Im Spannungsfeld zwischen Säkularismus und Scharia

Säkularismus
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closs
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#51 Re: Im Spannungsfeld zwischen Säkularismus und Scharia

Beitrag von closs » Sa 26. Mai 2018, 23:51

SilverBullet hat geschrieben:Ganz einfach diejenigen, die ein funktionierendes Zusammenleben auf Basis eines Zurücknehmens erreicht haben – das Zusammenleben ist Teil der Identität.
Ja - klingt harmlos und gut. - Nimmt sich eine Muslima NICHT zurück, wenn sie in der Öffentlichkeit ein Kopftuch trägt?

SilverBullet hat geschrieben:Nein, die Eigen-Identität besteht bei einem Deutschen aus einer lokalen Identität (dort spricht er in „native tongue“) und einer Bundes-Identität (dort spricht er Hochdeutsch) – gleiches gilt auch für sein Auftreten.
So sollte es sein - richtig. - Natürlich kann man die Tagesschau nicht in den Regionalsendern im jeweiligenh Dialekt vorlesen.

SilverBullet hat geschrieben:Du solltest es ihnen dann richtig erklären und nicht von „sozial-korrektem Umbrella“ sprechen.
Wir können gerne Worte austauschen. - Mir geht es darum, dass das Nicht-Regionale nicht als Identität wahrgenommen wird.

Natürlich gibt es bundesweite Themen und Verhaltens-Anforderungen - nimm als Beispiel Homosexualität und der Umgang damit oder Frauen-Emanzipation. - Aber das wird nicht als identitätsstiftend wahrgenommen.

SilverBullet hat geschrieben:Nochmal: das Zurücknehmen ist die deutsche Identität.
Intellektuell nachvollziehbar, praktisch eher eine künstliche Größe. - Regionale Inländer können damit leben ("Schwamm drüber - mia san mia"). - Aber für Nicht-Ethno-Deutsche ist sowas nicht als Identität greifbar - oder man sagt ebenfalls, nur auf russisch oder türkisch, "Schwamm drüber - mia san mia".

SilverBullet hat geschrieben:Will man hier leben, dann ist der Bund die Identität – anders bricht das Zusammenleben auseinander.
Richtig - ordnungs-gesellschaftlich muss das natürlich so sein. - Aber das hat doch wenig mit DEM zu tun, was der Normalo unter "Identität" versteht.

SilverBullet hat geschrieben:Mal angenommen in Berlin würden Lokale mit bayrischem Flair die ansässigen Lokale verdrängen (auch wenn es nur einen Stadtteil beträfe), so würde dies zu Spannungen führen.
Richtig - egal ob es Moslems oder Bayern oder Bulgaren oder Schwaben sind.

Irgendwo stimmt hier etwas noch nicht. - Denn eigentlich ist regionaler Verdrängungs-Wettbewerb doch eigentlich normal, oder nicht? - Nicht dass es mir sympathisch wäre - aber normal ist es doch, dass sich lokal der Stärkere durchsetzt.

Stell Dir mal folgendes vor:
Bayern, Bulgaren, Berliner, Syrer, Schwaben, Türken und Russen halten sich an die Ordnungs-Identität auf Bundesebene - im Idealfall keine Gesetzesverstöße von niemandem. - Als nächstes gehen all diese Leute in das lokale Umfeld und errichten über Generationen
* ein Bayern-Viertel in Berlin in Lederhosen.
* ein Bulgaren-Viertel in München mit Bulgaren-Tracht.
* ein Syrer-Viertel in Dortmund mit Moschee.
* ein Schwaben-Viertel in Köln mit massen´haftem immobilien-Ankauf.
* ein Türken-Viertel in Paderborn mit Moschee und Kopftuch.
* ein Russenviertel in Dresden mit orthodoxen Gebräuchen.

Alle halten die Bundes-Identität ein, gestalten aber regional/lokal (im Grunde läuft es so in NY und LA). - Wo wäre hier ein Problem?

SilverBullet
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#52 Re: Im Spannungsfeld zwischen Säkularismus und Scharia

Beitrag von SilverBullet » So 27. Mai 2018, 12:36

closs hat geschrieben:Ja - klingt harmlos und gut. - Nimmt sich eine Muslima NICHT zurück, wenn sie in der Öffentlichkeit ein Kopftuch trägt?
Vor ca. 30 Jahren hat mir eine Türkin erzählt, dass sie (als Schulangestellte) Probleme mit anderen türkischen Frauen hat, weil sie kein Kopftuch trägt und einen westlichen Lebensstil pflegt.

Welcher Zusammenhang steckt damit im Begriff „(religiöses) Kopftuch“ drin?
=> Dominanz.

Es handelt sich nicht etwa um eine Tätowierung, die sich jemand freiwillig auf die Stirn machen lässt, was ohne Probleme als exotische Eigenart durchgehen würde, sondern es handelt sich um ein Signal, nicht an der Neutralität des Zusammenlebens teilnehmen zu wollen.

Die religiöse Verschleierung zielt darauf ab, dass die jeweilige Frau für „andere“ Männer Tabu sein soll – ein anderer Mann soll sie nicht als Frau ansehen dürfen, was einem integrierten Deutschen natürlich Probleme macht, denn seine Neutralitätsidentität wird dadurch abgelehnt. Er wird sozusagen unter den Verdacht gestellt, sich ansonsten falsch einer Frau gegenüber zu benehmen => die Bundes-Identität soll demnach falsch sein.

Das mag in gewissen Welt-Kulturkreisen als eine Art von „Lösung für Gesellschaftsprobleme“ angesehen werden (und auch hier in Deutschland ist es nicht allzu lange her, dass die Frauen eher ein „luxuriöses Beiwerk“ sein sollten), aber aktuell ist es Teil der Bundes-Identität, dass ein neutraler Umgang zwischen Mann und Frau angestrebt wird.

Ein integrierter Deutscher hat die Erwartungshaltung, dass auf sein Zurücknehmen mit einem Zurücknehmen des anderen reagiert wird – ein organisatorisch geprägtes Hochhalten des Schildes „vergiss es“ (was letztlich dem „religiösen Kopftuch“ entspricht), führt zu Spannungen.

Ich sehe die organisatorischen Religionsauflagen, die ein Problem für die Bundes-Identität darstellen, auch als „nicht von der Religionsfreiheit gedeckt“ an, denn es ist ja gerade nicht mehr die Entscheidung von Einzelnen, sondern die Auflage einer „Organisation“.

closs hat geschrieben:So sollte es sein - richtig. - Natürlich kann man die Tagesschau nicht in den Regionalsendern im jeweiligenh Dialekt vorlesen.
Sorry, es geht bei Integration nicht um das Beobachten von Fernsehübertragungen, sondern um Interaktion zwischen Menschen (bei direktem Kontakt).

closs hat geschrieben:Mir geht es darum, dass das Nicht-Regionale nicht als Identität wahrgenommen wird.
Nur von Leuten, die Integration nicht verstanden haben.

Einem integrierten Deutschen fällt ein Verstoss gegen die Bundes-Identität sofort auf. Bestimmt kann er dann nicht in einfachen Worten erklären, was ihm da auffällt und warum. Dies wird von eher unterdurchschnittlichen Politikern mit Nationalpathos auch noch unterstützt (du selbst bezeichnest meine Aussagen als „harmlos und gut“, hast aber vermutlich eher eine „nationale Grobmotorik“ erwartet – ich bin nicht national eingestellt).

closs hat geschrieben:Natürlich gibt es bundesweite Themen und Verhaltens-Anforderungen - nimm als Beispiel Homosexualität und der Umgang damit oder Frauen-Emanzipation. - Aber das wird nicht als identitätsstiftend wahrgenommen.
Die Homosexualität eines Menschen zu akzeptieren und bei Interaktion nicht in den Vordergrund zu stellen, ist nichts anderes als die Regionalität eines Menschen nicht in den Vordergrund zu stellen.
Das wird voll und ganz von der Bundes-Identität abgedeckt.

Du hast dies vielleicht noch nie so gesehen.

closs hat geschrieben:Intellektuell nachvollziehbar, praktisch eher eine künstliche Größe. - Regionale Inländer können damit leben ("Schwamm drüber - mia san mia"). - Aber für Nicht-Ethno-Deutsche ist sowas nicht als Identität greifbar - oder man sagt ebenfalls, nur auf russisch oder türkisch, "Schwamm drüber - mia san mia".
Die „mia san mia“-Bayern wollen sich einen propagandistischen Anstrich verleihen und genau dies führt auch zu einer Abneigung im Rest des Bundes – da sollte man sich keine Illusionen machen.
Diese Abneigung ist keine „künstliche Grösse“ sondern basiert auf den Zusammenhängen einer Ablehnung des neutralen Umganges.
Es ist ein Verstoss gegen die Bundes-Identität, weshalb zum Beispiel der Witz funktioniert „Bayern liegt nahe bei Deutschland“.

