Pluto hat geschrieben:Halman hat geschrieben:
Hat die Wellenfunktion eines Teilchens nicht immer genau zwei Lösungen? (Ich frage, weil ich die Antwort darauf selber nicht weiß.)
Ich denke, hier ist ein wenig Präzisierung der Begriffe notwendig.
Die Wellenfunktion ist zunächst eine Lösung und zwar die Lösung für ein formuliertes Problem, ausgedrückt durch die Schrödingergleichung. Dabei gibt es nicht die Schrödingergleichung, sondern jede Gleichung dieser Art wird formuliert für das Problem, das wir lösen wollen.
Beispiel:
Betrachten wir ein einzelnes Elektron und seine Spinzustände in einem Magnetfeld, so wird der Hamilton Operator genau diese Bestandteile haben, ein Bestandteil für das Magnetfeld, eines für die Spins und die Wechselwirkung.
Betrachten wir zwei Elementarteilchen, z.B. die Kollision eines Elektrons mit einem Proton, dann wird die Schrödingergleichung genau diese Bestandteile haben und auch die Wechselwirkung zwischen beiden ausdrücken. Es kann gut sein, dass wir in diesem Fall in erster Näherung den Spin nicht berücksichtigen. Dieser würde also in der Gleichung nicht auftauchen.
Usw. usw.
Haben wir endlich eine Gleichung, dann kann man diese lösen und erhält eine Wellenfunktion. Aber damit ist man noch lange nicht fertig.
Jetzt muss man sich fragen: Was wollen wir messen? Davon hängt es nämlich ab, was ich mit der Wellenfunktion mache.
Will ich den Spin messe, dann berechne ich den Anteil der Wellenfunktion an den jeweiligen möglichen Spinzuständen. Beim Elektron gibt es davon zwei. Ich habe also zwei Möglichkeiten. Das Quadrat des Anteils der Wellenfunktion für jede der beiden Möglichkeiten ergibt die Wahrscheinlichkeit, mit der das System den jeweiligen Zustand einnimmt.
Will ich den Impuls (die Geschwindigkeit) messen, dann habe ich unendlich viele Möglichkeiten und statt zweier Anteile bekomme ich eine Funktion, die den Anteil der Wellenfunktion für jeden einzelnen Impulswert darstellt, welcher wieder die Wahrscheinlichkeit darstellt, dass das System diesen Impuls hat.
Dasselbe kann ich für jede beobachbare Größe machen, die in dem System sinnvoll ist. Sinnvoll, weil ich mich ja bei der Formulierung des System festgelegt habe, was ich berechnen/messen will.
Zusammengefasst:
Die Wellenfunktikon ist die Lösung.
Meine Entscheidung darüber, was ich berechnen/messen will, entscheidet ob ich eine diskret Anzahl von Möglichkeiten habe oder unendlich und überabzählbare viele.
Diese Entscheidung wird bereits bei der Formulierung der zu lösenden Gleichung getroffen.
Zum Determinismus:
Im Sinne des klassischen Determinismus ist die reale Welt
indeterminiert.
Der klassische Determinismus besagt:
- Jede physikalische Aktion hat eine physikalische Ursache
- Kenne ich den Zustand des Universums zu einem Zeitpunkt, dann kann ich den Zustand des Universums in jedem zukünftigen Zeitpunkt eindeutig bestimmen.
Es gibt aber eine abgewandelte Form des Determinismus, der für die QM zutrifft.
- Kenne ich die Wellenfunktion eines Systems zu einem Zeitpunkt,dann kann ich sie eindeutig für alle zukünftigen Zeitpunkte bestimmen.
Durch die Verbindung der Wellenfunktion mit den physikalisch messbaren Zständen bekommt man folgende abgewandelte Form:
- Jede physikalische Aktion hat eine Menge (eventuell überabzählbar viele) mögliche physikalische Ursachen. Normalerweise kann ich nicht bestimmen, welche von den unzähligen möglichen Ursachen die tatsächliche war.
- Kenne ich die physikalischen Größen des Universums zu einem Zeitpunkt, dann kann ich nicht vorhersagen, welchen Wert diese in Zukunft annehmen werden, ich kann nur Wahrscheinlichkeitsaussagen darüber treffen, welche möglich sind.
Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.