Säkulare Spiritualität - ein Widerspruch?

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
closs
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#31 Re: Säkulare Spiritualität - ein Widerspruch?

Beitrag von closs » Mi 28. Jan 2015, 01:12

Münek hat geschrieben:Nach meinen Erfahrungen hier im Forum neigen Gläubige in sehr starkem Maße dazu, unangenehme Fakten, die
sie nicht in ihr Glaubenssystem integrieren können, schlicht
- nicht zur Kenntnis zu nehmen (Ignoranz)
- auszublenden
- auszuklammern
- zu verdrängen
- solange zurechtzubiegen, bis es "passt".
Das ist doch umgekehrt derselbe Vorwurf - nur dass die materialischen Denksysteme raffinierter vorgehen:

Sie immunisieren sich dagegen, selbst eine dogmatisch begründete Weltanschauung zu vertreten, weil sie meinen, reduktive (und deshalb in Einzelteilen) objektivierbare Wahrnehmung zum Maßstab für intellektuelle Redlichkeit machen zu können. - Sie definieren Begriffe materialistisch um (Geist, Ontologie, Gott, Spiritualität, etc), weil sie dann integrierbar sind in dieses materialistische System. - Sie nehmen daraufhin ihre definitorisch entfernte Dogmatik zum Anlass, sich als undogmatisch gegenüber dem anderen Dogmatischen zu bezeichnen, und machen gleichzeitg das Undogmatische, dass sie sich dogmatisch geschaffen haben, zum Maßstab dafür, was "intellektuelle Integrität" sei. - Verrückt.

Das ist brillant, aber irrig - und scheint nicht einmal von denen verstanden zu werden, die es entwerfen. - Würde Metzingen sagen "Ich bin entschiedener Atheist - und denen zeige ich es jetzt mal", wäre das irgendwie ok. - Aber er scheint ja selber zu glauben, was er sagt. - Das stört mich schon. - Obwohl sein Vortrag wirklich gut ist - auch den Begriff "conscientia" hat er super entschlüsselt. - Aber irgendwann bricht er ein in den Materialismus.

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Münek
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#32 Re: Der Keuschheitsball.

Beitrag von Münek » Mi 28. Jan 2015, 01:32

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:dass es keinerlei empirische Belege für die Existenz Gottes gibt
Das weiß auch jeder spirituelle Mensch - ganz einfach deshalb, weil die Wesenheit Gottes nicht naturalistischer Natur ist.

Die Natur Gottes - wenn es ihn gäbe - kennt niemand. Auch Du nicht. Also
Vorsicht mit solchen selbstgewissen Äußerungen wie: Gott ist nicht natura-
listischer Natur
.

Du weißt es nicht - Du kannst es nicht wissen. Punkt!

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#33 Re: Säkulare Spiritualität - ein Widerspruch?

Beitrag von Münek » Mi 28. Jan 2015, 01:47

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nach meinen Erfahrungen hier im Forum neigen Gläubige in sehr starkem Maße dazu, unangenehme Fakten, die
sie nicht in ihr Glaubenssystem integrieren können, schlicht
- nicht zur Kenntnis zu nehmen (Ignoranz)
- auszublenden
- auszuklammern
- zu verdrängen
- solange zurechtzubiegen, bis es "passt".
Das ist doch umgekehrt derselbe Vorwurf - nur dass die materialischen Denksysteme raffinierter vorgehen:

Nein, Kurt,

im Naturalismus gibt es keine Dogmen.

Und "herumgeeiert" und "ausgeblendet" wird auch nicht. Der Naturalismus ist nur der Wahrheit
verpflichtet. Ergebnisoffene "angstfreie !" Forschung. Gläubige können sich diesbezüglich eine
dicke, fette Scheibe abschneiden (intellektuelle Redlichkeit).

Hast Du übrigens eine Erklärung für das oft unwahrhaftige, ausweichende, ignorante Verhalten
Deiner Glaubensgeschwister? Es wäre schön, wenn Du Dich dazu mal äußern würdest. Schließlich
ist dies mein Hauptkritikpunkt!

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#34 Re: Säkulare Spiritualität - ein Widerspruch?

