwei-dimensionale Vernunft erleben, aber nicht eine drei-dimensionale oder 100-dimensionale. - Der 2D-Mensch einer Kreis-Flächen-Welt erlebt nicht, was eine 3D-Kugel-Welt ist, kann sich aber geistig vorstellen, dass es so etwas geben kann - und wenn es nur analog ist, indem er seine 2D-Welt mit einer 1D-Welt vergleicht ("Kann ein Wesen, das nur rückwärts und vorwärts denken kann, erleben, was ein 2D-Kreis ist?" - NEIN).

Es wäre nun aber zwar nicht naturalistisch-erlebend, aber eine geistig-vorstellbare, dass man mathematisch oder dialektisch unsere xD-Vernunft. - hochrechnet und feststellt: "Ich kann das nicht erleben". - Allerdings kann man umgekehrt per Vernunft postulieren, dass xD-Vernunft eine authentische Ableitung von (x+n)D-Vernunft ist - die aber als solche nicht greifbar ist, da sie eben NICHT dasselbe ist wie xD-Vernunft.

Insofern wäre eine vernünftige Aussage - hier auf die theologische Ebene projeziert:
Die menschliche Ratio recta ist eine authentische Ableitung der göttlichen Vernuft, die wir ihrerseits NICHT erkennen können, allenfalls in unserer Ratio recta widergespiegelt sehen können - das gehört in das Motiv der "Ebenbildlichkeit".

Insofern ist Dein Satz ...
Thaddäus hat geschrieben:Wenn du Gott die Eigenschaften Rationalität und Vernünftigkeit zusprichst, dann kann sich diese Vernünftigkeit und Rationalität nicht von der menschlichen unterscheiden
... widerlegt.

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#38 Re: Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Beitrag von Thaddäus » Sa 1. Jul 2017, 20:22

Novalis hat geschrieben:
Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat: Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. (1Joh 4,16)

Ich habe alle Religionen studiert und bin immer wieder auf diese Aussage zurück gekommen. Auf dieser Basis betreibe ich auch Religionskritik, wenn Religion dem Geist der Liebe nicht gerecht wird. Viele Muslime glauben an Gott als den großen Erbarmer, den Gerechten, Barmherzigen und Liebevollen, der alle Dinge mit seiner Liebe umfasst, ihre Existenz ermöglicht und erhält. Al-Wadud, der Liebevolle, der alles mit seiner Liebe Umfassende, ist für sie einer der 99 schönen Namen Gottes. Die islamischen Mystiker, die Sufis nennen Gott meistens einfach "der Geliebte". Das akzeptiere ich sofort, weil es im Einklang mit dem jesuanischen Gottesverständnis ist.

Bild
Jedenfalls ist dies ein schöner Gedanke, dem ich jederzeit folgen kann. Die Welt wäre eine bessere und schönere, wenn alle Menschen diesem Gedanken folgen würden.

Ich selbst bin davon überzeugt, dass Gott die Idee des Menschen ist, dass es etwas gibt, welches größer ist als er selbst. Ich glaube - denn beweisen lässt es sich nicht -, dass die Menschen damit unbewusst eine regulative Idee erschaffen haben (ganz im Sinne Kants), die verhindern soll, dass er einem psychischen Größenwahn verfällt: nämlich einem grenzenlosen - und deshalb gefährlichen - Narzismus. In den Mythologien der Welt, scheint mir das immer wieder zum Ausdruck gebracht zu werden. Institutionen wie die christlichen Kirchen oder religiöse Strömungen wie der Wahabismus u.a. machen daraus aber einen institutionellen Murks.

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#39 Re: Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Beitrag von Thaddäus » Sa 1. Jul 2017, 20:39

closs hat geschrieben: Ich verstehe nicht, warum ein für den einen Fall zufällig existierender philosophischer "Beweis" und ein für den anderen anderen Fall zufällig NICHT existierender philosophischer "Beweis" etwas damit zu tun hat, ob die Definition von "Ratio"/"Vernunft" auf trans-naturale Phänomene anwendbar ist oder nicht.
Die Gottesbeweisversuche existieren nicht zufällig, sondern weil Menschen versucht haben, die Existenz eines Gottes rein rational und vernünftig zu beweisen!
Wenn du an Gott glaubst, weil du einen oder alle Gottesbeweise für korrekt hältst oder die rational aufgebaute Pascalsche Wette für korrekt hältst, dann glaubst du an einen rationalistischen und philosophischen Gott aus rein rationalen Gründen. Du läufst dann allerdings Gefahr, dich über deine rationalen Gründe rein rational zu irren, nämlich dann, wenn sie falsch sind, was wiederum die Kritiken an den Gottesbeweisen nachzuweisen versuchen.

