Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

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Andreas
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#1 Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

Beitrag von Andreas » Mi 11. Jun 2014, 23:45

Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt oder die Natur oder nur Teile der Natur?
Was ist unter Natur zu verstehen?
Was ist unter Welt zu verstehen?

closs
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#2 Re: Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

Beitrag von closs » Do 12. Jun 2014, 00:27

Definitions-Sache - vielleicht können wir ja einvernehmlich (also die geistige und die materialistische Fraktion) definieren:

a)Welt

Schwierig - versteht man "Welt" nicht als Synonym für "Natur", wäre es die Gesamtheit des Seins - also materialistische und naturalistische Welt. Das entspricht jedoch nicht dem allgemeinen Sprachgebrauch - zumal im AT mit "Welt" das Dasein gemeint ist - "Weltzeit" ist dort die Zeit im naturalistischem Raum. - Ich würde das Wort "Welt" in einer philosophischen Diskussion nicht verwenden - außer wenn es unvorsichtig rausrutscht oder mit Attribut (geistige Welt/naturalistische Welt).

b) Natur
Umgangssprachlich meint man damit den Wald und die Wiesen - philosophisch würde ich damit die naturalistische Welt, also das Dasein, verstehen.

c) Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt oder die Natur oder nur Teile der Natur?
Naturwissenschaft beschreibt NICHT die geistige Welt (wobei man jetzt schon wieder "geistig" definieren müsste). - Ob sie die GANZE Natur beschreibt, kann sie nicht beurteilen - zumindest ist es ihr Fachgebiet und ihr Anspruch, möglichst viel der naturalistischen Welt zu beschreiben.

d) geistig
Unter "Geist/geistig" versteht man umgangssprachlich möglicherweise alles, was irgendwie nicht haptisch greifbar ist. - Ein Naturwissenschaftler würde es möglicherweise als "geistige Leistung" bezeichnen, wenn jemand Kreuzworträtsel besonders gut lösen kann (was wahrscheinlich irgendwie neuronal abbildbar wäre). - Unter spirituellen/biblischen Gesichtspunkten ist "Geist" definiert durch Transzendenz-Fähigkeit. - Also sehr unterschiedliche Definitionen. - Auch hier wären Attribute sinnvoll ("spirituell-geistig"/"intellektuell-geistig"/o.ä.).

Pluto
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#3 Re: Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

Beitrag von Pluto » Do 12. Jun 2014, 00:35

Natur ist alles was nicht vom Mensch geschaffen wurde.
Welt ist alles was ist.

Frage: Ist nun in Beiden Definitionen die Transzendenz enthalten?

Der ontologische Naturalismus beschreibt die Methodik die für Naturwissenschaft anwendbar ist.
Das bedeutet, dass Falsifizierbarkeit der Vorhersagen eine Bedingung für die untersuchten Modelle ist.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#4 Re: Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

Beitrag von closs » Do 12. Jun 2014, 01:01

Pluto hat geschrieben:Frage: Ist nun in Beiden Definitionen die Transzendenz enthalten?
Das müsste man eigentlich Dich fragen. Aus spiritueller Sicht bei "Natur" NEIN, bei "Welt" eigentlich auch nicht.

Da ist "das, was der Fall ist" besser, weil diese Wendung sowohl naturalistisch als auch transzendent einsetzbar ist.

Pluto hat geschrieben:Das bedeutet, dass Falsifizierbarkeit der Vorhersagen eine Bedingung für die untersuchten Modelle ist.
Das hat aber nichts mit Andreas' Fragen zu tun. - Er spricht von ontologischen, Du von methodologischen Fragestellungen.

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#5 Re: Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

Beitrag von Pluto » Do 12. Jun 2014, 01:21

closs hat geschrieben:Er spricht von ontologischen, Du von methodologischen Fragestellungen.
Nein. Ich spreche ebenfalls vom ontologischen Naturalismus.
Hier ein weiterer (auf)klärender Artikel:
Es gibt Philosophen, die auch zwischen einem sogenannten »ontologischen«/»metaphysischen« Naturalismus einerseits und einem »methodologischem« Naturalismus andererseits unterscheiden wollen: Gemeint ist mit den Begriffen, dass diejenigen Naturalisten, die von der wissenschaftlichen Methode ausgehen, die methodologischen Naturalisten sind, während die ontologischen Naturalisten größeren Wert auf das Ergebnis der Untersuchung der Welt legen. Der Blick richtet sich dort eher auf das Ergebnis der Weltanschauung.

Bei diesen Ausprägungen geht es meines Erachtens nicht um verschiedene Weltanschauungen, sondern um die Frage, wie man den Naturalismus am besten vom Supernaturalismus (Glauben an das Übernatürliche) abgrenzt.

weiterlesen...

und hier noch Wikipedia dazu... http://de.wikipedia.org/wiki/Naturalismus_(Philosophie)
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#6 Re: Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

Beitrag von closs » Do 12. Jun 2014, 02:01

Pluto hat geschrieben:Hier ein weiterer (auf)klärender Artikel:
Da steht folgende entlarvende Wendung: "Ontologisch, also vom Ergebnis her, ..." - Exakt das ist falsch.