Es gibt lediglich ein Defizit in der Formulierung aber kein Defizit in der Anwendung.

Aus den Reihen der Politik kommt dabei kaum Verwertbares, denn der Hinweis auf „das Grundgesetz“ ist wohl eher als Hilflosigkeit zu werten, den Begriff der „Leitkultur“ mit Inhalt zu füllen.

Du selbst sprichst ja auch von „ordnungs-gesellschaftlich“, was aber nicht korrekt ist.

Wie gesagt, die Sprache ist die Grundlage des Bundes und hier ist das Hochdeutsch keine Grundgesetzangelegenheit, sondern vollwertiger Teil der Bundes-Identität.
Der Wechsel zwischen Regionalsprache auf Hochdeutsch ist quasi der elementare Schritt von Integration und kann als Strategie für die Bundes-Identität angesehen werden.

Mir scheint, wegen der deutschen Vergangenheit gibt es gewisse Schwierigkeiten, eine klare Darstellung der Zusammenhänge zu finden.
Irgendwie zieht es Politiker magnetisch zum Nationaltheater hin, wodurch sie natürlich von vorn herein gegen die Neutralitätsabsicht der Bundes-Identität verstossen – das endet dann unweigerlich im Affentheater.

closs hat geschrieben:Irgendwo stimmt hier etwas noch nicht. - Denn eigentlich ist regionaler Verdrängungs-Wettbewerb doch eigentlich normal, oder nicht?
Ein Bund unterliegt bestimmten Zusammenhängen.
Ein Verdrängungs-Wettbewerb ist kein Bund.
Die Bundesländer zeichnen sich nicht dadurch aus, dass sie sich ausbreiten und das Gerangel um den jeweiligen Beitrag der Länder zum Bund, wird auch nicht gerne gesehen, weil es ein Verstoss gegen das Sich-Zurücknehmen ist.

closs hat geschrieben:Bayern, Bulgaren, Berliner, Syrer, Schwaben, Türken und Russen halten sich an die Ordnungs-Identität auf Bundesebene - im Idealfall keine Gesetzesverstöße von niemandem. - Als nächstes gehen all diese Leute in das lokale Umfeld und errichten über Generationen
* ein Bayern-Viertel in Berlin in Lederhosen.
* ein Bulgaren-Viertel in München mit Bulgaren-Tracht.
* ein Syrer-Viertel in Dortmund mit Moschee.
* ein Schwaben-Viertel in Köln mit massen´haftem immobilien-Ankauf.
* ein Türken-Viertel in Paderborn mit Moschee und Kopftuch.
* ein Russenviertel in Dresden mit orthodoxen Gebräuchen.

Alle halten die Bundes-Identität ein, gestalten aber regional/lokal (im Grunde läuft es so in NY und LA). - Wo wäre hier ein Problem?
Die (organisierte) Ablehnung des Bundes ist das Problem.

(Anmerkung: Immobilienankauf ist nicht das Problem, sondern kulturelle Dominanz – Beispiel: Berliner Bäcker verkaufen „Wecken“ statt „Schrippen“ – der Berliner fragt sich dann zurecht, „wo bin ich hier eigentlich?“)

closs
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#53 Re: Im Spannungsfeld zwischen Säkularismus und Scharia

Beitrag von closs » So 27. Mai 2018, 13:31

SilverBullet hat geschrieben:Vor ca. 30 Jahren hat mir eine Türkin erzählt, dass sie (als Schulangestellte) Probleme mit anderen türkischen Frauen hat, weil sie kein Kopftuch trägt und einen westlichen Lebensstil pflegt.

Welcher Zusammenhang steckt damit im Begriff „(religiöses) Kopftuch“ drin?
=> Dominanz.
KANN man so interpretieren - halten wir fest: Auch DAS gibt es.

SilverBullet hat geschrieben:es handelt sich um ein Signal, nicht an der Neutralität des Zusammenlebens teilnehmen zu wollen.
Das ist schon wieder überinterpretiert. - Es gibt viele Türkinnen, die ihr Kopftuch nicht aus religiösen, sondern aus kulturell-identitären Gründen tragen. - Wenn man so etwas als "gegen die Neutralität" auslegt, darf man auch keine Jeans tragen, die ursprünlich der amerikanischen Kultur-Identität entspringt. - Also Einspruch.

SilverBullet hat geschrieben: die Bundes-Identität soll demnach falsch sein.
Nein - die Bundesidentität wird ideologisch definiert. - So rum wird ein Schuh draus.

Unideologisch ist die Bundesidentität die freiheitliche Grundordnung plus Verpflichtung zur Einhaltung der Gesetze. Punkt.

SilverBullet hat geschrieben: aktuell ist es Teil der Bundes-Identität, dass ein neutraler Umgang zwischen Mann und Frau angestrebt wird.
Moment: Hier sollte man zwischen "Bundes-Identität" als eine stabile, apriorische Größe ("Grundgestz") und zeitgeistlichen Strömungen unterscheiden. - Social-Correctness im heutigen Sinn hat NICHT den Rang von "Bundes-Identität", sondern ist eine Ausprägung innerhalb der freiheitlichen Grundordnung - solche Ausprägungen haben KEINEN normativen Charakter auf Dauer.

SilverBullet hat geschrieben:Ich sehe die organisatorischen Religionsauflagen, die ein Problem für die Bundes-Identität darstellen, auch als „nicht von der Religionsfreiheit gedeckt“ an, denn es ist ja gerade nicht mehr die Entscheidung von Einzelnen, sondern die Auflage einer „Organisation“.
Eine Gesellschaft lebt von ihren Interessensgruppen - eine vollständige Normierung und Neutralisierung des Menschen lehne ich ab.

SilverBullet hat geschrieben:es geht bei Integration nicht um das Beobachten von Fernsehübertragungen, sondern um Interaktion zwischen Menschen (bei direktem Kontakt).
Richtig - und da gibt es als Bundes-Richtlinie das Grundgesetz, regional ist es die Couleur einer Gegend. - Über allem stehen die Menschenrechte.

SilverBullet hat geschrieben:Die Homosexualität eines Menschen zu akzeptieren und bei Interaktion nicht in den Vordergrund zu stellen, ist nichts anderes als die Regionalität eines Menschen nicht in den Vordergrund zu stellen. Das wird voll und ganz von der Bundes-Identität abgedeckt.
Dagegen hat keiner was - auch in konservativen Kreisen wird ein Gruppenmitglied nicht ausgegrenzt, weil es homosexuell ist (das war schon vor 50 Jahren so - was vorher war, habe ich nicht erlebt).

Das Problem ist in der PRaxis nicht das, sondern die Idolisierung des Anders-Seins (generell gemeint), was von der Mehrheit als Glorifizierung der Peripherie wahrgenommen wird - EINE Folge davon ist die AfD.

SilverBullet hat geschrieben:Diese Abneigung ist keine „künstliche Grösse“ sondern basiert auf den Zusammenhängen einer Ablehnung des neutralen Umganges.
Das ist ein Missverständnis - ein Bayer steht genauso hinter dem Grundgesetz wie ein Berliner. - Das Problem liegt eher in der als ideologisch wahrgenommene Besetzung dessen, was "bundes-neutral" zu sein habe.

SilverBullet hat geschrieben:Aus den Reihen der Politik kommt dabei kaum Verwertbares, denn der Hinweis auf „das Grundgesetz“ ist wohl eher als Hilflosigkeit zu werten, den Begriff der „Leitkultur“ mit Inhalt zu füllen.
Das wiederum ist richtig, aber auch nicht anders zu erwarten. - Denn "Grundgesetz" ist nur der Umbrella und kann "Kultur" (egal ob Leit- oder sonstige Kultur) nicht begründen.

SilverBullet hat geschrieben:die Sprache ist die Grundlage des Bundes und hier ist das Hochdeutsch keine Grundgesetzangelegenheit, sondern vollwertiger Teil der Bundes-Identität.
Richtig - das ist eine Vereinbarung aus praktischen Gründen. - Wäre Luther ein Bayer gewesen, wäre das Bayrische heute Tagesschau-Sprache.

