Definition "rechtsextrem" (?)

Politik und Weltgeschehen
closs
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#71 Re: Definition "rechtsextrem" (?)

Beitrag von closs » Mi 18. Okt 2017, 00:23

Pluto hat geschrieben: ThomasM hat geschrieben:
Man glaubt, alle anderen wären Idioten, nur man selber nicht.

Genau!
Darum glaubt die Mehrheit der Autofahrer, sie könnten besser fahren als der Durchschnitt.
Auch dafür gibt es Gründe: Der Mensch braucht Selbstvertrauen, damit er aktiv wird. - Wenn jeder meinen würde, er sei ein schlechter Autofahrer, würde er zuhause bleiben und nie die Chance haben, ein guter Autofahrer zu werden.

Pluto
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#72 Re: Definition "rechtsextrem" (?)

Beitrag von Pluto » Mi 18. Okt 2017, 10:50

closs hat geschrieben:Wenn jeder meinen würde, er sei ein schlechter Autofahrer, würde er zuhause bleiben und nie die Chance haben, ein guter Autofahrer zu werden.
Ja. Das kann durchaus so sein.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Novas
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#73 Re: Definition "rechtsextrem" (?)

Beitrag von Novas » Do 19. Okt 2017, 12:44

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Wenn jeder meinen würde, er sei ein schlechter Autofahrer, würde er zuhause bleiben und nie die Chance haben, ein guter Autofahrer zu werden.
Ja. Das kann durchaus so sein.

Der Fahrlehrer meiner Mutter sagte ihr vor vielen Jahren nach der bestandenen Prüfung: „sie sollten besser niemals Auto fahren und daheim bleiben“. Tatsächlich ist mein Vater im Vergleich der bessere Autorfahrer, aber am Ende hat er mehrere Unfälle gebaut, weil er sich aufgrund seiner Fahrkünste selbst überschätzte, während meine Mutter - Gott weiß, wie viele Schutzengel sie hat! - stets die Kurve kriegte.

Janina hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben:Man glaubt, alle anderen wären Idioten, nur man selber nicht. Dabei ist das idiotisch.
Nicht ganz so idiotisch, wie eine Partei zu wählen, deren Programm den eigenen Interessen krass entgegen steht.

Böse Zungen sagen (Rosa Luxemburg, wenn ich mich richtig erinnere), dass Wahlen längst verboten wären, wenn sie wirklich etwas verändern könnten. Denn im Kapitalismus regiert das Kapital, nicht die Demos kratia, die Herrschaft des Volkes. Man könnte in diesem Zusammenhang auch vom schönen Schein der Demokratie sprechen, wobei selbst dieser Schein immer öfter zu wünschen übrig lässt. Regelmäßig kommt eine Protestpartei nach oben, aber wann haben sie jemals wirklich etwas verändert? Wenn immer mehr Menschen das Gefühl haben, dass sie nicht wirklich repräsentiert werden, dann ist es an der Zeit über Alternativen nachzudenken. Die bürgerliche Demokratie ist eine historische Errungenschaft, die heute aber durch den globalen Kapitalismus ausgehebelt und dadurch in ihrer Existenz bedroht wird.
Zuletzt geändert von Novas am Do 19. Okt 2017, 13:43, insgesamt 2-mal geändert.

closs
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#74 Re: Definition "rechtsextrem" (?)

Beitrag von closs » Do 19. Okt 2017, 13:41

Novalis hat geschrieben:Böse Zungen sagen (Rosa Luxemburg, wenn ich mich richtig erinnere), dass Wahlen längst verboten wären, wenn sie wirkich etwas verändern könnten. Denn im Kapitalismus regiert das Kapital, nicht die Demos kratia, die Herrschaft des Volkes.
Das stimmt einerseits - weshalb ja Aristoteles (?) die Demokratie zu den schlechten Regierungsformen gezählt hat. - Und Churchills Aussage, Demokratie sei beschissen, aber ihm fiele auch nichts besseres ein, ist ja zum Bonmot geworden.

Andererseits: Wenn man eine so gute Verfassung hat wie wir, hat durch das Volk schon ein Stück Korrektiv in der Hand. - Die Bedrohung sehe ich genauso auf der anderen Seite: Dass sich nämlich das Wahlvolk so manipulieren lässt, dass es selber die Demokratie ad absurdum führt.

Novas
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#75 Re: Definition "rechtsextrem" (?)

Beitrag von Novas » Do 19. Okt 2017, 13:59

Solche Worte wagt heute noch nicht mal die Linkspartei zu sagen, auch wenn sie sich immer wieder gerne auf Luxemburg berufen (Rosa-Luxemburg-Stiftung)

„Es ist eine historisch nicht bloß erklärliche, sondern notwendige Illusion des um die Herrschaft kämpfenden und noch mehr des zur Herrschaft gelangten Bürgertums, daß sein Parlament die Zentralachse des sozialen Lebens, die treibende Macht der Weltgeschichte sei. Eine Auffassung, deren natürliche Blüte jener famose „parlamentarische Kretinismus“ ist, der über dem selbstgefälligen Redegeplätscher von ein paar hundert Abgeordneten in einer bürgerlichen Gesetzgebungskammer die weltgeschichtlichen Riesenkräfte übersieht, die draußen im Schoße der gesellschaftlichen Entwicklung, ganz unbekümmert um die parlamentarische Gesetzmacherei, wirksam sind[...]Der Parlamentarismus ist – weit entfernt ein absolutes Produkt der demokratischen Entwicklung, des Fortschritts im Menschengeschlecht und dergleichen schöner Dinge zu sein – vielmehr die bestimmte historische Form der Klassenherrschaft der Bourgeoisie“ (Rosa Luxemburg, Gesammelte Werke, Bd. 1, 2. Hbd., Berlin 1979, S. 447–455)