Denn hier wird "das Sein" (ontologisch) zur abhängigen Größe der Wahrnehmung (methodisch) gemacht. - Damit wird der Begriff "das Sein"/"ontologisch" obsolet. - Dann sollte man diesen Begriff aber auch ganz weglassen und sagen: "Es gibt kein Sein, sondern nur Wahrnehmung" - "Es gibt keinen Baum, sondern nur die Wahrnehmung des Baums". - "Die Welt als Wille und Vorstellung" - "Das, was der Fall ist, ist menschliche Projektion".

All das kann man sagen und meinen - aber man kann den Begriff "ontologisch" nicht um seine eigene Achse drehen, so dass er die gegenteilige Bedeutung seines eigentlichen Sinnes erhält. Genau das geschieht in Deiner Quelle.

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Andreas
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#7 Re: Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

Beitrag von Andreas » Do 12. Jun 2014, 04:04

Huch, ihr seid ja schon mittendrin. Ich hatte vorhin keine Zeit, den Thread ordentlich zu eröffnen.

Ich bin begeistert von der vielen Arbeit, die Wissenschaftler investierten um schon so vieles in der Natur, so genau wahrgenommen, gemessen und beschrieben zu haben. Der Erfolg liegt vor allem in ihrer Methodik begründet und dazu wurde hier im Forum schon viel geschrieben. Als Christ scheue ich mich nicht zu sagen, dass die Ergebnisse naturwissenschaftlicher Arbeit meinen geistigen Horizont erweitert und positiv verändert haben.

Die Evolutionstheorie tangiert meinen Glauben nicht, weil ich die Bibel nicht wörtlich auslege und deswegen finde ich auch die biblische Sintflutgeschichte als historische Tatsache geistig-spirituell nicht relevant. Mich interessieren die geistigen Inhalte, der Sinn und nicht der Buchstabe. Manche Christen sehen das anders, aber wenn sie die Arbeit der Wissenschaftler mit Bibelsprüchen madig machen, bin ich auf der Seite der Wissenschaft zu finden. Ich wage es, ein wenig zu hoffen, dass dieser Thread nicht wieder in einem Evo- oder Sintflut-Thread endet.

Zum Thema

Da die Naturwissenschaft "Naturwissenschaft" heißt, liegt es doch nahe, dass man das, womit sie sich beschäftigt auch Natur nennt. "Natur" ist zudem der (hoffentlich) harmlosere Begriff. Damit sollten wir vielleicht anfangen und sehen, wo uns das hinführt. Vielleicht zur Welt, vielleicht nicht.

closs hat geschrieben:Naturwissenschaft beschreibt NICHT die geistige Welt (wobei man jetzt schon wieder "geistig" definieren müsste).
Da wäre ich vorsichtig. Denn die geistige Leistung innerhalb der Naturwissenschaft bzw. in den Naturwissenschaftlern ist enorm. Die Naturwissenschaft bezeugt allein durch ihre Ergebnisse eine Menge Geist in der Natur. Aus naturwissenschaftlicher Sicht ist der Mensch ein Produkt der Natur. Das kann ich auch gut nachvollziehen. Ist doch logisch. Das bringt mich als Christ auch nicht zwangsläufig ins Schleudern. Da sehe ich noch Spielräume, das nimmt meinen Glauben nicht die ganze Luft aus den Segeln. Mal sehn wie es hier weitergeht. Ich will das ergebnisoffen angehen.

closs hat geschrieben:Ob sie die GANZE Natur beschreibt, kann sie nicht beurteilen
Sicher ist, dass sie noch nicht die ganze Natur beschrieben hat. Sie ist ja noch nicht in Rente. Ich bin da nicht so drin. Vielleicht gibt es Anhaltspunkte, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sie - nicht alle Details - aber vielleicht doch das Wesentliche beschreiben könnte? Was sagen Wissenschaftler denn dazu? Sie suchen doch nach der GUT (witzig, weil "biblisch" und beruhigend, weil nicht BÖSE) der Grand Unified Theory, der großen vereinheitlichten Theorie. Wenn die gefunden wäre, könnte das auf einen gewissen Abschluss der Grundlagenforschung hindeuten?

closs hat geschrieben:zumindest ist es ihr Fachgebiet und ihr Anspruch, möglichst viel der naturalistischen Welt zu beschreiben.
Der naturalistischen Welt??? Der natürlichen Welt gefiele mir besser aber warum nicht Natur sagen?
Zumindest ist es ihr Fachgebiet und ihr Anspruch, möglichst viel der Natur zu beschreiben. Das passt doch fürs Erste.
Zuletzt geändert von Andreas am Do 12. Jun 2014, 04:40, insgesamt 4-mal geändert.