SilverBullet hat geschrieben:Ein Verdrängungs-Wettbewerb ist kein Bund.
Doch - auch innerhalb der EU gibt es Verdrängungswettbewerb.

SilverBullet hat geschrieben:Die (organisierte) Ablehnung des Bundes ist das Problem.
Und wer tut das?

SilverBullet hat geschrieben: Immobilienankauf ist nicht das Problem, sondern kulturelle Dominanz – Beispiel: Berliner Bäcker verkaufen „Wecken“ statt „Schrippen“ – der Berliner fragt sich dann zurecht, „wo bin ich hier eigentlich?“
Verständlich - aber das hat nichts mit Bundes-Identät, sondern mit regionaler Identität zu tun.

Davon abgesehen: Hier kommt im Kleinen das raus, was im Großen zwischen Islam und ethno-deutscher Gesellschaft rauskommt. - Da gibt es keine "echten" Berliner Bäcker mehr, also verkaufen andere die Brötchen. - Da gibt es eine gestaltlose Säkular-Kultur und eine erschlaffte traditionelle christliche Kultur, also fallen die Muslims durch ihre greifbare kulturelle Identität auf. - Das ist nicht deren SChuld, sondern unsere.

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#54 Re: Im Spannungsfeld zwischen Säkularismus und Scharia

Beitrag von SilverBullet » So 27. Mai 2018, 19:28

closs hat geschrieben:Es gibt viele Türkinnen, die ihr Kopftuch nicht aus religiösen, sondern aus kulturell-identitären Gründen tragen.
Und was soll das für eine türkische Kultur sein, so dass sich der unglaubliche Zufall ergibt, dass es wie bei den Moslems, die ja durchaus in der Türkei verankert sind, zum Tragen eines Kopftuchs kommt, es aber nichts mit dem religiösen Hintergrund zu tun haben soll?

Selbst wenn es hierzu eine Art „Erklärung“ gäbe, so ist es nicht verständlich, wieso integrierte Deutsche mit einer derartigen Zweideutigkeit konfrontiert sein müssen, wenn es gerade die integrierten Deutschen sind, die sich zurücknehmen.

Es ist doch ein Akt der Höflichkeit, dass man geeignet darauf reagiert, wenn andere ihre Kultur zurückstellen, um ein Zusammenleben zu ermöglichen.

closs hat geschrieben:Nein - die Bundesidentität wird ideologisch definiert. - So rum wird ein Schuh draus.

Unideologisch ist die Bundesidentität die freiheitliche Grundordnung plus Verpflichtung zur Einhaltung der Gesetze. Punkt.
Das ist falsch, denn wie ich gesagt habe, wird kein Norddeutscher einen Süddeutschen verstehen, wenn sie beide auf ihrer Mundart beharren – dies wäre aber von deiner „Definition“ vollständig abgedeckt.

Gesetze müssen funktionieren und werden zu diesem Zweck ständig angepasst.
Da kann man keine Identität darauf aufbauen.

Damit ein Süddeutscher einen Norddeutschen (und umgekehrt) als Gleichzugehörig erkennt, braucht es eine gemeinsame Verhaltensbasis, die weit über „ach kuck mal, der hält sich ja ans gleiche Gesetz und schlägt mir nicht die Rübe ein“ hinausgeht. Man erkennt das eigene Verhalten im anderen und dadurch ergibt sich die Zusammengehörigkeit.

Identität ist das, was man von sich aus macht, auf das man geprägt ist und dazu gehört in Deutschland das Umschalten von Regional- auf Bundes-Zugehörigkeit - und zwar nicht erst, wenn man darum gebeten wird, sondern es ist ein Automatismus.

closs hat geschrieben:Das Problem ist in der PRaxis nicht das, sondern die Idolisierung des Anders-Seins (generell gemeint), was von der Mehrheit als Glorifizierung der Peripherie wahrgenommen wird
In Bezug auf Homosexualität soll es eine „Glorifizierung“ geben?

closs hat geschrieben:Das ist ein Missverständnis - ein Bayer steht genauso hinter dem Grundgesetz wie ein Berliner. - Das Problem liegt eher in der als ideologisch wahrgenommene Besetzung dessen, was "bundes-neutral" zu sein habe.
Du scheinst irgendwie nicht über das Grundgesetz hinauszukommen.
Es steht nicht drin, wie ein Süddeutscher mit einem Norddeutschen interagieren soll, damit sich beide dabei als Zusammengehörig verstehen.
Trotzdem können sie es und sie wollen dabei genauso sein, wie sie dort auftreten – es gehört zu ihrer Identität -> integrierte Deutsche.

closs hat geschrieben:Doch - auch innerhalb der EU gibt es Verdrängungswettbewerb.
Du hast es irgendwie noch nicht mitbekommen, aber das Nationalgetümmel droht den Bund zu zerschlagen – „Brexit“ ist da kein gutes Zeichen.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Die (organisierte) Ablehnung des Bundes ist das Problem.
Und wer tut das?
Du hast doch zahlreiche Beispiele für Ausbreitung genannt.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Immobilienankauf ist nicht das Problem, sondern kulturelle Dominanz – Beispiel: Berliner Bäcker verkaufen „Wecken“ statt „Schrippen“ – der Berliner fragt sich dann zurecht, „wo bin ich hier eigentlich?“
Verständlich - aber das hat nichts mit Bundes-Identät, sondern mit regionaler Identität zu tun.
Selbstverständlich hat es das, denn es geht um das Achten der anderen Kultur, um das Sich-Zurücknehmen. Wird dies nicht praktiziert (im flächendeckenden Stil), kommt es zu Spannungen – der Bund zerfällt, Integration wird aufgekündigt.
Die Bundes-Identität ist bei dem, der sich ausbreitet, weg und der jeweils andere kann nur noch staunend zusehen, was ihm aber niemals gefallen wird.

closs hat geschrieben:Da gibt es eine gestaltlose Säkular-Kultur und eine erschlaffte traditionelle christliche Kultur, also fallen die Muslims durch ihre greifbare kulturelle Identität auf.
Sie fallen durch Nicht-Integration auf, was relativ einfach ist – ein wenig Unhöflichkeit reicht aus, um innerhalb einer freiheitlichen Umgebung die Interaktion zu beeinträchtigen – dazu ist keine Zauberei notwendig.
Viel schwerer ist es kein Affentheater abzugeben, was ihnen schon wieder nicht mehr gelingt.

closs
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#55 Re: Im Spannungsfeld zwischen Säkularismus und Scharia

Beitrag von closs » So 27. Mai 2018, 21:19

SilverBullet hat geschrieben:Und was soll das für eine türkische Kultur sein, so dass sich der unglaubliche Zufall ergibt, dass es wie bei den Moslems, die ja durchaus in der Türkei verankert sind, zum Tragen eines Kopftuchs kommt, es aber nichts mit dem religiösen Hintergrund zu tun haben soll?
Eine ähnliche Kultur wie bei uns, bei der Leute Kreuze als Schmuck tragen, ohne unbedingt wissen zu müssen, wo es her kommt.

SilverBullet hat geschrieben: wenn es gerade die integrierten Deutschen sind, die sich zurücknehmen.
Sollen sie doch gar nicht weiter, als es das Grundgesetz vorgibt. - Außerdem: Willst Du einem Pfarrer den Kollar und einem Juden die Kippa verbieten?

SilverBullet hat geschrieben:Es ist doch ein Akt der Höflichkeit, dass man geeignet darauf reagiert, wenn andere ihre Kultur zurückstellen, um ein Zusammenleben zu ermöglichen.
Wir SOLLEN doch gar nicht unsere Kultur zurückstellen. - Das ist doch gerade das Problem: Die von außen Kommenden wissen gar nicht, worin sie sich integrieren sollen außer in ein Zurücknehmen.

SilverBullet hat geschrieben:Das ist falsch, denn wie ich gesagt habe, wird kein Norddeutscher einen Süddeutschen verstehen, wenn sie beide auf ihrer Mundart beharren
Moment: Der Gesetzgeber hat das Recht, eine einheitliche Sprache auf öffentlicher Ebene vorzuschreiben - das tut er auch. - Das hat nur bedingt kulturelle Gründe, sondern hat mit der Bereitstellung einer offiziellen Kommunikations-Sprache zu tun, was únter ordnungs-politischen Gesichtspunkten nötig ist.