Beitrag von Münek » Mi 28. Jan 2015, 02:38

Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nach meinen Erfahrungen hier im Forum neigen Gläubige in sehr starkem Maße dazu, unangenehme Fakten, die
sie nicht in ihr Glaubenssystem integrieren können, schlicht
- nicht zur Kenntnis zu nehmen (Ignoranz)
- auszublenden
- auszuklammern
- zu verdrängen
- solange zurechtzubiegen, bis es "passt".
Das ist doch umgekehrt derselbe Vorwurf - nur dass die materialischen Denksysteme raffinierter vorgehen:

Nein, Kurt, nix "umgekehrt derselbe Vorwurf"...

im Naturalismus gibt es keine Dogmen.

Und "herumgeeiert" und "ausgeblendet" wird auch nicht. Der Naturalismus ist nur der Wahrheit
verpflichtet. Ergebnisoffene "angstfreie !" Forschung. Gläubige können sich diesbezüglich eine
dicke, fette Scheibe abschneiden (intellektuelle Redlichkeit).

Hast Du übrigens eine Erklärung für das oft unwahrhaftige, ausweichende, ignorante Verhalten
Deiner Glaubensgeschwister? Es wäre schön, wenn Du Dich dazu mal äußern würdest. Schließlich
ist dies mein Hauptkritikpunkt!

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#35 Re: Säkulare Spiritualität - ein Widerspruch?

Beitrag von Münek » Mi 28. Jan 2015, 03:02

closs hat geschrieben: Das ist brillant, aber irrig - und scheint nicht einmal von denen verstanden zu werden, die es entwerfen. - Würde Metzingen sagen "Ich bin entschiedener Atheist - und denen zeige ich es jetzt mal", wäre das irgendwie ok. - Aber er scheint ja selber zu glauben, was er sagt. - Das stört mich schon. - Obwohl sein Vortrag wirklich gut ist - auch den Begriff "conscientia" hat er super entschlüsselt. - Aber irgendwann bricht er ein in den Materialismus.

Du kannst Metzinger doch nicht ernsthaft vorwerfen, er sei dem materialistischen Denken
verhaftet, weil er beispielsweise der Existenz des Osterhasen, Weihnachtsmannes sowie
anderer fiktiver Wesen
eine vernünftig begründete Absage erteilt.

Das tust Du doch auch. Oder irre ich mich?

Für die Wesenheiten, die Deine "transzendente" Vorstellungswelt bevölkern (Gott, Gottes-
söhne, Jesus, Engel, Geister, Dämonen, Teufel, Henoch, Maria) können doch keine Extra-
Würste gebraten werden.

Wo kommen wir denn dahin, hier mit zweierlei Maß zu messen?

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#36 Re: Säkulare Spiritualität - ein Widerspruch?

Beitrag von 2Lena » Mi 28. Jan 2015, 07:19

Pluto hat geschrieben:säkulare Gegen-Mission...
Dafür gibt es ein sehr gutes Wort: Aufklärung
Leider ist die stecken geblieben. Der Spalt ist nun größer.

Die Schwierigkeiten im Glaubensbereich sind "Erinnerungslücken". Die Methoden der säkularen Welt heißen Planlosigkeit und Verwirrung. Was logisch ist, fehlen ihnen doch ein paar Jahrtausende Erfahrung, die sie unbewusst kennen, im Bewusstsein aber leugnen.

closs hat geschrieben:Aber man kann nicht dem anderen sagen: "Du musst DEINE jeweilige Bibel so oder so verstehen".
Wie bitte?
Du kannst nicht einem Mechaniker, der sein Werkzeug falsch rum hält, ewig dabei rumflucht und rumfuchtelt - sagen, dass es bitte anders geht?

Klar stößt man auf seinen Unwillen, schließlich fühlt er sich als großer Zambalo und er gibt keineswegs zu, das er gerade Pfusch macht. Wenn du aber als Mitglied der Feuerwehr nicht ständig ausrücken willst, dann WIRST du dich sehr wohl einmischen. Erst mal als Freund. Seine Reaktion wird sein, dass dir ein paar Dosen an den Kopf geworfen werfen.

