closs hat geschrieben:Aber alle Dankbarkeit und strategische Partnerschaft darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die USA ein kulturell weit entferntes Land sind - die europäischen Wurzeln dort sind archaisch und in Bezug auf das Christentum weitgehend ein Rückschritt in ein Macho-Verständnis des AT.
Die Amerikaner sehen sich als das auserwählte Volk Gottes an. Nicht die ganze Menschheit, sondern einzig und allein das amerikanische Volk. Daraus erwächst dann eine mitunter sehr ignorante und selbstsüchtige Politik im Umgang mit der restlichen Welt. Die Theorie des Amerikanischen Exzeptionalismus ist sehr religiös gefärbt. So sagte beispielsweise Dick Cheney, dass Amerika „
die machtvollste, gute und ehrenwerte Nation in der Geschichte der Menschheit, die Ausnahme-Nation“ sei (Exceptional: Why the World Needs a Powerful America)
Im 21. Jahrhundert bezeichnet amerikanischer Exzeptionalismus die politische Kernideologie der USA. Er drückt sich, wie Stephen Kinzer schreibt, auch darin aus, dass die USA die einzigen in der Geschichte der Neuzeit sind, die überzeugt sind, dass sie Gottes Werk verrichten, indem sie ihr politisches und wirtschaftliches System anderen bringen.
Wegen ihrer Einzigartigkeit seien die USA an völkerrechtliche Vereinbarungen grundsätzlich nur insoweit gebunden, wie ihnen dies nützt. Auch ließen sich ihre Taten grundsätzlich nicht nach den moralischen Normen bewerten, nach denen die USA die Taten anderer Nationen bewerten. Denn es könne grundsätzliche keine „moralische Äquivalenz“ zwischen den USA und anderen Staaten in der Bewertung ihrer Taten geben, da sich Verbrechen von ‚wesenhaft Guten‘ nicht mit Maßstäben bewerten ließen, die man an Verbrechen von ‚wesenhaft Schlechten‘ anlegt. Folglich mögen die USA zwar gelegentlich ‚Fehler‘ machen, können jedoch aus grundsätzlichen Gründen keine Kriegsverbrechen begehen – weder in Vietnam, noch im Irak oder in Syrien. Und aus ebenso grundsätzlichen Gründen können sie auch keine Zivilisten ermorden, sondern Zivilisten sterben einfach als ‚kollaterale‘ Folge bester Intentionen. Da die USA wesenhaft gut seien, entzögen sich ihre Taten auch grundsätzlich einer Bewertung nach völkerrechtlichen Normen
Amerikanischer Exzeptionalismus
Wenn ich diese Ideologie kritisch betrachte, dann vertrete ich deshalb keine antiamerikanische Denkweise. Ich denke nur, dass sich die Amerikaner ebenso an das Völkerrecht halten sollten, wie alle anderen auch. Es gibt sehr wohl „moralische Äquivalenz“ zwischen den USA und anderen Staaten in der Bewertung ihrer Taten und wenn es ein auserwähltes Volk gibt, dann ist es die ganze Menschheit und nicht nur Amerika...
Da Russland immer ein unsicherer Kantonist is UND Europa im Grunde keine eigene Armee hat außer der NATO, welche de facto unter der Leitung der USA ist, brauchen wir auch heute die Amerikaner als verläßlichen Partner - wie sie uns als Markt und als Einfluss-Sphäre brauchen.
Die amerikanischen Militärstrategen haben etwas gegen die deutsch-russische Freundschaft, weil Europa und Russland zusammen eine ernstzunehmende Gegenmacht darstellen. Doch warum sollte uns das interessieren?
Der Chef des privaten Geheimdienstes Stratfor hat erstmals offengelegt, dass die US-Regierung als oberstes strategisches Ziel die Verhinderung einer deutsch-russischen Allianz betrachte. Ein solcher Block sei der einzige, der als alternative Weltmacht in der Lage sei, den Amerikanern ihre dominante Stellung streitig zu machen.
Deutsche Wirtschaftsnachrichten, Stratfor: USA wollen deutsch-russische Allianz verhindern