Definition "rechtsextrem" (?)

Politik und Weltgeschehen
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1Johannes4
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#11 Re: Definition "rechtsextrem" (?)

Beitrag von 1Johannes4 » Fr 13. Okt 2017, 17:40

Hallo Magdalena61,

bei solchen Themen finde ich die Artikel und Beiträge der "Bundeszentrale für politische Bildung" ziemlich interessant, speziell da auch einige Begriffe heutzutage eher Assoziationen auslösen, die einem eher schlechten Halbwissen entsprechen.

Ein kurzes Video: http://www.bpb.de/mediathek/182882/rech ... auf-bpb-de

Ich zitiere: "Rechtsextremismus ist scheiße." (passt ja auch im wahrsten Sinne des Wortes: es ist braun, es stinkt und ein Umgang damit ohne sich selbst schmutzig zu machen ist kaum möglich).

Die Abgrenzung von "rechtsextrem" war schon immer ziemlich schwierig, da es eher ein Sammelsurium von verschiedenen "Ideen" und "Einstellungen" ist, wobei manche allerdings auch nicht nur exklusiv bei den "Rechten" beheimatet sind.

Eine Übersicht:
http://www.bpb.de/politik/extremismus/r ... xtremismus

An sich finde ich es aber wichtiger zu verstehen, was eine Demokratie ausmacht, welche Vorzüge man in einem Rechtsstaat genießt und wieso es auch wichtig ist, dass das Grundgesetz die Menschenrechte garantiert. Wer den Anfängen wehren möchte, sollte allerdings meiner Meinung nach auch verstehen, wie übliche "Angriffe" dagegen aussahen und aussehen könnten.

Und wenn jemand meint, dass sich der Nationalsozialismus nicht so einfach wiederholen könnte: wieso sollte es nicht möglich sein, dass eine Mehrheit des Bundestages ein zum "Ermächtigungsgesetz" vergleichbares Gesetz verabschiedet?

In Trier musste beispielsweise 2006 ein Gericht feststellen, dass ein entsprechender Passus in der Studierendenverfassung dem Demokratieprinzip widerspricht - weder das zuständige Fachministerium (hatte diese Verfassung sogar genehmigt), noch die Hochschulleitung noch ca 99,9 % der Studierenden hatten das verstanden ( Link zum Urteil ). Übrigens auch nach diesem Urteil wurde es noch nicht verstanden.

Grüße,
Daniel.
Da der hiesige Admin willkürlich meine Beiträge löscht, lohnt es sich nicht hier noch mitzulesen bzw. sich mit Kommentaren einzubringen. Wünsche Euch alles Gute.

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#12 Re: Definition "rechtsextrem" (?)

Beitrag von Magdalena61 » Fr 13. Okt 2017, 22:58

Herzlichen Dank für die Antworten!

Auch für die Links, 1Johannes4, das habe ich mir mal angeschaut und bin auf folgenden Satz gestoßen:
Es ist häufig unklar, welche Elemente und Denkmuster zum Rechtsextremismus gehören und welche nicht.
Quelle
So eindeutig kann man den Begriff demnach wohl nicht definieren. Auf die Menge kommt es an, und auf die Mischung?

Wenn ich zusammenfasse, komme ich auf:
- Ablehnung der pluralistischen Demokratie
- Nationalismus
- Rassismus
- Autoritäre Strukturen mit einer Bündelung der Macht im Staat
- Antisemitismus

Wenn keine leicht verständliche und natürlich zutreffende Definition von "rechtsextrem" verfügbar ist, dann ist aber die Gefahr der mißbräuchlichen Anwendung dieser Bezeichnung gegeben.

"Rechtsextrem= böse", so kommt es rüber, wenn in Nachrichten etc. derartiges erwähnt wird. Damit kann man Rufmord betreiben und ganze Bevölkerungsgruppen als überspannt, extrem, unglaubwürdig hinstellen.

Irgendwie ist das Ganze immer noch schwammig für mich.

