Die Streikwelle rollt- wer will nochmal, wer hat noch nicht?

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Magdalena61
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#1 Die Streikwelle rollt- wer will nochmal, wer hat noch nicht?

Beitrag von Magdalena61 » Fr 8. Mai 2015, 23:46

Das kann doch wohl nicht wahr sein.
Seit heute Morgen, 8 Uhr. Erzieherinnen und Erzieher in kommunalen Kindertagesstätten sind zu unbefristeten Arbeitsniederlegungen aufgerufen. 93,5 Prozent der ver.di-Mitglieder hatten für eine Arbeitsniederlegung gestimmt, zuvor bereits mehr als 96 Prozent der Mitglieder des Beamtenbundes dbb. Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hatte zu Streiks aufgerufen.

Laut ver.di-Chef Bsirske könnte sich der Streik über Wochen hinziehen. "Jetzt muss Druck in die Verhandlungen reinkommen", sagte er.
...
Insgesamt gibt es in Deutschland etwa 53.400 Kindertagesstätten, betreut werden dort etwa 3,2 Millionen Kinder.

Der Streik betrifft die bei den Kommunen beschäftigten Erzieher, die gemäß dem Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD) entlohnt werden. Bestreikt werden nur ihre Einrichtungen – private oder kirchliche Träger etwa sind nicht betroffen. Das sind insgesamt etwa 17.500 Kitas, in denen etwa 1,8 Millionen Kinder betreut werden.

Streng genommen ist es auch nicht richtig, von einem Kita-Streik zu sprechen. Denn nicht nur die Beschäftigten in Kindertagesstätten drohen mit Streik, sondern auch jene in Werkstätten und Einrichtungen für Behinderte, Heilpädagogen, Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen im allgemeinen Sozialdienst, in Jugendzentren, an offenen Ganztagsschulen sowie in Heimen für Kinder und Jugendliche.
zeit.de
Ziel des Streiks ist eine Gehaltserhöhnung um 10%.

Eine Erzieherin mit achtjähriger Tätigkeit etwa bekommt nach Angaben von ver.di derzeit 2.946 Euro brutto im Monat, nach den Vorstellungen der Gewerkschaft soll sie künftig 3.387 Euro erhalten.
zeit.de
Ist es moralisch noch vertretbar, einen Arbeitskampf auf dem Rücken des Kunden, in diesem Fall auf Kosten von Familien mit Kindern und anderen Schwachen/Hilfsbedürftigen der Gesellschaft auszutragen?
:?
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Vitella
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#2 Re: Die Streikwelle rollt- wer will nochmal, wer hat noch nicht?

Beitrag von Vitella » Sa 9. Mai 2015, 11:40

Magdalena61 hat geschrieben:
Eine Erzieherin mit achtjähriger Tätigkeit etwa bekommt nach Angaben von ver.di derzeit 2.946 Euro brutto im Monat, nach den Vorstellungen der Gewerkschaft soll sie künftig 3.387 Euro erhalten.
zeit.de
Ist es moralisch noch vertretbar, einen Arbeitskampf auf dem Rücken des Kunden, in diesem Fall auf Kosten von Familien mit Kindern und anderen Schwachen/Hilfsbedürftigen der Gesellschaft auszutragen?
:?
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das ist aber viel dafür, dass sie legal Kindern ärgern darf........naja, vielleicht sind sie mit mehr Lohn netter zu den Kindern..?!
  Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus,
der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen.
1 Petrus 5:10

 

Pluto
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#3 Re: Die Streikwelle rollt- wer will nochmal, wer hat noch nicht?

Beitrag von Pluto » Sa 9. Mai 2015, 12:29

Wer will noch mal...? — Na, die Lokführer. ;)

Es ist bei der Bahn der achte Streik in Folge. Erfreulich daran ist, dass die Stimmung in der Bevölkerung von anfänglicher Unterstützung und Verständnis in Ärger umkippt. Ob der Herr Weselsky da nicht zu weit geht?

