Unser aller gemeinsamer Ururur...opa.

Evolution vs. Schöpfung Debatte, Alter der Erde
Geologie, Plattentektonik, Archäologie, Anthropologie
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Tyrion
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#561 Re: Unser aller gemeinsamer Ururur...opa.

Beitrag von Tyrion » Mi 15. Mär 2017, 01:49

Fortsetzung:

Tyrion hat geschrieben: Ich gebe wenigstens zu, dass ID theoretisch möglich ist, …
Dann ist doch alles gut! Wozu die ganzen agressiven Tiraden?

Jetzt wird es ermüdend. Du liest ein Propagandabuch christlicher Salafisten und erklärst Biologen, wie sie zu denken haben. Damit habe ich natürlich ein Problem (mit letzerem). Du bist nicht in der Lage, anzuerkennen, dass diese Personen, denen du nicht folgst (was du nicht musst), wissenschaftlich arbeiten und unterstellst ihnen hahnebüchene Dinge. Du wischst über Argumente hinweg, indem du behauptest, es gebe keine passenden Beobachtungen, keine empirischen Belege - was jeweils einfach nicht stimmt.

Glaub, was du willst. Und wenn es wäre, dass die Erde flach ist. Solange du dann keine Physiker angreifst, dass sie Luftschlössern nachjagen, wenn sie Beobachtungen anstellen... (ich weiß, machst du nicht, es ist ein Bild, ein Beispiel).

Du kannst ruhig an ID glauben - solange du nicht zu der Fraktion gehörst, die den Biologieunterricht ET-frei haben will und Biologen aburteilst, sie wären Deppen. Letzteres hast du zumindest mehrfach von dir gewiesen.

Auch ich gebe regelmäßig, von Anfang an in meinen Beiträgen zu, dass wir natürlich auch das Ergebnis blinder, ungesteuerter Naturprozesse sein könnten, dass ID Gott nicht beweisen kann, die ET aber auch nicht seine Nichtexistenz und dass sich jeder selbst entscheiden können muss, was ihm plausibler erscheint.
Das allein ist mein Anliegen.

Dann verstehe ich nicht, warum du knallhart Dinge schreibst wie "keine empirischen Belege" (als nur ein Beispiel) und nicht willens bist, Sachargumente zu durchdenken und über diese zu diskutieren. Sobald du Argumente liest, die deinen Propagandabüchern widersprechen, wischst du sie einfach weg. Sieht nicht so tolerant und ausgewogen aus.

Für mich ist ID ähnlich plausibel wie Thors Hammer - für dich ist sie sehr plausibel. O.k., nennt sich Glaubens- und Meinungsfreiheit. Ich beschäftgie mich aber mit Alternativtheorien wie beispielsweise der Elektrizitätslehre, was Blitze angeht und mit Evolution, was ID betrifft. Bei beiden würde ich gerne sinnvoll diskutieren können. Hammerbefürworter finde ich aber nicht (seltsam...) und die ID-Fanatiker haben meist keine Ahnung von Biologie und schreiben nur von Fanatikern blind ab. Das ermüdet und dann wird man manchmal etwas zynisch... Was nichtmal böse gemeint ist.

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Detlef
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#562 Re: Unser aller gemeinsamer Ururur...opa.

