Der Geist

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Münek
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#201 Re: Der Geist

Beitrag von Münek » Sa 16. Dez 2017, 15:42

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Was glaubst Du denn, was die christliche Botschaft für viele Menschen so anziehend machte?
Im Wesentlichen war es die Erhebung des einfachen Menschen: Ein Müllsammler war plötzlich vor Gott genauso viel wert wie ein Kaiser.
Davon hätte der Müllsammler nichts, weil sich an seiner sozialen Situation nichts ändern würde. Nee nee - einzig wichtig war für die Armen die Zusicherung Jesu, dass das Gottesreich ihres ist (Zusage ewiger Heilsteilnahme).

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Fakt ist, die Kirche nimmt zum exegetischen Konsens keine Gegenposition ein
Ich weiß nach wie vor nicht, was Du damit sagen willst.
Was ist an meiner eindeutigen Aussage nicht zu verstehen?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:"Die Frage, die ich stellen würde, ist die, die eigentlich jeder hat: Warum ist die Welt so, was bedeutet das ganze Leid in ihr, warum ist das Böse so mächtig in ihr, wenn Gott doch der eigentlich Mächtige ist?" (Ratzinger, "Salz der Erde", S. 122)
Klar - es könnte auch anders sein, als es ist. - Trotzdem kann man erklären, warum es so ist, wie es ist.
Blödsinn. Wenn es so wäre, hätte Ratzinger Gott nicht genau diese Frage gestellt.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Meines Wissens enthält das Glaubensbekenntnis auch an keiner Stelle einen "Wahrheitsvorbehalt". Auf welchem Trip bist Du?
Auf einem Dich offenbar überfordernden. - Natürlich ist INNERHALB des Glaubensbekenntnisses kein Wahrheitsvorbehalt "Ich glaube unter Vorbehalt". - Aber das Glaubensbekenntnis selbst ist ein Vorbehalt: "Da ich nicht weiss, glaube ich".
Da wird Dir kein Theologe beipflichten.

closs
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#202 Re: Der Geist

Beitrag von closs » Sa 16. Dez 2017, 17:43

Münek hat geschrieben:einzig wichtig war für die Armen die Zusicherung Jesu, dass das Gottesreich ihres ist (Zusage ewiger Heilsteilnahme).
"Einzig" ist ganz sicher falsch. - Frage: War die vorhergehende Religion klassen-mäßig gegliedert? Die Reichen in den "Himmel", die Armen nicht?

Münek hat geschrieben:Was ist an meiner eindeutigen Aussage nicht zu verstehen?
Ich stolpere darüber, dass einerseits die Position der Kirche(n) diesbezüglich klar ist (= KEINE Naherwartung in Deinem Sinne), andererseits Du so tust, als würde sie der von Dior vertretenen Meinung zustimmen.

Münek hat geschrieben:Wenn es so wäre, hätte Ratzinger Gott nicht genau diese Frage gestellt.
Menschliche Erklärungen sind keine Beantwortungen.

Münek hat geschrieben:Da wird Dir kein Theologe beipflichten.
Wenn es so WÄRE (es ist natürlich NICHT so): Wie würde ein Theologe dann den Begriff "Glaube" begründen?

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Münek
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#203 Re: Der Geist

Beitrag von Münek » So 17. Dez 2017, 01:49

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:einzig wichtig war für die Armen die Zusicherung Jesu, dass das Gottesreich ihres ist (Zusage ewiger Heilsteilnahme).
"Einzig" ist ganz sicher falsch. - Frage: War die vorhergehende Religion klassen-mäßig gegliedert? Die Reichen in den "Himmel", die Armen nicht?
Du weichst vom Ausgangspunkt unseres Themas ab. Es ging um den Grund für die Anziehungskraft der christlichen Botschaft. Und dieser ist nach meiner Auffassung einzig und allein die Verheißung des ewigen Lebens nach dem irdischen Tod.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Was ist an meiner eindeutigen Aussage nicht zu verstehen?
Ich stolpere darüber, dass einerseits die Position der Kirche(n) diesbezüglich klar ist (= KEINE Naherwartung in Deinem Sinne), andererseits Du so tust, als würde sie der von Dior vertretenen Meinung zustimmen.
Es gibt diesbezüglich entgegen Deiner ständig wiederholten, aber unbelegten Behauptung KEINE Position der Kirche. Sie hüllt sich zu dieser Frage in Schweigen. Jetzt sollte es langsam mal reichen. Wie oft soll ich mich hier eigentlich wiederholen?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wenn es so wäre, hätte Ratzinger Gott nicht genau diese Frage gestellt.
Menschliche Erklärungen sind keine Beantwortungen.
Häh? Wovon redest Du? Du hältst die Theodizee-Frage für beantwortbar - Ratzinger nicht. Punkt.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Da wird Dir kein Theologe beipflichten.
Wenn es so WÄRE (es ist natürlich NICHT so): Wie würde ein Theologe dann den Begriff "Glaube" begründen?
Och - da wird es wohl verschiedene Begründungen geben. Deiner These, dass das Glaubensbekenntnis unter einem Wahrheitsvorbehalt steht, würde kein Theologe zustimmen. Für Gläubige IST der Inhalt ihres Glaubens die WAHRHEIT schlechthin.