Für die KiTa Mitarbeiter gibt es viel Sympathie. Diesen Leuten anvertrauen wir unser angeblich wertvollstes Gut — unseren Nachwuchs. Das sind die Arbeiter von Morgen, die einst unsere Rente finanzieren sollen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

ThomasM
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#4 Re: Die Streikwelle rollt- wer will nochmal, wer hat noch nicht?

Beitrag von ThomasM » So 10. Mai 2015, 19:50

Magdalena61 hat geschrieben: Ist es moralisch noch vertretbar, einen Arbeitskampf auf dem Rücken des Kunden, in diesem Fall auf Kosten von Familien mit Kindern und anderen Schwachen/Hilfsbedürftigen der Gesellschaft auszutragen?
:?
Wollen wir unser Streikrecht von der Moral abhängig machen?

Ich finde übrigens den Lokführerstreik falsch, weil er nicht für die Lokführer geführt wird, sondern um die Macht eines Herrn Weselskys zu vergrößern. Im Gegenteil, der Streik schadet den Lokführern massiv.
Dennoch muss ich diese Frage stellen.
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Magdalena61
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#5 Re: Die Streikwelle rollt- wer will nochmal, wer hat noch nicht?

Beitrag von Magdalena61 » Mo 11. Mai 2015, 00:00

ThomasM hat geschrieben:Wollen wir unser Streikrecht von der Moral abhängig machen?
Geht's auch ohne diese? Kann man streiken/ seine "Rechte" wahrnehmen, und dabei moralische Prinzipien eben mal über den Haufen werfen?

Verhandlungen sind eine Sache. Streik.... also Arbeitsverweigerung ohne wirklich heftige Gründe zu haben, wie z.B. gesundheitliche Gefährdung der Arbeitnehmer oder eine stockende und unvollständige Zahlung der Gehälter riecht penetrant nach schäbiger Erpressung.

Die Eltern sind auf die zuverlässige Betreuung ihrer Kinder angewiesen. Wenn beide Eltern berufstätig sind oder allein erziehend und berufstätig, müssen sie möglicherweise zu Hause bleiben, wenn sie niemanden finden, der auf ihre Kids aufpasst und verlieren vielleicht ihren Job.
Oder die Kinder sind alleine zu Hause, ohne Aufsicht, auf Risiko.

Ich finde übrigens den Lokführerstreik falsch,
Ich auch.
Arbeitnehmer erfüllen nicht ihre Pflichten, sondern lassen sich dazu manipulieren, dem Unternehmen ihres Arbeitgebers nachhaltig zu schaden.
LG
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ThomasM
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#6 Re: Die Streikwelle rollt- wer will nochmal, wer hat noch nicht?

Beitrag von ThomasM » Mo 11. Mai 2015, 09:17

Magdalena61 hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben:Wollen wir unser Streikrecht von der Moral abhängig machen?
Geht's auch ohne diese? Kann man streiken/ seine "Rechte" wahrnehmen, und dabei moralische Prinzipien eben mal über den Haufen werfen?

Verhandlungen sind eine Sache. Streik.... also Arbeitsverweigerung ohne wirklich heftige Gründe zu haben, wie z.B. gesundheitliche Gefährdung der Arbeitnehmer oder eine stockende und unvollständige Zahlung der Gehälter riecht penetrant nach schäbiger Erpressung.

Die Eltern sind auf die zuverlässige Betreuung ihrer Kinder angewiesen. Wenn beide Eltern berufstätig sind oder allein erziehend und berufstätig, müssen sie möglicherweise zu Hause bleiben, wenn sie niemanden finden, der auf ihre Kids aufpasst und verlieren vielleicht ihren Job.
Oder die Kinder sind alleine zu Hause, ohne Aufsicht, auf Risiko.
Möglicherweise geht es nicht ohne Moral.
Aber das Problem von Moral ist, dass sie relativ ist, insbesondere in einem vielfältigen Staatswesen wie dem unseren.
Wessen Moral soll also gelten?