SilverBullet hat geschrieben:Gesetze müssen funktionieren und werden zu diesem Zweck ständig angepasst.Da kann man keine Identität darauf aufbauen.
Genau das meine ich damit. - Das Recht der Identität findet woanders statt, wobei es durchaus legitim ist, diese (kulturelle) Identität auf unterschiedlichen Ebenen zu definieren - etwa: Europäisch - deutsch - hessisch.

SilverBullet hat geschrieben:Identität ist das, was man von sich aus macht, auf das man geprägt ist und dazu gehört in Deutschland das Umschalten von Regional- auf Bundes-Zugehörigkeit - und zwar nicht erst, wenn man darum gebeten wird, sondern es ist ein Automatismus.
OK - und was heißt das für einen Türken/Russen mit deutschem Pass? Doch "deutsch" (Grundgesetz/Standard-Sprache) und "türkisch"/"russisch" (aber nicht "hessisch").

SilverBullet hat geschrieben:In Bezug auf Homosexualität soll es eine „Glorifizierung“ geben?
In Bezug auf "Peripherie", zu der HS gehört. - Gerade heute lese ich in der ZEIT, dass letztes Jahr fast zwei Drittel aller Talkshows mit "Migranten" zu tun hatte - auch das ist "Peripherie". - In diesem Artikel ("ZEIT-Magazin") wird übrigens wissenschaftlich gezeigt, wie "alternative Fakten" OHNE kognitive Dissonanz (!!!) für "Fakten" gehalten werden können. - Als EIN Beispiel wird genannt: Eine Mehrheit der Bevölkerung glaubt, dass es ca. 25% der Bewohner Deutschlands Muslime seien - die richtige Zahl lautet "unter 5%".

SilverBullet hat geschrieben:Es steht nicht drin, wie ein Süddeutscher mit einem Norddeutschen interagieren soll, damit sich beide dabei als Zusammengehörig verstehen.
Das regeln Gesetze in Ausübung des Grundgesetzes.

SilverBullet hat geschrieben:Du hast es irgendwie noch nicht mitbekommen, aber das Nationalgetümmel droht den Bund zu zerschlagen
Wie konnte mir das entgehen. :lol: - Aber überleg doch mal, WARUM? - Die Antwort ist naheliegend, dass es genau DESHALB so ist, weil man die nationale Identität nicht berücksicht hat in der Vergangenheit. - Also gerade das Diktat des neutralisierenden Zurücknehmens ist Zündstoff zur Besinnung auf eigene Identität.

SilverBullet hat geschrieben:Die Bundes-Identität ist bei dem, der sich ausbreitet, weg und der jeweils andere kann nur noch staunend zusehen, was ihm aber niemals gefallen wird.
Die "Bundesidentität des Zurücknehmens" erscheint doch als Vakuum - von Rahmenbedingungen und ordungspolitischen Maßnahmen (Einheitssprache) abgesehen. - Wie kann man "Nichts" verdrängen?

SilverBullet hat geschrieben:Sie fallen durch Nicht-Integration auf
Integration in WAS außer einem vakuminösen Zurücknehmen?

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#56 Re: Im Spannungsfeld zwischen Säkularismus und Scharia

Beitrag von SilverBullet » So 27. Mai 2018, 22:48

closs hat geschrieben:Eine ähnliche Kultur wie bei uns, bei der Leute Kreuze als Schmuck tragen, ohne unbedingt wissen zu müssen, wo es her kommt.
Es ist also durch und durch religiös motiviert - du möchtest dich aber nun in ein Affentheater retten à la „das wissen sie ja nicht“.

„Ja klar, hier in Deutschland und dem Rest der Welt diskutiert man übers Kopftuch und die religiöse Verquickung, aber die türkischen Frauen wissen es nicht“.

Wie kriegst du so einen Unsinn in deinen Schädel?

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:wenn es gerade die integrierten Deutschen sind, die sich zurücknehmen.
Sollen sie doch gar nicht weiter, als es das Grundgesetz vorgibt.
Du scheinst da über eine fundamentale Denkblockade zu verfügen: das Grundgesetzt regelt nicht die Interaktion zwischen Deutschen auf der das tägliche Zusammenleben basiert.
Das Grundgesetzt schreibt einem Süddeutschen nicht vor sich des Hochdeutschen zu bedienen, wenn er einem Norddeutschen begegnet.

closs hat geschrieben:Wir SOLLEN doch gar nicht unsere Kultur zurückstellen.
Das tun wir aber bereits durch den Wechsel ins Hochdeutsche und genau deshalb gibt es den Wechsel ins Hochdeutsche.

closs hat geschrieben:Das ist doch gerade das Problem: Die von außen Kommenden wissen gar nicht, worin sie sich integrieren sollen außer in ein Zurücknehmen.
Das Verhalten für ein funktionierendes Zusammenleben würde ich nicht gerade als „Problem“ bezeichnen, sondern eher die Unwissenheit der „von aussen Kommenden“ gegen die du wohl rein gar nichts ausrichten kannst.

closs hat geschrieben:Moment: Der Gesetzgeber hat das Recht, eine einheitliche Sprache auf öffentlicher Ebene vorzuschreiben - das tut er auch
Was ist los mit dir, „öffentliche Ebene“ hat nichts mit der Situation zu tun wenn ein Süddeutscher mit einem Norddeutschen interagiert.

Zwei Bürger die interagieren, schalten nicht auf Amtssprache um, sondern auf gegenseitige Verständlichkeit und genau dieses Signal sagt aus, dass sie bereit sind, sich als zusammengehörig zu akzeptieren. Such dir mal jemanden, der sich nicht von seiner für dich unverständlichen Mundart abbringen lässt und versuche in dieser Situation Höflichkeit zu entdecken – viel Spass.

closs hat geschrieben:OK - und was heißt das für einen Türken/Russen mit deutschem Pass?
Dass er die deutsche Staatsangehörigkeit hat, aber es sich herausstellen muss, ob er sich integrieren kann/will.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:In Bezug auf Homosexualität soll es eine „Glorifizierung“ geben?
In Bezug auf "Peripherie", zu der HS gehört. - Gerade heute lese ich in der ZEIT, dass letztes Jahr fast zwei Drittel aller Talkshows mit "Migranten" zu tun hatte - auch das ist "Peripherie". - In diesem Artikel ("ZEIT-Magazin") wird übrigens wissenschaftlich gezeigt, wie "alternative Fakten" OHNE kognitive Dissonanz (!!!) für "Fakten" gehalten werden können. - Als EIN Beispiel wird genannt: Eine Mehrheit der Bevölkerung glaubt, dass es ca. 25% der Bewohner Deutschlands Muslime seien - die richtige Zahl lautet "unter 5%".
Also keine Glorifizierung von Homosexualität – na das ging ja schnell.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Es steht nicht drin, wie ein Süddeutscher mit einem Norddeutschen interagieren soll, damit sich beide dabei als Zusammengehörig verstehen.
Das regeln Gesetze in Ausübung des Grundgesetzes.
Gut, nenn diese Gesetze… - das wirst du nicht können, denn sonst hättest du es jetzt gerade gemacht :-)

closs hat geschrieben:Die Antwort ist naheliegend, dass es genau DESHALB so ist, weil man die nationale Identität nicht berücksicht hat in der Vergangenheit. - Also gerade das Diktat des neutralisierenden Zurücknehmens ist Zündstoff zur Besinnung auf eigene Identität.
Eine Berücksichtigung der nationalen Identität kann es beim Bund immer nur dadurch geben, dass Angelegenheiten mit nationalen Auswirkungen auch nur dort entschieden werden. Bei Interessen des Bundes entscheidet aber der Bund und zwar über Bundes-Identität. So funktioniert es in Deutschland (natürlich nicht ohne Reibereien – aber immerhin es funktioniert).

In Bezug auf den europäischen Bund schiessen die Probleme nach oben, denn Politiker erreichen ihr maximal Mögliches indem sie national punkten. In Deutschland wollen Politiker auf Bundesebene mitspielen, also wird dies als oberes Ziel angesehen und auch hochgehalten – mit Europa verhält es sich eher so, dass die Europapolitiker gewisse Verwaltungsentscheidungen ausknobeln aber die eigentliche Show geht zwischen den obersten Nationalpolitikern ab.
Ist dir schon mal aufgefallen, dass ausgediente Politiker „ins Europaparlament gehen“? :-)

Hier fehlt ein notwendiger Qualitätsanreiz und das was vorliegt, ist sogar eher kontraproduktiv.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Die Bundes-Identität ist bei dem, der sich ausbreitet, weg und der jeweils andere kann nur noch staunend zusehen, was ihm aber niemals gefallen wird.
Die "Bundesidentität des Zurücknehmens" erscheint doch als Vakuum - von Rahmenbedingungen und ordungspolitischen Maßnahmen (Einheitssprache) abgesehen. - Wie kann man "Nichts" verdrängen?
Die Bundes-Identität ist die Bereitschaft durch wechselseitiges Zurücknehmen zusammenzugehören.
Das ist doch kein „Vakuum“ sondern es geht um handfeste Signale, die wie nun schon oft gesagt, bereits bei der Sprache beginnen.