:) Kurz gesagt, wir leben eher in einer Demokratie-Simulation, während die wirkliche Herrschaft vom Kapital ausgeht. Das ist eine sehr unangenehme Einsicht, aber es ist die Wahrheit und nur die kann uns frei machen. Es freut mich darum sehr, dass von katholischer Seite inzwischen sehr offen kapitalismuskritische Äußerungen zu vernehmen sind, weil ihnen irgendwann klar geworden ist, dass der christliche Ethos und sein Menschenbild irgendwie anders aussieht, als ein gehirnamputierter Konsumismus ohne moralisches Gewissen und spirituelles Bewusstsein. Beispielsweise von diesem Bischof Reinhard, der auch noch ein Marx ist :shock: mir scheint, der hat einen sehr seltsamen Sinn für Humor, wie er lächelnd das Kapital in die Kamera hält:

Bild
"Das Kapital" - auf katholisch

Das Buch des Erzbischofs beginnt mit einem Brief an seinen Namensvetter; schon zu seiner Studentenzeit in den siebziger Jahren in Paris sei er immer wieder auf seinen Namen angesprochen worden, sagt er. Damals musste er erklären, warum ihn weniger mit dem Vater alles Revolutionären verbindet, als die Kommilitonen glaubten. Heute nennt er Karl Marx einen "großen Gegner", auf den er doch große Stücke hält: "Ich schreibe Ihnen, weil mir in letzter Zeit die Frage keine Ruhe lässt, ob es nicht doch zu früh war, endgültig den Stab über Sie und Ihre ökonomischen Theorien zu brechen", heißt es.

Natürlich erklärt am Ende Reinhard Marx, dass ihm die Väter der sozialen Marktwirtschaft und der katholischen Soziallehre näher sind als Karl Marx. Zuvor aber hat er den Neoliberalen ordentlich Saures gegeben: Der zu wenig gebändigte Kapitalismus habe die Kluft zwischen Arm und Reich vergrößert, bedrohe den Mittelstand, sei in Gefahr, an der eigenen Gefräßigkeit zugrunde zu gehen. Damit ist die Linie des Buches schon gezeichnet: Erzbischof Marx beklagt die steigende Armut in der Welt und in Deutschland, er zitiert den heiligen Augustinus, wonach ein Staat ohne Moral nicht mehr ist als eine Räuberbande; er tritt für gerechte Bildungschancen und Arbeitsverhältnisse ein, plädiert für die Stärkung der Familien.

Das ist, flüssig formuliert, die gute alte katholische Soziallehre, die ihren Weg zwischen Kommunismus und ungebremstem Kapitalismus sucht. Wo dieser "dritte Weg" entlang geht, fällt Marx nicht so leicht zu sagen. Der müsse immer wieder neu gefunden werden "zwischen den Leitplanken"[...]Es sei auch "ein Exzess", wenn ein Manager tausendmal so viel verdiene wie ein Arbeiter, "das Zwanzigfache tut es auch". Vor zehn Jahren, so das Fazit von Reinhard Marx, sei der rheinische Kapitalismus von vielen Ökonomen für tot erklärt worden, "als sozialromantisches Überbleibsel der Nachkriegszeit". Im Gegenteil aber bräuchte die Weltgemeinschaft "eine Globalisierung der sozialen Marktwirtschaft", sonst werde sie die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nicht bewältigen können.

~ Sueddeutsche.de, 17. Mai 2010: Das Kapital auf katholisch

Gott muss Humor haben, sonst würde ein Marx kein Erzbischof werden. Wenn die soziale Ungerechtigkeit und die Sorgen und Nöte der Menschen weiterhin ignoriert werden, stattdessen stumpfsinnig der Leierkasten des „Wir schaffen das“ betätigt wird, was vollkommen an der erlebten Realität vieler Menschen vorbei geht, dann ist schon jetzt die Folge absehbar und wir sind wieder beim Thema: der Rechtsruck in Europa wird noch weiter zunehmen. Was tun? Streiten für eine Welt jenseits des Kapitalismus, eine wirklich soziale Wirtschaftsform, die das Wohl des Menschen in den Mittelpunkt rückt und die wirkliche Herrschaft des Volkes. Die meisten Menschen scheinen sich aber leichter und lieber das Ende der Welt vorzustellen, wie die vielen apokalyptischen Kinofilme und Serien zeigen, als das Ende des Kapitalismus. Doch er ist von Menschen gemacht und deshalb kann er auch von Menschen überwunden werden. Doch zunächst muss man die Maschine verstehen, um ihren Fehler zu beheben oder eine bessere zu entwerfen.

Die Freiheit nehm ich dir. 11 Kehrseiten des Kapitalismus

Eine der erfolgreichsten und beliebtesten Serien aus Amerika heißt bezeichnender Weise „The Walking Dead“ (die wandelnden Toten), darin geht es um eine weltweite Zombie-Apokalypse. Ist das nicht ein erstaunlich präzises Sinnbild für den heutigen Zustand der Menschheit und diese offensichtlich faulige Weltordnung? Vorallem Christen sollten aufwachen und endlich realisieren, dass wir mitten in einem spirituellen Kampf sind, der sich gegen den Totalausverkauf aller Werte richten muss. Die Begriffe „Heimat“, „Familie“, „Volk“, „Vaterland“, „Tradition“ sollten dabei wieder neu bedacht und reaktiviert werden, meiner Ansicht nach. „Wir sind das Volk“ wurde 1989/1990 nicht grundlos zur politischen Parole der Montagsdemonstrationen.

Eph. 6,10-18: „Denn unser Kampf ist gegen die Gewalten, gegen die Mächte, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die geistigen <Mächte> der Bosheit in der Himmelswelt“

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