closs hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:Dass es einen absoluten Maßstab für innere Gesetze gibt, zweifele ich allerdings in der Tat an.
OK - das hieße, dass prinzipiell ALLES Maßstab sein könnte - was halt die Zeit so macht. - Würdest Du dies akzeptieren?
Nee.
Ich sehe nicht ein, warum man überhaupt einen Maßstab haben muss.
closs hat geschrieben:Konkretes Beispiel: Du hast an anderer Stelle erwähnt, dass Töten im Krieg Mord sei - hast Du Dich damit aus Deiner Sicht zum Vertreter einer absoluten Wahrheit gemacht (auch wenn sie durch Dich subjektiv vermittelt wird) oder war dies eine Meinung, wie es in einer Meinungs-Gesellschaft halt vorkommt?
Jetzt habe ich extra nachgeguckt, wie ich das geschrieben habe - denn so, wie Du es formulierst, kam es mir a bisserl fremd vor.
Ich habe es tatsächlich anders geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Die Schwierigkeit für mich ist, dass manche Christen das, was mein inneres Gesetz verbietet, für erlaubt halten.
So ist mein inneres Empfinden klar und deutlich bezüglich Krieg:
Was dort geschieht, ist Mord.
Es war also keine "Meinung", sondern ein Feststellen, wie ich etwas empfinde.
Ich nehme wahr, dass auf dem Schlachtfeld gemordet wird. Ich kann keinen Unterschied sehen, ob man einen Menschen auf der Straße bewusst erschießt oder in einem Sperrgebiet, wo Erschießen erlaubt ist.
Dass die Juristen das nicht als Mord bezeichnen, hat gesellschaftliche Gründe, und der Einzelne kann das dennoch sehen, wie er will.
Ich habe mich damit nicht zum Vertreter einer absoluten Wahrheit gemacht, denn dass Krieg als Mord empfunden werden kann, ist eine relativ moderne Wahrnehmung.
Wenn viele so empfinden, schlägt das irgendwann einmal durch bis in die Politik.
Ich weiß, ich hab auf Deine Frage nicht geantwortet, aber Du hast mir zwei Alternativen angeboten, die beide bei mir nicht zutreffen, so weit ich das sehe.
closs hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:Wie kommt jemand darauf, bei "verfeinern" an Evolution zu denken?
"Mit der Zeit verfeinern" klingt für mich nach "sich evolutionär entwickeln". - Missverständnis?
Ja, Missverständnis.
Bei Wiki steht zu "Evolution":
Evolution (von lateinisch evolvere „entwickeln“) ist die allmähliche Veränderung der vererbbaren Merkmale einer Population von Lebewesen von Generation zu Generation.
http://de.wikipedia.org/wiki/Evolution
Könnte es nicht doch sein, dass das naturwissenschaftliche Denken einen so in den Klauen hat, dass man schon anfängt, alles und jedes in naturwissenschaftlichen Kategorien zu sehen?
"Mit der Zeit verfeinert sich mein Musikverständnis" - Evolution?
closs hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:Aber insgesamt sind diese Denkschemata für mich schon lange durch, und ich kann darauf auch gar nicht mehr eingehen.
ALLES, was wir hier von uns geben, beruht auf Denk-Schemata (Denk-Systemen) - jede Übersetzung eines Gedankens in Sprache tut dies. - Oder nicht?
Oft ja, meist vielleicht sogar, aber eben nicht alles.
Es ging ja nicht um Übersetzung eines Gedankens in Sprache, sondern um das Einordnen meines wachsenden Selbsteingeständnisses - dafür, dass im Krieg gemordet wird -, in den Universalienstreit, wo ich die Position des Nominalismus übernähme.
Das kommt bei mir dermaßen verkopft an, dass mein kleines Verstehen, dass im Krieg gemordet wird, darin zerrieben und zwangsentfremdet wird. Man trennt mich von meinem Eigensten und stellt es mir als entfremdetes Objekt gegenüber, mit der Behauptung: Guck, dieses kalte Objekt, das bist du.
closs hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:Warum muss sich etwas "auf etwas in Bezug" entwickeln?
Nicht mal das. - Es kann sich auch davon wegentwickeln - aber selbst dann ist der Bezug da.
Warum? Warum kann man nicht an etwas mitentwickeln, ohne dass man einen Schimmer hat, wohin der Hase läuft?
Wodurch ist das Deiner Meinung nach ausgeschlossen?
closs hat geschrieben:Lässt man das Bezugs-Denken weg, klingt es nach "mal sehen was kommt".
Nein - das bist jetzt wieder nur Du, der einen Zukunftsaspekt reinbringt: "mal sehen, was kommt."
Das ist aber nur Dein Denken, Du denkst möglicherweise strikt in Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft.
Aber das schöpferische Mitgestalten geschieht ganz anders. Da liegt kein rationaler Plan dahinter, aber auch nicht ist es ein 'mal kieken, was das auslöst.'
closs hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben: Sie entscheiden selber, was der nächste Schritt ist.
Damit bist Du verbal nah an der modernen Meinungs-Gesellschaft - das entspricht aus meiner Sicht überhaupt nicht Deinem Niveau. - Wo ist hier das Missverständnis?
Möglicherweise ist es ähnlich wie bei der "Evolution". Bei "allmählicher Verfeinerung" hörst Du Genenveränderung raus, bei "ich entscheide nur den nächsten Schritt" hörst Du "die moderne Meinungsgesellschaft" raus - wobei ich noch nicht mal weiß, was das sein soll.
Dagegen bin ich machtlos. Das sind Kategorien, die ich nicht einmal kenne, und meine Worte legen doch wirklich nicht nahe, dass sie in diese Dir vertrauten Kategorien passen.
Aber wir reden ja drüber, insofern ist das alles nicht weiter schlimm.