Würden die Schaben in Berlin darauf bestehen „Schrippen“ kaufen zu wollen (und Analoges in anderen Bereichen) wäre dies ein enormes Zeichen:
gelebte Bundes-Identität -> es gäbe keinen Konflikt und man würde sich gegenseitig schätzen.

=> Das Zurücknehmen ist eine enorme Kraft in Bezug auf den Bund.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Sie fallen durch Nicht-Integration auf
Integration in WAS außer einem vakuminösen Zurücknehmen?
In nichts weniger, als in das Zusammenleben von vielen Kulturen.

Die Bundes-Identität ist die Grundlage, dass die Geschichte einer Teilregion auch von den anderen als „ihre Geschichte“ eingeordnet wird.
Auf dieser Basis kommt es zustande, dass jemand auf einer bayrischen Alm über „Klaus Störtebeker und die Hanse“ nachdenkt und staunt, dass dies zu seiner Geschichte gehört.
Umgekehrt ist die schwäbische Alb das Tor durch das unsere prähistorischen Vorfahren nach Europa vorgedrungen sind. Jemand, der auf den Halligen lebt, kann sich darüber freuen, dass dies ein Detail seiner Bundes-Identität ist – er kann den „Löwenmenschen“ und „die Venus vom Holefels“ als Teil seiner Vergangenheit ansehen.

Geschichte ist nur ein Bereich, genauso funktioniert es mit Produkten (ganz vorne vermutlich Autos) aber auch mit sonstigen Leistungen.

Ganz vorne ist der Bund selbst und das Funktionieren des Zusammenlebens - eine sagenhafte Errungenschaft, die quasi immer neu gelebt werden muss, um aufrecht gehalten zu werden.
(deshalb an die Schwaben in Berlin: „kauft nur noch Schrippen! – essen könnt ihr ja weiterhin Wecken“ :-))

Dies als „Vakuum“ zu bezeichnen, zeugt von einem fundamentalen Unverständnis.

closs
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#57 Re: Im Spannungsfeld zwischen Säkularismus und Scharia

Beitrag von closs » Mo 28. Mai 2018, 00:41

SilverBullet hat geschrieben:Wie kriegst du so einen Unsinn in deinen Schädel?
Gar nicht - weil er nicht drin ist. :lol:

SilverBullet hat geschrieben:Es ist also durch und durch religiös motiviert - du möchtest dich aber nun in ein Affentheater retten à la „das wissen sie ja nicht“.
Nein - sondern dass Kreuz und Kopftuch kulturelle Größen sind. - Dass die Kulturen der letzten 2000 Jahre religiös bedingt sind, ändert nichts daran.

SilverBullet hat geschrieben:Das Grundgesetzt schreibt einem Süddeutschen nicht vor sich des Hochdeutschen zu bedienen, wenn er einem Norddeutschen begegnet.
Das Grundgesetz sieht einen Gesetzgeber vor, der ordnungspolitisch dafür sorgt, dass es eine Standard-Sprache im öffentlichen Raum gibt. - Wenn sich Nord- und Süddeutscher treffen und sich NICHT dieser Standard-Sprache bedienen, ist es deren Problem.

SilverBullet hat geschrieben:Das tun wir aber bereits durch den Wechsel ins Hochdeutsche und genau deshalb gibt es den Wechsel ins Hochdeutsche.
Nein - wir tun dies deshalb, weil der Staat zum eigenen Zusammenhalt eine Standardsprache definiert.

SilverBullet hat geschrieben:Zwei Bürger die interagieren, schalten nicht auf Amtssprache um, sondern auf gegenseitige Verständlichkeit und genau dieses Signal sagt aus, dass sie bereit sind, sich als zusammengehörig zu akzeptieren.
Nein - sie zeigen damit, dass sie kommunizieren wollen.

SilverBullet hat geschrieben:Dass er die deutsche Staatsangehörigkeit hat, aber es sich herausstellen muss, ob er sich integrieren kann/will.
Praktisch geschieht dies, dass spätestens die zweite Generation Deutsch als Mutter-Sprache neben Türkisch oder Russisch spricht - und damit ist der Käse gegessen. - Davon abgesehen: Mich würde mal interessieren, ob alle in Chinatown/NY fließend amerikanisch sprechen.

SilverBullet hat geschrieben:Also keine Glorifizierung von Homosexualität – na das ging ja schnell.
Eine Glorifizierung der Peripherie, zu der HS gehört. - Muslime und Homosexuelle leben in der Mitte der Gesellschaft, sind aber in ihrer Eigenschaft als Muslime und Homosexuelle nicht repräsentativ für die Mehrheit der Menschen.

SilverBullet hat geschrieben:Gut, nenn diese Gesetze… - das wirst du nicht können, denn sonst hättest du es jetzt gerade gemacht
Nein, hätte ich nicht. - Nimm einfach mal die Öffentlich-Rechtlichen, die u.a. ihre Informationen im öffentlichen Auftrag in Standard-Deutsch zu vermitteln haben. - Und in Behördern (= Staat) gibt es die Amtssprache Deutsch. - Ich denke, dass Du hier auf dem falschen Terrain unterwegs ist.

SilverBullet hat geschrieben:In Bezug auf den europäischen Bund schiessen die Probleme nach oben, denn Politiker erreichen ihr maximal Mögliches indem sie national punkten.
Richtig - das ist eine ewige Friktionfläche. - Das kann auf Dauer in die Hose gehen.

SilverBullet hat geschrieben:Die Bundes-Identität ist die Bereitschaft durch wechselseitiges Zurücknehmen zusammenzugehören.
Dieser Ansatz ist schräg. - Bundes-Identität ist definiert durch Gesetze und Vereinbarungen (Standard-Sprache) - zu Gesetzen gehören AUCH Gesetze in Bezug auf "öffentliches Ärgernis". - Gerichte entscheiden dann, was im Konkreten ein öffentliches Ärgernis ist - das bezieht sich aber mehr auf Sex in der Öffentlichkeit oder Trunkenheit, etc.

SilverBullet hat geschrieben:Das Zurücknehmen ist eine enorme Kraft in Bezug auf den Bund.
Das wird in der Regel anders gesehen: Eher würde man sagen, dass die Zurückhaltung des Bundes als Aufforderung zur kulturellen Entfaltung zu verstehen sei.

SilverBullet hat geschrieben:Die Bundes-Identität ist die Grundlage, dass die Geschichte einer Teilregion auch von den anderen als „ihre Geschichte“ eingeordnet wird. Auf dieser Basis kommt es zustande, dass jemand auf einer bayrischen Alm über „Klaus Störtebeker und die Hanse“ nachdenkt und staunt, dass dies zu seiner Geschichte gehört.
Das ist inhaltlich richtig, geschieht aber weniger über den "Bund", denn über die Sprache.

Konkret: Wir Philologen haben den deutschsprachigen Raum immer als EINEN Kulturraum verstanden, obwohl bspw. Heinrich von Kleist (Preussen), Grillparzer (K.u.K.) und Albrecht von Haller (Schweiz) drei verschiedenen Staaten angehörten. - Auch die Südtirol gehört aus unserer Sicht zum deutschen Kulturkreis (und man fühlt sich dort auch so).

Umgekehrt ist die Schweiz EIN Staat mit drei sehr unterschiedlichen Kulturkreisen. - Wir hatten Kunden auch in der Zentralschweiz, in Genf und im Ticino - das waren kulturell Deutsche, Franzosen und Italiener. - Aber nicht, weil wir das so beschlossen haben, sondern weil man dort lebt wie Deutsche, Franzosen und Italiener. - Versuch mal, in Genf um die Mittagszeit einen Café zu trinken - geht fast nicht, weil alles voller Mittag-Essler ist - gibt es in Zürich oder Basel nicht (aber ein paar km über der Grenze nach F gibt es das - logischerweise).

