Wie ähnlich sind Mensch und Tier?

Evolution vs. Schöpfung Debatte, Alter der Erde
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Pluto
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#1 Wie ähnlich sind Mensch und Tier?

Beitrag von Pluto » Di 21. Jun 2016, 14:10

Mal etwas bodenständigeres zum Thema Biologie...

Wie ähnlich sind wir Menschen den Tieren, und was sind die hauptsächlichen Unterscheidungsmerkmale?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Bastler
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#2 Re: Wie ähnlich sind Mensch und Tier?

Beitrag von Bastler » Di 21. Jun 2016, 15:01

Neil Diamond schreibt in seinem Buch "Der dritte Schimpanse", dass Zwergschimpansen und Menschen über 99% des Genoms miteinander gemeinsam haben.

Da stelle ich mir die Frage, wo genau der Quantensprung liegt. Wo genau werden die quantitativen Betrachtungen sinnlos, weil sie eine qualitative Veränderung beinhalten?

Ich vermute mal: In der Sprachfähigkeit des Menschen. Die war wohl erst ab dem homo ergaster vorhanden, und selbst dort noch schwach entwickelt. Aber es war damit eine neue Schiene gelegt, auf der die Gedankenzüge fahren konnten. Die Fähigkeit zur Absprache war bei der Jagd ein großer Vorteil. Demletzt habe ich gehört, dass man vermutet, dass der homo ergaster mit seiner Sprache noch mehr vermochte, als nur Absprachen: Er soll Gefühle und soziale Prozesse sprachlich besser ausgedrückt haben, als frühere Vormenschen.

Diese Absprachen bei der Jagd und das verbindende Ausdrücken von Gefühlen und Beziehungen scheint mir ein gewaltiger Vorteil zu sein. Sie bilden in meinem Bild die Züge. Und die Natur hat dann (bedarfsgerecht) die Schienen dementsprechend zur Verfügung gestellt. Auf diese Weise konnten dann mehr und mehr Erfahrungen weitergegeben werden. Die genetische Weitergabe von Information wurde von der kulturellen Weitergabe überflügelt.

Alles Weitere scheint mir eine fast schon zwangsläufige Entwicklung. Und wir Jetztmenschen können auf bedeutende Schritte der Menschheit zurückschauen. Die Erfindung der Schrift. Boah! Bis hin zur Auslagerung von Erfahrungen in Datenbanken, die weltweit via Internet ruckizucki erreichbar sind.

Auch die ganzen anderen Funktionen der Sprache wurden von dieser Entwicklung betroffen. Die Möglichkeiten, Gefühle auszudrücken oder soziale Absprachen (Konfliktbewältigung) zu treffen, sind ja auch gigantisch geworden. Literatur, Poesie, hochkomplexe Musik, Sehnsucht nach fernen Ländern bis hin zu fremden Galaxien (in der science fiction), die Sinnfrage, Riten, globalisiertes Denken ... das hätte sich der homo ergaster wohl noch nicht denken können. Dass so was von so was kommt?

Ich bin mir nicht mal sicher, ob der entscheidende Quantensprung wirklich beim homo ergaster lag. Wir haben ja keine Audioaufnahmen aus dieser Zeit. Aber ich meine, dass die Entwicklung der Sprache das Umschlagen von Quantität in eine neue Qualität grundgelegt hat. Ab einem gewissen Maß an Sprachfähigkeit, öffnet sich ein neues Fass. Und dann läuft alles in eine neue Richtung. In diesem Fall: In Richtung Mensch.

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#3 Re: Wie ähnlich sind Mensch und Tier?

Beitrag von Bastler » Di 21. Jun 2016, 15:10

Ich habe das Video über den homo ergaster wieder gefunden. Ab 36:20 geht's mit dem homo ergaster los.

(Übrigens, Pluto: Dies ist auch eine Antwort auf deine Frage, was ich außer Lesch noch so alles anschaue...)

