Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

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barbara
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#41 Re: Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

Beitrag von barbara » Mi 13. Mai 2015, 09:19

Pluto hat geschrieben:Wenn unsere Jugend nicht in der Lage ist dies zu erkennen; nicht in der Lage ist, selbst Verantwortung auf sich zu nehmen, wer soll dann noch für die Renten und das ALG garantieren?

nun, das demografische Problem der geburtenstarken Jahrgänge, die jetzt in Rente kommen, ist ja schon seit immer absehbar.

Allerdings kann ich verstehen, dass ein Mensch, der in seinem Leben nie Verantwortung tragen muss (und in Schulkarrieren ist dies der Fall) eben nciht versteht, was Verantwortung ist. Woher denn auch? Sowas muss man auch lernen, und das nicht in einem so-tun-als-ob, sondern in echt.

gruss, barbara

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#42 Re: Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

Beitrag von Pluto » Mi 13. Mai 2015, 10:16

barbara hat geschrieben:nun, das demografische Problem der geburtenstarken Jahrgänge, die jetzt in Rente kommen, ist ja schon seit immer absehbar.
Stimmt! :thumbup:

barbara hat geschrieben:Allerdings kann ich verstehen, dass ein Mensch, der in seinem Leben nie Verantwortung tragen muss (und in Schulkarrieren ist dies der Fall) eben nicht versteht, was Verantwortung ist. Woher denn auch? Sowas muss man auch lernen, und das nicht in einem so-tun-als-ob, sondern in echt.
Eben meine Rede!
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Savonlinna
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#43 Re: Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

Beitrag von Savonlinna » Mi 13. Mai 2015, 11:01

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Das Gewissen der Menschen verfeinert sich mit den Jahrhunderten, und damit entstehen andere innere Gesetze.
Hier stehen teleologische und der evolutionäre Erklärung gegenüber (wie üblich).
????
Da musst Du mich falsch verstanden haben. Ich sprach weder von einer evolutionären noch von einer teleologischen Erklärung.

closs hat geschrieben:Während Du jedoch darin eine evolutionäre Entwicklung ohne festen Bezugspunkt zu erkennen scheinst
Was scheine ich zu erkennen? Wie schnell man doch in einen Kasten gesteckt wird, in den man gar nicht gehört.


closs hat geschrieben:Und schon sind wir in einer platonischen Diskussion - der Universalienstreit wird wohl nie enden.
In den Du mich mit Trick 17 hineingestopft hast.
Lena2 hat Dir mal was ins Stammbuch geschrieben, was ich unglaublich feinfühlig fand, Du hast es vielleicht nicht gelesen, weiß jetzt auch nicht, wie ich es wiederfinden sollte. Sinngemäß:
Du seiest von der naturwissenschaftlichen Denkweise ziemlich stark beeinflusst, Du mögest Dich daraus doch mal befreien.

Was ich oben geschrieben habe, hast Du für Dich so gedreht, oder verdreht, dass Du darin den Universalienstreit zu sehen meinst.
Ich sehe den Gegensatz zwischen dem, was ich meinte, zu dem, was Du meinst, eher so:
Du denkst in naturwissenschaftlichen Begrifflichkeiten, die starr sind.
Und ich denke mehr in schöpferischen Möglichkeiten, die der schöpferische Mensch hat.
Ersteres ist mehr unserer rationalen Kultur geschuldet.
Zweiteres kann ich nicht richtig katalogisieren, aber sie kann vom rationalen Denken so nicht beschrieben werden, scheint aber in unserer Kultur als eine Art Unterströmung vorhanden zu sein.

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#44 Re: Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

Beitrag von closs » Mi 13. Mai 2015, 17:21

Savonlinna hat geschrieben:Du seiest von der naturwissenschaftlichen Denkweise ziemlich stark beeinflusst, Du mögest Dich daraus doch mal befreien.
Ich? - Das ist doch genau mein Vorwurf an die Mains-Stream-Denke.

Savonlinna hat geschrieben:Was scheine ich zu erkennen?
Wenn Du schreibst ...
Savonlinna hat geschrieben:Das Gewissen der Menschen verfeinert sich mit den Jahrhunderten, und damit entstehen andere innere Gesetze.
... klingt das für mich so, als gäbe es keinen absoluten Maßstab für innere Gesetze, sondern sie würden sich halt weiterentwickeln - evolutionär nach dem Zufalls-Prinzip. - Verstehst Du, warum ich das so verstehe?