Der als Gottessohn und deshalb als göttlich geglaubte Jesus ist NICHT IDENTISCH mit dem christlichen Gott. Jesus ist nach christlicher Dogmatik wahrer Mensch, Gott nicht. Jesus ist nach christlicher Dogmatik auch wahrer Gott, aber eben - als Gottes Sohn - nicht identisch mit Gott. Deshalb bezieht sich kein philosophischer Gottesbeweis auf Jesus.
Es KANN für Jesus gar keinen rationalen Gottesbeweis geben, da er nicht Gott IST. Gott ist Gott. Jesus ist nach christlicher Dogmatik lediglich Teil der göttlichen Trinität, aber eben nicht die ganze Dreifaltigkeit. Sonst gäbe es ja keine Drei-faltigkeit.

An die Göttlichkeit Jesus könntest du RATIONAL (= mit guten Gründen) allenfalls wegen seiner Wundertätigkeit glauben, wenn du sie für echte Wunder hältst. Aber das habe ich bereits widerlegt:

Es gibt auch keine RATIONALEN Gründe dafür, Jesus für einen Gott zu halten. Daran kann man auschließlich nur GLAUBEN. Nimmt man die von ihm angeblich getätigten Wunderhandlungen als Indiz dafür, dass Jesus göttliche Macht besessen haben muss, dann ist das immer noch kein rationaler und vernünftiger Grund, ihn für einen Gott zu halten und für den Sohn des jüdischen Gottes JHWH.
Denn, ob Jesus tatsächlich Wunder gewirkt hat, ist von keinem von uns heute mehr überprüfbar. Man muss an die überlieferten Wunderberichte glauben. Und selbst, wenn wir bei seinen angeblichen Wundern als Augenzeugen dabei gewesen wären, könnten wir nicht sicher ausschließen, ob es tatsächliche Wunder waren oder er nur irgendwie getrickst hat wie heutige Zauberkünstler. Es existieren von vielen bekannten antiken Personen Wunderberichte. Unter anderem auch von einigen Philosophen.

Und selbst, wenn wir als Augenzeugen seiner Wunder davon überzeugt wären, er hätte echte Wunder gewirkt, könnten wir nicht ausschließen, dass er die göttliche Macht hierfür von einem Dämon, Satan oder sonstigen deus malignus erhalten hätte. Wir könnten nur daran glauben, dass er der göttliche Sohn JHWH's war und von ihm diese Macht verliehen bekommen hat. Nichts hiervon ist rational oder vernünftig.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Sa 1. Jul 2017, 21:15, insgesamt 1-mal geändert.

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#40 Re: Wie würde eine Welt ohne Religion und Spiritualität aussehen?

Beitrag von Thaddäus » Sa 1. Jul 2017, 20:45

closs hat geschrieben: Natürlich sind menschliche Eigenschaften wie Rationalität und Vernunft "Seiendes", die das "Sein" thematisieren. - Aber jetzt sind wir wieder beim Thema oben: Was ist Vernunft: Eine anthropozentrische oder eine ontologische Größe. - Und da scheinen wir unterschiedlicher Meinung zu sein.
Ich habe bereits nachgewiesen, dass Rationalität und Vernunft nur als menschliche Eigenschaften sinnvoll verstanden werden können:

Tatsächlich und faktisch ist es eine unleugbare Tatsache, dass du oder andere MENSCHEN Gott die EIGENSCHAFTEN der Rationalität und Vernünftigkeit lediglich ZUSPRECHEN könnt, was nichts anderes als eine metaphysische These ist, die damit vertreten wird. Trifft man diese Aussage, BEHAUPTET man etwas: nämlich das Gott diese Eigenschaften zukommen (und dass die irgendwie höher-dimensional seien, was immer das bedeuten soll).
Egal, wie du es drehst und wendest: DU bist es (als Mensch), der Gott die Eigenschaften ZUSPRICHT, rational und vernünftig zu sein. An dieser Tatsache ändert sich auch dann nichts, falls es tatsächlich einen Gott geben sollte, dem diese Eigenschaften tatsächlich zukommen, da du diese deine Überzeugung immer nur in irgendwelchen kommunikativen Prozessen aufstellen und vertreten kannst!

Es ist klar, dass du als Mensch Gott nur solche Eigenschaften zusprechen kannst, von denen du selbst weißt, was für Eigenschaften das überhaupt sein sollen. Es macht keinen Sinn, Gott Eigenschaften zusprechen zu wollen, von denen man selbst nicht weiß, was das für Eigenschaften sein sollen. Also kannst du logischerweise Gott Rationalität und Vernunft nur in der Form, in der Defintion und mit dem Begriffsumfang zusprechen, wie du selbst Rationalität und Vernunft verstehst. Und das heißt: du sprichst Gott Eigenschaften zu, so wie du diese Eigenschaften verstehst, denn anders ist es logisch nicht denkbar.

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