Die Moral ist die Betriebsanweisung für den Menschen. Man muss sie von Idealen unterscheiden, wie sie der säkulare Humanismus oft propagiert.
Moral dient auf dreierlei Ebenen:
1. damit Menschen untereinander im Fair Play und in Harmonie leben können
2. um das Innere des Menschen aufzuräumen und dort Harmonie herzustellen
3. um das menschliche Leben in einen allgemeinen Zweck und Sinn einzufügen, damit der Mensch das sein kann, wofür er geschaffen
Heutzutage denkt man oft nur an den ersten Punkt und vergisst die anderen. Meinungsverschiedenheiten über Moral gibt es kaum, wenn man bei diesem ersten Punkt bleibt.
Bereits beim zweiten Punkt versagen viele. Aber was nützt es, Regeln über soziales Verhalten aufzustellen, wenn man ohnehin schon weiß, dass Habgier, Feigheit, Jähzorn und Eigendünkel sie zu Fall bringen werden? Alles nachdenken über eine Verbesserung von sozialen und ökonomischen Systemen ist obsolet, wenn man sich nicht klar macht, dass nur der Mut und die Selbstlosigkeit des Einzelnen dafür sorgen können, dass ein System richtig funktioniert. Durch Gesetze produziert man keine guten Menschen und ohne gute Menschen gibt es keine gute Gesellschaft.
Der dritte Punkt hat dann konkret mit der Weltanschauung eines Menschen zu tun. Religion und Atheismus können eine Reihe von Aussagen beinhalten, die richtig oder falsch sein können. Sind sie wahr, folgern daraus gewisse Konsequenzen hinsichtlich des Kurses der Menschheit und des einzelnen Menschen. So ist es ein großer Unterschied, ob ich meine, jemand anderes hat mich erschaffen, womit ich mir nicht gehöre, oder ob ich meine ich bin Eigentümer meines Geistes, meines Daseins und völlig autonom. Ebenso ist es ein Unterschied, ob ich meine, ewig zu leben oder ob ich mir gerade 70, 80 Jahre gebe.
Letzteres bedeutet, dass ich mir über eine Menge Dinge keine Gedanken machen müsste, wenn ich aber ewig lebe, sind diese Gedanken ernsthafter Natur. Es ist ein Unterschied, ob ich mein Leben als sinnlos betrachte, im Nihilismus verweile, oder ob ich darin einen tiefen Sinn erkenne. Und gerade davon hängt eben ab, welches Ziel ich Moral verleihe. Hier geht es sogar um den Unterschied zwischen Totalitarismus und Demokratie: Wenn ich nur siebzig Jahre lebe, dann sind ein Staat, Nation oder eine Zivilisation wichtiger, als der Einzelne. Wenn ich jedoch ewig lebe, dann ist der Einzelne unvergleichlich wichtiger und verglichen mit ihm ist die Lebensdauer eines Staates oder einer Zivilisation nur ein Augenblick. So kann der Blick auf mein eigenes Dasein eine völlig andere Einstellung zum Leben erwirken.
An diesem dritten Punkt treten die Unterschiede zwischen christlicher und nichtchristlicher Moral besonders zutage.
Und etwa auf Europa bezogen: Was heute als Ergebnis einer aufgeklärten Menschheit betrachtet wird, ist tatsächlich das Ergebnis christlicher Weltanschauung, besonders der Versöhnung. Es waren drei Christen, Adenauer, Robert Schumann und Alcide De Gasperi, die Nachkriegseuropa entscheidend prägten, Versöhnung praktizierten und in den Grundgesetzen christliche Moral einfließen ließen, welche den Einzelnen schützt. Diese Grundrechte befinden sich seit wenigen Jahrzehnten aufgrund eines nichtchristlichen Moralverständnisses in Veränderung.
Servus