Das ist ein gutes Zeichen! Er hat's geschluckt ...
Bei dem Ehrlichen, der gleich reagiert heißt es - rasch das Weite suchen, bis er es verdaut. Böse sein kann er aber nicht, schließlich hat er nun mehr Erfolg mit seiner Arbeit - und er ist mit Recht stolz darauf. Und, was ein echter Freund ist, der hält schon mal ein paar Beulen aus.

Wenn der Mechaniker nicht auf den Rat reagiert, und wieder Unglück verursacht, so wird beim nächsten Einsatz sich wohl die Feuerwehr ein bisschen verspäten. Das weiß er aber nicht und er bohrt sich weiter und weiter in sein Verderben hinein. Freund verloren, Geschäft geht immer schlechter und beim Unglück ist keiner mehr der hilft.

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#37 Re: Säkulare Spiritualität - ein Widerspruch?

Beitrag von closs » Mi 28. Jan 2015, 09:06

2Lena hat geschrieben:Du kannst nicht einem Mechaniker, der sein Werkzeug falsch rum hält, ewig dabei rumflucht und rumfuchtelt - sagen, dass es bitte anders geht?
Theoretisch richtig. - Praktisch wird er sagen, dass Du falsch bist, weil er es von einem Mechaniker-Meister so gesagt bekommen hat. - Der Mensch scheint durch den Irrtum durchgehen zu müssen - man kann ihm auf diesem Weg Impulse mitgeben, damit es schneller geht - im besten Fall. - Genau das tut doch so ziemlich jeder hier auf dem Forum - nur in verschiedenste Richtung.

Man nennt das dann Meinungs-Vielfalt, was in unserer Meinungs-Gesellschaft gelobt wird. Die Indifferenz der Vielfalt steht über dem Stellenwert einer Meinung - eben weil keine Kriterien mehr (außer naturalistisch nachweisbaren) (an-)erkannt werden (können). - Das macht die Kutur einer Epoche aus.

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#38 Re: Säkulare Spiritualität - ein Widerspruch?

Beitrag von Pluto » Mi 28. Jan 2015, 09:07

closs hat geschrieben:Sie immunisieren sich dagegen, selbst eine dogmatisch begründete Weltanschauung zu vertreten, weil sie meinen, reduktive (und deshalb in Einzelteilen) objektivierbare Wahrnehmung zum Maßstab für intellektuelle Redlichkeit machen zu können.
Was ist denn für dich intellektuelle Redlichkeit?

Vielleicht sollten wir hier wirklich mal eine "Auszeit" nehmen, und diesen Begriff diskutieren.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#39 Re: Säkulare Spiritualität - ein Widerspruch?

Beitrag von closs » Mi 28. Jan 2015, 10:02

Münek hat geschrieben:Gott ist nicht naturalistischer Natur.
Doch - darauf kann man unter geistigen Gesichtspunkten schon bestehen. - Allerdings ist dies nicht Ausdruck davon zu wissen, was Gottes Wesen ist, sondern was es NICHT ist - Th.v. Aquin: "Man kann viel leichter sagen, was Gott NICHT ist, als das, was Gott ist".

Münek hat geschrieben:im Naturalismus gibt es keine Dogmen.
Eine hier oft vertretene Meinung und wahrscheinlich der Schlüssel der Misere.

Richtig ist: INNERHALB des naturalistischen Systems gibt es keine Dogmen. - Übersehen wird dabei, dass der Naturalismus auf Setzungen aufsitzt, damit diese "innerbetriebliche" Aussage überhaupt zutreffen kann. - Setzungen sind:
a) Wahrnehmung ist authentischer Ausdruck von Realität (setze ich allerdings auch)
b) Nicht-Wahrnehmbares ist zu behandeln als Nicht-Reales (pure Willkür)
c) Dasein ("physikalisches Universum") ist einziger Bezugspunkt (pure Willkür)
d) etc.

Diese Setzungen entspringen der (zutreffenden) Erkenntnis, dass man nichts Objektives über Phänomene sagen kann, die man nicht methodisch überprüfen kann. - Diese Wahrnehmungs-Aussage (eine Seins/Realitäts-Aussage ist es ja eben NICHT) führt zu Weltanschauungen, die bspw. zu einem Vortrag von Metzingen führen können, der geistige Phänomene im naturalistischen System subsummiert. - Das ist so ähnlich, als würde man einen Fisch fortan Vogel nennen und ihm einen Vogelkäfig bauen. Das heisst: Im Vogelkäfig liegt ein toter Fisch, weil er erstickt ist, dessen Kadaver man aber als Ergänzungs-Nahrung nutzt.

