Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

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Agent Scullie
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#331 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » Mo 21. Nov 2016, 15:21

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Die werden dann halt offenbar deiner Erwartung nicht gerecht. Werden Gymnasiallehrer ja auch nicht, wenn sie ihren Schülern verschweigen, dass Valenzstrichformeln eine vereinfachte Darstellung sind.
So langsam beginne ich zu verstehen worauf du hinaus willst. Es ist letztlich eine philosophische Frage (in der Physik).

Du willst auf die Frage hinaus, "Was ist Wirklichkeit?"
Das kann man in gewissen Sinne so sehen. Nämlich in dem, dass ich weder Positivist noch Vertreter der minimalen statistischen Interpretation bin, und ich mich z.B. beim Casimir-Effekt nicht mit der Feststellung begnüge, dass es eben eine anziehende Kraft auf die Platten wirkt, sondern es durchaus für sinnvoll halte, danach zu fragen, ob diese anziehende Kraft durch virtuelle Teilchen oder eben durch Feldfluktuationen bewirkt wird. Allerdings ist es ja bei dir genauso: du bist ja auch der Meinung, dass es sinnvoll ist, die Kraft auf die Platten auf virtuelle Teilchenpaare zurückzuführen, und willst somit ebenfalls auf die Frage, was die Wirklichkeit ist, hinaus. Anders als etwa ein Positivist wie Hawking, der solche Fragen ausklammert.

Pluto hat geschrieben:Sind also virtuelle Teilchen real? Ist es da nicht besser zu fragen, "Wie wirklich sind virtuelle Teilchen?".
Virtuelle Teilchen sind nicht real, aber u.U. außerordentlich nützlich.
Hier muss man unterscheiden zwischen virtuellen Teilchen bei Wechselwirkungsprozessen, die in der QFT tatsächlich vorkommen, wenn man das Verfahren der Störungsrechnung verwendet, und virtuellen Teilchen im Vakuumzustand, die nur in populärwissenschaftlichen Darstellungen zu finden sind. Die virtuellen Teilchen bei Wechselwirkungsprozessen sind, wenn wir nach der QFT gehen, durchaus real, in dem Sinne, dass die S-Matrix-Terme, die diesen virtuellen Teilchen entsprechen, durchaus etwas real vorhandenes beschreiben: bei der Streuung zweier Elektronen z.B. drückt das virtuelle Photon, das im zugehörigen Feynman-Diagramm in niedrigster Ordnung der Störungsrechnung auftritt, die Vermittlung der Wechselwirkung durch das elektromagnetische Feld aus.

Ganz anders ist es bei den virtuellen Teilchen beim Vakuumzustand. Die kommen nur in populärwissenschaftlichen Darstellungen vor, nicht in der QFT, und sind daher, wenn man nach der QFT geht, weder nützlich noch in irgendeiner Weise real.

Pluto hat geschrieben:Sie haben in der QFT einen sehr viel wichtigeren Erklärungswert als das geozentrische Modell in unserem Weltbild.
Aber sind virtuelle Teilchen so wichtig, als das man sie nicht entbehren könnte?
Die virtuellen Teilchen bei Wechselwirkungsprozessen: die sind unentbehrlich, solange man das Verfahren der Störungsrechnung anwendet. Bei nicht-störungstheoretischen Verfahren, wie z.B. der Gitter-Eichtheorie, treten virtuellle Teilchen nicht direkt auf - man betrachtet da ja keine S-Matrix wie in der Störungsrechnung - sehr wohl aber das, was letzlich durch sie ausgedrückt wird, nämlich die Vermittlung von Wechselwirkungen durch Felder.

Die virtuellen Teilchen im Vakuumzustand: die sind vollkommen entbehrlich, sie kommen in der QFT ja überhaupt nicht vor (außer in populärwissenschaftlichen Darstellungen).