Dem gegenüber stünde ein absoluter Maßstab, der in der Praxis selbstverständlich nie erfüllt werden kann - insofern sind wir uns einig, dass sich das menschliche Verständnis der inneren Gesetze immer entwickelt (ins Bessere oder ins Schlechtere, würde ich hinzufügen).

Savonlinna hat geschrieben:Was ich oben geschrieben habe, hast Du für Dich so gedreht, oder verdreht, dass Du darin den Universalienstreit zu sehen meinst.
So wie ich Deinen Ansatz verstehe, würde ich das tatsächlich "nominalistisch" nennen - während meine Ansatz "realistisch"/platonisch ist. - Aber vielleicht verstehen wir ja Unterschiedliches darunter.

Savonlinna hat geschrieben:Und ich denke mehr in schöpferischen Möglichkeiten, die der schöpferische Mensch hat.
Das würde ich unter Umsetzungs-Arten buchen - der eine eher rational, der andere eher kreativ. - Das wäre an sich schon ein interessantes Thema.

Was ich aber bei Deinem Ansatz vermisse - Du scheinst einen absoluten Bezugspunkt auszuschließen: In Bezug worauf entwickelt man sich rational oder kreativ/emotional/etc. weiter? - Es klingt bei Dir so, als gäbe es diesen Bezugs-Punkt nicht. - Täusche ich mich?

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Savonlinna
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#45 Re: Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

Beitrag von Savonlinna » Mi 13. Mai 2015, 17:58

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Du seiest von der naturwissenschaftlichen Denkweise ziemlich stark beeinflusst, Du mögest Dich daraus doch mal befreien.
Ich? - Das ist doch genau mein Vorwurf an die Mains-Stream-Denke.
Letzteres ist mir ja klar. Dennoch kann man darin teilweise gefangen sein, ohne es zu merken.
Ich werd versuchen, Lena2's Aussage zu finden, vielleicht schaffe ich es ja.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Was scheine ich zu erkennen?
Wenn Du schreibst ...
Savonlinna hat geschrieben:Das Gewissen der Menschen verfeinert sich mit den Jahrhunderten, und damit entstehen andere innere Gesetze.
... klingt das für mich so, als gäbe es keinen absoluten Maßstab für innere Gesetze, sondern sie würden sich halt weiterentwickeln - evolutionär nach dem Zufalls-Prinzip. - Verstehst Du, warum ich das so verstehe?
Irgendwie nicht. Wie kommt jemand darauf, bei "verfeinern" an Evolution zu denken?
Dass es einen absoluten Maßstab für innere Gesetze gibt, zweifele ich allerdings in der Tat an.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Was ich oben geschrieben habe, hast Du für Dich so gedreht, oder verdreht, dass Du darin den Universalienstreit zu sehen meinst.
So wie ich Deinen Ansatz verstehe, würde ich das tatsächlich "nominalistisch" nennen - während meine Ansatz "realistisch"/platonisch ist. - Aber vielleicht verstehen wir ja Unterschiedliches darunter.
Ich unterscheide auf jeden Fall "realistisch" - im Sinne des Universalienstreites - von Platos Schriften.
Was unter "platonisch" läuft, ist sogar in manchen Philosophiebüchern ziemlich abenteuerlich.
Aber insgesamt sind diese Denkschemata für mich schon lange durch, und ich kann darauf auch gar nicht mehr eingehen.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Und ich denke mehr in schöpferischen Möglichkeiten, die der schöpferische Mensch hat.
Das würde ich unter Umsetzungs-Arten buchen - der eine eher rational, der andere eher kreativ. - Das wäre an sich schon ein interessantes Thema.
Warum denn immer alles "buchen"?
Das eben ist der Zwang, der aus unserer durchrationalisierten Kultur stammt, und den ich nicht mehr nachvollziehen kann.

closs hat geschrieben:Was ich aber bei Deinem Ansatz vermisse - Du scheinst einen absoluten Bezugspunkt auszuschließen: In Bezug worauf entwickelt man sich rational oder kreativ/emotional/etc. weiter? - Es klingt bei Dir so, als gäbe es diesen Bezugs-Punkt nicht. - Täusche ich mich?
Dieses theoretische Gedankenbauen sagt mir nichts, gibt mir nichts. Habe ich früher auch bis zum Exzess gemacht, bis ich diesen - das Wort, das ich benutzte, wurde zensiert, es bezeichnet ein weißes und gesundes Milchprodukt - durchschaut habe.
Warum muss sich etwas "auf etwas in Bezug" entwickeln? Diese Art Logik wird von unserer rationalistischen Kultur - früher abendländische Kultur genannt - aufgedrängt, man wächst da hinein. Und man hält das für "absolut". Es ist aber ein denkerisches Gefängnis, das man verlassen kann.