Wenn jemand reale Mißstände oder Fehlentwicklungen anprangert, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsaufkommen in der BRD sowie des Umgang damit seitens der Behörden, dann schiebt man ihn in die "rechte Ecke" und damit hat die Diskussion sich erledigt? Mit einem Staatsfeind möchte ja schließlich keiner etwas zu tun haben. Oder gar selbst in diesen Verdacht geraten, bloß nicht...
LG
God bless you all for what you all have done for me.

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#13 Re: Definition "rechtsextrem" (?)

Beitrag von Magdalena61 » Fr 13. Okt 2017, 23:10

Janina hat geschrieben:Rechts sitzt erstmal die FDP, und die haben nichts "gegen Ausländer".
Die FDP muß neben der AfD sitzen. Tatsächlich rechts :mrgreen: . So will es die neue Sitzordnung im Bundestag.
Und die Grünen müssen neben die Linken, vom Rednerpult aus gesehen.
Rechtsextrem heißt faschistisch.
Das ist auch so ein Sammelbegriff, mit dem die Menge jongliert ohne genau zu wissen, was er beinhaltet. Man arbeitet mit Worthülsen, die man nur von außen kennt, und eher nach Gefühl denn mit dem Intellekt.
Faschismus enthält auch immer Chauvinismus. Das ist der Glaube, durch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe besser zu sein als Nichtzugehörige.
Man wundert sich, dass tatsächlich jemand ernsthaft so denken und seinen Nächsten dabei verachten kann und das ganz in Ordnung findet.

Mein Leben mit dem einer Türkin, einer Afrikanerin, einer Frau aus dem Irak oder einer Brasilianerin tauschen würde ich nicht wollen. Ich weiß sehr gut zu schätzen, welche Vorteile es für mich hat, Deutsche zu sein. Und ich halte Deutschland für ein Land, das vielen anderen Ländern zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht überlegen ist und, na ja- wenigstens hin und wieder- ansatzweise Raum für Demokratie bietet.

Aber die anderen sind nicht schlechter, sondern sie sind anders.
LG
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#14 Re: Definition "rechtsextrem" (?)

Beitrag von Magdalena61 » Fr 13. Okt 2017, 23:55

Pluto hat geschrieben:
Magdalena61 hat geschrieben:Meine Frage: Wie würdet ihr einem Schüler kurz und bündig und begreiflich erklären, was man unter "rechtsextrem" zu verstehen hat?
In Berlin sieht man leider kaum Rechtsextreme.
Anstatt nach Berlin zu fahren, wären sie vielleicht besser nach Dachau gefahren.
Flossenbürg ist näher. Granit. Schwerstarbeit.

Irgendein KZ wird doch fast allen Schülern aufgedrückt.

Die Kids können damit nichts anfangen. Was sie in einem ehemaligen KZ an Resten oder Fotos sehen ist zu weit weg von ihrem eigenen Erlebenshorizont.

Parallelen zur Geisteshaltung der Nazionalsozialisten in der heutigen Zeit zu erkennen und zu erklären wäre fruchtbarer, meine ich.

Nein, nicht "AfD". Das ist zu einfach, zu offensichtlich. Die AfD ist die Antwort auf die Benachteiligung, die unbeantworteten Fragen, die Ängste und die Verwirrung der Bürger, die sich von der etablierten Staatsführung schon lange ignoriert und im Stich gelassen fühlen.

Braun sitzt doch überall mit drin an den strategisch wichtigen Punkten. Hat die Farbe gewechselt und wechselt sie ständig, wie ein Chamäleon und wird achtungsvoll hofiert.
Es sind nicht die Milchbubis mit den Springerstiefeln.

Es sind beispielsweise diejenigen, die in Billiglohnländern unter unzumutbaren Bedingungen produzieren lassen, um für die dort erzeugte Ware hier teuer abzusahnen. Man hat sozusagen die KZs exportiert. Stichwort China, aber nicht nur dort.

Oh, jetzt bin ich ein Verschwörungstheoretiker. :devil:
Dort sieht man, was Rechtsextreme angerichtet haben.
In diesen gepflegten Gedenkstätten sieht man eigentlich nichts. Auch ich musste als Schülerin mit meiner Klasse ein KZ besichtigen.