Beitrag von Detlef » Mi 15. Mär 2017, 08:16

closs hat geschrieben:
Detlef hat geschrieben:obwohl dir eigentlich klar sein müsste , dass du diesbezüglich als Bibelfan im Glashaus sitzt
Missverständnis: Das Anthropozentrische besteht darin, sich und seine Wahrnehmung/Methodik/Wissenschaft zum obersten Maßstab dessen zu machen, "was der Fall ist". - Das NICHT-Anthropozentrische bei Christen besteht darin, dass sie
a) genauso gut und fröhlich Wissenschaft betreiben wie Naturalisten, aber
b) diese Wahrnehmungs-Größe "Wissenschaft" nicht zum Maßstab dessen machen, "was die Welt zusammenhält" - geistig gemeint.
Der Christ gibt also seine Mittelpünktlichheit ab, während der Naturalist meint: "Es kann nur so sein, wie es die Methoden, die wir gemacht haben, sagen". - Unter "Aufklärung" verstehe ich diesbezüglich, dass der Mensch die Grenzen menschlicher Maßstäblichkeit erkennt und darüber etwas für möglich hält - so weit waren Descartes und Kant. - Unsere heutige Spät-/Nach-Aufklärung hat diesbezüglich einen Rückschritt gemacht - man denke nur an den Naturalismus und die Analytische Philosophie, die hier ins Anthropozentrische zurückfallen.
Jetzt ist mir auch klar, warum du so inflationär "anthropozentrisch" schreist, sobald jemand die Existenz von Göttern in Frage stellt. Anthropozentrismus hat aber nicht nur diese religiöse Komponente, viel wichtiger und aktueller ist es, die sich aus dieser Haltung ergebenden Positionen hinsichtlich Naturethik, Umweltschutz, Tierschutz usw. zu betrachten. Zudem hast du deine o.g. Sichtweise wohl exklusiv denn laut
wikipedia: "Das Christentum ist christozentrisch und damit theozentrisch und anthropozentrisch zugleich, denn es hat Jesus Christus als Zentrum, der zugleich Gott und Mensch ist. Anthropozentrismus und Theozentrismus sind also im Christentum kein Gegensatz, sondern stehen in untrennbarer Beziehung zueinander. Während man im Mittelalter vor allem die theozentrische Seite betonte, ist die moderne Theologie mehr von der anthropozentrischen Sicht auf den christlichen Glauben bestimmt."
Das triffts wohl eher. Jetzt klaue ich mir noch ein paar Sätze von Pluto:
"Mit dem Verfall der alten heidnischen Bräuche, öffnete aber dem christlichen Anthropozentrismus Tür und Tor für eine, in der Folge, sorglose indifferente Ausbeutung der Natur. Der Beweis für die Anthropozentik des Christentums liegt gerade in der Ablehnung unserer niederen Herkunft aus derGemeinschaft mit anderen Lebewesen."
Damit dürfte wohl klar sein, dass du mit deinem "Rückschritt durch unsere heutige Spät-/Nach-Aufklärung" völlig daneben liegst. Ein wirksame Auseinandersetzung mit dieser Problematik ist erst auf Basis der Naturwissenschaften machbar, Gott wird uns da nicht helfen.
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#563 Re: Unser aller gemeinsamer Ururur...opa.

Beitrag von closs » Mi 15. Mär 2017, 13:58

Detlef hat geschrieben:Jetzt ist mir auch klar, warum du so inflationär "anthropozentrisch" schreist, sobald jemand die Existenz von Göttern in Frage stellt.
Dann sind wir zumindest auf einer Verständnisebene.

Detlef hat geschrieben:Zudem hast du deine o.g. Sichtweise wohl exklusiv denn laut wikipedia:
Das ist eher ein objektives Problem und ein Problem der Definition. - Die Perspektive von wiki ist durch aus ebenfalls schlüssig - halt unter anderem Ausgangspunkt. - Oder noch weiter ausgeholt:

Eigentlich ist ALLES anthropozentrisch, weil wir das wahrnehmen, was über unser Ich geht - dazu gehört Wissenschaft ebenfalls. - Das wäre dann der ontologische Ansatz. - Der materialistische Ansatz wäre: "Wir sind NICHT anthropozentrisch, weil wir im Rahmen unserer Sichtweise objektiv sind" - dann ist das Christentum anthropozentrisch. - Das Christentum hingegen sagt: "Der Materialismus ist anthropozentrisch, weil er seine ihn fundierenden methodischen Grundlagen als Maßstab verwendet - also anthropozentrisch, da damit letztlich das Ich zum maßstab wird. - Umgekehrt wird das Christentum sagen: "Wir sind NICHT anthropozentrisch, weil wir ja im Wissen um die Anthropozentrität all unserer Wahrnehmungen eben diese dem unterordnen, was wir 'Gott' nennen".