SilverBullet hat geschrieben:Ganz vorne ist der Bund selbst und das Funktionieren des Zusammenlebens
Klar - aber genau das ist in der Regel NICHT das Problem. - Das Problem ist, wenn in Dresden mit einem Muslim-Anteil von 0,5% eine Überschüttung Deutschlands durch den Islam gefaselt wird.

SilverBullet hat geschrieben:Dies als „Vakuum“ zu bezeichnen, zeugt von einem fundamentalen Unverständnis.
Die Zurücknahme des Bundes ist dafür da, um den dadurch gewährten Platz regional und individuell auszufüllen. - Es ist erstaunlich, dass es über die Art des Ausfüllens dieses gewährten Platzes (was ja nun wirklich ein Privileg ist - gibt es wahrlich nicht überall) Ranglisten erstellt werden, wer ein "guter" Ausfüller und ein "schlechter" Ausfüller ist.

Unter Liberalität und Toleranz verstehen viele (zu denen ich gehöre), dass sich unterschiedliche kulturelle und weltanschauliche Gruppierungen entfalten - egal ob dies Christen, Materialisten, Muslime, Familien-Anhänger, Solo-Individualitäts-Anhänger, Atheisten oder Buddhisten sind. - Wenn sich hierbei aus eigener Sicht Ungleichgewichte ergeben, liegt das daran, dass die eigene "Fraktion" zu schwach ist.

Ich finde es sehr gefährlich und in der deutschen Geschichte leider nicht unbekannt, wenn die Schwäche der eigenen Identitätsgruppe denen angelastet wird, die ihre Identität deutlicher leben können als man selbst. - Da wäre etwas mehr demokratische Gelassenheit angemessen.

SilverBullet
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#58 Re: Im Spannungsfeld zwischen Säkularismus und Scharia

Beitrag von SilverBullet » Mo 28. Mai 2018, 20:05

closs hat geschrieben:Nein - sondern dass Kreuz und Kopftuch kulturelle Größen sind. - Dass die Kulturen der letzten 2000 Jahre religiös bedingt sind, ändert nichts daran.
Wo soll der Unterschied zwischen einer religiös motivierten Fraueneinhüllung (damit der „andere Mann“ sie nicht sieht) und einer kulturell motivierten Fraueneinhüllung (damit der „andere Mann“ sie nicht sieht) liegen?

Ich wage mal zu behaupten, dass der Unterschied nicht aus der Richtung von integrierten Deutschen einsehbar ist.
Und genau hier liegt ja das lustige Problemchen mit der Integration.

closs hat geschrieben:Wenn sich Nord- und Süddeutscher treffen und sich NICHT dieser Standard-Sprache bedienen, ist es deren Problem.
Natürlich ist es deren Problem – keiner kann vom anderen auf Basis des Grundgesetztes verlangen, dass er auf Hochdeutsch wechselt, um verständlich zu sein – sie machen das ganz von alleine.

Das ganz alltägliche Zusammenleben der verschiedenen deutschen Kulturen (fern von Konflikten), ist alleine „das Problem“ der normalen Bürger und sie machen dies, indem sie ihre Regionalkultur in Bezug auf den jeweils anderen Menschen zurücknehmen – unglaublich, es funktioniert tatsächlich, denn komischerweise hat Deutschland in den letzten Jahren gar nicht so viele Bürgerkriege im Innland gesehen.

closs hat geschrieben:Nein - wir tun dies deshalb, weil der Staat zum eigenen Zusammenhalt eine Standardsprache definiert.
„Genau und wenn etwas runter fällt, dann wollte der Staat, dass es runter fällt“
„Ja, so werden Sieger gemacht“ :-)

closs hat geschrieben:Nein - sie zeigen damit, dass sie kommunizieren wollen.
Naja, Sprechen ist im Allgemeinen bereits Kommunikation und nicht erst das Zeichen für eine zukünftige Kommunikation – egal, du bist wohl noch nicht so weit.

closs hat geschrieben:Praktisch geschieht dies, dass spätestens die zweite Generation Deutsch als Mutter-Sprache neben Türkisch oder Russisch spricht - und damit ist der Käse gegessen.
Wieso soll jemand integriert sein, nur weil er die Sprache beherrscht?
Er kann immer noch Desinteresse an der Bundes-Identität zeigen und seine Regional-Identität überall präsentieren.

closs hat geschrieben:Eine Glorifizierung der Peripherie, zu der HS gehört. - Muslime und Homosexuelle leben in der Mitte der Gesellschaft, sind aber in ihrer Eigenschaft als Muslime und Homosexuelle nicht repräsentativ für die Mehrheit der Menschen.
Auszug aus Wiki:
Unter einer Glorifizierung (lat. glorificare = rühmen, preisen, verherrlichen)[1][2][3][4] wird die in unangemessener Weise beschönigende Darstellung bestimmter Sachverhalte verstanden. Ziel der Glorifizierung ist es allgemein, negative Aspekte aus Vergangenheit und Gegenwart sowie die möglichen negativen Folgen zukünftigen Handelns aus den Köpfen der Menschen zu verdrängen.
„Homosexualität soll in unangemessener Weise beschönigend dargestellt werden, um negative Aspekte aus Vergangenheit und Gegenwart sowie die möglichen Folgen aus den Köpfen der Menschen zu verdrängen“ – bist du dir da ganz sicher?

closs hat geschrieben:Nimm einfach mal die Öffentlich-Rechtlichen, die u.a. ihre Informationen im öffentlichen Auftrag in Standard-Deutsch zu vermitteln haben. - Und in Behördern (= Staat) gibt es die Amtssprache Deutsch.
Nein, Rundfunkanstalten und Ämter regeln nicht, dass Deutsche miteinander Hochdeutsch sprechen.
Regionalsender präsentieren ihre Themen auch in Hochdeutsch und keiner gibt deshalb seine Mundart auf.

closs hat geschrieben:Bundes-Identität ist definiert durch Gesetze und Vereinbarungen (Standard-Sprache) - zu Gesetzen gehören AUCH Gesetze in Bezug auf "öffentliches Ärgernis". - Gerichte entscheiden dann, was im Konkreten ein öffentliches Ärgernis ist - das bezieht sich aber mehr auf Sex in der Öffentlichkeit oder Trunkenheit, etc.
Ja klar, „Bundes-Identität wird geregelt durch Gesetze“ nur kannst du sie gerade halt nicht nennen.

closs hat geschrieben:Das wird in der Regel anders gesehen: Eher würde man sagen, dass die Zurückhaltung des Bundes als Aufforderung zur kulturellen Entfaltung zu verstehen sei.
Was?
Nicht „der Bund“ hält sich zurück, sondern der Einzelne zeigt durch seinen Wechsel auf Bundes-Identität, dass er sich neben einen anderen Bürger mit Bundes-Identität integrieren möchte.

Du versuchst „den Staat“ in den Mittelpunkt zu ziehen. Da gehört er aber nicht hin – „Staat“ ist nur ein abstraktes Werkzeug zur Verwaltung - funktionieren muss das Zusammenleben über das Verhalten der einzelnen Menschen und dabei geht es nicht um die Abwesenheit von Konflikten sondern um das Miteinander und weil Deutschland aus vielen Kulturen besteht, hat sich eine echt coole Lösung heraus kristallisiert.

closs hat geschrieben:Das ist inhaltlich richtig, geschieht aber weniger über den "Bund", denn über die Sprache.
Wenn ein Mensch sich derart integriert, dass er die Geschichte einer anderen Regionalkultur als „seine Geschichte“ verstehen möchte, führt er weitaus mehr durch, als nur eine Sprache zu sprechen.

closs hat geschrieben:Wir Philologen haben den deutschsprachigen Raum immer als EINEN Kulturraum verstanden
Ist schon hübsch, was „ihr Philologen“ glaubt so alles verstanden zu haben.

Bereits auf der Höhe von Bonn (das sollte eine relativ bekannte Stadt sein), steht ein Schwabe, der in seinem Regionalautomatismus ein Lokal mit dem üblichen „Grüss Gott“ betritt, wie ein Provinzaffe da :-)
Die einzige Lösung ist:
„schalte um in den gesamtdeutschen Modus, sonst geht das gerade so weiter“.

Aber selbstverständlich möchte ich keine Philologen von ihrem Tänzchen abhalten.

closs hat geschrieben:Das Problem ist, wenn in Dresden mit einem Muslim-Anteil von 0,5% eine Überschüttung Deutschlands durch den Islam gefaselt wird.
Das Problem hierbei heisst „schlechte Politiker“ kombiniert mit „kein Plan was Integration sein soll“. Dresden ist da wohl nur die Spitze des Eisbergs.