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#8 Re: Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

Beitrag von Andreas » Do 12. Jun 2014, 04:19

closs hat geschrieben:Da ist "das, was der Fall ist" besser, weil diese Wendung sowohl naturalistisch als auch transzendent einsetzbar ist.
Schon wieder schreibst du "naturalistisch". Ist das nicht falsch? Müsste es nicht naturwissenschaftlich heißen? Hier gehts doch primär um die Naturwissenschaft und die Frage, ob sie "die Welt" beschreibt also um das Selbstverständnis der Naturwissenschaft.

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#9 Re: Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

Beitrag von barbara » Do 12. Jun 2014, 05:40

Naturwissenschaft beschreibt jene Aspekte der Welt, die quantifzierbar sind.

Jene Aspekte, die nicht quantifizierbar sind, die aber von Subjekten als Qualia erlebt haben, sind beim aktuellen Stand der Dinge nicht naturwissenschaftlich beschreibbar, aber sie sind natürlich dennoch Teil von Welt und Natur, die ich im Grossen und Ganzen als Synonyme sehe.

Selbstverständlich enthalten auch religiöse Texte Welt- und Naturbeschreibungen - aber im Gegensatz zu den Naturwissenschaften tun sie es mit einem qualitativen Ansatz, meist auch mit einem poetischen, bildhaften Ansatz. Das ist nicht weniger präzis, auf ihre Art, als die Verfahren der Naturwissenschaft, aber betreffen halt ganz andere Bereiche und verwendet andere Methoden.

gruss, barbara

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#10 Re: Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

Beitrag von 2Lena » Do 12. Jun 2014, 05:56

Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt oder die Natur oder nur Teile der Natur?
Mit materialistischen Anschauungen kann sie die Natur nach den fünf Sinnen beurteilen, aber letztendlich nicht erklären.

In den vedischen Schriften gibt es mehrer Arten von Beweisführungen, die über die uns bekannten naturwissenschaftlichen Beurteilungen hinausgehen:

pratyaksha - Das Wissen gesammelt durch die 5 Wahrnehmungsorgane und durch den Geist verarbeitet. Es ist mangelhaft durch Illusion, Verwirrung, Neigung zu Betrug und unvollkommene Sinne.

anumAna -ist eine spezifische Art von pratyaksha mit Schlussfolgerungen daraus. Man sieht Rauch, doch das Feuer ist längst gelöscht.

Arsha - sind die Aussagen der Weisen (Rishis), aufgrund ihrer persönlichen Meinungen. Auch die sind mangelhaft, Autoritätsgläubigkeit erzeugend.

upamAn -Wissen gewonnen durch den Vergleich eines Objektes mit Objekte die ähnliche Eigenschaften besitzen, beschreibende Analogien. Auch das ist mangelhaft als Erklärung.

arthApatti - Wissen über die Gründe eines Phänomens basierend auf Spekulationen durch Beobachtung de Phänomens. Es reicht nicht aus.

Desweiteren wird die spekulative Logik beschrieben, die jedoch über die materielle Logik hinausgeht.

Dann ist noch das in einer Gesellschaft vorhandene allgemeine Wissen, oft Tradition weiter gegeben. Man betrachtet es als Basis, hat jedoch nichts dafür in der Hand.

Äußerungen der Seele, oft durch Gebärden weitergegeben.
Man glaubt, das wäre authentisch.

Shabda - sind die spirituelle Schriften. Sie bedeuten wortwörtliche Spiritueller Klang weil sie vom Höchsten Herr durch den spirituellen Klang weitervermittelt wurden;
Vedische Schriften werden als aupaurusheya bezeichnet - nicht weltlichen Ursprung entstanden.

Analog ist es mit der Bibel. Sie zeigt größere, aber völlig unverstandene Werke.

Bis auf den letzten Punkt, Shabda kann man die Aufstellung nachvollziehen. Wer den "Klang" hören oder ihn sehen kann, zweifelt auch daran nicht. Doch oft scheitert die Nachvollziehbarkeit. Dazu kommt die Sendeeinstellung bzw. wie sauber ist der Empfänger?

Wer kann entscheiden, was auf diese Weise vermittelt wurde. Wenn z.B. die Schriften Lorbers betrachtet werden sind sie erstaunlich, aber trotzdem ungenau. Er schrieb - wie er sagte mit "innerem Diktat" ganz andere naturwissenschaftliche Zusammenhänge. Bahnbrechende Erfindungen geschahen über ähnliche Kanäle. In der Naturwissenschaft ist das noch irgendwie erklärbar, weil "nachvollziehbar". In anderen Disziplinen geht es weniger. Da dauert es Jahrhunderte, bis Menschen ihre "Einbildung" einsehen können und den Krampf, den sie betreiben - bleiben lassen.

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