Es ist alles sauber und friedlich, gepflegt, die Holzbaracken sind auch sauber, es stinkt nicht, man sieht keinen Müll und keine abgemagerten, kranken und sterbenden Menschen. Das Ganze läuft unter der Überschrift "Ausflug", folglich ist die Grundstimmung entspannt, und man kann ja wieder raus aus dem Areal, man muß sich nicht zu Tode arbeiten, verhungern und erfrieren.

Den Film "Holocaust" habe ich auf Video. Außerdem "Die Zuflucht", und dann noch Originalaufnahmen in schwarzweiß vom Harmagedon der Juden im Dritten Reich.
Wenn ich wüßte, wie ich die Kassetten auf den PC überspielen und vielleicht auf CD brennen kann, würde ich es tun. :?
Das ist dann ein bleibendes, einprägsames Erlebnis. Vor allem, wenn man den Kids begreiflich machen will, was Rechtsextremismus bedeutet.
Derzeit läuft ja ein Genozid an den Rohingya in Burma. Das Leid der Rohingya kratzt hier kaum jemanden.

Es ist so (zu) weit weg.

Und genau so ist das für unsere Kinder, wenn man ihnen mit der unrühmlichen Vergangenheit des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation kommt.
Jede auch nur aufkeimende Sympathie für die extreme Rechte wird einem dort genommen.
Ich habe überhaupt etwas gegen Extremisten. Ob links oder rechts, das ist egal. Ich kann es nicht ab, wenn jemand sich aufplustert und seine Mitmenschen zur Seite stößt, ausnützt, ausnimmt, übervorteilt, beherrscht; knallhart, egoistisch und skrupellos.
LG
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closs
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#15 Re: Definition "rechtsextrem" (?)

Beitrag von closs » Sa 14. Okt 2017, 00:23

ThomasM hat geschrieben:Heute sind alle Rechtsextrem, die stolz sind auf die Heimat Deutschland und die ein unangenehmes Gefühl haben, wenn Ausländer ungehindert nach Deutschland ziehen können. Wahlweise werden auch die als rechtsextrem eingestuft, die einfach nur konservativ sind, also eher erhaltend denken.

Gerade in Zusammenhang mit der AfD ist der Begriff inflationär verwendet worden und hat sich so abgenutzt.
Eine wichtige Einschätzung Deinerseits. - Denn es führt unter anderem dazu, dass Leute, die nicht mehr das 3. Reich erlebt haben (also fast alle), zum Ergebnis kommen können: "Wenn meine traditions-erhaltende Denkweise rechtextrem oder gar 'braun' ist, dann kann der Adolf bis auf die Judensache gar nicht so schlecht gewesen sein" - eine absolute Katastrophe, die aber stattfindet (ich habe persönlich solche Aussagen schon gehört).

Wir haben eine inzwischen regelmäßig grassierende Seuche der medialen Überspitzung, die zu einer Versauung der Sprache führt - aus meiner Sicht sehr gefährlich.

Novas
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#16 Re: Definition "rechtsextrem" (?)

Beitrag von Novas » Sa 14. Okt 2017, 08:36

ThomasM hat geschrieben:Heute sind alle Rechtsextrem, die stolz sind auf die Heimat Deutschland und die ein unangenehmes Gefühl haben, wenn Ausländer ungehindert nach Deutschland ziehen können. Wahlweise werden auch die als rechtsextrem eingestuft, die einfach nur konservativ sind, also eher erhaltend denken

Die meisten Menschen haben kein Problem mit ihrer Heimat. Die Heimat gehört auch nicht den Rechten, egal wie oft sie diesen Begriff schamlos für sich instrumentalisieren, so als seien sie die Erfinder dieses Begriffs, sondern allen hier lebenden Menschen (dazu gehören Muslime und ihr Glaubensverständnis) Dazu muss gesagt werden, dass die politische Linke früher ein ganz anderes Verhältnis zu den Begriffen Heimat, Nation und Volk hatte, wie es in diesen bekannten Worten von Ernst Thälmann Ausdruck findet:

„Mein Volk, dem ich angehöre und das ich liebe, ist das deutsche Volk; und meine Nation, die ich mit großem Stolz verehre, ist die deutsche Nation. Eine ritterliche, stolze und harte Nation. […] Ich bin Blut vom Blute und Fleisch vom Fleische der deutschen Arbeiter und bin deshalb als ihr revolutionäres Kind später ihr revolutionärer Führer geworden.“ – Ernst Thälmann: Antwort auf Briefe eines Kerkergenossen, Berlin 1961, S. 73.