Ich habe im Übrigen keinen "Ansatz". Ich nehme wahr, wie ich etwas wahrnehme - und das versuche ich hier zu formulieren.
Ich beobachte, dass die Menschen ihr Gewissen verfeinern, und mehr kann ich dazu nicht sagen. Sie entscheiden selber, was der nächste Schritt ist.
Bei dem nächsten Schritt kann man noch "ganzheitlich" spüren, ob man ihn mitträgt. Wohin "insgesamt" das laufen soll, weiß keiner.

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#46 Re: Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

Beitrag von Savonlinna » Mi 13. Mai 2015, 18:14

Nachtrag:
Ich habe das Zitat gefunden, closs.
Aber es hat mit unserem momentanen Thema hier, glaube ich, dann doch nichts zu tun.
Vielleicht doch, aber ich weiß es im Moment nicht. ->

Savonlinna hat geschrieben:
2Lena hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Die Jünger haben einen Hybriden daraus gemacht: Das göttliche Reich auf Erden.
Wo denn sonst, wenn nicht VERWIRKLICHT.
Geistige Traumschlösser sind zu zugig um darin zu wohnen.
Die Naturwissenschaft spielte dir mit ihren Regeln und Vorstellungen einen Streich, der dir Zeit und Raum als Grenzen setzt.
Lena2, ich bin verblüfft. Da könnte was dran sein.

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#47 Re: Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

Beitrag von closs » Mi 13. Mai 2015, 20:27

Savonlinna hat geschrieben:Dass es einen absoluten Maßstab für innere Gesetze gibt, zweifele ich allerdings in der Tat an.
OK - das hieße, dass prinzipiell ALLES Maßstab sein könnte - was halt die Zeit so macht. - Würdest Du dies akzeptieren?

Konkretes Beispiel: Du hast an anderer Stelle erwähnt, dass Töten im Krieg Mord sei - hast Du Dich damit aus Deiner Sicht zum Vertreter einer absoluten Wahrheit gemacht (auch wenn sie durch Dich subjektiv vermittelt wird) oder war dies eine Meinung, wie es in einer Meinungs-Gesellschaft halt vorkommt?

Savonlinna hat geschrieben:Wie kommt jemand darauf, bei "verfeinern" an Evolution zu denken?
"Mit der Zeit verfeinern" klingt für mich nach "sich evolutionär entwickeln". - Missverständnis?

Savonlinna hat geschrieben:Was unter "platonisch" läuft, ist sogar in manchen Philosophiebüchern ziemlich abenteuerlich.
OK - ich habe "realistisch" vermieden, um dem Anschein des modernen Realismus-Verständnisses aus dem Weg zu gehen.

Savonlinna hat geschrieben:Aber insgesamt sind diese Denkschemata für mich schon lange durch, und ich kann darauf auch gar nicht mehr eingehen.
ALLES, was wir hier von uns geben, beruht auf Denk-Schemata (Denk-Systemen) - jede Übersetzung eines Gedankens in Sprache tut dies. - Oder nicht?

Savonlinna hat geschrieben:Das eben ist der Zwang, der aus unserer durchrationalisierten Kultur stammt
Dito - ich weiss wirklich nicht, wie man auf philosophischer Meta-Ebene kommunizieren kann, ohne das Beobachtete rational zu ordnen. - Das heisst ja nicht, dass das Beobachtete rational sein muss.

Deshalb habe ich Dich ja gegen Deinen entschiedenen Protestes eines psychologischen Stils bezichtigt - weil es eben so individuell und selbst-vewirklichend klingt. - Gleichzeitig passt das aber aus meiner Sicht nicht zu Dir - da bin ich etwas ratlos.