Man kann das Problem recht gut in den öffentlichen Medien beobachten, insbesondere an einer roten Socke, wie Augstein im Spiegel online.
Vor ein paar Wochen wetterte er gegen das Demonstrationsrecht, weil ein paar nach rechts riechende Pegida Anhänger dieses grundgesetzlich verbriefte Recht für sich in Anspruch nahmen. Also schimpfte der rote Jakob gegen die Unmoral und warum der Staat denn nicht solch schändliches Tun verbieten würde.

Im Zusammenhang mit dem Lokführerstreik wandelte sich plötzlich das Mäntelchen. Hier sieht rJ die Demokratie in Gefahr, weil die öffentliche Meinung gegen den grundgesetzlich erlaubten Streik des Herr Weselskys eingestellt ist und die Politik nach Dingen wie Zwangsschlichtung ruft. Dies empfindet er als Abschaffung des Streikrechtes und da ist es ein wenig Unbequemlichkeit doch schon wert. Es wird schließlich die Freiheit verteidigt.

Welche Moral soll also angewendet werden, die des roten Augstein oder die des schwarzen Lucke?

Das gilt genauso bei dem Kita Streik. Wessen Moral soll angewendet werden?
Die der Eltern, die ihre Kinder betreut haben wollen und das möglichst so, dass es sich auch für die Ärmeren lohnt, dafür zu arbeiten?
Die der Arbeitnehmer, die einen harten Job machen und relativ schlecht dafür bezahlt werden?
Die der öffentlichen Arbeitgeber, deren Kassen leer sind und für die eine Lohnerhöhung einer bankrott Erklärung gleichkommt oder einer Einschränkung des Angebots, was wieder die ärmeren Familien treffen wird?

Gruß
Thomas
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barbara
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#7 Re: Die Streikwelle rollt- wer will nochmal, wer hat noch nicht?

Beitrag von barbara » Mo 11. Mai 2015, 09:57

Magdalena61 hat geschrieben:Geht's auch ohne diese? Kann man streiken/ seine "Rechte" wahrnehmen, und dabei moralische Prinzipien eben mal über den Haufen werfen?

Moralische Prinzipien sollte man nicht über den Haufen werfen, aber das tun die Streikenden doch auch nicht. Ein bisschen Ungemütlichkeit udn organisatorische Probleme für die Benutzer einer Dienstleistung zu verursachen, ist kein moralisches Problem.

Ebenso ist anzunehmen, dass jedem Streik erfolglose Verhandlungen vorausgehen; dass ein Streik also kaum je der erste Schritt ist, sondern in der Regel der letzte, nachdem alle andern Massnahmen keinen Erfolg brachten.

Die Eltern sind auf die zuverlässige Betreuung ihrer Kinder angewiesen. Wenn beide Eltern berufstätig sind oder allein erziehend und berufstätig, müssen sie möglicherweise zu Hause bleiben, wenn sie niemanden finden, der auf ihre Kids aufpasst und verlieren vielleicht ihren Job.

Arbeitgeber sind ja auch informiert über den Streik; wenn es ihnen so wichtig ist, dass Mitarbeiter erscheinen, müssen sie halt ein Taxi bezahlen oder sonst den Transport organisieren. Ein halbwegs vernünftiger Arbeitgeber wird ja wohl schon noch zwischen Faulheit und der Unmöglichkeit einer Reise aufgrund mangelnder Transportmöglichkeiten unterscheiden können!

Und wenn die Wirtschafte einen Tag lang, oder auch eine Woche lang, nicht so brummt wie gehofft - so what. Sowas kommt vor.

Arbeitnehmer erfüllen nicht ihre Pflichten, sondern lassen sich dazu manipulieren, dem Unternehmen ihres Arbeitgebers nachhaltig zu schaden.