Nur mal ein Beispiel dafür, wie die politische Linke früher gesprochen hat :) Die Verachtung der eigenen Heimat ist nicht „links“. Das ist einfach nur geistlos. Eine antideutsche Denkweise finde ich ebenso geistlos, wie eine stumpfsinnige Deutschtümelei und den braunen Sumpf, der mit dem wahren christlichen Geist der europäischen Zivilisation nicht das geringste zu tun hat. Sehr viel Heimatliebe spricht aus dem Text der alten DDR-Nationalhymne:

Auferstanden aus Ruinen und der Zukunft zugewandt.
Laß uns Dir zum Guten dienen Deutschland heilig Vaterland.
Alte Not gilt es zu zwingen und wir schlagen sie vereint;
Denn es muß uns doch gelingen daß die Sonne schön wie nie
über Deutschland scheint, über Deutschland scheint
Der Text stammt von Johannes R. Becher und die Melodie komponierte Hanns Eisler.
Zuletzt geändert von Novas am Sa 14. Okt 2017, 09:11, insgesamt 3-mal geändert.

Helmuth
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#17 Re: Definition "rechtsextrem" (?)

Beitrag von Helmuth » Sa 14. Okt 2017, 08:56

Nach nochmaligem Durchlesen mehrere Beiträge finde ich dieses kurze Statement sehr treffend und gut:
Lena hat geschrieben:Uebertrieben nationales Verständnis das Land autoritär zu führen.
Aber es wäre auch auf einen Islamstaat oder z.B. die PLO anwendbar. Insofern würde ich das zumindest begrifflich unterscheiden wollen.
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6

Novas
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#18 Re: Definition "rechtsextrem" (?)

Beitrag von Novas » Sa 14. Okt 2017, 09:00

Eine wirklich hervorragende und herzergreifende Hymne:


Novas
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#19 Re: Definition "rechtsextrem" (?)

Beitrag von Novas » Sa 14. Okt 2017, 09:20

Ein weiteres Beispiel für die Vaterslandsliebe der politischen Linken:



:thumbup: ein wirklich legendäres Lied.

Kennst Du das Land mit seinen alten Eichen,
das Land von Einstein, von Karl Marx und Bach?
Wo jede Antwort endet mit dem Fragezeichen[...]
Hier schaff ich selber, was ich einmal werde!
Hier geb ich meinem Leben einen Sinn!
Hier hab ich meinen Teil von unser Erde!
Der kann so werden, wie ich selber bin.

Kennst Du das Land mit seinen Seen und Wäldern,
das kleine Land, das man an einem Tag durchfährt?

Der Rechtsruck sollte für die politische Linke ein Signal sein, dass sie Begriffe wie Volk, Nation und Heimat wieder benutzen und in einem positiven, menschenfreundlichen und weltoffenen Sinne deuten sollte, anstatt sie irgendwelchen skrupellosen Demagogen wie Udo Pastörs zu überlassen. Sarah Wagenknecht ist sich dessen sicher bewusst, denn das kann man aus ihren Bemerkungen zur Flüchtlingskrise ableiten:

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Pluto
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#20 Re: Definition "rechtsextrem" (?)

Beitrag von Pluto » Sa 14. Okt 2017, 10:06

Novalis hat geschrieben:Ein weiteres Beispiel für die Vaterslandsliebe der politischen Linken:
Vaterslandsliebe ist ebenfalls ein von Menschen erschaffener Mythos.
Solche Mythen entstehen um Menschen zu kontrollieren zu können.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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