Auf der anderen Seite gibt es aber auch ein Integrationsdefizit, weswegen diese Parolen ja letztlich funktionieren.

closs hat geschrieben:Die Zurücknahme des Bundes ist dafür da, um den dadurch gewährten Platz regional und individuell auszufüllen.
Was soll „Zurücknahme des Bundes“ sein?

closs hat geschrieben:Ich finde es sehr gefährlich und in der deutschen Geschichte leider nicht unbekannt, wenn die Schwäche der eigenen Identitätsgruppe denen angelastet wird, die ihre Identität deutlicher leben können als man selbst. - Da wäre etwas mehr demokratische Gelassenheit angemessen.
Ich würde eher sagen, dass es über Leute anfängt, die suggerieren, dass das aktuelle Zusammenleben auf Schwäche basiert und doch bitteschön zu ändern ist :-)

Es ist doch gerade die maximal mögliche „demokratische Gelassenheit“ wenn man seine Regionalidentität zurückstellt, um einem anderen die Bereitschaft zur gemeinsamen Bundes-Identität zu signalisieren.

Das, was du als „Stärke“ interpretierst, ist lediglich eine grobmotorische Unhöflichkeit.
Frauen einzupacken, damit „man sie nicht sieht“ ist keine Identitätsstärke sondern das reine Knieschlottern (vermutlich vor den muskelbepackten German, die mit Urschreien durch die Bäume pflügen und sich nebenher noch vermehren wollen – „ja, genau so sind wir, bei uns werden Weiber über die Schwelle getragen, damit die Ahnen sie nicht beissen können“ :-)).

closs
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#59 Re: Im Spannungsfeld zwischen Säkularismus und Scharia

Beitrag von closs » Mo 28. Mai 2018, 21:28

SilverBullet hat geschrieben:Wo soll der Unterschied zwischen einer religiös motivierten Fraueneinhüllung (damit der „andere Mann“ sie nicht sieht) und einer kulturell motivierten Fraueneinhüllung (damit der „andere Mann“ sie nicht sieht) liegen?
Das geht uns doch nichts an, solange sich die Leute an die Gesetze halten. - Trotzdem ist festzustellen, dass es den Unterschied "Ich tue es aus religiösen Gründen"/"Dito kulturell-identitären Gründen" gibt.

SilverBullet hat geschrieben:Das ganz alltägliche Zusammenleben der verschiedenen deutschen Kulturen (fern von Konflikten), ist alleine „das Problem“ der normalen Bürger und sie machen dies, indem sie ihre Regionalkultur in Bezug auf den jeweils anderen Menschen zurücknehmen
Sie müssen die Regional-Kultur qualitativ nicht zurücknehmen - die Frage lautet, wann es bspw. angebracht ist, nicht bayrisch zu sprechen. - Antwort: Möglicherweise dann, wenn man sich in einer Berliner Anwaltskanzlei um einen Job bewirbt. - Aber deswegen kann man trotzdem jederzeit in Berlin mit Lederhosen rumlaufen, wenn man will.

SilverBullet hat geschrieben:„Genau und wenn etwas runter fällt, dann wollte der Staat, dass es runter fällt“
:?:
SilverBullet hat geschrieben:Wieso soll jemand integriert sein, nur weil er die Sprache beherrscht?
Aus staatlicher Sicht ist er integriert, wenn er die Sprache halbwegs spricht und sich an Gesetze hält - und, das kann man hinzufügen, sich nicht ausschließlich in abgetrennten Vierteln aufhält, wo es nur Türken oder Russen gibt. - Aber das ist eher eine sozialpolitische Problematik.

SilverBullet hat geschrieben:Er kann immer noch Desinteresse an der Bundes-Identität zeigen und seine Regional-Identität überall präsentieren.
Das tun Millionen Ethno-Deutsche genauso.

SilverBullet hat geschrieben:„Homosexualität soll in unangemessener Weise beschönigend dargestellt werden, um negative Aspekte aus Vergangenheit und Gegenwart sowie die möglichen Folgen aus den Köpfen der Menschen zu verdrängen“ – bist du dir da ganz sicher?
Du wirst solchen Dingen nicht gerecht, wenn Du irgendwelche Definitionen ab-plapperst und als verbindlich darstellst. - Deine Quelle ist versehen mit der Anmerkung "Dieser Artikel oder Abschnitt bedarf einer Überarbeitung" (wik). :lol:

SilverBullet hat geschrieben: Rundfunkanstalten und Ämter regeln nicht, dass Deutsche miteinander Hochdeutsch sprechen.
Sie regeln das nicht, aber sie halten sich daran. - Gerade Ämter sind angewiesen mit Sätzen wie "Amtssprache ist deutsch". - Und natürlich sind die Öffentlich-Rechtlichen überhaupt nur deshalb existent, weil der Staat eine Umsetzung seiner demokratischen Identität gesichert sehen will - guck mal, wer in Rundfunkräten drinsitzt und warum.

SilverBullet hat geschrieben:der Einzelne zeigt durch seinen Wechsel auf Bundes-Identität, dass er sich neben einen anderen Bürger mit Bundes-Identität integrieren möchte.
Das klingt so kunstruiert. - In der Realität lebt der Mensch in seinem regionalen Umfeld und switched um auf "Bundesstandard", wenn es angebracht ist. - Ansonsten verzichtet der Bund auf eine "Bundesidentität", sieht man von Sprache, gewissen historischen Festlegungen und Bekenntnis zur freiheitlichen Grundordnung ab. - Die "Leitkultur-Diskussion" ist ziemlich neu - und tritt auf der Stelle, weil sich jetzt zeigt, was Migranten fragen: "In WELCHE Kultur sollen wir uns eigentlich integrieren?". - Sie haben bislang KULTURELL noch keine Antwort. - Aber vielleicht wird's ja was, wenn die AfD mal dran ist. :devil:

SilverBullet hat geschrieben: „Staat“ ist nur ein abstraktes Werkzeug zur Verwaltung
Eben - deshalb gibt es jenseits regionaler Prägung keine "Bundeskultur", sieht man von Grundlagen (Grundgesetz, etc) ab. - Umgekehrt ist es sicherlich richtig, dass in den Regional-Kulturen ein gemeinsamer Anteil ist, der sich über die gemeinsame deutsche Musik- und Literatur-Geschichte definiert (Goethe und Th. Mann liest man sowohl auf Rügen wie in Freiburg). - Hinzu kommt hier die medial hervorgerufene Kultur oder Unkultur - je nachdem, was gerade kommt.

SilverBullet hat geschrieben: dabei geht es nicht um die Abwesenheit von Konflikten sondern um das Miteinander und weil Deutschland aus vielen Kulturen besteht, hat sich eine echt coole Lösung heraus kristallisiert.
Das ist die ehrlich gemeinte Toleranz. - Und es ist das Teilen einer internationalen Kultur, die man bspw. bei Müttern und in Literatur und Musik hat, wenn man involviert ist.

Aus disem Grund fühlen sich Mütter untereinander in der Regel "daheim" - so wie sich geistig-kulturell aktivierte Menschen weltweit bei Shakespeare, Goethe und Laotse "daheim" fühlen - nicht dass man sich in allen einige wäre, aber der gemeinsame Stallgeruch ist da - auch in der Musik.

SilverBullet hat geschrieben:Wenn ein Mensch sich derart integriert, dass er die Geschichte einer anderen Regionalkultur als „seine Geschichte“ verstehen möchte, führt er weitaus mehr durch, als nur eine Sprache zu sprechen.
Das soll er doch gar nicht.

SilverBullet hat geschrieben:Bereits auf der Höhe von Bonn (das sollte eine relativ bekannte Stadt sein), steht ein Schwabe, der in seinem Regionalautomatismus ein Lokal mit dem üblichen „Grüss Gott“ betritt, wie ein Provinzaffe da :-)
Die einzige Lösung ist: „schalte um in den gesamtdeutschen Modus, sonst geht das gerade so weiter“.
Wenn er da als Provinsaffe dasteht, dann deshalb, weil er von Provinzaffen beurteilt wird. - Übergeordnete Kultur bedeutet genau das Gegenteil: Den anderen in seiner Kultur zu achten - egal ob er "Moin", "Grü Gott" oder "Salemaleikum" sagt.