Und so kann dann jeder behaupten, selbst NICHT anthropozentrisch zu sein, aber die anderen - eben je nach zugrundeliegendem System. - Und da folge ich dem christlichen System, weil es im Grunde ein ontologisches System ist ("Das, was 'ist', bleibt dasselbe, ob wir es subjektiv oder objektiv erkennen oder nicht erkennen. 'Methodik' ist also eine Hilfe, aus EINER Perspektive zu erkennen, aber nicht, um absolut zu erkennen").

Und daraus rekrutiert ein philosophisch angehauchter Theologe, dass er objektiv aufgeklärter ist als jemand, der seine inner-methodische Objektivität (= Anthropozentrismus) zum universalen Maßstab macht. - Umgekehrt wird der durchschnittliche Materialist/Naturalist/Agnostiker meinen, ER sei aufgeklärter als ein christlicher Theologie, weil er - setzend, dass es nichts VOR der kritisch-rational erfassbaren Welt gäbe - nachweisen kann, dass "seine" Welt objektiv, also nicht anthropozentrisch ist.

Die Diskussion solcher Tiefgründigkeiten darf man bei wikipedia nicht erwarten.

Detlef hat geschrieben:Damit dürfte wohl klar sein, dass du mit deinem "Rückschritt durch unsere heutige Spät-/Nach-Aufklärung" völlig daneben liegst.
Siehe oben. - Ich halte im Gegenteil unsere Zeit in Bezug auf das, was kritisch-rational nicht fassbar ist, extrem rückschrittlich und unaufgeklärt. - Warum, habe ich gerade erklärt.

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#564 Re: Unser aller gemeinsamer Ururur...opa.

Beitrag von Detlef » Do 16. Mär 2017, 08:59

closs hat geschrieben:
Detlef hat geschrieben:Jetzt ist mir auch klar, warum du so inflationär "anthropozentrisch" schreist, sobald jemand die Existenz von Göttern in Frage stellt.
Dann sind wir zumindest auf einer Verständnisebene.
Nun, offensichtlich doch nicht, denn deine Antwort lässt erkennen, dass du dich mit dem Begriff "Anthropozentrismus" gar nicht auseinandergesetzt hast. Ob jemand eine religiöse oder unreligiöse Haltung hat, ist doch völlig nebensächlich und deine "systembedingten Setzungen" sind viel zu engstirnig und damit unbrauchbar, denn es ist keinesfalls nur eine Frage der "materialistischen" oder "christlichen" Sichtweise.Die Debatten um diesen Begriff beziehen sich in den letzten ca. 50 Jahren hauptsächlich auf alternative Positionen in den Bereichen der Umweltethik und Tierethik.
So würde bspw. ein Tierschützer, der jedem Lebewesen sein gleichberechtigten Wert einräumt, bei dir unversehens in der Schublade "Anthropozentriker" landen, wenn er nicht gleichzeitig an einen unsichtbaren, unfühlbaren...usw. Freund glaubt. Absurd. Dein Schubladen-Denken ist unbrauchbar, erst recht für so eine komplexe Problematik.
Nach diesem Prinzip würdest du z.B. unversehens auch einen Fußball-Fan, der den Verein Bayern München nicht mag, in die Schublade "Fussball-Hasser" stecken.
closs hat geschrieben:Die Diskussion solcher Tiefgründigkeiten darf man bei wikipedia nicht erwarten.
Wikipedia ist k e i n Diskussions-Forum :mrgreen:
closs hat geschrieben:
Detlef hat geschrieben:Damit dürfte wohl klar sein, dass du mit deinem "Rückschritt durch unsere heutige Spät-/Nach-Aufklärung" völlig daneben liegst.
Siehe oben. - Ich halte im Gegenteil unsere Zeit in Bezug auf das, was kritisch-rational nicht fassbar ist, extrem rückschrittlich und unaufgeklärt. - Warum, habe ich gerade erklärt.
Bitte ??? Doch nicht mit dieser Methotik/Setzung-Schwurbelei! Wer ist wo, in welcher Form rückschrittlich und unaufgeklärt? Die Zeit kann nix dafür.
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#565 Re: Unser aller gemeinsamer Ururur...opa.