Pluto hat geschrieben:Wir wissen heute, dass es nicht-perturbative Effekte in der QFT gibt, bei denen virtuelle Teilchen nur eine sehr nebensächliche Rolle spielen.
Hier muss man unterscheiden: meint man hier mit virtuellen Teilchen im speziellen die S-Matrix-Terme, die in Feynman-Diagrammen als inneren Linie auftreten, oder meint man allgemeiner das, was durch diese S-Matrix-Terme beschrieben wird, also die Wechselwirkungsvermittlung durch Felder? Nicht-perturbative Effekte zeichnen sich dadurch aus, dass sie nur nicht-perturbativ, also nicht durch die Störungsrechnung, beschrieben werden können. Da man sie nicht störungstheoretisch beschreiben kann, gibt es da auch keine S-Matrix, und folglich keine S-Matrix-Terme, und damit keine inneren Linien in Feynman-Diagrammen. Virtuelle Teilchen als innere Linien in Feynman-Diagrammen spielen da also keine nebensächliche Rolle, sondern sie sind gar nicht vorhanden. Das, was sie letzlich beschreiben, nämlich Felder, die Wechselwirkungen vermitteln, ist dagegen sehr wohl vorhanden und spielt auch eine wesentliche, also nicht-nebensächliche Rolle.

Die virtuellen Teilchen im Vakuumzustand dagegen spielen generell keine Rolle, weder störungstheoretisch (=perturbativ) noch nicht-störungstheoretisch, da sie in der QFT schlicht überhaupt nicht vorkommen.

Pluto hat geschrieben:Dagegen muss man halten, dass Konzepte wie die S-Matrix nicht reduzierbar sind
Solange man Störungsrechnung macht, kommt man nicht ohne S-Matrix aus, ja. Aber vielleicht kann man ja mal ein Verfahren entwickeln, das die Störungsrechnung überflüssig macht. Als etabliertes nicht-störungstheoretisches Verfahren gibt es z.B. die Gitter-Eichtheorie, die aber eher eine Ergänzung zur Störungsrechnung darstellt als dass sie diese vollständig ersetzen könnte.

Pluto hat geschrieben:so dass die QFT nicht entbehrlich ist und somit die Quantenwelt besser beschreibt als das Teilchen-Modell.
Ich nehme an, mit Teilchenmodell meinst du das des Welle-Teilchen-Dualismus? Ja, die QFT kann die Welt besser beschreiben als der Welle-Teilchen-Dualismus (oder dessen Teilchenmodell alleine) es kann. Allerdings hat das wenig damit zu tun, dasss innerhalb der QFT die Störungsrechnung (und mit ihr die S-Matrix) ein sehr wichtiges Hilfsmittel ist.

Pluto hat geschrieben:Auch wenn man Quantenfelder nicht beobachten kann, sind sie unentbehrlich für die Theorie, also sind wir damit näher an der Wahrheit!
Dadurch, dass Felder für die QFT unentbehrlich sind (anders als die Störungsrechnung, zu der es Alternativ-Verfahren geben kann), sind sie eigentlich nicht direkt näher an der Wahrheit. Allerdings ist die QFT dadurch, dass sie die Welt sehr viel besser erklären kann als der Welle-Teilchen-Dualismus, näher an der Wahrheit als der Welle-Teilchen-Dualismus. Und dadurch, dass die QFT näher an der Wahrheit ist, sind auch die Objekte der QFT, also Felder, näher an der Wahrheit.
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#332 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » Mo 21. Nov 2016, 15:21

@Pluto:

Noch eine Anmerkung zur Darstellung mit den virtuellen Teilchen im Vakuumzustand. Gegen mein Gegenargument, dass es dieser Darstellung an der Befähigung zu quantitativen Aussagen mangelt, hast du ja mehrfach mit dem Beispiel der Evolutionstheorie gekontert, die ja - zumindest in der Darwinschen Originalfassung - ebenfalls keine quantitativen Aussagen macht. Neben dem, was ich dazu bereits geschrieben habe, ist noch hinzuzufügen, dass die Evolutionstheorie aber zumindest logisch in sich schlüssig ist. Die Darstellung mit den virtuellen Teilchen im Vakuumzustand ist das hingegen nicht, sie weist eine Reihe logischer Inkonsistenzen auf:

1) Es heißt ja in dieser Darstellung, dass aus der Energie-Zeit-Unschärfebeziehung folgen würde, dass diese virtuellen Teilchenpaare ständig würden entstehen müssen. Die Energie-Zeit-Unschärfebeziehung ist aber eine quantitative Beziehung, und daher muss auch jede aus ihr folgende Aussage einen quantitativen Gehalt haben. Beispiel: aus der Orts-Impuls-Unschärfebeziehung kann man ableiten, dass ein Elektron im elektrostatischen Feld eines Protons (wie in einem H-Atom) ein gewisses Mindestvolumen einnehmen muss (das dann ungefähr mit dem Volumen übereinstimmt, das beim Lösen der Schrödingergleichung für ein H-Atom herauskommt). Es müsste also z.B. eine Aussage darüber möglich sein, wieviele virtuelle Teilchenpaare pro Zeiteinheit und Raumvolumen entstehen. So eine Aussage ist aber nicht möglich, was ein logischer Widerspruch ist. Als Gegenbeispiel könnte man das Pauli-Prinzip vorbringen: dieses sagt auch nur aus, dass zwei Fermionen nicht im gleichen Zustand sein dürfen, aber nicht, wie sehr sich die Zustände zweier Fermionen unterscheiden müssen. Das Pauli-Prinzip ist aber auch nur eine qualitative Beziehung, keine quantitative, daher stell das keinen Widerspruch dar.

2) Aus der Energie-Zeit-Unschärfebeziehung folgt überhaupt nicht, dass Energie für kurze Zeit aus dem Nichts entstehen dürfe (wie von dieser Darstellung behauptet). Zu behaupten, es dürften daher Teilchenpaare für kurze Zeit entstehen, weil eben die von ihnen getragene Energie für kurze Zeit entstehen dürfe, ist folglich ein logischer Widerspruch.

3) Üblicherweise wird diese Darstellung durch Bilder wie dieses beschrieben:

http://abenteuer-universum.de/starend/casi3.gif

Es wird also unterstellt, dass die beiden virtuellen Teilchen am gleichen Ort entstehen, mithin zu Beginn den Abstand 0 voneinander haben. Wenn sie aber den Abstand 0 voneinander haben, dann ziehen sie sich unendlich stark an, und dann können sie, wenn sie nur eine endliche Gesamtenergie haben, sich gar nicht auseinanderbewegen. Sie würden sich vielmehr augenblicklich wieder vernichten, die Lebensdauer so eines Teilchenpaares wäre also 0, im Widerspruch dazu, dass so ein Teilchenpaar eine endliche Zeit lang existieren soll.

4) In dem gleichen Bild sieht das auch so aus, als würden sich die beiden Teilchen eines Paares nach der Entstehung entlang klassischer Bahnen auseinander- und später wieder aufeinander zu bewegen. Das steht im Widerspruch zur Unschärfebeziehung zwischen Ort und Impuls, aus der folgt, dass quantenmechanische Teilchen eben keine klassische Bahn haben können, da entlang einer solchen Ort und Impuls stets gleichzeitig scharfe Werte hätten. Aus der Orts-Impuls-Unschärbeziehung folgt vielmehr, dass man sich ein Teilchen als Wellenpaket vorstellen muss, das über ein gewisses Raumvolumen ausgeschmiert ist. Die beiden Teilchen eines Teilchebpaares müssten also zwei Wellenpakete sein, wobei sich Teile der beiden Wellenpakete besonders nahe wären und sich besonders stark anziehen, andere Teile dagegen besonders weit voneinander entfernt wäre und sich daher schwächer anziehen. Das würde dazu führen, dass sich die beiden Wellenpakete relativ stark zerstreuen würden, so dass sich nach einer relativ kurzen Zeit Teile der beiden Wellenpakete bereits wieder begegnen würden, während andere Teile sehr viel länger bräuchten, um sich wieder zu begegnen. Die beiden Teilchen könnten sich somit unmöglich zu einem eindeutigen Zeitpunkt wieder begegnen, um sich zu vernichten, wie im Bild dargestellt.

