Das kommende Europa katholisch-sozialistisch?

Politik und Weltgeschehen
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R.F.
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#1 Das kommende Europa katholisch-sozialistisch?

Beitrag von R.F. » Do 28. Nov 2013, 20:30

http://www.erzbistum-koeln.de/news/xFre ... ranziskus/

Zitat aus obigem Link:

51. Es ist nicht Aufgabe des Papstes, eine detaillierte und vollkommene Analyse der gegenwärtigen Wirklichkeit zu bieten, aber ich fordere alle Gemeinschaften auf, sich um » eine immer wachsame Fähigkeit, die Zeichen der Zeit zu erforschen «54 zu bemühen. Wir stehen hier vor einer großen Verantwortung, weil einige gegenwärtige Situationen, falls sie keine guten Lösungen finden, Prozesse einer Entmenschlichung auslösen können, die dann nur schwer rückgängig zu machen sind.

53. Ebenso wie das Gebot „du sollst nicht töten“ eine deutliche Grenze setzt, um den Wert des menschlichen Lebens zu sichern, müssen wir heute ein „Nein zu einer Wirtschaft der Ausschließung und der Disparität der Einkommen“ sagen. Diese Wirtschaft tötet.
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Heute spielt sich alles nach den Kriterien der Konkurrenzfähigkeit und nach dem Gesetz des Stärkeren ab, wo der Mächtigere den Schwächeren zunichte macht. Als Folge dieser Situation sehen sich große Massen der Bevölkerung ausgeschlossen und an den Rand gedrängt: ohne Arbeit, ohne Aussichten, ohne Ausweg.
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Die Ausgeschlossenen sind nicht „Ausgebeutete“, sondern Müll, „Abfall“.

204. Wir dürfen nicht mehr auf die blinden Kräfte und die unsichtbare Hand des Marktes vertrauen. Das Wachstum in Gerechtigkeit erfordert etwas, das mehr ist als Wirtschaftswachstum, auch wenn es dieses voraussetzt; es verlangt Entscheidungen, Programme, Mechanismen und Prozesse, die ganz spezifisch ausgerichtet sind auf eine bessere Verteilung der Einkünfte, auf die Schaffung von Arbeitsmöglichkeiten und auf eine ganzheitliche Förderung der Armen, die mehr ist als das bloße Sozialhilfesystem.
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205. Ich bitte Gott, dass die Zahl der Politiker zunimmt, die fähig sind, in einen echten Dialog einzusteigen, der sich wirksam darauf ausrichtet, die tiefen Wurzeln und nicht den äußeren Anschein der Übel unserer Welt zu heilen!
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Ich bete zum Herrn, dass er uns mehr Politiker schenke, denen die Gesellschaft, das Volk, das Leben der Armen wirklich am Herzen liegt! Es ist unerlässlich, dass die Regierenden und die Finanzmacht den Blick erheben und ihre Perspektiven erweitern, dass sie dafür sorgen, dass es für alle Bürger eine würdevolle Arbeit sowie Zugang zum Bildungs-und zum Gesundheitswesen gibt. Und warum sollte man sich nicht an Gott wenden, damit er ihre Pläne inspiriert? Ich bin überzeugt, dass sich von einer Öffnung für die Transzendenz her eine neue politische und wirtschaftliche Mentalität bilden könnte, die helfen würde, die absolute Dichotomie zwischen Wirtschaft und Gemeinwohl zu überwinden.

Dazu das “Handelsblatt Morning Briefing” vom 27.11.2013:

Apropos Marx: Dessen Nachfolger heißt nicht Oskar Lafontaine, sondern Franziskus und ist von Beruf Papst. Unter dem Titel "Evangelii Gaudium" nennt er das herrschende Wirtschaftssystem "in der Wurzel ungerecht". Die Welt lebe in einer neuen Tyrannei des "vergötterten Marktes". Wenn an den Missständen eine Nation unschuldig ist, dann Deutschland. Wir werden dem Papst nachher eine Übersetzung von Ludwig Erhards Bestseller in den Vatikan schicken. Dessen Titel könnte Franziskus mühelos zum Motto der Weihnachtspredigt erheben: "Wohlstand für alle".

Ich hoffe wahrscheinlich vergeblich, dass der eine oder andere Bibelleser beide Zitate verknüpfen kann...Doch selbst Anti-Lesern müsste einiges schwanen...

closs
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#2 Re: Das kommende Europa katholisch-sozialistisch?

Beitrag von closs » Do 28. Nov 2013, 21:44

Wenn die Wirtschafts-Lobby den Papst als Nachfolger von Marx hinstellt, ist das zwar albern - aber immerhin zeigt dies indirekt, dass der Papst auf dem richtigen Weg ist.

Abischai
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#3 Re: Das kommende Europa katholisch-sozialistisch?

Beitrag von Abischai » Fr 29. Nov 2013, 00:48

Auf dem richtigen Weg, meinst Du wirklich? Will er denn auch abtreten wie sein Vorgänger?
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]

closs
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#4 Re: Das kommende Europa katholisch-sozialistisch?

Beitrag von closs » Fr 29. Nov 2013, 01:12

Abischai hat geschrieben:Auf dem richtigen Weg, meinst Du wirklich?
Wenn man sich mit den Armen solidarisiert, ist das doch ur-christlich - oder nicht? - Aber keine Angst: Er wird ganz sicher nicht kommunistische Strukturen fordern. - Ich denke, dass es ihm eher darum geht, die mafiösen Strukturen der Geld-Elite anzuprangern.