Savonlinna hat geschrieben:Warum muss sich etwas "auf etwas in Bezug" entwickeln?
Nicht mal das. - Es kann sich auch davon wegentwickeln - aber selbst dann ist der Bezug da.

Lässt man das Bezugs-Denken weg, klingt es nach "mal sehen was kommt".

Savonlinna hat geschrieben: Sie entscheiden selber, was der nächste Schritt ist.
Damit bist Du verbal nah an der modernen Meinungs-Gesellschaft - das entspricht aus meiner Sicht überhaupt nicht Deinem Niveau. - Wo ist hier das Missverständnis?

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#48 Re: Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

Beitrag von Savonlinna » Mi 13. Mai 2015, 23:50

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Dass es einen absoluten Maßstab für innere Gesetze gibt, zweifele ich allerdings in der Tat an.
OK - das hieße, dass prinzipiell ALLES Maßstab sein könnte - was halt die Zeit so macht. - Würdest Du dies akzeptieren?
Nee. :D
Ich sehe nicht ein, warum man überhaupt einen Maßstab haben muss.

closs hat geschrieben:Konkretes Beispiel: Du hast an anderer Stelle erwähnt, dass Töten im Krieg Mord sei - hast Du Dich damit aus Deiner Sicht zum Vertreter einer absoluten Wahrheit gemacht (auch wenn sie durch Dich subjektiv vermittelt wird) oder war dies eine Meinung, wie es in einer Meinungs-Gesellschaft halt vorkommt?
Jetzt habe ich extra nachgeguckt, wie ich das geschrieben habe - denn so, wie Du es formulierst, kam es mir a bisserl fremd vor.
Ich habe es tatsächlich anders geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Die Schwierigkeit für mich ist, dass manche Christen das, was mein inneres Gesetz verbietet, für erlaubt halten.
So ist mein inneres Empfinden klar und deutlich bezüglich Krieg:
Was dort geschieht, ist Mord.
Es war also keine "Meinung", sondern ein Feststellen, wie ich etwas empfinde.
Ich nehme wahr, dass auf dem Schlachtfeld gemordet wird. Ich kann keinen Unterschied sehen, ob man einen Menschen auf der Straße bewusst erschießt oder in einem Sperrgebiet, wo Erschießen erlaubt ist.

Dass die Juristen das nicht als Mord bezeichnen, hat gesellschaftliche Gründe, und der Einzelne kann das dennoch sehen, wie er will.
Ich habe mich damit nicht zum Vertreter einer absoluten Wahrheit gemacht, denn dass Krieg als Mord empfunden werden kann, ist eine relativ moderne Wahrnehmung.
Wenn viele so empfinden, schlägt das irgendwann einmal durch bis in die Politik.
Ich weiß, ich hab auf Deine Frage nicht geantwortet, aber Du hast mir zwei Alternativen angeboten, die beide bei mir nicht zutreffen, so weit ich das sehe.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Wie kommt jemand darauf, bei "verfeinern" an Evolution zu denken?
"Mit der Zeit verfeinern" klingt für mich nach "sich evolutionär entwickeln". - Missverständnis?
Ja, Missverständnis.
Bei Wiki steht zu "Evolution":
Evolution (von lateinisch evolvere „entwickeln“) ist die allmähliche Veränderung der vererbbaren Merkmale einer Population von Lebewesen von Generation zu Generation.http://de.wikipedia.org/wiki/Evolution
Könnte es nicht doch sein, dass das naturwissenschaftliche Denken einen so in den Klauen hat, dass man schon anfängt, alles und jedes in naturwissenschaftlichen Kategorien zu sehen?
"Mit der Zeit verfeinert sich mein Musikverständnis" - Evolution?