Möglicherweise willst du hier einwenden, dass ich da das Wellenbild des Welle-Teilchen-Dualismus verwendet hätte und man ebensogut das Teilchenmodell benutzen könne. Der Welle-Teilchen-Dualismus besagt aber eben nicht, dass man in jeder Situation das Teilchenbild anwenden könnte. Vielmehr besagt er, dass es Situationen gibt, wo das Wellenbild anzuwenden ist, und Situationen, in denen das Teilchenbild zu benutzen ist. Die Faustformel lautet: Wenn man hinsieht, ist es ein Teilchen, wenn man nicht hinsieht, ist es eine Welle. Bei den virtuellen Teilchen im Vakuumzustand heißt es nun aber, dass man bei denen generell nicht hinsehen könne. Folglich ist da nie das Teilchenbild anzuwenden, sondern immer nur das Wellenbild. Hier wird auch einmal mehr deutlich, dass dein mehrfach skizzierter Versuch, dir das so zurechtzureden, dass die korrekte Darstellung des Vakuumzustand mit fluktuierenden Feldern eine Anwendung des Wellenbildes sei, die Darstellung mit den virtuellen Teilchen dagegen eine Anwendung des Teilchenbildes, gänzlich abwegig ist.

5) Je größer die Energie so eines Teilchenpaares wäre, desto größer wäre auch die kinetische Energie jedes Teilchens. Und desto weiter würden es die beiden Teilchen auseinander schaffen, bevor die gegenseitige Anziehung sie sich wieder annähern lassen würde. Und desto länger würde es somit dauern, bis die beiden Teilchen sich wieder begegenen und gegenseitig vernichten würden. Die Lebensdauer eines Teilchenpaares wäre also umso länger, je höher die Energie ist - im Widerspruch dazu, dass es in dieser Darstellung heißt, ein Teilchenpaar würde umso schneller wieder verschwinden (also umso kürzer existieren), je größer seine Energie ist.

6) Neben elektrisch geladenen Teilchen, die sich elektrostatisch anziehen, gibt es auch Teilchen wie Photonen, zwischen denen außer der schwachen Gravitation keine anziehende Wechselwirkung aktiv ist. Wenn sich jetzt also ein Teilchenpaar aus zwei Photonen bildet, gäbe es keine Möglichkeit, wie sich die beiden Teilchen anziehen könnten, um sich wieder zu begegnen und gegenseitig zu vernichten. Sie würde sich vielmehr immer weiter auseinanderbewegen, und sie niemals wieder begegnen, und könnten sich somit auch nicht gegenseitig vernichten. Ein Teilchenpaar aus Photonen würde also nie wieder verschwinden, und somit auch die Energie nicht, die das Paar trägt.

So, und jetzt bin ich echt mal gespannt, wie du diese Widersprüche auflösen willst!
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#333 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » Mo 21. Nov 2016, 15:30

Janina hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Verstehe ich nicht. Warum führt Hawking Strahlung zu einem Massenverlust bei schwarzen Löchern?
Die populäre Erklärung ist so: Im Vakuum entstehen ständig spontan virtuelle Teilchenpaare. In der Nähe eines schwarzen Loches kann während ihrer kurzen Erscheinungsdauer eines davon in das schwarze Loch fallen, während das andere entkommt. Hierfür wird die Ruheenergie des Teilchenpaares durch die Gravitation aufgebracht, die Teilchen werden getrennt und dadurch real. Das entkommene Teilchen trägt die Energie fort. Diese Energie und damit die äquivalente Masse wurde dem schwarzen Loch entnommen.
Die mathematisch korrekte Erklärung weiß ich auch nicht.
Jetzt stellst du dich aber dumm an ;)

Die korrekte Erklärung lässt sich in diesem Punkt nämlich fast eins zu eins aus der populärwissenschaftlichen Darstellung entnehmen: Das Gravitationsfeld des schwarzen Loches modifiziert den Vakuumzustand in der Umgebung so, dass Teilchen entstehen und sich vom schwarzen Loch fort bewegen. Die Ruhenergie der entstehenden Teilchen wird durch die Gravitation aufgebracht. Die abgestrahlten Teilchen tragen die Energie fort, diese Energie und die äquivalente Masse werden dem schwarzen Loch entnommen.
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#334 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » Mo 21. Nov 2016, 16:08

Gehen wir nochmal auf diesen etwas älteren Gedankengang von dir ein:

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Die entsteht nicht spontan, sondern ist immer da, was damit zu tun hat, dass der Vakuumzustand ein Energieeigenzustand ist.
Und sie hat auch nichts mit spontan entstehenden Teilchen zu tun, sondern damit, dass das elektrische und magnetische Feld mit einer gewissen Amplitude schwanken (fluktuieren).
Das ist bekannt. Aber wenn ein elektromagnetisches Feld schwankt entstehen Photonen
Nehmen wir mal für den Moment an, das wäre tatsächlich so, und lassen erstmal beiseite, was die QFT dazu sagt. Dann lässt sich jedoch feststellen, dass es für das elektromagnetische Feld nicht nur "schwankt" und "schwankt nicht" gibt, sondern das Feld in ganz unterschiedlichem Maße schwanken kann. Die elektrische Feldstärke in einem Punkt im Raum kann z.B. um 1 V/m schwanken, oder um 10^-5 V/m, oder um 10^-20 V/m, ebenso kann die magnetische Feldstärke um 1 Tesla schwanken, oder um 10^-10 Tesla, oder um 10^-50 Tesla. Kurzum: es gibt ein Kontinuum an möglichen Schwankungsstärken. Für die Zahl der entstehenden Teilchen gibt es aber kein Kontinuum, die Anzahl der Teilchen ist immer ganzzahlig. Offensichtlich würde also gelten, dass um so mehr Photonen entstehen, je stärker die Schwankung des Feldes ist. Umgekehrt entstehen um so weniger Photonen, je schwächer die Schwankung ist. Da ist es nur naheliegend, davon auszugehen, dass wenn die Schwankung unterhalb eines gewissen Schwellenwertes bleibt, dass dann gar keine Photonen entstehen. Es somit durchaus den Fall gibt, dass das Feld schwankt, aber trotzdem keine Photonen entstehen, die Anzahl an Photonen folglich null bleibt.

So ähnlich ist es in der QFT tatsächlich umgesetzt.
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#335 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » Mo 21. Nov 2016, 16:23

Pluto hat geschrieben:Hier ein interessanter Artikel (auf Englisch) zum aktuellen Thema dieses Threads (virtuelle Teilchen), von einem Mitarbeiter des LHC am CERN. https://profmattstrassler.com/articles- ... -are-they/
Ich widerspreche dir ungern, aber das ist kein Artikel zum aktuellen Thema dieses Threads. Da geht es nämlich um virtuelle Teilchen bei Wechselwirkungsprozessen, wie z.B. bei der Streuung zweier Elektronen, nicht um virtuelle Teilchen im Vakuumzustand. Vom Vakuumzustand ist in dem Artikel überhaupt keine Rede.

Die Erläuterungen in dem Artikel zu virtuellen Teilchen bei Wechselwirkungsprozessen sind auch durchaus korrekt - aber sie betreffen eben virtuelle Teilchen bei Wechselwirkungsprozessen, nicht den Vakuumzustand.
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#336 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » Mo 21. Nov 2016, 16:39

Pluto hat geschrieben:Dennoch ist der Begriff "virtuelles Teilchen" als Erklärungsmittel nicht wertlos. Im Gegenteil es veranschaulicht die Dinge auf sehr verständliche Weise. Deshalb würde ich es nicht fallen lassen
Richtig, virtuelle Teilchen bei Wechselwirkungsprozessen sind ein durchaus sinnvolles Konzept (zumindest solange man die Störungsrechnung nicht komplett ersetzt), bei virtuellen Teilchen im Vakuumzustand sieht es dagegen völlig anders aus.

Pluto hat geschrieben:zumal es Situationen gibt, wo aus diesen "virtuellen" Teilchen auch mal reale werden können, wie bspw. bei der Hawking-Strahlung.
Bei der Hawking-Strahlung werden keine virtuellen Teilchen real, da sind überhaupt keine virtuellen Teilchen beteiligt, nichtmal welche, auf die die Aussage "A virtual particle is not a particle at all. It refers precisely to a disturbance in a field that is not a particle" zuträfe.
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#337 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » Mo 21. Nov 2016, 17:02

Halman hat geschrieben:
Fig. 1: Two electrons approach each other; they generate a disturbance in the electromagnetic field (the photon field); this disturbance pushes them apart, and their paths are bent outward. One says they "exchange virtual photons", but this is just jargon.
Davon zu sprechen, dass zwischen den Elektronen virtuelle Teilchen ausgetauscht werden ist nur Jargon. Ja, dann haben Agent Scullie und ich doch recht.
Das Argument ist so nicht richtig. Es geht da ja um virtuelle Teilchen bei Wechselwirkungsprozessen, nicht um virtuelle Teilchen im Vakuumzustand. Für den Vakuumzustand hat das also gar keine Relevanz.
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#338 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Halman » Mo 21. Nov 2016, 19:47