Beitrag von closs » Do 16. Mär 2017, 10:57

Detlef hat geschrieben:Nun, offensichtlich doch nicht, denn deine Antwort lässt erkennen, dass du dich mit dem Begriff "Anthropozentrismus" gar nicht auseinandergesetzt hast.
Moment: "Anthropozentrismus" hat, wie jeder andere Begriff auch, seine Begriffs-Historie und seine unterschiedlichen semantischen Kontexte. Konkret:

Wenn das Thema "Mensch oder Tier" ist, bedeutet "Anthropozentrismus" etwas anderes, als wenn wir hier in einem philosophisch-theologischen Diskurs sind. Und in diesem Diskurs geht es um die Frage der Orientierung des Menschen: "Bin ich und ist MEINE Wahrnehmung der Maßstab für das, was der Fall ist, oder nicht?"

Wik schreibt:
"Anthropozentrisch bedeutet, dass der Mensch sich selbst als den Mittelpunkt der weltlichen Realität versteht. Es leitet sich vom griechischen ἄνθρωπος, ánthropos, „Mensch“ und dem lateinischen centrum bzw. (alt)griechischen κέντρο(ν), kéntro(n), „Mittelpunkt“ ab. Der Anthropozentrismus hat eine weltanschauliche, eine ethische und eine religiöse Komponente als Schnittpunkt".
Das passt eigentlich ganz gut zu dem, was ich damit vermitteln will. - Konkret:

Der Materialist versteht "sich selbst als den Mittelpunkt der weltlichen Realität", weil er zu deren Verständnis ausschließlich Kategorien zulässt, die er selber menschen-vernunft-mäßig erfassen kann. - In diesem Sinn ist der Christ NICHT anthropozentrisch, weil er über die menschliche Vernunft hinaus etwas vermutet/erschließt, was höher-maßstäblich ist als die menschliche Vernunft. Er nennt es "Gott".

"Aufklärung" wäre in diesem Sinne, dass der Mensch seine eigene Vernunft nur unter Vorbehalt zum Maßstab macht - in der Erkenntnis, dass im Ernstfall etwas drüber steht.

Detlef hat geschrieben: Wer ist wo, in welcher Form rückschrittlich und unaufgeklärt? Die Zeit kann nix dafür.
Nee - die Zeit selber kann nichts dafür, aber das, was sich durch die Entwicklung der Menschen durch die Zeit in einer bestimmten Epoche als "Zeitgeist" durchsetzt. - Und diesbezüglich ist ein Materialist im Sinne obiger ERklärung weniger aufgeklärt als ein Christ. - Einschränkung: Natürlich gibt es auch extrem unaufgeklärte Christen, aber wir machen hier ja keine Einzelfall-Analyse, sondern analysieren, welcher "Zeitgeist" was an Aufklärung ermöglicht. - Und da stößt der Materialist halt schnell an seiner selbstgezogenen Decke an, sobald er an Erkenntnis wachsen will.

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#566 Re: Unser aller gemeinsamer Ururur...opa.