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Aber insgesamt sind diese Denkschemata für mich schon lange durch, und ich kann darauf auch gar nicht mehr eingehen.
ALLES, was wir hier von uns geben, beruht auf Denk-Schemata (Denk-Systemen) - jede Übersetzung eines Gedankens in Sprache tut dies. - Oder nicht?
Oft ja, meist vielleicht sogar, aber eben nicht alles.
Es ging ja nicht um Übersetzung eines Gedankens in Sprache, sondern um das Einordnen meines wachsenden Selbsteingeständnisses - dafür, dass im Krieg gemordet wird -, in den Universalienstreit, wo ich die Position des Nominalismus übernähme.
Das kommt bei mir dermaßen verkopft an, dass mein kleines Verstehen, dass im Krieg gemordet wird, darin zerrieben und zwangsentfremdet wird. Man trennt mich von meinem Eigensten und stellt es mir als entfremdetes Objekt gegenüber, mit der Behauptung: Guck, dieses kalte Objekt, das bist du.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Warum muss sich etwas "auf etwas in Bezug" entwickeln?
Nicht mal das. - Es kann sich auch davon wegentwickeln - aber selbst dann ist der Bezug da.
Warum? Warum kann man nicht an etwas mitentwickeln, ohne dass man einen Schimmer hat, wohin der Hase läuft?
Wodurch ist das Deiner Meinung nach ausgeschlossen?

closs hat geschrieben:Lässt man das Bezugs-Denken weg, klingt es nach "mal sehen was kommt".
Nein - das bist jetzt wieder nur Du, der einen Zukunftsaspekt reinbringt: "mal sehen, was kommt."
Das ist aber nur Dein Denken, Du denkst möglicherweise strikt in Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft.
Aber das schöpferische Mitgestalten geschieht ganz anders. Da liegt kein rationaler Plan dahinter, aber auch nicht ist es ein 'mal kieken, was das auslöst.'

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Sie entscheiden selber, was der nächste Schritt ist.
Damit bist Du verbal nah an der modernen Meinungs-Gesellschaft - das entspricht aus meiner Sicht überhaupt nicht Deinem Niveau. - Wo ist hier das Missverständnis?
Möglicherweise ist es ähnlich wie bei der "Evolution". Bei "allmählicher Verfeinerung" hörst Du Genenveränderung raus, bei "ich entscheide nur den nächsten Schritt" hörst Du "die moderne Meinungsgesellschaft" raus - wobei ich noch nicht mal weiß, was das sein soll.

Dagegen bin ich machtlos. Das sind Kategorien, die ich nicht einmal kenne, und meine Worte legen doch wirklich nicht nahe, dass sie in diese Dir vertrauten Kategorien passen.
Aber wir reden ja drüber, insofern ist das alles nicht weiter schlimm.

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#49 Re: Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

Beitrag von Pluto » Do 14. Mai 2015, 00:19

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Das Gewissen der Menschen verfeinert sich mit den Jahrhunderten, und damit entstehen andere innere Gesetze.
... klingt das für mich so, als gäbe es keinen absoluten Maßstab für innere Gesetze, sondern sie würden sich halt weiterentwickeln - evolutionär nach dem Zufalls-Prinzip. - Verstehst Du, warum ich das so verstehe?
Evolution ist nicht zufällig, sondern selektiv. Aber ansonst muss ich dir Recht geben.
Insofern ist eine Verfeinerung der Gedanken über die Zeit Evolution, eine kulturelle Evolution.

closs hat geschrieben:Dem gegenüber stünde ein absoluter Maßstab, der in der Praxis selbstverständlich nie erfüllt werden kann - insofern sind wir uns einig, dass sich das menschliche Verständnis der inneren Gesetze immer entwickelt (ins Bessere oder ins Schlechtere, würde ich hinzufügen).
Genau!
Deshalb kann es auch keinen festen moralischen Standards geben.

closs hat geschrieben:So wie ich Deinen Ansatz verstehe, würde ich das tatsächlich "nominalistisch" nennen - während meine Ansatz "realistisch"/platonisch ist. - Aber vielleicht verstehen wir ja Unterschiedliches darunter.
Da diese Debatte (Universalienstreit) bereits im 13. Jahrhundert zu Gunsten der Nominalien entschieden wurde, ist sie nur noch von geschichtlichem Interesse.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#50 Re: Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

Beitrag von closs » Do 14. Mai 2015, 00:37

Savonlinna hat geschrieben:Ich sehe nicht ein, warum man überhaupt einen Maßstab haben muss.
Das nehme ich Dir nicht ab. Ich bin überzeugt, dass Du aus Deinem geistigen/moralischen/nenn-wie-Du-es-willst Empfinden her sehr wohl einen Maßstab dafür hast, "was sich gehört" und was nicht. - Wenn ich es ok finden würde, Omas aus der Straßenbahn rauszuschmeißen: Wäre das dann aus Deiner Sicht für mich ok?