closs
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#204 Re: Der Geist

Beitrag von closs » So 17. Dez 2017, 09:25

Münek hat geschrieben:Es ging um den Grund für die Anziehungskraft der christlichen Botschaft. Und dieser ist nach meiner Auffassung einzig und allein die Verheißung des ewigen Lebens nach dem irdischen Tod.
Sicherlich ist es das Bewusstsein, dass man im Tod nicht diskriminiert ist - aber die Leute leben erst mal hier. - Und da sehe ich eher die Aufwertung des "Du bist auch wer". - Man vergesse nicht, dass es damals viele Sklaven gab, die einen Dreck wert waren - nach meiner Erinnerung nicht einmal Personenstatus hatten.

Münek hat geschrieben:Jetzt sollte es langsam mal reichen. Wie oft soll ich mich hier eigentlich wiederholen?
Wir können es lassen, aber Du solltest mal überlegen, WARUM es da keine große Auseinandersetzung gibt. - Kleine Hilfestellung: Das Ding ist seit Jahrzehnten gegessen - es wird überhaupt nicht mehr groß thematisiert.

Münek hat geschrieben:Du hältst die Theodizee-Frage für beantwortbar - Ratzinger nicht.
Ratzinger könnte Dir einen ellenlangen Vortrag halten, wie die Theodizee zu verstehen ist und warum es sie gibt. - In Deinem Zitat macht er etwas anderes: Er fragt, warum es so ist, dass sie so beantwortet werden muss. - Sorry, das ist wieder mal mehrschichtig - aber in der Dialektik ist das so.

Münek hat geschrieben:Für Gläubige IST der Inhalt ihres Glaubens die WAHRHEIT schlechthin.
Natürlich - es ist ein Glaubensentscheid: "Ich entscheide aus meinem Erkennen, dass ich dieses ... für wahr halte".

Münek hat geschrieben:Deiner These, dass das Glaubensbekenntnis unter einem Wahrheitsvorbehalt steht, würde kein Theologe zustimmen.
Doch - eine Entscheidung wäre doch gar nicht nötig, wenn es auch ohne Entscheidung klar wäre.

Pluto
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#205 Re: Der Geist

Beitrag von Pluto » So 17. Dez 2017, 12:44

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Jetzt sollte es langsam mal reichen. Wie oft soll ich mich hier eigentlich wiederholen?
Wir können es lassen, aber Du solltest mal überlegen, WARUM es da keine große Auseinandersetzung gibt. - Kleine Hilfestellung: Das Ding ist seit Jahrzehnten gegessen - es wird überhaupt nicht mehr groß thematisiert.
Eben. Die Kirchen haben keinen Standpunkt.

closs hat geschrieben:Ratzinger könnte Dir einen ellenlangen Vortrag halten, wie die Theodizee zu verstehen ist und warum es sie gibt.
Und er verliert sich vermutlich im Detail, aber eine klare Antwort hat auch Ratzinger nicht.
Die Theodizeefrage ist theologisch NUR erklärbar unter der Annahme, Gott sei missgünstig, wolle zerstören, und die Menschheit kämpft dagegen an.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#206 Re: Der Geist

Beitrag von closs » So 17. Dez 2017, 16:33

Pluto hat geschrieben:Die Kirchen haben keinen Standpunkt.
Doch - in Christlicher Hermeneutik (= geitiger Auslegung historisch-kritischer Wortauslegung) ist der weit überwiegende Standpunkt seit jeher und immer noch, dass Jesus KEINE Naherwartung hatte. - Darüber wird seit Jahrzehnten (= in der Zeit der Auseinandersetzung mit der HKM zur Zeiten des HKM-Hypes) nicht mehr gestritten. - Die Tatsache, dass dagegen immer wieder gekläfft wird und nicht mehr dagegen gekläfft wird, hat nichts mit "keinem Standpunkt" zu tun.