R.F.
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#5 Re: Das kommende Europa katholisch-sozialistisch?

Beitrag von R.F. » Sa 30. Nov 2013, 11:21

Ich gieß’ mal noch ‘n bisschen Öl auf die Lampe und schnipse mit dem Streichholz dran. Vielleicht wird’s dann ein wenig heller...

Denn ich habe den Eindruck, die Dringlichkeit von Franziskus’ Anliegen wird nicht verstanden. Die aktuelle Weltlage ist weit dramatischer als allgemein wahrgenommen.

Ich sehe in der Abhängigkeit von den Nachrichten der System-Medien ein großes Problem. Diesen geht es in erster Linie um die Vermeidung von Paniken. Doch lange lässt sich die Wirklichkeit nicht mehr verheimlichen.

Kaum jemand wird bestreiten, dass der Vatikan, der durch seine Diplomaten in fast allen Staaten vertreten ist, um die politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten weiß. Um so mehr sollte die Welt-Öffentlichkeit das Schreiben von Franziskus aufhorchen lassen. Während sein Vorgänger die Einsetzung einer politischen Weltautorität forderte, scheint das jetzige Oberhaupt Lösungsansätze durch Zusammenarbeit zwischen Religion und Politik zu sehen, um der zunehmend verschärfenden Weltwirtschafts- und Finanzkrise Herr zu werden.

Da schon das für die Einheit Europas nötige Engagement Politiker mit geradezu übermenschliche Fähigkeiten voraussetzt - so Werner Hoyer in seiner vormaligen Eigenschaft als Staatsminister im Auswärtigen Amt -, kann man sich ausrechnen, über welche Eigenschaften ein Politiker verfügen muss, der einen dauerhaften Konsens zwischen den Völkern insgesamt erreichen will.

Durch die naturalistische Erziehung wurde die Macht der Religionen zwar merklich beschränkt. Doch sind noch immer gewaltige Potentiale vorhanden - man denke an die Kirchentage -, die nur auf ihre Aktivierung warten. Tatsächlich sind die von Franziskus angeregten Reformen mit den derzeitig an der Spitze stehenden Politiker undenkbar. Wirkliche Veränderungen müssen übrigens äußerst kurzfristig erfolgen, wenn Bürgerkriege in Europa und in der übrigen Welt vermieden werden sollen.

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#6 Re: Das kommende Europa katholisch-sozialistisch?

Beitrag von Pluto » Sa 30. Nov 2013, 13:30

R.F. hat geschrieben:Denn ich habe den Eindruck, die Dringlichkeit von Franziskus’ Anliegen wird nicht verstanden. Die aktuelle Weltlage ist weit dramatischer als allgemein wahrgenommen.
[...]
Kaum jemand wird bestreiten, dass der Vatikan, der durch seine Diplomaten in fast allen Staaten vertreten ist, um die politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten weiß.
Ich denke, du übertreibst (wie so oft schon) die Dramatik der Weltlage masslos. Es ist sicher nicht alles perfekt, aber wir sind weiter weg von einem Zusammenbruch der Strukturen as irgendwann in den letzten mehreren hundert Jahren.
Um so mehr sollte die Welt-Öffentlichkeit das Schreiben von Franziskus aufhorchen lassen. Während sein Vorgänger die Einsetzung einer politischen Weltautorität forderte, scheint das jetzige Oberhaupt Lösungsansätze durch Zusammenarbeit zwischen Religion und Politik zu sehen,
Ich finde Franziskus sollte sich als kirchliches Oberhaupt vollkommen aus der Politik raushalten. Er hat doch genug eigene unerledigte Aufgaben.
So wie er sich zurzeit um die Armen in der Welt sorgt, finde ich vorbildlich. Mehr braucht es doch gar nicht.
um der zunehmend verschärfenden Weltwirtschafts- und Finanzkrise Herr zu werden.
Ich wüsste echt nicht was er mit seinen bisherigen Erfahrungen da einbringen könnte. Das können Poitiker sicher besser ohne in.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#7 Re: Das kommende Europa katholisch-sozialistisch?

Beitrag von closs » Sa 30. Nov 2013, 14:45

Pluto hat geschrieben:Ich wüsste echt nicht was er mit seinen bisherigen Erfahrungen da einbringen könnte.
Er könnte eine Ächtungs-Welle lostreten - wenn sich da die Medien dranhängen würden (was aufgrund des Wirtschafts-Lobbyismus unwahrscheinlich ist), hätte man einen neuen Trend.

Pluto
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#8 Re: Das kommende Europa katholisch-sozialistisch?

Beitrag von Pluto » Sa 30. Nov 2013, 14:54

closs hat geschrieben:Er könnte eine Ächtungs-Welle lostreten...
Brauchen wir das denn?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#9 Re: Das kommende Europa katholisch-sozialistisch?

Beitrag von Catholic » Sa 30. Nov 2013, 15:27

Das wird er sicher nicht,denn die wären nicht nur nicht christlich sondern auch in ihrere Konsequenz unmenschlich.
Übrigens sind die Lehren Jesu ebenso wenig kommunistisch wie die ersten Christengemeinden kommunistisch waren.

closs hat geschrieben:
Abischai hat geschrieben:Auf dem richtigen Weg, meinst Du wirklich?
Wenn man sich mit den Armen solidarisiert, ist das doch ur-christlich - oder nicht? - Aber keine Angst: Er wird ganz sicher nicht kommunistische Strukturen fordern. ....

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