Savonlinna hat geschrieben:Ich nehme wahr, dass auf dem Schlachtfeld gemordet wird.
Bereits das ist eine Wertung. - Ohne Wertung hieße es "töten".

Savonlinna hat geschrieben:Ich kann keinen Unterschied sehen, ob man einen Menschen auf der Straße bewusst erschießt oder in einem Sperrgebiet, wo Erschießen erlaubt ist.
Ich auch nicht. - Und Du siehst dahinter keinen Maßstab, der Dich zu dieser Erkenntnis bringt? - Andere haben einen anderen Maßstab, indem sie sagen: "Der eine ist eine Bürger - der andere ist ein Feind". - Dein Maßstab ist, dass beide gleich sind.

Savonlinna hat geschrieben:Bei Wiki steht zu "Evolution"
Kann sein - aber man braucht es doch auch in anderen Zusammenhängen - im Fach Geschichte bspw, wenn man zwischen "Revolution" und "Evolution" unterscheidet. - Mit "Evolution" habe ich die Assoziation verbunden "Entwicklung zum Besseren" - so habe ich Dein "Verfeinern" verstanden.

Savonlinna hat geschrieben:Universalienstreit, wo ich die Position des Nominalismus übernähme.
Genau so kommt es rüber.

Savonlinna hat geschrieben:Das kommt bei mir dermaßen verkopft an
Ich versuche (mit wechselndem Erfolg) Aussagen auf ihre Grundlagen zurückzuführen. - Dich verstehe ich so, dass es Grundlagen in meinem Sinn gar nicht gibt - richtig?

Würdest Du es als Verfeinerung Deiner Ethik verstehen, wenn Du zukünftig das Bedürfnis hättest, jeden Tag einen Menschen zu erschießen? :D - Denn wenn es Deine Entwicklung mit sich bringt, müsste es doch mangels Regulativ durch einen Maßstab ok sein. :engel: :engel:

Savonlinna hat geschrieben:Aber das schöpferische Mitgestalten geschieht ganz anders.
Moment: Dass Gestalten und Leben nicht rational sein muss, ist auch meine Meinung. - Aber dass das Dahinter NICHT subjektivistisch nicht-rational ist, glaube ich nicht.

Savonlinna hat geschrieben:Wodurch ist das Deiner Meinung nach ausgeschlossen?
Das ist überhaupt nicht ausgeschlossen: "Der gute Mensch in seinem dunklen Drang ist sich des rechten Weges wohl bewusst", meint Goethe dazu. - Mit anderen Worten: Mit dem richtigen Kompass in sich selbst ("inneres Gesetz") wird der Korridor der richtige sein, egal ob man einen Schimmer hat oder nicht.

Savonlinna hat geschrieben:Bei "allmählicher Verfeinerung" hörst Du Genenveränderung raus
Nein - wobei (das wäre aber ein ganz anderes Thema) Du mich damit darauf bringst, dass die Epigenetik noch einige Überraschungen bringen wird.

Savonlinna hat geschrieben:"die moderne Meinungsgesellschaft" raus - wobei ich noch nicht mal weiß, was das sein soll.
Dass Meinung-Haben eine gesellschaftliche Insignie ist. - Man "meint" etwas, um als Individuum wahrgenommen zu werden.

Einfaches Beispiel: Du inszenierst ein Stück von Kleist - ich schaue es mir an - ich werde gefragt, was ich davon halte - ich habe NICHTS davon kapiert, "meine" aber, dass das Kafkaesque von Kleist sehr gut getroffen ist - weil das Wort "kafkaesque" momentan gut läuft. - Mein Umfeld, das genauso doof ist wie ich, nickt daraufhin zustimmend. - Dieses Muster ist nach meiner Beobachtung extrem gängig.

Savonlinna hat geschrieben:Man trennt mich von meinem Eigensten
Was ist das Eigenste? - Selbst erfunden? - Selbst entwickelt? - Selbst entschieden?

Savonlinna hat geschrieben:meine Worte legen doch wirklich nicht nahe, dass sie in diese Dir vertrauten Kategorien passen.
Doch - schon. - Aber das hat weniger mit Dir, als mit mir zu tun.

Savonlinna hat geschrieben:Aber wir reden ja drüber
Mit Dir gerne.

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