Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Philosophisches zum Nachdenken
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Savonlinna
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#261 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Savonlinna » Fr 5. Dez 2014, 11:22

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Ob der Mensch dann am präfrontalen Cortex verwachsen ist oder geistig verwachsen ist, ist dabei irrelevant.
Die Relevanz besteht darin, dass ein gesunder präfrontaler Cortex offenbar die Entwicklung "normaler" sozialer Kompetenz entscheidend beeinflussen kann.
Man könnte weiter schließen, dass im Normalfall soziale Kompetenz aus der Wirkung dieser Gehirnareale entsteht.
Natürlich kann man einen Menschen in seinem Wesen komplett verändern, wenn man sein Gehirn verändert. Das scheint mir unbestritten. So wie man einen Menschen auch verändert, wenn man ihn totschlägt.

Daraus aber eine Verallgemeinerung zu folgern - nur aktive Einflussnahme auf das Gehirn des Menschen bewirkt, dass man das Leben als fragmentarisch wahrnimmt - , ist unzulässig.
Sage ich nur der Vorsicht halber. Weiß nicht, ob Du diese Schlussfolgerung ziehen wolltest.
Wenn Neurologen diese Schlussfolgerung ziehen, sind sie automatisch Weltanschauler.

closs
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#262 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von closs » Fr 5. Dez 2014, 11:23

Pluto hat geschrieben:Man könnte weiter schließen, dass im Normalfall soziale Kompetenz aus der Wirkung dieser Gehirnareale entsteht.
Oder: Dass die Hardware "Gehirnareal" die Software "soziale Kompetenz" nicht umsetzen kann, wenn diese Hardware defekt ist.

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Savonlinna
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#263 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Savonlinna » Fr 5. Dez 2014, 11:42

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Nur nenne ich das hier nicht "Metaphysik", weil in ihrem Namen hier - in meinen Augen - Absurdes hergeleitet wird.
Das klingt auch ein bißchen traumatisiert - verstehe es doch einfach wörtlich: Meta-Physik = Jenseits dessen, was physikalisch erklärt bzw. erklärbar ist. - Ohne weitere religiöse Implikationen, die hier wirklich nicht nötig sind.
Meine Güte. Du arbeitest aber auch mit allen Mitteln, um Deine Begrifflichkeiten durchzuboxen. Von dem Versuch, unvoreingenommen - alle Setzungen hinterfragend - philosophieren zu wollen, scheinst Du noch nie was gehört zu haben.

Egal, ich mache noch meine Wahrnehmungsebenen zu Ende, dann verlasse ich dieses Forum wieder. Das ist schon länger entschieden. Auf der einen Seite die Droh-Christen, die davon nicht runterwollen, die anderen, die auf ihren eigenen Begrifflichkeiten beharren und das als Trauma bezeichnen, das auch diese Begrifflichkeiten in ihrer Sinnhaftigkeit hinterfragt, da ist kein Weiterkommen möglich für mich.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Ich gehe empirisch vor, sichere mich ab, ob es empirisch wahrnehmbar ist. Aber eben gerade nicht nur physisch, nicht nur psychisch.
Neulich gab es mal eine Diskussion zwischen Pluto und mir, was denn "empirisch" sei. - Dabei haben wir festgestellt, dass es erhebliche Unterschiede gibt zwischen der Urbedeutung "(individuelles) Erfahrungs-Wissen" und der heute vorherrschenden Verison "intersubjektives Erfahrungs-Wissen". - Welcher Version tendierst Du zu?
Begriffskämpfe - wenn es welche waren - sind für mich überflüssig wie ein Kropf. Herleitung der Begriffe aus einer "Urbedeutung" gibt mir rein gar nichts. Man bleibt immer noch im Sprachsystem befangen.

Mein Weg ist, einfach praktisch aus dem, wie wir wahrnehmen, unser Wahrnehmungssystem zu beschreiben.

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Andreas
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#264 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Andreas » Fr 5. Dez 2014, 11:58

Savonlinna hat geschrieben:Auch der Lebensfilm ist eine Kreation eines komponierenden Etwas, das Zusammenhänge zwischen unseren Lebensepisoden herstellt.