SilverBullet hat geschrieben:Auf der anderen Seite gibt es aber auch ein Integrationsdefizit, weswegen diese Parolen ja letztlich funktionieren.
In erster Linie gibt es Defizit in der Antwort auf die Frage, was "Integration" eigentlich ist.

SilverBullet hat geschrieben:Es ist doch gerade die maximal mögliche „demokratische Gelassenheit“ wenn man seine Regionalidentität zurückstellt, um einem anderen die Bereitschaft zur gemeinsamen Bundes-Identität zu signalisieren.
Das ist richtig - man muss vor dem Bundesverfassungsgericht nicht provokativ bayrisch reden oder als Frau in einer Moschee "oben ohne" erscheinen. - Das gebietet die Achtung vor dem Kulturkreis, in dem man sich gerade aufhält.

SilverBullet hat geschrieben:Frauen einzupacken, damit „man sie nicht sieht“ ist keine Identitätsstärke
Möglich - aber das ist nicht relevant in Deutschland.- In D wird mehr über Burka gesprochen, als es sie gibt. - Gib Dir die Chance, mal das "ZEIT-Magazin" dieser Woche über "Konditionierung" zu lesen - da steht überm Daumen drin, dass mediale Berieselung (neurowissenschaftlich nachgewiesen) zu Alternativ-Fakten führt, die Betroffene glauben, OHNE dabei in eine Kognitive Dissonanz zu geraten!!!! - Genau das ist bei der Burka-Berieselung passiert.

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#60 Re: Im Spannungsfeld zwischen Säkularismus und Scharia

Beitrag von SilverBullet » Mo 28. Mai 2018, 22:40

closs hat geschrieben:Aber deswegen kann man trotzdem jederzeit in Berlin mit Lederhosen rumlaufen, wenn man will.
Wie ich gesagt habe, werden Einzelfälle als Exotik, ohne Probleme akzeptiert. Aber sobald es zum Regelfall wird und dahinter eine Art „verdeckter Zusammenhang“ (z.B. dein „mia san mia“) zu stecken droht, dann wendet sich das Blatt - garantiert.

closs hat geschrieben:Das tun Millionen Ethno-Deutsche genauso
Kein Problem, dann sind sie nicht integriert.
Du nennst sie ja auch nicht „integrierte Deutsche“.

Für integrierte Deutsche werden diese „Millionen“ genau dann auffällig, wenn sich Gruppen mit einer Hintergrundstrategie zur Nicht-Integration herausbilden (z.B. irgendwelche Rocker-Clubs, elitäre Clubs …)

closs hat geschrieben:Du wirst solchen Dingen nicht gerecht, wenn Du irgendwelche Definitionen ab-plapperst und als verbindlich darstellst. - Deine Quelle ist versehen mit der Anmerkung "Dieser Artikel oder Abschnitt bedarf einer Überarbeitung" (wik).
Sehr gut und deshalb hast du als selbsternannter „Philologe“ auch gleich die Gelegenheit genutzt und eine überzeugende Korrektur präsentiert – „super Leistung“ :-)

closs hat geschrieben:Sie regeln das nicht
Eben, somit solltest du diesen Strohmann seinem verdienten Aschehäufchen zukommen lassen.

closs hat geschrieben:Das klingt so kunstruiert. - In der Realität lebt der Mensch in seinem regionalen Umfeld und switched um auf "Bundesstandard", wenn es angebracht ist.
Na also, jetzt hast du zum ersten Mal erfasst, was Integration bedeutet.

Und nun bilde dies mal auf das Kopftuch ab und du wirst erkennen, dass dort keinerlei um-switchen stattfindet (und zwar garniert mit einer Hintergrundstrategie) => keine Integration.

closs hat geschrieben:Die "Leitkultur-Diskussion" ist ziemlich neu - und tritt auf der Stelle, weil sich jetzt zeigt, was Migranten fragen: "In WELCHE Kultur sollen wir uns eigentlich integrieren?". - Sie haben bislang KULTURELL noch keine Antwort.
Wenn du deine Erleuchtung von gerade eben noch etwas trainierst, dann wirst du es ihnen irgendwann verraten können – auch als „Philologe“ :-)

closs hat geschrieben:deshalb gibt es jenseits regionaler Prägung keine "Bundeskultur", sieht man von Grundlagen
Oje, und schon ist wieder alles weg – schade, dabei ist es doch eigentlich gar nicht so schwer.

closs hat geschrieben:Das ist die ehrlich gemeinte Toleranz.
Nein, wenn ein Süddeutscher und ein Norddeutscher zwecks Interaktion auf Bundes-Identität um-switchen dann „tolerieren“ sie sich nicht, sondern sie sehen sich als zusammengehörige Teile an.

„Toleranz“ enthält nicht „Zusammengehörigkeit“.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Wenn ein Mensch sich derart integriert, dass er die Geschichte einer anderen Regionalkultur als „seine Geschichte“ verstehen möchte, führt er weitaus mehr durch, als nur eine Sprache zu sprechen.
Das soll er doch gar nicht.
Tja, so sind halt integrierte Deutsche, die fragen nicht was sie sollen, sondern sie tun das, was einen weiter bringt.
Die ganze Zeit versuche ich dir klar zu machen, dass das „Gesetz“ keine Integrationsdefinition sein kann, sondern maximal eine Verwaltungs-Voraussetzung, ab der Integration beginnen kann.

closs hat geschrieben:Wenn er da als Provinsaffe dasteht, dann deshalb, weil er von Provinzaffen beurteilt wird
Es ging um deine Behauptung den ganzen deutschsprachigen Raum als „eine Kultur“ aufzufassen.
=> Man muss nicht weit laufen, damit das nicht mehr funktioniert.
=> Philologen sind aber wohl keine guten Läufer

closs hat geschrieben:In erster Linie gibt es Defizit in der Antwort auf die Frage, was "Integration" eigentlich ist.
Naja, für einen winzigen Augenblick warst du ja schon mal dicht dran – doch dann übernahm wieder der Begriff „Gesetz“ das Kommando.

closs hat geschrieben:Das ist richtig - man muss vor dem Bundesverfassungsgericht nicht provokativ bayrisch reden oder als Frau in einer Moschee "oben ohne" erscheinen.
Du siehst den Wald vor lauter Bäumen nicht – integrierte Deutsche benötigen keinen offiziellen Rahmen, sondern sie interagieren automatisch auf diese Weise, sobald unterschiedliche Kulturen im Spiel sind – du nanntest es „um-switchen“.

closs hat geschrieben:Das gebietet die Achtung vor dem Kulturkreis, in dem man sich gerade aufhält.
Integrierte Deutsche machen dies bereits bei einer 1:1 Stellung von Kulturangehörigen – sie nehmen ihre Regionalität zurück – so sind sie es gewohnt.
Ich garantiere dir, dass es dir sofort übel auffallen würde, wenn es dir gegenüber nicht gemacht werden würde.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Frauen einzupacken, damit „man sie nicht sieht“ ist keine Identitätsstärke
Möglich - aber das ist nicht relevant in Deutschland.- In D wird mehr über Burka gesprochen, als es sie gibt. - Gib Dir die Chance, mal das "ZEIT-Magazin" dieser Woche über "Konditionierung" zu lesen - da steht überm Daumen drin, dass mediale Berieselung (neurowissenschaftlich nachgewiesen) zu Alternativ-Fakten führt, die Betroffene glauben, OHNE dabei in eine Kognitive Dissonanz zu geraten!!!! - Genau das ist bei der Burka-Berieselung passiert.
Berieselung mit einem Thema ist nicht notwendig, wenn klar ist, was Integration ist - dann kann man auch mal das „Wecken/Schrippen“-Beispiel aus der Tasche zaubern (ups, genau das habe ich ja gemacht – vermutlich ist es dir gar nicht aufgefallen).

Es ändert aber nichts daran, dass die religiöse (religiös kulturelle) Verschleierung von Frauen eine klare Nicht-Integration darstellt und exakt als solche einzuordnen ist.

Das Kopftuch ist obendrein sogar eine sehr üble Unhöflichkeit, denn es soll ein klar definierter Effekt auf die ausgeübt werden, die dieser Frau begegnen – man könnte es als eine Art „Botschaft mit erhobenem Zeigefinger“ einordnen. Es soll für die Begegnungen mit dieser Frau eine Art „Gesetzt“ darstellen.
Aus meiner Sicht ist es hopsa leicht nachvollziehbar, dass dies niemals Bestandteil einer Integration sein kann.

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