Gibt's bei der deutschen Bahn denn so viel Schaden anzurichten, den nicht schon ihr höchstes Management längst angerichtet hatte...?

gruss, barbara

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Janina
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#8 Re: Die Streikwelle rollt- wer will nochmal, wer hat noch nicht?

Beitrag von Janina » Mo 11. Mai 2015, 09:59

Magdalena61 hat geschrieben:Das kann doch wohl nicht wahr sein.
Seit heute Morgen, 8 Uhr. Erzieherinnen und Erzieher in kommunalen Kindertagesstätten sind zu unbefristeten Arbeitsniederlegungen aufgerufen....
Ist es moralisch noch vertretbar, einen Arbeitskampf auf dem Rücken des Kunden, in diesem Fall auf Kosten von Familien mit Kindern und anderen Schwachen/Hilfsbedürftigen der Gesellschaft auszutragen?
Ein Arbeitskampf wird immer auf dem Rücken der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer ausgetragen. Das liegt in der Natur eines Arbeitskampfes.
Du fragst eigentlich, ob Kinderbetreuung nicht eine hoheitliche Aufgabe wäre, die von Beamten zu erledigen wäre, die nicht streiken dürfen.

Ich habe mal gelesen, dass in Japan eine Kindergärtnerin eine Ausbildung auf Ingenieursniveau haben soll. Finde ich sinnvoll, gerade in dem Alter wollen Kinder doch erfahren, wie die Welt funktioniert.

ThomasM hat geschrieben:Ich finde übrigens den Lokführerstreik falsch...
Und ich finde den voll korrekt. Lokführer waren auch mal Beamte. Das hat sich geändert. Das kann nur heißen, dass die Notwendigkeit nicht zu streiken, nicht mehr besteht.

Magdalena61 hat geschrieben:Kann man streiken/ seine "Rechte" wahrnehmen, und dabei moralische Prinzipien eben mal über den Haufen werfen?
Verhandlungen sind eine Sache. Streik.... also Arbeitsverweigerung ohne wirklich heftige Gründe zu haben, wie z.B. gesundheitliche Gefährdung der Arbeitnehmer oder eine stockende und unvollständige Zahlung der Gehälter riecht penetrant nach schäbiger Erpressung.
Die schäbigste Erpressung sorgt z.B dafür, dass Altenpfleger so beschissen bezahlt werden. Weil die nicht streiken. Weil dann Menschen in ihrer Scheiße liegen bleiben würden. Doch ohne dass Patienten elend verrecken, werden Pfleger nicht ernst genommen.

Martinus
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#9 Re: Die Streikwelle rollt- wer will nochmal, wer hat noch nicht?

Beitrag von Martinus » Mo 11. Mai 2015, 11:24

Janina hat geschrieben:Die schäbigste Erpressung sorgt z.B dafür, dass Altenpfleger so beschissen bezahlt werden.

Es ist wohl leider so das die sozialen und die Pflegeberufe nicht besonders gut bezahlt werden.
Angelas Zeugen wissen was!

ThomasM
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#10 Re: Die Streikwelle rollt- wer will nochmal, wer hat noch nicht?

Beitrag von ThomasM » Mo 11. Mai 2015, 11:31

Janina hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben:Ich finde übrigens den Lokführerstreik falsch...
Und ich finde den voll korrekt. Lokführer waren auch mal Beamte. Das hat sich geändert. Das kann nur heißen, dass die Notwendigkeit nicht zu streiken, nicht mehr besteht.
Als die Lokführer noch Beamte waren ... Ich sage dir, du solltest dir diese Zeiten nicht zurückwünschen, in denen Kunden Bittsteller waren und die Bahn ein Milliardengrab von Steuergeldern.
Heute zahlt die Bahn jährlich eine halbe Milliarde IN den Staatshaushalt.

Und ich habe ja auch nicht mit dem Streikrecht prinzipiell argumentiert. Dieser Streik wird geführt, nicht damit es den Lokführern besser geht, sondern damit Herr Weselsky mehr Macht hat.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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