Warum machen wir solche Kompositionen, zu welchem Zweck und Behuf?
Savonlinna hat geschrieben:Es ist Teil der menschlichen Disposition. Wir können mit Fragmenten nicht leben, wir legen einen Sinn hinein.
Aus einem anderen Thread:
Savonlinna hat geschrieben:Kein Mensch kann bleiben, der er ist. Er muss sich notgedrungen ändern. Vielleicht besser gesagt: 'Es ändert sich in ihm.'
Spannende Beobachtungen. "Kreativität", "einen Sinn hineinlegen" und "Es ändert uns" beobachtest du ganz richtig am fertigen Resultat. Die "Bewegung dieser Wandlungen" nehmen wir in vielen Fällen nicht bewusst oder direkt wahr (Katergorie C). Es gibt sie aber, sonst würden keine Veränderungen stattfinden. Man kann also sagen: Die Realität dieser Bewegung der Wandlungen "ist" unabhängig von unserer Wahrnehmung dieses Geschehens. Ist das für dich noch in Ordnung, wenn ich es so verstehe und formuliere?

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Andreas
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#265 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Andreas » Fr 5. Dez 2014, 12:05

Savonlinna hat geschrieben:Egal, ich mache noch meine Wahrnehmungsebenen zu Ende, dann verlasse ich dieses Forum wieder.
Das nehme ich mit großem Bedauern zur Kenntnis. Wir sind hier ein halsstarriges Völkchen. Unsere Verstocktheiten hätten dich bitter nötig. ;)

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#266 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Pluto » Fr 5. Dez 2014, 12:30

closs hat geschrieben:Oder: Dass die Hardware "Gehirnareal" die Software "soziale Kompetenz" nicht umsetzen kann, wenn diese Hardware defekt ist.
Mein Ältester ist seit Geburt an gehörlos. Seit einiger Zeit hat er ein CI (Cochlea Implantat), dass ihm ermöglicht, selbst sehr leise Geräusche wahrzunehmen, wie das Ticken einer Uhr. Er spricht insgesamt ein weiger leiser, aber wir alle hatten mehr erwartet, denn erstaunlicherweise hat sich seine Aussprache kaum verbessert. Die Ärzte sagen, das kommt daher, dass das Hörzentrum im Laufe der Zeit für andere Funktionen entfremdet wurde. Es gibt viele Krankengschichten, die darauf hinweisen, dass einzelne Hirnareale ganz spezifische geistige Aufgaben haben.

Braucht der Körper überhaupt einen Geist? Viele Lebewesen (Würmer, Schnecken, Insekten, usw.) leben vermutlich ganz ohne Geist. Um am Leben zu bleiben haben sie teilweise komplexe Strategien entwickelt die auf den ersten Blick so aussehen, als führten sie bewusste Handlungen aus. Was treibt diese Tiere zum leben an? Ist es nicht der sehr ursprüngliche Lebenserhaltungstrieb?

In der Naturwissenschaft geht es immer um statistische Wahrscheinlichkeiten von Erklärungen.
Du gehst von einem statischen Bild des Menschen aus, der seine Essenz ausmacht: Hier ist ein Mensch, der hat Geist, und alles was dazu gehört (Bewusstsein, Freier Wille, usw.). Aber damit umgehst du die Frage nach dem Usprung dessen was wir Geist nennen. Warum könnten wir Menschen nicht gleich den Würmern oder Schnecken mit einfachen intuitiven oder instinktiven Reaktionen überleben? Wie entstand Geist in der Zeit als unsere Vorfahren noch dabei waren neue Lebensräume in den Savannen Afrikas zu besetzen?
Und vor allem, wozu diente dieser Geist?

Wie wurde aus jenen primitiven Anfängen der vollentwickelte Geist heutiger Generationen, mit seinen Visonen, Träumen, Gedanken, symbolische Bilder und einem Bewusstsein? Was war der Zweck des Geistes im Laufe unserer jahrmillionen währenden Entwicklung?
Nach meiner Meinung war Geist am Anfang einfach ein sinnvolles Werkzeug um dem Körper in seinem Überleben zu unterstüzen. Individuen die besser "denken" konnten als andere, hatten den Vorteile eines längeren und besseren Lebens, und konnten dadurch mehr Nachwuchs zeugen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Savonlinna
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#267 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Savonlinna » Fr 5. Dez 2014, 12:31

Andreas hat geschrieben:Man kann also sagen: Die Realität dieser Bewegung der Wandlungen "ist" unabhängig von unserer Wahrnehmung dieses Geschehens. Ist das für dich noch in Ordnung, wenn ich es so verstehe und formuliere?
Es kommt darauf an, wie weit man "Wahrnehmung" fasst.