Münek hat geschrieben:Gläubige können sich diesbezüglich eine dicke, fette Scheibe abschneiden (intellektuelle Redlichkeit).
Genau - unterwirft man sich diesen Dogmen nicht, gilt man als intellektuell unredlich. - Damit hat man den Selbst-Immunisierungs-Prozess abgerundet.

Münek hat geschrieben:Hast Du übrigens eine Erklärung für das oft unwahrhaftige, ausweichende, ignorante Verhalten Deiner Glaubensgeschwister?
Ganz generell gilt: Jeder Mensch (ob der materialistisch oder christlich denkende Mensch, ist egal) seht jeweils in einer individuellen heilsgeschichtlichen Phase, steht also auf individuelle Weise zur Wahrheit. - Wie nah er an der Wahrheit steht, kann der Außenstehende nicht beurteilen.

Allerdings kann man Widersprüche in der Darstellung seines Weltbildes erkennen - aber selbst dies sagt nicht mehr aus als etwas Intellektuelles, weil viele Menschen sich nur dann widersprechen, wenn sie sich erklären müssen. - Gerade tiefgeistige, aber einfache Menschen lassen sich intellektuell überrollen, obwohl sie eigentlich selbst viel näher dran sind. - Deshalb sind Weltbilder letztlich sekundär.

Ärgerlich und vor allem entlarvend wird es, wenn Weltbilder (ob dogmatisch-christlich oder naturalistisch, ist egal) offensiv und dominant vertreten werden. - Du wirst umgekehrt vielleicht festgestellt haben, dass die Menschen, die "nah dran" sind, unterm Strich souverän zurückhaltend sein können, auch wenn sie ausnahmsweise mal ausrasten - diese Menschen warten lieber duldend ab, weil sie die innere Stärke dazu haben.

Wahrscheinlich hast Du auch feststellt, dass die Frage, ob jemand als Charakter ok ist, es völlig unabhängig davon ist, ob er Christ oder Naturalist ist. Man also aus formulierten Weltanschauungen nicht ableiten, welchen Charakter der Formulierende hat. - Insofern gibt es unter Christen genauso viel Ärsche wie unter Naturalisten.

Mit anderen Worten: Egal, ob uns unser Weltbild zu naturalistischen oder christlichen Auffassungen treibt: Jeder ist und bleibt trotzdem da, wo er in puncto innerlicher Charakter-Entwicklung heilsgeschichtlich steckt (so würde der Christ sagen - ein Naturalist würde irgendein psychologisches Wort dafür finden).

Münek hat geschrieben:Du kannst Metzinger doch nicht ernsthaft vorwerfen, er sei dem materialistischen Denken verhaftet
Natürlich ist er Materialist - aber das ist kein Vorwurf. - Ein Materialist ist auch einer, der geistige Dinge materialistisch subsummiert.

Münek hat geschrieben:Wo kommen wir denn dahin, hier mit zweierlei Maß zu messen?
Muss man ja nicht: Du kannst mir umgekehrt durchaus vorwerfen, ein spiritueller Mensch zu sein. - Diabolisch bei Metzinger finde ich allerdings, dass er das Spirituelle sozusagen als Phänomen innerhalb des Materialismus darstellt - das hat etwas :devil: an sich.

closs
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#40 Re: Säkulare Spiritualität - ein Widerspruch?

Beitrag von closs » Mi 28. Jan 2015, 10:04

Pluto hat geschrieben:Was ist denn für dich intellektuelle Redlichkeit?
Ganz naiv gesagt, wäre es erstmal, dass jemand etwas mit bestem Wissen und Gewissen sagt. - Das ist wirklich keine umfassende Definition, aber eine notwendige Voraussetzung: Unbedingte Ehrlichkeit sich selber gegenüber. - Mir ist sehr wohl bewusst, dass dies keine methodische Aussage ist, halte es aber trotzdem für wichtig.

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