#61 Re: Der Tod ist nichts - Trostworte
Verfasst: Fr 10. Jul 2015, 12:34
So oft ich – wehe mir! – daran muß denken,
Daß ich nie wieder soll
Die Herrin sehn, um die ich so mich quäle,
Dann wächst mein Weh, dann sprech' ich tränenvoll
Zur schmerzzerrissnen Seele:
»O meine Seele, kannst du denn nicht scheiden?
Es werden dich noch viele Qualen kränken
Im Leben, dessen du schon jetzt so müde,
Die füllen mich schon heut' mit schwerem Bangen.«
Und nach dem Tod muß ich verlangen,
Im Tode nur ist lieblich süßer Friede.
Ich rufe: »Komm, o Tod – sieh all mein Leiden –
Sieh! jeden, der da stirbt, muß ich beneiden!«
Es tönt durch meiner Seufzer herben Schall
Ein Wehelaut der Klage,
Der nach dem Tode ruft allein,
Zum Tode kehrten sich an jenem Tage,
An dem die Herrin mein
Grausam das Schicksal traf, die Wünsche all.
Denn ihre wonnesame Schönheit ward,
Nachdem sie schied aus unserem Verein,
Verklärt zu geist'ger Schönheit hoher Art,
Die durch die Himmel gießet
Ein Liebeslicht, das alle Engel grüßet
Und jener hohen Geister Seligkeit
Erstaunen macht ob solcher Lieblichkeit.
Süßer Gedanke, der von Euch mir spricht,
Er kommt mit mir zu weilen oft und lang
Und spricht so süß von Liebe und so bang,
Es widerstrebt das Herz ihm fürder nicht.
Zum Herzen spricht die Seele: »Wer ist dies,
Der unsern Sinn so bald zu trösten kam?
Ist seine Macht so groß, daß ohne Scham
Er uns kein andres Denken möglich ließ?«
Und es erwidert der Gedankenvollen:
»Dies ist ein neues Geisterchen der Liebe,
Und zu mir bringt es ihre süßen Triebe,
Und all sein Leben, alle seine Macht
Kommt aus den Augen jener Mitleidsvollen,
Der meine Qual Betrübnis hat gebracht.«
aus: Dante Vita nuova XXXIII; XXXVIII.
Daß ich nie wieder soll
Die Herrin sehn, um die ich so mich quäle,
Dann wächst mein Weh, dann sprech' ich tränenvoll
Zur schmerzzerrissnen Seele:
»O meine Seele, kannst du denn nicht scheiden?
Es werden dich noch viele Qualen kränken
Im Leben, dessen du schon jetzt so müde,
Die füllen mich schon heut' mit schwerem Bangen.«
Und nach dem Tod muß ich verlangen,
Im Tode nur ist lieblich süßer Friede.
Ich rufe: »Komm, o Tod – sieh all mein Leiden –
Sieh! jeden, der da stirbt, muß ich beneiden!«
Es tönt durch meiner Seufzer herben Schall
Ein Wehelaut der Klage,
Der nach dem Tode ruft allein,
Zum Tode kehrten sich an jenem Tage,
An dem die Herrin mein
Grausam das Schicksal traf, die Wünsche all.
Denn ihre wonnesame Schönheit ward,
Nachdem sie schied aus unserem Verein,
Verklärt zu geist'ger Schönheit hoher Art,
Die durch die Himmel gießet
Ein Liebeslicht, das alle Engel grüßet
Und jener hohen Geister Seligkeit
Erstaunen macht ob solcher Lieblichkeit.
Süßer Gedanke, der von Euch mir spricht,
Er kommt mit mir zu weilen oft und lang
Und spricht so süß von Liebe und so bang,
Es widerstrebt das Herz ihm fürder nicht.
Zum Herzen spricht die Seele: »Wer ist dies,
Der unsern Sinn so bald zu trösten kam?
Ist seine Macht so groß, daß ohne Scham
Er uns kein andres Denken möglich ließ?«
Und es erwidert der Gedankenvollen:
»Dies ist ein neues Geisterchen der Liebe,
Und zu mir bringt es ihre süßen Triebe,
Und all sein Leben, alle seine Macht
Kommt aus den Augen jener Mitleidsvollen,
Der meine Qual Betrübnis hat gebracht.«
aus: Dante Vita nuova XXXIII; XXXVIII.