Beitrag von Detlef » Do 16. Mär 2017, 13:48

closs hat geschrieben:
Detlef hat geschrieben:Nun, offensichtlich doch nicht, denn deine Antwort lässt erkennen, dass du dich mit dem Begriff "Anthropozentrismus" gar nicht auseinandergesetzt hast.
Moment: "Anthropozentrismus" hat, wie jeder andere Begriff auch, seine Begriffs-Historie und seine unterschiedlichen semantischen Kontexte.
Ja, endlich hast Du's geschnallt, genau aus diesem Grund ist es schon mal nicht zulässig, so wie du es ständig tust, Leute unversehens in diese "Athropozentiker-Schublade" zu werfen. Kompliziertere Begriffe taugen eben sehr selten als grobes Totschlag-Argument.
closs hat geschrieben:[Konkret:Wenn das Thema "Mensch oder Tier" ist, bedeutet "Anthropozentrismus" etwas anderes, als wenn wir hier in einem philosophisch-theologischen Diskurs sind. Und in diesem Diskurs geht es um die Frage der Orientierung des Menschen: "Bin ich und ist MEINE Wahrnehmung der Maßstab für das, was der Fall ist, oder nicht?"
"Thema verfehlt" möchte ich zurückweisen, guck mal nach oben, dort steht ":‹Wissenschaft & Forschung auf dem Prüfstand‹Erdkunde & Biologie "Unser aller gemeinsamer Ururur...opa"
closs hat geschrieben:Konkret:Der Materialist versteht "sich selbst als den Mittelpunkt der weltlichen Realität", weil er zu deren Verständnis ausschließlich Kategorien zulässt, die er selber menschen-vernunft-mäßig erfassen kann. - In diesem Sinn ist der Christ NICHT anthropozentrisch....
Ob du nun den Christ in dieser Betrachtung anthropozentrisch oder nicht anthropozentrisch siehst, ist doch völlig wurscht.
Das ist keine Frage des "sich selbst im Mittelpunkt verstehens" (siehe Anthropozentrismus), sondern eine Frage der Redlichkeit: Es darf nur das behauptet werden, was bewiesen ist und nachgewiesen werden kann. Die für j e d e r m a n n zugängliche Basis dafür ist nun mal die materielle Welt und nichts anderes.
Aus Gründen der Redlichkeit versteht es sich eigentlich von selbst, dass dieses Wunschdenken
closs hat geschrieben:... weil er über die menschliche Vernunft hinaus etwas vermutet/erschließt, was höher-maßstäblich ist als die menschliche Vernunft. Er nennt es "Gott". "Aufklärung" wäre in diesem Sinne, dass der Mensch seine eigene Vernunft nur unter Vorbehalt zum Maßstab macht - in der Erkenntnis, dass im Ernstfall etwas drüber steht.
oder andere Phantasie-Vorstellungen in diesem Zusammenhang nix verloren haben, das "Aufklärung" gehört dort tatsächlich nur in Anführungsstricheln hin. Die Wissenschaft hat sich seit reichlich hundert Jahren von der Bevormundung durch die Kirchen befreit, nicht ohne Grund. Gerade, weil man "an Erkenntnis wachsen" wollte und es ja dadurch auch erfolgreich konnte.
closs hat geschrieben:
Detlef hat geschrieben: Wer ist wo, in welcher Form rückschrittlich und unaufgeklärt? Die Zeit kann nix dafür.
Nee - die Zeit selber kann nichts dafür, aber das, was sich durch die Entwicklung der Menschen durch die Zeit in einer bestimmten Epoche als "Zeitgeist" durchsetzt. - Und diesbezüglich ist ein Materialist im Sinne obiger ERklärung weniger aufgeklärt als ein Christ. - Einschränkung: Natürlich gibt es auch extrem unaufgeklärte Christen, ...
So ist es, deine seltsame Schubladen-Rhetorik funkioniert auch hier nicht, es gibt nicht d e n Christ (mit seinen zigtausend Denominationen) genauso wenig gibt es d e n Materialisten. Das "weniger aufgeklärt" hat auch hier Anführungsstrichel verdient.

closs hat geschrieben:...sondern analysieren, welcher "Zeitgeist" was an Aufklärung ermöglicht.
Tja, da muss ich spontan daran denken, wie rückschrittlich und unaufgeklärt in meinen Augen die derzeitigen Entwicklungen in Polen hin zum Staatskatholizismus, die Verqickungen zwischen russicher Regierung und orthodoxer Kirche oder Erdogans Präsidialislamismus sind.
Die Wahrheit lässt sich pachten, mit dem Glauben an des Gottes Sohn, doch die Thesen sind vergänglich, allen Gläubigen zum Hohn! (Gert Reichelt)

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#567 Re: Unser aller gemeinsamer Ururur...opa.