SPOILER: In dem Film sind nackte Menschen zu sehen. Wer beim Anblick nackter Menschen zum Herzinfarkt neigt, sollte sich das Video NICHT anschauen.


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#4 Re: Wie ähnlich sind Mensch und Tier?

Beitrag von Pluto » Di 21. Jun 2016, 17:25

Bastler hat geschrieben:Ich habe das Video über den homo ergaster wieder gefunden. Ab 36:20 geht's mit dem homo ergaster los.

Bastler hat geschrieben:(Übrigens, Pluto: Dies ist auch eine Antwort auf deine Frage, was ich außer Lesch noch so alles anschaue...)
:clap:
Schönes Video. Danke dir!

Es ist eine Teilantwort auf meine Frage.
Allerdings ist der Entwicklungsbaum des Menschen, nach neusten Erkenntnissen sehr viel "buschiger" als es hier dargestellt wird. Es ist keineswegs gesichert, dass wir direkte Nachfahren des H. ergaster sind. Kann sein, muss aber nicht. Die menschliche "Linie" verliert sich relativ schnell wenn man weiter als etwa 200'000 Jahre zurück geht. Als ziemlich gut gesichert gilt nur, dass sich der Mensch irgendwie aus afrikanischen Vorfahren entwickelt hat.

Möglicherweise ist H. ergaster ausgestorben, oder er, bzw. seine Nachfahren (ev. H. erectus) begaben sich sehr früh auf Wanderschaft (Out-of-Africa Theorie), und besiedelten die östlichen Teile Asiens. Es ist auch denkbar, dass sich spätere Auswanderer mit den Nachfahren des H. ergaster paarten, so wie es später unsere Vorfahren mit den Neandertalern taten.

Eigentlich wollte ich die Fragestellung auf die vorhandenen Unterschiede des modernen Menschen gegenüber den Tieren fokussieren.
Ich meine, wir unterscheiden uns im Wesentlichen durch unser massiv größeres Gehirn-Volumen mit seinen gewaltigen geistigen Fähigkeiten.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#5 Re: Wie ähnlich sind Mensch und Tier?

Beitrag von Bastler » Di 21. Jun 2016, 17:31

Vielleicht liegen wir aber auch beide daneben.
Wir haben zum Beispiel nicht die Babys berücksichtigt, die noch ein kleineres Gehirnvolumen haben und keine Sprache sprechen.
Wenn so ein Würmchen stirbt, bevor sein Gehirn die notwendige Größe hat und es den Gebrauch einer Sprache erlernt hat:
Stirbt da ein Tierkind oder ein Menschenkind?
Die Eltern: Trauern sie wie um Bello, der vor 14 Tagen mit seinen 15 Jahren gestorben ist? Oder trauern sie um einen Menschen?

In diesem Fall muss man wohl auch die Beziehung einberechnen, wenn man fragt, was den Menschen zum Menschen macht.

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#6 Re: Wie ähnlich sind Mensch und Tier?

Beitrag von Bastler » Di 21. Jun 2016, 17:38

Ist das nicht egal, ob der homo ergaster zu unseren direkten Vorfahren zählt, oder nicht?
Du hast über das Gehirnvolumen, also über die Denkfähigkeit, argumentiert. Das bedeutet, dass dir die Abstammung nicht so wichtig ist. Du hast nicht über das Genom argumentiert. Interessant, finde ich.

Wäre ein Alien mit entsprechender Denk- und Gefühlsfähigkeit (die nehme ich mal von mir aus mit hinein) für dich ein Mensch?
Er wäre bezüglich der Menschlichkeit gleichwertig, aber nicht gleichartig.
Oder brauchst du auch bestimmte körperliche Merkmale. In dem Video sind es Schauspieler, die den ergaster darstellen, menschliche Schauspieler, die trotz aller Arbeit in der Maske doch mehr nach sapiens aussehen, als nach ergaster. Wären sie für dich auch Menschen, wenn man die Schauspieler durch Animationen ersetzt hätte, die den ergaster naturgetreuer konstruieren?

