JackSparrow hat geschrieben:Halman hat geschrieben:Danke für Deine Erklärung, dann ist ἄθεοι also tatsächlich plural. In der J.B. Rotherham Emphasized Bibel (1902) steht "godless".
Ja, das ist passender. Dann bezieht sich der Plural auf die Verbform, weil mehrere Leute angesprochen werden.
Interessant finde ich, dass Paulus die Urchristen in Ephesus, bei dem es sich möglicherweise um ein Rundschreiben handelt, welches nicht nur direkt an die Gemeinde in Ephesus gerichtet war, sondern an die Gemeinden in der
Provinz Asia (heutige Westtürkei).
Ephesus war die Hauptstatt der
Provinz Asia und mit rund 200.000 Einwohnern eine der größten Städte des römischen Imperiums. Im Artemistempel (eines der sieben antiken Weltwunder) wies die Artemis Ephesia sowohl Merkmale einer Fruchtbarkeitsgöttin wie auch die der "Herrin der Tiere" auf.
Zitat aus
Lokale Gottheiten:
Auch die berühmte Artemis Ephesia ist ein Beispiel für eine derartige sekundäre Identifizierung. Sie trägt sowohl Züge einer Segen spendenden Fruchtbarkeitsgöttin als auch der "Herrin der Tiere".
Ephesus war eine ausgesprochen religiöse Stadt, die für ihre magsichen Schriften bekannt war. Daher finde ich recht bermerkenswert, dass Paulus, der während seiner dritten Missionsreise etwa drei Jahre in Ephesus wirkte und die
Provinz Asien sicher gut kannte, die Urchristen im Epheserbrief als ἄθεοι (
átheoi), also Atheisten, kennengelernt hatte.
Als Paulus in der hellenistischen Welt wirkte, empfanden viele Menschen die antiken Götter bereits als Anachronismus. Ich könnte mir vorstellen, dass die klassische griechische Philosophie die "Epheser" am traditionellen, polythestischen Glauben zweifeln ließ und somit für Pauli Mission eine gewisse "Vorarbeit" geleistet hatte.
Dabei denke ich an die
Eleaten, insbesondere an den Dichter-Philosophen
Xenophanes. Er urteilte, dass die Götter durch die Stehlen und Dichtungen Homers zu sehr vermenschlicht wurden. Dies erschien ihm absurd. Diese Götter boten dem Naturdichter, der durch den Verlust seiner Heimat gekränkt war, keinen Halt, denn die Götter handelten ebenso unsittlich, wie die Menschen und konnten so keine Vorbilder sein. (Dies mögen die Epheser ähnlich empfunden habe, welche in Pauli Botschaft über Christus eine ethisch-moralische Orientierung fanden.)
Im Wirkungskreis der antiken Stadt Elea stellte Xenophanes diesen vermenschlichten Göttern einen neuen, höchsten Gott gegenüber, der frei von Begierden, ewig und
"völlig unbeweglich und unwandelbar" ist und die Welt durch seine Gedanken lenkt. Dieser "Philosophengott" hatte nur Spot für die uns so bekannten Götter der alten Griechen übrig. Damit war Xenophanes zwar kein Atheist, doch kann ich mir gut vorstellen, dass seine Götterkritik dazu beitrug, dass die Menschen schließlich den Glauben an sie verloren.