Beitrag von Pluto » Do 16. Mär 2017, 13:50

closs hat geschrieben:
Detlef hat geschrieben:Nun, offensichtlich doch nicht, denn deine Antwort lässt erkennen, dass du dich mit dem Begriff "Anthropozentrismus" gar nicht auseinandergesetzt hast.
Moment: "Anthropozentrismus" hat, wie jeder andere Begriff auch, seine Begriffs-Historie und seine unterschiedlichen semantischen Kontexte.

Konkret:
Wenn das Thema "Mensch oder Tier" ist, bedeutet "Anthropozentrismus" etwas anderes, als wenn wir hier in einem philosophisch-theologischen Diskurs sind.
Versuchst du wieder ein Polysem daraus zu machen?

closs hat geschrieben:Der Materialist versteht "sich selbst als den Mittelpunkt der weltlichen Realität", weil er zu deren Verständnis ausschließlich Kategorien zulässt, die er selber menschen-vernunft-mäßig erfassen kann. - In diesem Sinn ist der Christ NICHT anthropozentrisch, weil er über die menschliche Vernunft hinaus etwas vermutet/erschließt, was höher-maßstäblich ist als die menschliche Vernunft. Er nennt es "Gott".
Im Gegenteil, der judäo-christliche Glaube ist ein Paradebespiel des Anthropozentrismus.
Dies wird dem Glaubenden in der Bibel gleich zu Anfang bestätigt...
Genesis 1,28
  • Und Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, und füllt die Erde, und macht sie euch untertan ; und herrscht über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf der Erde regen!
Merkwürdig, dass ausgerechnet ICH als Atheist dir die Bibel erklären muss! :roll:

closs hat geschrieben:Und diesbezüglich ist ein Materialist im Sinne obiger ERklärung weniger aufgeklärt als ein Christ.
Das glaubst du doch selber nicht! :lol:
Sind denn 500 Jahre Aufklärung an dir vorbei gegangen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#568 Re: Unser aller gemeinsamer Ururur...opa.

Beitrag von closs » Do 16. Mär 2017, 16:18

Detlef hat geschrieben:Ja, endlich hast Du's geschnallt
Dieses Kompliment hatte ich mir eigentlich für DICH aufgehoben.

Detlef hat geschrieben: aus diesem Grund ist es schon mal nicht zulässig, so wie du es ständig tust, Leute unversehens in diese "Athropozentiker-Schublade" zu werfen.
Falsch. - Man
a) weiß, dass ein Begriff semantisch verschieden ist,
b) definiert deshalb, welche Bedeutung man in einem Zusammenhang zumisst
c) und arbeitet dann damit.

Detlef hat geschrieben:eine Frage der Redlichkeit: Es darf nur das behauptet werden, was bewiesen ist und nachgewiesen werden kann.
Falsch. - Was passiert hier? - Der Mensch definiert "Redlichkeit" als abhängige Größe von EINEM methodischen System (hier: kritischer Rationalismus), bezeichnet die damit notwendigerweise einhergehenden Beschränkungen als Ausdruck von "Aufklärung" und verteilt aus dieser reduktionistischen Position auf selbst-immunisierte (und ohnehin anthropozentrische) Weise, was "redlich" und "unredlich" sowie "aufgeklärt" und "unaufgeklärt" ist. - Das Ganze versteht sich dann als "Fortschritt". - Biblisch nennt man dies "Babel".

Detlef hat geschrieben: es gibt nicht d e n Christ (mit seinen zigtausend Denominationen) genauso wenig gibt es d e n Materialisten. Das "weniger aufgeklärt" hat auch hier Anführungsstrichel verdient.
Korrekt. - Die jeweiligen Exemplare einer Religion oder säkularen Para-Religion verhalten sich unterschiedlich. - Deshalb sollten wir nicht über Einzel-Menschen, sondern über Grundlagen sprechen.