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#7 Re: Wie ähnlich sind Mensch und Tier?

Beitrag von Pluto » Di 21. Jun 2016, 17:45

Bastler hat geschrieben:Die Eltern: Trauern sie wie um Bello, der vor 14 Tagen mit seinen 15 Jahren gestorben ist? Oder trauern sie um einen Menschen?
Diese Frage ist leicht zu beantworten, den Bello ist ein Mensch!
Er ist noch nicht erwachsen aber dennoch hat er bereits eine Lebensgeschichte, die mit seiner Entstehung im Mutterleib beginnt, und sich in der Schule und in der Pubertät fortsetzt. Er hat Freunde, und er erlebt Freude Leid, Schmerz und Trauer. Diese Erfahrungen machen ihn zu einer Person.

Sehr viel schwieriger wird die Frage nach Mensch oder Tier, wenn man weit in der Entwicklung zurückgeht, in die embryonale Phase. Juristen und Ethiker haben entschieden, dass ein Leben etwa ab der 12. Schanfgerschaftswoche schützenswert ist. Diese Grenze ist willkürlich als Abtreibungsfrist im Gesetz verankert. Ob der gesetzlich festgelegte Zeitpunkt richtig ist oder nicht, kann ich nicht sagen, aber eine solche Grenze gibt es m.E. irgendwo, und sie liegt lange nach der Zeugung.

Ich meine, damit eine schützenswerte Person entsteht, muss es zumindest ein Bewusstsein seiner Selbst haben. Ab wann ist ein Fötus bewusst?

Bastler hat geschrieben:Wäre ein Alien mit entsprechender Denk- und Gefühlsfähigkeit (die nehme ich mal von mir aus mit hinein) für dich ein Mensch?
Er wäre bezüglich der Menschlichkeit gleichwertig, aber nicht gleichartig.
Die Frage stellt sich mir anders. Jedes Wesen mit rudimentärem Bewusstsein, dass Leid empfinden kann, ist mMn schützenswert. So wie Jeremy Bentham bereits End des 18. Jahrhunderts sagte,
  • "Es mag der Tag kommen, an dem man begreift, dass die Anzahl der Beine, die Behaarung der Haut oder das Ende des Kreuzbeins gleichermaßen ungenügende Argumente sind, um ein empfindendes Wesen dem gleichen Schicksal zu überlassen. Warum soll sonst die unüberwindbare Grenze gerade hier liegen? Ist es die Fähigkeit zu denken oder vielleicht die Fähigkeit zu reden? Aber ein ausgewachsenes Pferd oder ein Hund sind unvergleichlich vernünftigere sowie mitteilsamere Tiere als ein einen Tag, eine Woche, oder gar einen Monat alter Säugling.
    Aber angenommen dies wäre nicht so, was würde das ausmachen? Die Frage ist nicht 'Können sie denken?' oder 'Können sie reden?', sondern ‚'Können sie leiden'?."
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#8 Re: Wie ähnlich sind Mensch und Tier?

Beitrag von Lena » Di 21. Jun 2016, 17:59

Tiere verursachen mit ihrem Leben in der Natur nichts, was nicht wieder verwertbar ist. So gesehen hat das Tier mehr Vernunft als der Mensch. Der Mensch passt einfach nicht auf diese Erde. Er ist wie ein Fremdkörper. Alles funktioniert ohne den Menschen. Aber mit dem Menschen geht bald gar nichts mehr.
Kannst du mir helfen, dich richtig zu verstehen?
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#9 Re: Wie ähnlich sind Mensch und Tier?

Beitrag von Halman » Di 21. Jun 2016, 18:40

Pluto hat geschrieben:Mal etwas bodenständigeres zum Thema Biologie...