Wenn ein Sprachwissenschaftler unser deutsches Sprachsystem beschreibt - Subjekt, Prädikat, Objekt etc. - und mit einem anderen Sprachsystem vergleicht - wo es vielleicht gar kein Subjekt gibt -, dann ist das für mich ebenfalls eine Form der Wahrnehmung. Denn er beschreibt - wie Kant es in etwas anderer Weise auch gemacht hat - die Art, wie unsere Wahrnehmung funktioniert. Sie ist immer eingebettet in die menschliche Wahrnehmungsstruktur.

Nach Kant nimmt der Verstand die Dinge räumlich wahr. Er sieht sie immer im Raum.
Diese Beobachtung ist für mich ebenfalls empirisch. Sie wird nicht gesetzt, sie ist Teil der Wahrnehmung.

Wenn ein Arzt einen Schmerz diagnostiziert, kann er ihn nur beheben - außer er gibt Tabletten -, wenn er die Struktur des menschlichen Körpers kennt.
Diese Struktur ist nicht philosophisch behauptet, sondern sie funktioniert. Sie ist aus der Erfahrung abgeleitet.

Genauso ist es eine Beobachtung, dass der Mensch sich wandelt.
Das ist empirisch.
Ich kann also sagen: die Wahrnehmung von Wandlung ist uns angeboren, ist intersubjektiv. Ist Teil des Menschseins.

Dann entsteht aber sofort die nächste Frage:
Kann der Mensch nur in der Kategorie "Wandlung" wahrnehmen?
Genauso wie man fragen kann: Kann der Mensch nur alles als im Raum befindlich wahrnehmen?

Ich klammere hier mal aus, dass es Kulturen gibt, die möglicherweise anders als wir Westeuropäer Wandlung und Raum wahrnehmen.
Ich wollte demnächst auf eine weitere 4. Wahrnehmungsebene - die ich dann mit Ebene D bezeichnen möchte - zu sprechen kommen.
Da stellen sich die Dinge noch mal anders dar.

Alle diese Wahrnehmungsformen beinhalten immer sowohl "Material" - Inhalte - als auch eine zugrundeliegende Struktur. Beides wird wahrgenommen, auch wenn die Struktur anders erkannt wird als die Inhalte.
Die Inhalte sind gebunden an die Struktur. Die Struktur unseres Auges bedingt unsere visuelle Wahrnehmung. Aber das Wissen um die Struktur des Auges wurde ebenfalls empirisch erarbeitet.

So auch beim Wandel, nach dem Du fragst.
Wir nehmen uns im Wandel wahr.
Ob auf einer anderen Wahrnehmungsebene das schon nicht mehr gilt, will ich dann mit der Einführung der Ebene D zu untersuchen versuchen.
Vieles verstehe ich erst selber durch das Schreiben hier.

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Andreas
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#268 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Andreas » Fr 5. Dez 2014, 12:46

Savonlinna hat geschrieben:Wir nehmen uns im Wandel wahr.
Mit "Wir nehmen den Wandel wahr" hab ich kein Problem. Das kann ich nachvollziehen. "Wir nehmen uns im Wandel wahr" geht auch noch. "Wir nehmen die Wandlung wahr" da bekomme ich so meine Schwierigkeiten. Wenn ich kreativ arbeite, stellt sich bei mir, wenn es gut läuft etwas ein, das ich für mich "Flow" nenne. Das ist ein sehr beglückendes Gefühl. Da fließt etwas in mir, das zu guten Resultaten führt, aber woher es fließt kann ich nicht beobachten.

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#269 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Savonlinna » Fr 5. Dez 2014, 12:53

Andreas hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Wir nehmen uns im Wandel wahr.
Mit "Wir nehmen den Wandel wahr" hab ich kein Problem. Das kann ich nachvollziehen. "Wir nehmen uns im Wandel wahr" geht auch noch. "Wir nehmen die Wandlung wahr" da bekomme ich so meine Schwierigkeiten. Wenn ich kreativ arbeite, stellt sich bei mir, wenn es gut läuft etwas ein, das ich für mich "Flow" nenne. Das ist ein sehr beglückendes Gefühl. Da fließt etwas in mir, das zu guten Resultaten führt, aber woher es fließt kann ich nicht beobachten.
Darauf wollte ich auf jeden Fall auch noch zu sprechen kommen.
Ich möchte ja möglichst sämtliche Wahrnungsformen beschreiben.
Wenn ich die eine Ebene beschreibe, heißt das doch eben gerade nicht, dass es nicht noch andere gibt.

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#270 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Andreas » Fr 5. Dez 2014, 12:55

Gut. Übe ich mich in freudiger Erwartung.

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