Detlef hat geschrieben:da muss ich spontan daran denken, wie rückschrittlich und unaufgeklärt in meinen Augen die derzeitigen Entwicklungen in Polen hin zum Staatskatholizismus, die Verqickungen zwischen russicher Regierung und orthodoxer Kirche oder Erdogans Präsidialislamismus sind.
Davon abgesehen, dass dies nichts mit dem zu tun hat, was ich vertrete, ist korrekt, dass im Namen des Guten erfahrungsgemäß Schlechtes gedacht und getan wird. - Stalin würde man sicherlich seitens der Materialisten genauso ungern als Schutzpatron zugeordnet bekommen.

Pluto hat geschrieben:Versuchst du wieder ein Polysem daraus zu machen?
Nicht nötig - das ist in der Regel mehr oder weniger überall so. - Guck nur mal in wik unter "Geist" - da ist alles von "Gott" bis "Schnaps" dabei. - Oder bei "Erkenntnis" sind auf der Schnelle 9 Varianten aufgezeigt. - Oder "Wahnehmung" - da werden 5 Sparten aufgezählt, bevor sie einzeln aufgearbeitet werden. - Con variazione ist es bei "Anthropozentrismus" auch so.

Pluto hat geschrieben:Merkwürdig, dass ausgerechnet ICH als Atheist dir die Bibel erklären muss!
Du erklärst mir nicht die Bibel, sondern Deine weltanschauungs-generierte Interpretation der Bibel.

Der Punkt im konkreten Fall: Man muss unterscheiden,
a) wie das menschliche Bild der Schöpfung überliefert ist (das hast Du zitiert) - und
b) was der Inhalt des Christentums ist.

Letzterer ist zu verstehen als:
Der Mensch ist Krönung der Schöpfung, weil er das einzige Lebewesen ist, das transzendent reflektieren (= nach Gott fragen) kann. - Seine geistige Lebensaufgabe ist, Gott über sich zu erkennen und sich dementsprechend maßstäblich zu de-anthropozentrieren.

Pluto hat geschrieben:Sind denn 500 Jahre Aufklärung an dir vorbei gegangen?
Wenn Du wüßtest, wie oft ich diese Jahre an mir vorbeistreichen lasse. - Der mühsame Aufbruch von spirituellem Empfinden in intellektuelles Verstehen im Mittelalter - dann die Hochzeit der Aufklärung zwischen Descartes und Kant - und dann im 19. Jh. der Zusammenbruch der Aufklärung in sich selber hinein, so dass sie heute eigentlich nur noch eine methoden-gestützte Hülse ist, die keine eigene spirituelle Kraft mehr hat.

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#569 Re: Unser aller gemeinsamer Ururur...opa.

Beitrag von Pluto » Do 16. Mär 2017, 17:58

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Versuchst du wieder ein Polysem daraus zu machen?
Nicht nötig - das ist in der Regel mehr oder weniger überall so. - Guck nur mal in wik unter "Geist" - da ist alles von "Gott" bis "Schnaps" dabei.
Ja. Ein Geist ist auch ein Gespenst und kann auch mentale Fähigkeiten ausdrücken.
Aber was hat das mit Anthropozentrismus zu tun? Das ist KEIN Polysem!

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Merkwürdig, dass ausgerechnet ICH als Atheist dir die Bibel erklären muss!
Du erklärst mir nicht die Bibel, sondern Deine weltanschauungs-generierte Interpretation der Bibel.

Der Punkt im konkreten Fall: Man muss unterscheiden,
a) wie das menschliche Bild der Schöpfung überliefert ist (das hast Du zitiert) - und
b) was der Inhalt des Christentums ist.
Tja... Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. :P

closs hat geschrieben:Letzterer ist zu verstehen als:
Der Mensch ist Krönung der Schöpfung, weil er das einzige Lebewesen ist, das transzendent reflektieren (= nach Gott fragen) kann. - Seine geistige Lebensaufgabe ist, Gott über sich zu erkennen und sich dementsprechend maßstäblich zu de-anthropozentrieren.
Falsch!
Der Mensch hebt sich von den Tieren ab durch
(a) Technische Fertigkeit im Umgang mit Werkzeugen (Erfindung des Rads und der Landwirtschaft; Bau der Pyramiden; Menschen aufdem Mond)
(b) Soziales Verhalten (Wir sind die einzigen Tiere, die sowohl im Familien- als auch im Gruppenverband leben)[/quote]
(c) Planerisches Denken.