Wie ähnlich sind wir Menschen den Tieren, und was sind die hauptsächlichen Unterscheidungsmerkmale?
Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Dies hat meiner Meinung nach zwei Gründe:;

1. Der Begriff Tiere umfasst verschiedenste Lebensformen, von Insekten bis hin zu Menschenaffen usw.

2. Da wir hier im Bereich Biologie diskutieren, gilt hier die biologische Fachsprache, gem. welcher der Mensch ebenfalls eine Tierart ist. Insofern ist die Frage aus biologischer Sicht seltsam formuliert.

Am ähnlichsten ist der Mensch sicherlich den Menschenaffen, insbesondere den Bonobos und den Schimpansen. Was uns unterscheidet, ist die tradierte menschliche Kultur, welche es uns ermöglichte, enormes Wissen anzuhäufen und weiterzugeben. Zwar entwickeln auch die letztgenannten Menschenaffen eine Form von Kultur, doch diese ist bei weitem nicht so komplex und hoch entwickelt wie beim Menschen. Was den Menschen insbesondere von anderen Tieren unterscheidet, ist das enorm entwickelte menschliche Gehirn. Dazu mal ein Zitat aus einem Buch über Hirnforschung:
Zitat aus Wille und Gehirn (Seite 91):
Dass der Mensch ein geistig überlegenes Wesen ist, ist nicht nur Tatsache, sonern vor allem auch eine Verpflichtung, ... Die Grundlage dieser Überlegenheit ist aber nicht die Zweifüßigkeit, auch nicht Lustempfindung oder limbisches System (das sich beim Menschen nicht wesentich von den Affen unterscheidet), sondern die enorme Entwicklung des Assoziatonscortex, ... Der Mensch hat aber nicht nur mehr Nervenzellen in seinem Assoziatonscortex als irgendein anders Tier einschließlich der Delphine, er hat auch infolge Zusammenarbeit mit Sprache, Kultur und langer lernender Kindheit unvergleichlich mehr Wissen, und leider hat er diese Überlegenheit oft unverantwortlich genutzt.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#10 Re: Wie ähnlich sind Mensch und Tier?

Beitrag von Pluto » Di 21. Jun 2016, 19:43

Halman hat geschrieben:Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Dies hat meiner Meinung nach zwei Gründe:;
Du kennst mich doch...
Einfache Fragen sind nicht so mein Ding. :lol:

Halman hat geschrieben:Der Begriff Tiere umfasst verschiedenste Lebensformen, von Insekten bis hin zu Menschenaffen usw.
Es gibt viele Menschen die glauben, das Bewusstsein sei der Schlüssel zum Menschsein. Andere wiederum, halten die Sprache, über die nur WIR verfügen, für das Wesentliche.
Ich halte beide Ansätze für richtig aber unvollständig.
Das Bewusstsein teilen wir mit vielen anderen Arten. Ebenso die Fähigkeit zu lieben oder Leid zu empfinden. Es gibt weitaus mehr Dinge die uns von anderen Tieren abheben.
Da wäre z.B. die Vorliebe für Fernlenkwaffen (seit der Erfindung der ersten Speere vor 100 000 Jahren), oder die bedingungslose Kooperation (die Treue zur Sache) die uns erlaubte, Pyramiden zu errichten, die chinesische Mauer zu bauen, oder gar Menschen auf den Mond zu schicken.

Halman hat geschrieben:Da wir hier im Bereich Biologie diskutieren, gilt hier die biologische Fachsprache, gem. welcher der Mensch ebenfalls eine Tierart ist. Insofern ist die Frage aus biologischer Sicht seltsam formuliert.
Sehe ich anders.
Ich sehe die Frage als viel breiter aufgestellt, als nur rein biologisch. Die Themen verzweigen weit in die Philosophie und Psychologie hinein.

Wie konnte z.B. ein Wesen mit unseren unglaublichen planerischen Fähigkeiten überhaupt entstehen? Wie kam es zum eigentlichen rationalen Denken, mit seinen vielen Verzweigungen in Kunst, Musik und Literatur?
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