Pluto hat geschrieben:Und er verliert sich vermutlich im Detail, aber eine klare Antwort hat auch Ratzinger nicht.
Nur Glaubensantworten - intellektuell ist die Theodizee schwer bis nicht vermittelbar, sondern nur über das Leid selbst.

Pluto hat geschrieben:Die Theodizeefrage ist theologisch NUR erklärbar unter der Annahme, Gott sei missgünstig, wolle zerstören, und die Menschheit kämpft dagegen an.
Das ist NICHT Auffassung der Theologie.

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sven23
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#207 Re: Der Geist

Beitrag von sven23 » So 17. Dez 2017, 17:09

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Die Theodizeefrage ist theologisch NUR erklärbar unter der Annahme, Gott sei missgünstig, wolle zerstören, und die Menschheit kämpft dagegen an.
Das ist NICHT Auffassung der Theologie.
Interessant finde ich, dass Epikur das Problem schon lange vor Christus erkannt hat.

Entweder will Gott das Übel beseitigen und kann es nicht, oder er kann es und will es nicht, oder er kann es nicht und will es nicht, oder er kann es und will es. Wenn er nun will und nicht kann, ist er schwach, was auf Gott nicht zutrifft. Wenn er kann und nicht will, ist er missgünstig, was ebenfalls Gott fremd ist. Wenn er nicht will und nicht kann, dann ist er sowohl missgünstig wie schwach und dann auch nicht Gott. Wenn er aber will und kann, was allein sich für Gott ziemt, woher kommen dann die Übel, und warum nimmt er sie nicht weg?
(Epikur, gr. Philosoph, 341-ca. 270)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#208 Re: Der Geist

Beitrag von closs » So 17. Dez 2017, 17:25

sven23 hat geschrieben:Interessant finde ich, dass Epikur das Problem schon lange vor Christus erkannt hat.
Richtig - eine ewige Frage. - Die Version "Er kann und will nicht" ist die richtige Antwort - aber die Antwort von Epikur "Dann ist er missgünstig" ist (aus christlicher Sicht) falsch.

Richtig kann es dann sein, wenn man das ERdenleben nur als Etappe versteht, deren Sinn der Weg zum Erkennen der Wahrheit und das Erleiden von Gottferne ist. - Richtig kann es ebenfalls sein, wenn dem einzelnen Menschen nie mehr aufgeladen wird, als er tragen kann. - Aber das sieht man nicht von außen, weshalb die Theodizeefrage nie intellektuell, sondern nur in Hoffnung erklären kann, dass es so ist. - Wissenschaftlich nicht erreichbar.

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sven23
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#209 Re: Der Geist

Beitrag von sven23 » So 17. Dez 2017, 17:40

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Interessant finde ich, dass Epikur das Problem schon lange vor Christus erkannt hat.
Richtig - eine ewige Frage. - Die Version "Er kann und will nicht" ist die richtige Antwort - aber die Antwort von Epikur "Dann ist er missgünstig" ist (aus christlicher Sicht) falsch.

Richtig kann es dann sein, wenn man das ERdenleben nur als Etappe versteht, deren Sinn der Weg zum Erkennen der Wahrheit und das Erleiden von Gottferne ist. - Richtig kann es ebenfalls sein, wenn dem einzelnen Menschen nie mehr aufgeladen wird, als er tragen kann. - Aber das sieht man nicht von außen, weshalb die Theodizeefrage nie intellektuell, sondern nur in Hoffnung erklären kann, dass es so ist. - Wissenschaftlich nicht erreichbar.
Wenn Gott nicht "will", obwohl er es könnte, dann paßt das nicht mit einem liebenden und gütigen Gott zusammen, der er im AT nebenbei bemerkt eh nicht war. Sein Karriere begann Jahwe als Kriegsgott, dem man dann noch seine Gemahlin wegnahm. Vielleicht erklärt das den übel gelaunten Gott, der die Menschen in Hiob-Manier piesakt.
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#210 Re: Der Geist

Beitrag von closs » So 17. Dez 2017, 18:06

sven23 hat geschrieben:Wenn Gott nicht "will", obwohl er es könnte, dann paßt das nicht mit einem liebenden und gütigen Gott zusammen
Woher willst Du das wissen?

sven23 hat geschrieben:Vielleicht erklärt das den übel gelaunten Gott, der die Menschen in Hiob-Manier piesakt.
Wie sensationell falsch Du "Hiob" interpretierst, ist bekannt.

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