Mehr ist nicht drin.
Kultur ist eine direkte Folge dieser besonderen Fähigkeiten und Religiosität ist eine Nebenerscheinung der Kultur.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Sind denn 500 Jahre Aufklärung an dir vorbei gegangen?
Wenn Du wüßtest, wie oft ich diese Jahre an mir vorbeistreichen lasse.
Vielleich ist es nicht oft genug, oder nicht intensiv genug?

closs hat geschrieben:Der mühsame Aufbruch von spirituellem Empfinden in intellektuelles Verstehen im Mittelalter - dann die Hochzeit der Aufklärung zwischen Descartes und Kant - und dann im 19. Jh. der Zusammenbruch der Aufklärung in sich selber hinein, so dass sie heute eigentlich nur noch eine methoden-gestützte Hülse ist, die keine eigene spirituelle Kraft mehr hat.
Bis Kant kann ich dir folgen.
Im 19. Jahrhundert folgte dann der Durchbruch: Aufstieg der Wissenschaften.
Mir ist unbegreiflich, wie du daraus einen Rückschritt machen kannst. :?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#570 Re: Unser aller gemeinsamer Ururur...opa.

Beitrag von closs » Do 16. Mär 2017, 19:05

Pluto hat geschrieben:Aber was hat das mit Anthropozentrismus zu tun? Das ist KEIN Polysem!
"Anthropozentrismus" ist allgemein zunächst das, was Du zitierst hast: "Mensch als Mittelpunkt". So verwende ich es auch - und insofern ist es in der Tat KEIN Polysem.

Aber es ist ein Unterschied, ob man A. im Kontext "Mensch und Tier" oder philosophisch aus materialistischer Sicht oder materialistisch aus spirituell-geistiger Sicht oder kosmologisch oder ethisch versteht - etc. - Es wird immer etwas anderes rauskommen, weil dann die Fragestellung jeweils anders ist.

Pluto hat geschrieben:Der Mensch hebt sich von den Tieren ab durch: ...
Absolut einverstanden - da würde Dir k(aum)ein Theologe widersprechen.

Pluto hat geschrieben:Mehr ist nicht drin. Kultur ist eine direkte Folge dieser besonderen Fähigkeiten und Religiosität ist eine Nebenerscheinung der Kultur.
Das ist eine rein weltanschauliche Bewertung - theologisch sieht man es grundlegend anders - wie vorher beschrieben: Der Mensch ist geistig gehalten, sich als Mittelpunkt rauszunehmen, weil er nicht das Format haben kann, Maßstab für "die Welt" zu sein.

Wir reden dabei NICHT von lebens-praktischen Dingen. - Wenn wir beide zu Aldi gehen oder ein Auto kaufen oder Urlaub planen, werden wir vermutlich BEIDE selbst-zentriert agieren. - So ist es nicht theologisch gemeint - gemeint ist damit die Einschätzung der Rolle des Menschen im Vergleich zu dem, was (aus vielfachen Gründen geglaubt) das über uns Seiende angeht.

Pluto hat geschrieben:Vielleich ist es nicht oft genug, oder nicht intensiv genug?
Es wird sich nichts ändern - niemand kann die Entwicklung der letzten Jahrhunderte zurückdrehen.

Pluto hat geschrieben:Im 19. Jahrhundert folgte dann der Durchbruch: Aufstieg der Wissenschaften. Mir ist unbegreiflich, wie du daraus einen Rückschritt machen kannst.
Es geht um die geistige Kompetenz/Aufklärung und nicht um die wissenschaftliche Aufklärung. - Die Wissenschaft ist nicht Gegenstand der Kritik.

Wir sind in den letzten 200 Jahren technisch/zivilisatorisch/wissenschaftlich aufgeklärter worden und gleichzeitig geistig unaufgeklärter geworden.

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