Agent Scullie hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
Fig. 1: Two electrons approach each other; they generate a disturbance in the electromagnetic field (the photon field); this disturbance pushes them apart, and their paths are bent outward. One says they "exchange virtual photons", but this is just jargon.
Davon zu sprechen, dass zwischen den Elektronen virtuelle Teilchen ausgetauscht werden ist nur Jargon. Ja, dann haben Agent Scullie und ich doch recht.
Das Argument ist so nicht richtig. Es geht da ja um virtuelle Teilchen bei Wechselwirkungsprozessen, nicht um virtuelle Teilchen im Vakuumzustand. Für den Vakuumzustand hat das also gar keine Relevanz.
Danke für die Richtigstellung. Der Artikel hatte mich schlich überfordert.

Was hälst Du von der Aussage, dass die Ausdrucksweise "exchange virtual photons" nur Jargon sei?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#339 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Pluto » Mo 21. Nov 2016, 19:53

Halman hat geschrieben:Was hälst Du von der Aussage, dass die Ausdrucksweise "exchange virtual photons" nur Jargon sei?
Wissenschaftler (auch Physiker) haben, wie jede andere homogene Menschengruppe auch ihre eigenen sprachlichen Kürzel erfunden. Wenn sie unter sich reden, dann kommt es des Öfteren vor, dass sie solche Begriffe verwenden.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#340 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Halman » Di 22. Nov 2016, 17:52

Agent Scullie hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
Fig. 1: Two electrons approach each other; they generate a disturbance in the electromagnetic field (the photon field); this disturbance pushes them apart, and their paths are bent outward. One says they "exchange virtual photons", but this is just jargon.
Davon zu sprechen, dass zwischen den Elektronen virtuelle Teilchen ausgetauscht werden ist nur Jargon. Ja, dann haben Agent Scullie und ich doch recht.
Das Argument ist so nicht richtig. Es geht da ja um virtuelle Teilchen bei Wechselwirkungsprozessen, nicht um virtuelle Teilchen im Vakuumzustand. Für den Vakuumzustand hat das also gar keine Relevanz.
Ja, da hatte ich den Artikel missverstanden. Gehe ich recht in der Annahme, dass Deine folgende Erklärung von der unten eingefügten Grafik dargestellt wird:
Agent Scullie hat geschrieben:
Wenn man Wechselwirkungsprozesse, wie z.B. die Streuung zweier Elektronen aneinander, mit dem Mitteln der Störungsrechnung behandelt und eine S-Matrix aufstellt, dann treten da tatsächlich virtuelle Teilchen auf, z.B. ein virtuelles Photon, das zwischen den beiden aneinander streuenden Elektronen ausgetauscht wird. Mit Vakuumfluktuationen hat das aber rein gar nichts zu tun, da es die nicht nur bei Wechselwirkungsprozessen gibt, sondern schon bei freien Feldern, wie im Fall des elektromagnetischen Feldes beim freien Strahlungsfeld. Für das freie Strahlungsfeld gibt es keine S-Matrix, und somit auch keine Feynman-Diagramme.
Bild
Unter der Grafik wird erklärt:
Zitat aus Of Particular Significance:
Fig. 1: Two electrons approach each other; they generate a disturbance in the electromagnetic field (the photon field); this disturbance pushes them apart, and their paths are bent outward. One says they "exchange virtual photons", but this is just jargon.
Ist es denn wirklich nur Jargon, wenn man bei dieser Wechselwirkung sagt: "Sie tauschen virtuelle Photonen aus"?

Welche Felder wechselwirken hier miteinander? Handelt es sich um das Elektronenfeld (Diracfeld) und das EM-Feld? Mag sein, dass Dir diese Frage trivial erscheint, aber ich möchte mich einfach vergewissern. (Ich will keinen Fehler "durchschmuggeln".)

Übrigens, schön, dass Du hier bist.
Bild

Quelle
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